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an, indem hier von ihnen die ländlickxnBewohner zu knechten gemacht wurden. Er schuf eine bedeutende flotte, hatte die Vorherrschaft auf dem Mittelmeer, eroberte Sardinien, [* 2] Eorsica und einen Teil Eici- liens, plünderte 455 Rom 14. Tage lang und zer- störte 461 die Flotte, welche Kaiser Majonan an der span. Küste zum Angriff gegen ihn gesammelt hatte. Einer Überlieferung nach soll Gent [* 3] auch Attila zum Angriff auf Gallien veranlaßt haben, um so einen Angriff des Westgotenkönigs, den er beleidigt hatte, zu hindern. Gent starb hochbetagt 477. Ge- waltig im Kriege und klug im Rat, gehörte er zu den bedeutendsten Königen der Germanen. In eigentümlicher Weise hat er die Aufgabe gelöst, mit Germanen auf röm. Voden ein Reich zu gründen. -
Vgl. Papencordt, Geschichte der vandalischen Herr- schaft in Afrika [* 4] (Berl. 1837);
Tahn, Die Könige der Gensfleisch, Familienname Gutenbergs (s. d.).
Gensichen,
Otto
Franz, Schriftsteller, geb. in Driesen in der Neumark, studierte
in
Berlin
[* 5] anfangs Atathematik und Naturwissen- schaften, dann
Philologie; 1868 veröffentlichte er scinebeidenerstenTrauerspiele"CajusGracchus)'und
«Judas Ischarioth». 1874-78 war er am
Berliner
[* 6]
Wallner-Theater als Dramaturg und artistischer Se- kretär beschäftigt. Die
ersten Vülmenersolge errang Gent 1871 durch seiue einaktige Plauderei
«Minne- werben» und 1872 durch das einaktige Genrebild
«Blitzableiter»; dann folgten die Einakter: «Was ist eine Plauderei?» (1874),
«Euphrosyne» (1877), Goethes Verhältnis zu Christiane Neumann dar- stellend, «Lydia» (1884) und die vieraktigen Lust- spiele: «Die Märchentante» (1881) und «Frau Aspasia» (1883). Auch in den übrigen Dicktungs- gattnngen hat sich Gent mit Glück versucht. So gab er «Gedichte» (Berl. 1869; 2. Aufl. 1871),
«Sechs Kriegslieder» (1870) und 12 Zeitgedichte «Vom Deutschen Kaiser» (1870; 4. Anfl. 1871) heraus; 1876 erfchienen in 3. Auflage «^pielmannsweisen, Lieder und Gedichte», 1882 in 16. Alislage das Ep05 «Felicia, ein Minnesang»;
von lyrischen Samm- lungen weiterhin: «Frauenlob» (1885),
«Immor- tellen» (1888),
«Jungbrunnen» (1889);
von No- vellen in Versen: «Isolde» (1885),
«Der Mönck vom St. Bernhard» (1887),
«Tamina» (1888);
das humorMiche Gedicht «Triglaw-Bismarck, eine Sage im vierten Jahrtausend» (anonym, 1887);
der Märchenstrauß «Aus sonnigen Fluren» (1874),
die Novellen «Vier Erzählungen» (1886),
der Roman «DerViadonna!» (1889),
endlichdieEssays: «Berliner Hosschauspielcr, Silhouetten» (1872) und «Studien- blätter, kultur- und litterarhistor. Skizzen» (1881). Geusonne (spr. schangß-), Armand, franz. Poli- tiker, geb. zu Bordeaur, lebte dort bis 1789 als Advokat und wurde bei Errichtung des Kassationshofs 1791 Mitglied desselben. Vom Dc- part. Gironde in die Gesetzgebende Versammlung gewählt, schloß er sich an die Girondisten an und teilte ihre Schicksale. Am brachte er als Mitglied des diplomat. Ausschusses das Gesetz durch, das die Brüder des Königs und mehrere an- geschene Emigranten in Anklage versetzte, 9. F^br. 1792 das Konfiskationsdekret gegen die Emigranten- guter.
Als Präsident der Nationalversammlung verfaßte er den Bericht über die Kriegserklärung an Österreich [* 7] und betrieb die Verfolgung der österr.Partei am Hofe. Nach den Greneln vom 2. und 3. Sept. for- derte erdieBestrafung der Schnldigenund klagte offen Nobespierre, Danton und die Pariser Gemeinde als Urheber dieser Unthaten an. Im Prozeß des Königs stimmte er für dessen Tod, jedoch in der Absicht, ihn durch Aufschub der Urteilsvollziehung und Berufung ans Volk zu retten.
Als im März 1793 die Wut der Bergpartei gegen die Girondisten losbrach, Wal' Gent Präsident. Er verteidigte sich und seine Genossen mit außerordentlicher Ruhe und Kühnheit. Der Ab- fall des Generals Dumouriez, mit dem auch in Verbindung stand, zog ihm neue Anklagen der Jako- biner zu. Während er die Auflösung des Konvents und die Zusammenbcrufung einer neuen Versamm- lung in eine Landstadt beantragte, brachen die Un- ruben vom 31. Mai aus, die den Anstrengungen der Girondisten ein Ziel setzten.
Ende Juli wurde Gent ins Gefängnis gebracht und 3. Okt. dem Revolutions- tribunal überliefert. Auf Grund feines Briefwechsels mit Dnmouriez des Verrats am Vaterlande beschul- digt, mußte er mit seinen Genossen das Scbafott besteigen. Gent, franz. (^auä, .Hauptstadt der belg. Pro- vinz Ostflandern, liegt am Einfluß der Lys, der Lieve und der Moere in die Schelde und an den Linien Vrüsfel-Ost- ende der Staatsbahn, Gent-Ter- neuzen, Gent-Eecloo, Gent-Antwer- pen, Gent-Kortrijk und Gent-Oude- naarde der Velg. Privatbahnen. [* 8] hat (Dez. 1891) 150 223 E., mit den Vorstädten, die sich im W. und S. entwickelt haben (Ledeberg 12362 E., Mont-St. Amand 10 336 E. und Gentbrugge 8262 E.), etwa 180000 E. Anlage und Bauten.
Die Stadt wird von einem unregelmäßigen Netz von zum Teil schiffbaren Kanälen und Wafferläufen durchzogen, sodaß gegen 40 Inseln entstehen, die durch 100 Brücken [* 9] unter- einander verbnnden sind. Den Mittelpunkt der Stadt bildet die Kathedrale St. Bavo (Sint Vaafs), die, 1228 begonnen, 1554 vollendet, dann durch die Bilderstürmer befchädigt, jetzt restauriert ist. Das Inncre enthält eine Fülle von Kunstwerken, darunter das Mittelbild des großen Altarwerks der Brüder van Eyck (f. Tafel: Genter Altar, [* 10] Bd. 6, S. 484) fowie eine prächtige Kanzel aus dem 18. Jahrh. (f.Ta- fel: Niederländische Kunst [* 11] IV, [* 1] Fig. 1). An- dere hervorragende Kirchen sind: die roman. St.Ia- cobslirche (um 1500 gebaut), die frühgot.
Nicolaus- tirche (10.-12. Jahrh.), die St. Michaelstirche, 1480 vollendet, mit vielen neuern Gemälden, und die St. PeterMrche, 1629-1718 neu erbaut, auf einer Anhöhe im S. der Stadt gelegen. Auch zahlreiche wellliche Gebäude sind Beweise mittelalterlicher Baukunst. [* 12] An der Schelde unweit der Place Laurent ! Oiadiß), seit dcm 13. Jahrh. Burg einer Patricier- familie, jetzt als Kaserne und Archiv benutzt. Unweit der Kathedrale erhebt sich der Bergfried (Lessroi), eine viereckige Warte, 1183-1339 zu zwei Dritteln vollendet, zu 118 in Höhe, mit weitem Überblick über (1325); ferner das Stadthaus (Hotel de Ville), 1518-33 erbaut, jetzt restauriert, mit prächtiger fpätgot. Nordfacade, schönen Sälen und wertvoller Urkundensammlung. Zahlreich sind ältere Häuser an den Quais, darunter das got. Gildehaus der Schiffer (1531). Links vom Lys an dem altertüm- lichen Et. Pbaraildenplatz steht das ehemalige Kastell ¶
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Oudeburg ('s Gravellsteen, l^Intto^u ä68 ^omto8), 868 erbaut, dann Residenz der Grafen von Flan- dern, jetzt völlig restauriert. Von der uralten Abtei St. Bavo sind Ruinen erhalten. Modern sind der Iustizpalast von Roelandt (1846 vollendet; s. Ta- fel: Niederländische Kunst II, [* 13] Fig. 4), zwischen zwei Armen des Lys, die Universität mit schöner Aula und das Institut ä68 8ci6uc6? (1,5 Iia), von H. Pauli, 1890 vollendet. Die wichtigsten Denk- mäler sind das des Industriellen L. Bauwens, des liberalen Parteiführers Metdepenningen und das Bronzestandbild I. van Arteveldes von De Vigne- Quyo (1863) auf de:n altertümlichen, in der Ge- schichte der Stadt denkwürdigen Freitagsmarkt.
Eine Stadt für sich bildet der große Beghinenhof im NO., 1875 vom Herzog von Arenberg hierhin verlegt, mit 18Konventenund7000Belvohnerinnen. DieHäufer sind Backsteinbauten in got. Stil. Der kleine Ve- ghinenhof (aus 17. und 18. Jahrh.) imO. des Staats- bahnhofes wird von 300 Frauen bewohnt. Unterrichts- und Bildnngsanstaltcn. Die Universität wurde 25). Sept. 1816 durch König Wil- helm I. mit 4 Fakultäten (Philosophie, Jurisprudenz, Naturwissenschaften und Medizin) gegründet. An Stelle der 1830 unterdrückten naturwissenschaft- lichen und philof.
Fakultät wurden freie Fakultäten gegründet, bis die Regierung die ursprünglichen wiederherstellte. Am wurden Schulen für Ingenieurwissenschaften und für Kunst und Industrie O00I68 3i ä6 zr"nio civil 0t ä'lN'tg ot m und die I^colo noimalo ä68 8ci6iio68 hinzugefügt. Die Universität hat insgesamt 74 Docenten und (1891) 788 Studierende, darnnter 85 Ausländer. Zur Bibliothek (300000 Bände) gehören ein Münz- und ein Kupferstichkabinett.
Die Hörsäle und Laborato- rien der naturwissenschaftlichen Fakultät, mit der die Kurfe für Techniker und Architekten verbunden sind, liegen im Institut äo" N^ionc^Z. Daneben bestehen ein königl. Athenäum im frühern Baudclookloster, ein Gymnasium unter Leitung der Jesuiten (600 Zöglinge), ein bischöfl. Seminar, Malerakademie, Konservatorium für Musik und eine Gewerbeschule für Tischler, Schmiede u. s. w. Das Museum im alten Augustinerklostcr enthält 250 Gemälde, darunter Werke von Gent dc Craycr (s. d.); in der ehemaligen Karmeliterkirche sind reicbbaltige kunstgewerbliche Sammlungen untergebracht.
Außerdem bestehen ein Zoolog, und ein botan. Garten. [* 14] Beliebte Parts sind auf dem Konter und all der Coupure, wo auch die großen Blumenmärkte und Ausstellungen statt- finden, sowie auf den Wällen der Citadelle. Ein franz. Theater [* 15] giebt Opern, ein vläm. Schauspiele. Die wichtigsten Zeitungen sind: «I^a I^när» Iidt- ia,1c;",
«^onl'n^I V9.N (^6Qt», «N688HA6I' ti6 ^3,N »1^3. I^idsrie", «Vien pudlie» und der socialistische «Vooiuit». Behörden und Wohlthätigkeitsanstal- ten. Gent ist Sitz der Provinzialbehörden, eines Bischofs, eines Appellhofes für ganz Flandern sowie Tribunals und Handelsgerichts. Anßer den beiden Beghinenhäusern sind zahlreiche Mönchs- und Nonnenklöster vorhanden; die wichtigsten Wohl- thätigkeitsanstalten sind: das Bürgerspital Biloque mit Gebäuden aus dein 13. Jahrh., ein Vlinden- institut, Alterversorgungöhaus und Waisenhaus; meist sind Krankenhäuser mit den kirchlichen Stiftun- gena erbunden. Berühmt ist das große Zuchthaus. Das Zellengefängnis hat Raum für 420 Sträflinge. Industrie, Handel undVerke h r. Obgleich die Stadt von ihrer Höhe im 15. Jahrh, berab- gesunken ist und die Trennung von Holland (1830) schädlich wirkte, ist die Industrie noch immer bedeu- tend. Es bestehen 200000 Spindeln für Flachs-, Werg- und Iutespinnerei, 600000 für Baumwoll- spinnerei, außerdem Spitzenmanufaktur, Mafchinen- bau, Eisengießerei, [* 16] Tuch-, Leder-, Papier- und Tapetenfabrikation.
Die große Leinenweberei La ^iys beschäftigt allein 3000 männliche und weibliche Arbeitskräfte. Sehr bedeutend ist auch die Blumen- zucht; es bestehen 80 Handelsgärtnereien, darunter die von L. van Houtte in der südöstl. Vorstadt Gent- brugge. Hyacinthen, Tulpen, Orchideen [* 17] sowie Treibhauspflanzen kommen in größtem Maßstabe nach Frankreich, Rußland und Amcrita zur Ausfubr. Der Handel wird außer durch die Bahnlinien vor allem durch die Kanäle begünstigt.
Der nach Ter- neuzen zur Westerschelde führende zeigt feit Ver- tiefung des Echeldckanals, Anlage neuer Hafen- einrichtungen und von Trockendocks starke Zunahme des Verkehrs (1892:118015 y. Die Coupure (1758 vollendet) verbindet die Lys mit dem Vrügge-Ostender Kanal. [* 18] Haupthandelsartikel sind Getreide, [* 19] Rüböl und Flachs sowie die eigenen Erzeugnisse. Geschichte. Gent wird schon im 7. Jahrh, er- wähnt. Gegeil 868 baute daselbst Graf Balduin I. eine Burg gegen die Normannen.
Dieser bemäch- tigte sich 949 Kaiser Otto d. Gr.; dock um 1000 ver- trieben die mächtiger werdenden Grafen von Flan- dern den kaiferl. Burggrafen. Unter ihrer Herr- schaft wuchs die Stadt mebr und mehr, fodaß sie zu den Zeiten Philipps von Valois und Karls VI. von Frankreich 20000 Mann ins Feld stellen konnte. Dieses Wachstum ihrer Macht gab den Gentern einen stolzen Freihcitssinn; Volksaufstände waren im 13. bis 15. Jahrh, häufig. So entstand die be- rühmte Schilderbebung Jakobs van Artevelde (s. d.) gegen den Grafen Louis de Crecy in der ersten Hälfte des 14. Jahrh.; so der Widerstand gegen die Anerkennung Pbilipps des Kübnen von Burgund als Grafen von Flandern (1385). Ebenso erhoben sie sich 1450 gegen den Herzog Philipp den Guten, als dieser eine neue Steuer auf Salz [* 20] und Gelrelde legte, wurden aber bei Gaverc bezwuugen und tief gedemütigt.
Nach dein Tode Marias, die in Gent residiert hatte, zwangen die Genter deren Gemahl, den Erzherzog Maximilian, zu den: für ihn und die Niederlande [* 21] nachteiligen Frieden von Arras, [* 22] Sie weigerten sich 1539, an einer der Graf- schaft Flandern auferlegten Steuer teilzunehmen, in- dem sie sich auf ihre Privilegien beriefen. Karls V. Schwester Maria, die Statthalterin der Niederlande, lieft hierauf alle Genter Kaufleute, die sich außerhalb dor Stadt befanden, verhaften, mit der Drohung, sie so lange festzuhalten, bis die Stadt sich fügen werde.
Die Genter verjagten den Adel und die Anhänger der Regierung. Doch Karl V. eilte mit großer Macht aus Spanien [* 23] persönlich herbei, stillte schnell den Aufruhr, ließ 26 Führer hinrichten, konfiszierte fämt- liche Privilegien, Renten und Waffen [* 24] der Stadt und der Zünfte und legte eine jährliche Kontribution von 6000 Fl. und eine Geldbuhe von 150000 Gold- gulden auf, von welcher die Citadelle erbaut wurde. In Gent wurde 1576 die Genter Pacifikation (s. d.) geschlossen. An dem Freiheitskriege nahm die Stadt den lebhaftesten Anteil, bis sie sich 1584 unter harten Bedingungen an Alexander Farnese er- geben mußte. Auswanderung, Brandschatzungcn ¶