Gelenkenden u. a.), die aber stets unter den strengsten antiseptischen Verhaltungsmaßregeln
auszuführen sind, erforderlich. Gegen die nach intensivern Gelenkentzündung zurückbleibende Gelenksteifigkeit erweisen sich rechtzeitige
passive Bewegungen sowie die Vornahme der Massage (s. d.), gegen den oft hochgradigen
Muskelschwund außerdem die Anwendung der Elektricität nützlich. Haben sich im Verlaufe einer länger währenden Gelenkentzündung abnorme
Winkelstellungen oder gar Verwachsungen der Gelenkenden gebildet, so muß zunächst in der Chloroformnarkose die gewaltsame
Beugung oder Streckung (brisement forcé) des Gelenks vorgenommen und sodann durch allmählich gesteigerte passive Bewegungen
die normale Beweglichkeit des Gelenks wieder angestrebt werden. Freilich ist bei diesen Bewegungsversuchen die größte Vorsicht
geboten, damit nicht durch zu frühzeitige Vornahme derselben der entzündliche Prozeß von neuem wieder
angefacht werde.
Viel weniger günstig sind die Heilerfolge bei der deformierenden Gelenkentzündung, bei der im günstigsten Falle
nur ein Stillstand, niemals eine wirkliche Heilung der Krankheit erzielt werden kann. Derartige Kranke müssen sich vor anhaltendem
Stehen und allen übermäßigen Anstrengungen, ebenso aber auch vor absoluter Ruhe und Schonung hüten,
denn je weniger ein deformiertes Gelenk geübt wird, um so schwieriger und schmerzhafter werden seine Bewegungen; ein mäßiger
Gebrauch und eine schonende Übung der Glieder in Verbindung mit zweckmäßiger Massage sind bei diesem Gelenkleiden am dienlichsten.
Während der Nacht sind die kranken Glieder warm einzuhüllen; auch ist der öftere Gebrauch warmer, nicht
zu heißer Bäder, und zwar ebenso wohl der sog. indifferenten Thermen (Wildbad, Gastein, Wiesbaden), wie einfacher warmer Wasser-
oder Solbäder anzuempfehlen.
Über die Behandlung der fungösen Gelenkentzündung s. Gliedschwamm.
Kollektivbezeichnung für alle Krankheiten und Gebrechen der Gelenke (s. d.). Die Gelenkkrankheiten beginnen gewöhnlich
unter den Symptomen der Gelenkentzündung (s. d.) und entstehen entweder durch traumatische Schädlichkeiten,
wie Schlag, Schnitt, Schuß, Quetschung, Verrenkung u. dgl. (s. Gelenkwunden, Verstauchung, Verrenkung),
oder durch rheumatische Einflüsse (s. Gelenkrheumatismus), oder im Gefolge von Nervenleiden (s. Gelenkneurose), oder infolge
von konstitutionellen Krankheiten, wie namentlich der Gicht (s. d.), Skrofulose (s. d.) und Syphilis. Chronische Gelenkkrankheiten haben häufig
Flüssigkeitsansammlungen innerhalb der Gelenkhöhle (s. Gelenkwassersucht) oder Gelenksteifigkeit (s. d.) zur Folge, weshalb
jedes Gelenkleiden von Anbeginn an sorgsamer Beachtung und sachverständiger Behandlung bedarf. -
Vgl.
Hueter, Klinik der Gelenkkrankheiten (2. Aufl., Lpz. 1870-78);
Marsh, Gelenkkrankheiten (deutsch von Kindervater, ebd. 1888).
Schiffslafetten für Kanonen kleinern Kalibers, bei denen sich, durch gewisse Gelenkverbindungen gezwungen,
das Rohr infolge des Rückstoßes heben muß,sodaß es sich nach Beendigung des Rücklaufes durch sein
Eigengewicht selbstthätig
wieder niedersenkt.
Die Gelenklafette ist vom ital. Marinekapitän Albini konstruiert und wird
daher oft nach ihm benannt.
(Mures articulorum), Gelenkkonkremente oder Gelenkkörper, Bezeichnung für rundliche oder längliche,
knorpelartige oder selbst knochenharte Gebilde von der Größe eines Reiskorns bis zu der einer Mandel, einer
Wallnuß oder gar eines Hühnereies, die unter pathol. Verhältnissen innerhalb der Höhle der größern Gelenke entstehen
und heftige Beschwerden zur Folge haben können. Man findet sie entweder frei und ohne jedwede feste Verbindung mit der Gelenkschleimhaut,
sodaß sie sich in der ganzen Gelenkhöhle hin und her bewegen können (sog. freie
Gelenkkörper), oder durch einen dickern oder dünnern Stiel an die Gelenkwand befestigt (sog.
gestielte Gelenkkörper). Am häufigsten kommen sie im Kniegelenk, nächstdem im Schulter- und Ellbogengelenk vor, bald vereinzelt,
bald in größerer Anzahl.
Die Gelenkmäuse entstehen auf verschiedene Weise, entweder durch faserstoffige Niederschläge aus der Synovia oder Gelenkschmiere, oder
durch krankhafte Wucherung der sog. Gelenkzotten, mit denen die Gelenkschleimhaut an einzelnen Stellen
besetzt ist (s. Gelenk), oder endlich durch traumatische Schädlichkeiten, indem durch einen Schlag oder Stoß auf die Gelenkgegend
ein Stück der überknorpelten Gelenkfläche abgetrennt wird und nun als freibeweglicher Körper in der Gelenkhöhle liegt.
Die Gelenkkörper verursachen verschiedene Beschwerden. Anfangs, solange sie noch klein sind, wird ihre
Anwesenheit gewöhnlich gar nicht bemerkt, erst wenn sie größer werden und bei ihren Bewegungen zufällig zwischen die Gelenkflächen
der Knochen geraten, verursachen sie heftige Schmerzen, ja mitunter sinkt der Kranke mit einem Schrei durch den Schmerz betäubt
ohnmächtig zusammen und kann sich nicht eher wieder rühren, als bis der Gelenkkörper wieder zwischen
den Gelenkflächen hervorgleitet. Häufig haben Gelenkmäuse auch chronische Entzündung der Gelenkschleimhaut mit wässerigem Erguß
in die Gelenkhöhle zur Folge. Sind die Beschwerden des Kranken sehr hochgradig, so muß man sich zur operativen Entfernung
der Gelenkmäuse vermittelst eines Einschnitts in die Gelenkkapsel entschließen, einer Operation, welche bei der
Anwendung antiseptischer Vorsichtsmaßregeln in der Regel ganz gefahrlos verläuft.
Gelenkneuralgie oder hysterisches Gelenkleiden (Arthroneuralgia), eine eigentümliche, besonders häufig
im Hüft- und Kniegelenk vorkommende Gelenkaffektion, welche das Bild einer schweren Gelenkentzündung vortäuschen kann, während
sie ihrem eigentlichen Wesen nach mit einem ernsthaften Lokalleiden nichts zu thun hat und lediglich
als Teilerscheinung der Hysterie (s. d.) aufgefaßt werden muß. Die Krankheit, die sich vorwiegend bei blutarmen und nervösen
jungen Mädchen und Frauen der höhern Gesellschaftsklassen, bisweilen aber auch bei anscheinend gesunden Männern vorfindet,
äußert sich in außerordentlich heftigen, bohrenden oder reißenden Schmerzen in dem ergriffenen Gelenk,
krampfartigen Zusammenziehungen der benachbarten Muskeln, die oft schon durch leises Berühren der Haut hervorgerufen werden
und gewöhnlich auffallende falsche Stellungen des Gelenks zur Folge haben, und in einer großen lähmungsartigen Schwäche
in der betreffenden Extremität, welche den Kranken nicht selten monatelang an das Bett
mehr
fesselt. Bei alledem ergiebt die objektive Untersuchung nicht die geringste anatom. Veränderung. Von auffallendem Einfluß
ist die Stimmung des Kranken auf die Intensität des Leidens; wahrend Ablenkung und Zerstreuung, eine interessante Unterhaltung
u. dgl. den eben erst unerträglichen Schmerz oft außerordentlich schnell besänftigen, pflegen eine ängstliche und verzärtelnde
Umgebung hingegen das Übel sehr zu verschlimmern. Der Verlauf ist gewöhnlich ein sehr langwieriger,
schließlich aber doch meist günstiger. Unter den örtlichen Heilmitteln sind energisches Massieren, kalte Begießungen
und Douchen des Gelenks mit nachfolgenden Abreibungen des Gliedes, der länger fortgesetzte Gebrauch kurzer kalter Seebäder
und die Anwendung der Elektricität am wirksamsten. Das Hauptgewicht bei der Behandlung ist aber auf
eine zweckmäßige psychische Beeinflussung des Kranken zu legen, ohne welche alle örtlichen Mittel erfolglos bleiben. -
Vgl.
Esmarck, Über Gelenkneurose (Kiel 1872).