Stämmen verschieden. Die Kunst des Webens übten die Frauen und erreichten nicht selten darin einen höhern
Grad von Fertigkeit.
Schmieden war noch kein Handwerk, sondern eine seltene Kunst. Metallwaffen aus
Bronze
[* 2] oder
Eisen
[* 3] galten als etwas Kostbares.
Der gemeine Mann bediente sich noch meist aus Holz
[* 4] und
Stein hergestellter Waffen
[* 5] und Geräte; auch die
Lanzen hatten nur kurze Eisenspitzen. Das
Hans war meist ein rohes
Blockhaus, einen einzigen Raum umschließend, daneben eine
durch
Dünger gegen Frost geschützte kellerartige Winterstube. Durch den Verkehr mit den
Römern lernten die
GermanenGeld und
Wein kennen sowie andere Bedürfnisse und die
Mittel sie zu befriedigen.
Die
Ehe ward in bestimmten Formen geschlossen, unter denen die
Zahlung einer
Summe (d. h. eine Anzahl von Kühen oder anderm
Vieh) an den
Vater oder Vormund die wichtigste war. Das Mädchen ging aus der Gewalt der einen Familie in die der andern über.
Der Mann konnte mehrere Frauen haben, hatte aber regelmäßig nur eine in rechter
Ehe geworbene Frau.
Bei einigen
Stämmen durfte die Frau nach dem
Tode des
Mannes nicht wieder heiraten; bei den Herulern sollen sie sich auf dem
Grabe ihres
Mannes erhängt haben.
Der
Abschluß der
Ehe, die
Übergabe der
Braut, fand im
Kreise
[* 6] der Verwandten (der
Sippe) statt, nicht in der
Gerichts- oder Landesversammlung. Die
Toten wurden in ältester Zeit begraben, später (schon im 1. Jahrh. n. Chr.)
verbrannt, und zwar Vornehme oft mit Kleidung, Waffen und andern Beigaben. (Vgl.
Weinhold, Die heidn.
Totenbestattung in
Deutschland,
[* 7] Wien
[* 8] 1859.)
Tempel
[* 9] hatten die
Germanen nur wenig, meist verehrten sie die
Götter in heiligen Hainen und
auf
Bergen;
[* 10] ein
Baum, eine
Quelle,
[* 11] ein heiliges
Symbol (ein Holz, ein
Stein, ein Schwert) galt wohl als Sitz des
Gottes. Es wurden
Opfer gebracht und nicht selten auch
Menschenopfer; bezeugt sind sie bei den
Cimbern und
Teutonen und bis ins 8. Jahrh. Es
gab Priester und Priesterinnen, aber keinen Priesterstand und keine Priesterherrschaft. (S.
Deutsche Mythologie.)
[* 12]
Die
Staaten waren klein, die Gewalt lag in der Versammlung der
Freien. An der
Spitze standen Fürsten, die entweder den
Titel
Könige führten oder den minder glänzenden eines Führers und
Richters (princeps, judex). Der König konnte
hoffen, daß sein Sohn ihm einst folge, aber er folgte nur durch
Wahl und
Anerkennung der Gemeinde. Könige und Fürsten oder
auch sonst an Ruhm und Reichtum hervorragende
Männer sammelten eine Schar (s. Gefolge) freier
Männer um sich, mit denen sie
zusammen lebten.
Das Gefolge oder
Gesinde (so bei den Langobarden) schuldete Gehorsam, hatte neben dem Führer zu kämpfen
und sein Los zu teilen, wäre es auch
Tod oder Gefangenschaft. Grundsatz des Rechtslebens war: Selbsthilfe des Geschädigten
oder Fordernden, aber in vom
Staate gebotenen Formen. Das Gericht war die versammelte Gemeinde, der
Richter war
Vorsitzender;
der Kläger machte nichtAnzeige bei dem
Richter, damit dieser den Schuldigen lade, sondern hatte ihn selbst
zu laden.
Das
Urteil war kein
Urteil über die Sache, sondern darüber, wer den
Beweis für seine Behauptung zu erbringen habe und durch
welche
Beweismittel. Diese waren entweder der
Eid mit Eideshelfern (s. d.) oder das Gottesurteil, im besondern
das des Zweikampfes. Die
Strafen waren
Bußen,
d. i. Geldstrafen.
Mord kam nicht vor Gericht. Der
Mord erzeugte die Pflicht der
Rache für die Verwandten, aber der
Mord des Rächers erzeugte neue Rachepflicht.
Um so einem endlosen
Morden vorzubeugen, sind
schon früh Formen ausgebildet worden, in denen dem
MordeSühne geschafft werden konnte. Der
Staat begann
so der
Rache Schranken zu ziehen, namentlich die verletzte Familie zu zwingen, die vom
Thäter gebotene
Sühne anzunehmen. Doch
fallen davon nur die Anfänge in diese
Periode. -
Vgl. Gaupp, Die german.
Ansiedelungen und Landteilungen in den
Provinzen des
röm. Westreiches (Bresl. 1844);
Museum, offiziell
Germanisches Nationalmuseum genannt, eine Anstalt in
Nürnberg,
[* 14] die bestimmt ist, «die
Kenntnis der deutschen Vorzeit zu erhalten und zu mehren, namentlich die bedeutsamen
Denkmale der deutschen Geschichte, Kunst
und Litteratur
vor der Vergessenheit zu bewahren und ihr Verständnis auf alleWeise zu fördern». Sie
verdankt ihre Entstehung der privaten Thätigkeit des
FreiherrnHans von und zu
Aufseß (s. d.). Wiederholt wandte er sich mit
seinen
Plänen an die Gelehrtenwelt wie an die histor.
Vereine. Seine
Vorschläge fanden nicht den nötigen Anklang, sodaß er sich entschloß, auf eigene
Hand
[* 15] eine Anstalt ins Leben
zu rufen, die seine
Anschauungen verwirklichen sollte. Nachdem er in bescheidenen Anfängen eine solche angelegt hatte, gelang
es ihm, eine Versammlung der deutschen Geschichts- und Altertumsforscher, die im Aug. 1852 in
Dresden
[* 16] tagte, zu veranlassen,
die von ihm ins Leben gerufene Anstalt als eine nationale zu erklären, sie den Regierungen und dem
Volke
zur Unterstützung zu empfehlen. Es bildete sich sofort ein Verwaltungsausschuß, als dessen
Vorsitzender sowie als Direktor
von
Aufseß ernannt wurde.
Während der Deutsche
Bundestag, die bayr. und andere deutsche Regierungen der Anstalt ihre
Anerkennung bald zu teil werden
ließen, während das Publikum sich rasch organisierte, um die der Anstalt nötigen Zuflüsse zu sichern,
fand das Unternehmen in den gelehrten
KreisenWiderstand, weil dieselben das Programm zu umfassend, unausführbar fanden. In der
That zeigte sich auch bald, daß der
Gedanke, ein großes Generalrepertorium, ein
Personen-, Orts- und Sachregister über das
gesamte
Urkunden- und Handschriftenmaterial, die gesamte Litteratur, die sämtlichen kultur- und kunstgeschichtlichen
Denkmale herzustellen, zunächst beschränkt, wahrscheinlich aber ganz aufgegeben werden müsse.
Bald nach der 1866 erfolgten Übernahme der Leitung des Museums durch Aug. von Essenwein (s. d.)
wurden die Sammlungen, die nach dem ursprünglichen
Plane nur eine Art
Illustration jenes Generalregisters bilden, an die
Spitze derAufgaben der Anstalt gestellt. Diese wurde durch eine Satzungsänderung zu einem
Deutschen kulturgeschichtlichen
Centralmuseum bestimmt, dessen Sammlungen unter Essenweins Leitung in so ungeahnter
Weise zunahmen, daß nun auch die Gelehrtenkreise
das Museum gern unterstützten.
¶
mehr
Im J. 1857 wurden die Ruinen der frühern Kartause in Nürnberg erworben, um, nach den Plänen Essenweins ausgebaut, den stets
wachsenden Sammlungen als Aufbewahrungsort zu dienen. Bis Anfang 1888 war dieser Ausbau zum größern Teile beendet und es
waren bereits in über 80 Sälen, Hallen, Zimmern und Kabinetten die Sammlungen ausgestellt. Diese bestanden
aus folgenden, gewissermaßen selbständigen, doch aber organisch miteinander verbundenen Abteilungen:
1) vorgeschichtliche, 2) römische, 3) germanische und frühmittelalterliche Denkmäler;
4) architektonische Denkmäler, Modelle ganzer Bauten, Fußböden, Thüren, Schlosserarbeiten, Öfen
[* 18] u. s. w.;
19) Denkmäler des häuslichen Lebens vom großen Mobiliar an bis zu den geringsten Gebrauchsgegenständen, die in sich wieder
eine Reihe von Abteilungen bilden;
31) Sammlung von Abbildungen. Die Bibliothek umfaßt alle Zweige der allgemeinen wie Kultur- und Kunstgeschichte Deutschlands.
[* 22] Das Archiv hat dazu gedient, vieles zum Teil überaus kostbare Material vor Vernichtung zu retten, und ist so zu einem ergänzenden
Bestandteil fast jedes Einzelarchivs in Deutschland und namentlich Deutsch-Österreichs geworden.
Die Entwicklung der Anstalt ist noch nicht abgeschlossen und somit die Möglichkeit gegeben, daß noch einzelne Abteilungen
sich angliedern, um das Bild zu vervollständigen. Das Germanisches Museum veröffentlicht seit 1853 eine in Monatsheften
erscheinende Zeitschrift: «Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit» (seit 1884 u. d. T. «Anzeiger
des Germanischen Nationalmuseums», welche Zeitschrift nur den Gönnern und Förderern des Germanisches Museum gratis geliefert wird). Von
sonstigen Veröffentlichungen sind neben einer Reihe kleinerer Broschüren, neben den Katalogen der kirchlichen
Geräte, Bauteile, Gewebe, Gemälde, Glasgemälde. Spielkarten, Kupferstiche des 15. Jahrh., prähistor. Altertümer, Bucheinbände,
Originalskulpturen, Bronzeepitaphien, Drechslerarbeiten, alter Originalholzstöcke u. s. w.
und Führern durch die Sammlungen zu nennen: die faksimilierte Nachbildung einer umfassenden Bilderhandsckrift des 15. Jahrh.
u. d. T. «Mittelalterliches Hausbuch»
(Lpz. 1866; 2. Aufl., Frankf. 1887) sowie «Quellen zur Geschichte der Feuerwaffen» (4 Lfgn., Lpz.
1872-77),
«Die Holzschnitte des 14. und 15. Jahrh. im Germanischen Nationalmuseum» (mit
144 Tafeln, Nürnb. 1874),
Die Anstalt ist, seit sie in Nürnberg dauernden Sitz genommen, von der bayr. Regierung mit den Rechten
einer juridischen Person ausgestattet und als Stiftung für Unterrichtszwecke unter Genehmigung der Satzungen, die ihre volle
Unabhängigkeit und Selbständigkeit aussprechen, erklärt worden. An ihrer Spitze steht ein aus 24-30 Gelehrten aus verschiedenen
Gegenden Deutschlands zusammengesetzter Verwaltungsausschuß, der sich bei Erledigung einer Stelle selbst ergänzt und sich
seinen Vorsitzenden wählt, der zugleich als Direktor die Beschlüsse der alljährlich stattfindenden
Versammlungen ausführt, die Vertretung der Anstalt ausübt, die Beamten anstellt, dem Plenum der Versammlung aber Rechenschaft
und Rechnungzu legen hat.
Erster Direktor ist seit 1894 Gustav von Bezold. Das Reich giebt der Anstalt seit 1894 jährlich 62000 M., der
StaatBayern
[* 24] 18000, die Stadt Nürnberg 5200 M.; diese 85200 M. sind nach einer Übereinkunft der drei genannten Geber zur Deckung
der laufenden Verwaltungskosten bestimmt, während die Einnahmen aus den freiwilligen Beiträgen deutscher Fürsten, Korporationen,
Vereine und Privatpersonen (etwa 50000 M.) und aus den Eintrittsgeldern (etwa 10000 M.) nur zur Erweiterung
der Sammlung dienen sollen. Auch Stiftungen sind der Anstalt zugeflossen. -
Vgl. außer den Jahresberichten des auch Germanisches Museumauch Hektor,
Geschichte des Germanischen Nationalmuseums von seinem Ursprunge bis zum J. 1862 (Nürnb. 1863);
Essenwein, Das Germanische
Nationalmuseum, dessen Bedarf u. s. w. (ebd. 1884);