wo er Sicherheit gefunden, zurückzukehren. Die in
Deutschland
[* 2] früher den Landesjustizverwaltungen zustehende Befugnis, freies
Geld zu erteilen, worüber ein
Geleitsbrief ausgestellt wird, ist durch §. 337 der
Deutschen Strafprozeßordnung den zuständigen
Gerichten beigelegt. Das freie oder sichere Geld, dessen Erteilung an
Bedingungen geknüpft werden kann, gewährt danach
Befreiung
von der
Untersuchungshaft, jedoch nur hinsichtlich derjenigen Strafthat, für welche es erteilt ist; es
erlischt, wenn ein auf
Freiheitsstrafe lautendes
Urteil ergeht, wenn der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft oder wenn
er die ihm gestellten
Bedingungen nicht erfüllt. In
Österreich
[* 3] wird das freie Geld von dem Justizminister erteilt (Österr.
Strafprozeßordn. §§. 419, 420). -
Über militärisches Geld s.
Bedeckung (militär.).
(Articulus,Articulatio), diejenige Form der Knochenverbindung, bei der zwei oder mehrere
Knochen
[* 8] mit entsprechend
gestalteten und überknorpelten
Flächen aneinander stoßen und durch
Bänder (s. d.) derart zusammengehalten werden, daß
sie ihre
Stellung zueinander ändern, d. h. sich bewegen können. Den Gegensatz
zu dieser beweglichen oder unterbrochenen Knochenverbindung (Diarthrose) bildet die unbewegliche oder ununterbrochene (Synarthrose),
bei welcher, wie bei den Schädelknochen, den meisten
Gesichtsknochen und den Beckenknochen, die einander gegenüberstehenden
Knochenflächen in ihrer ganzen
Ausdehnung
[* 9] durch Zwischenmassen fest und unbeweglich miteinander verbunden sind; eine Art
Mittelglied zwischen beiden bildet die sog. Fuge
(Symphyse), bei welcher, wie bei der Schambeinfuge, dick
überknorpelte, durch eine spaltförmige
Höhle voneinander getrennte Knochenflächen durch straffe Bandapparate mit einem
Minimum von Beweglichkeit zusammengehalten werden. Die Gelenk sind für die Funktionen des tierischen und menschlichen
Körpers von der allergrößten Bedeutung, insofern nur durch sie die wundervolle
Gliederung und freie
Beweglichkeit des Körpers ermöglicht wird.
An jedem Gelenk unterscheidet man die knöchernen
Gelenkenden (superficie articulares), von denen das eine gewöhnlich mehr oder
minder kugelförmig, das andere mehr oder minder flach oder pfannenartig ausgehöhlt ist und die beide mit einem glatten
elastischen
Überzug von Knorpelsubstanz überzogen sind und außerdem noch durch eine im G. abgesonderte
zähe, klebrige, eiweißartige Flüssigkeit, die
Gelenkschmiere (synovia), jederzeit schlüpfrig erhalten werden, sodaß sie
leicht aneinander hin und her gleiten können, weiterhin die sog. Gelenkkapsel oder das Kapselband
(ligamentum capsulare, s.
Tafel: Die
Bänder des
Menschen, Bd. 2, S. 359), eine feste sehnige
Haut,
[* 10] welche sackartig
beide
Gelenkenden fest umschließt und einen zwischen den
Gelenkenden gelegenen allseitig geschlossenen Hohlraum, die Gelenkhöhle,
begrenzt, sowie endlich die sog. Hilfsbänder oder
Faserbänder (ligamenta accessoria), platte
sehnige
Stränge, die außerhalb des Gelenkraums in verschiedener
Richtung von einem
Knochen zum andern gehen und teils die
Verbindung der letztern zu befestigen, teils die Beweglichkeit des Gelenk einzuschränken
bestimmt sind.
Die Gelenkkapsel ist auf ihrer innern, der Gelenkhöhle zugekehrten
Fläche mit einer feinen serösen
Haut, der Gelenk- oder
Synovialhaut (membrana synovialis), überzogen, welche die eben erwähnte
Gelenkschmiere absondert und in vielen Gelenk auch noch
eine Anzahl von Falten und zottenartigen Fortsätzen, die sog. Gelenk- oder
Synovialzotten (vilii synoviales) bildet, die sich in die Gelenkhöhle hinein erstrecken und zur Auspolsterung derselben
dienen. Eine besondere Eigentümlichkeit mancher Gelenk bilden die sog. Zwischenknorpel
(cartilagines interarticulares), freie, nur an die Gelenkkapsel befestigte Knorpelscheiben, die als Lückenbüßer mehr oder
weniger weit zwischen die Gelenkflächen der
Knochen hineinragen und dadurch die Festigkeit
[* 11] der betreffenden
Gelenkverbindung erhöhen.
Von der Beschaffenheit und
Größe der sich verbindenden Gelenkflächen der
Knochen hängt es im wesentlichen ab, wie viel
Beweglichkeit den betreffenden
Knochen verstattet wird. Ein an einer großen
Fläche mit dem andern verbundener
Knochen kann
nicht so viel oder so freie Beweglichkeit besitzen als einer, der nur mit einer kleinen
Fläche den andern
berührt. Außerdem wird diese Beweglichkeit durch die Gestalt der Gelenkflächen und durch die größere oder geringere
Nachgiebigkeit der
Gelenkbänder und der über das Gelenk hinweggehenden
Muskeln
[* 12] beeinflußt.
Zudem ist auch der Druck der äußern
Atmosphäre für die Funktionen der Gelenke von größter Bedeutung,
insofern der Luftdruck schon an und für sich, nach Durchschneidung sämtlicher Weichteile mit Einschluß der Gelenkkapsel,
vollkommen ausreicht, die Gelenkflächen in Kontakt und somit die dazugehörigen Skelettabschnitte in Zusammenhang zu erhalten.
Ja der Luftdruck überwiegt meist das
Maß von Kraft,
[* 13] das für den Zusammenhalt der Gelenkflächen notwendig
ist, um ein Bedeutendes. So wird das
Gehen (s. d.) ganz wesentlich dadurch erleichtert, daß der konvexe
Kopf des Oberschenkelbeins
so vollkommen genau und luftdicht in die konkave Pfanne des Beckenknochens eingelenkt ist, daß beide
Flächen, ohne alle
Mitwirkung von
Bändern und
Muskeln, durch den bloßen Luftdruck fest aneinander gehalten werden und das
Gewicht des
Beins bei jeder Pendelschwingung des letztern, ohne Kraftaufwand von seiten des Körpers, von der
Atmosphäre gleichsam
getragen wird.
Hinsichtlich der mechan. Verhältnisse pflegt man folgende Formen von Gelenk zu unterscheiden:
1)
Freie oder Kugelgelenke (arthrodiae), welche
Bewegungen in jeder
Richtung gestatten, wie z. B. das Schultergelenk. Wird
dabei das kugelige Ende des einen
Knochens ganz von der Gelenkgrube des andern umfaßt, wie das am Hüftgelenk der Fall ist,
so wird dies als
Nuß- oder Pfannengelenk (enarthrosis) bezeichnet;
2) Winkel- oder Scharniergelenke (ginglymi), welche nur
Beugung
[* 14] und Streckung, also nur
Bewegung in einer Ebene gestatten,
wie z. B. das Ellbogengelenk, die Finger- und Zehengelenke;
3) Roll- oder Drehgelenke (rotationes), bei denen sich ein
Knochen um einen zweiten oder um seine eigene
Achse dreht, wie z. B.
der
Atlas
[* 15] um den Zahnfortsatz des zweiten
¶
mehr
Hals-Wirbels oder das Köpfchen der Armspindel um seine eigene Achse;
4) straffe Gelenk (amphiarthroses), deren Knochenenden durch straff angezogene Bänder so fest zusammengehalten werden, daß sie
sich nur wenig aneinander verschieben können, wie das bei den verschiedenen Hand- und Fußwurzelqelenken der Fall ist.
Ein falsches oder widernatürliches Gelenk (Scheingelenk, pseudarthrosis) entsteht bisweilen nach
Knochenbrüchen, wenn die beiden Bruchenden infolge von Störungen des Heilungsvorgangs nicht durch feste Knochenmasse wieder
miteinander verwachsen, sondern nur durch eine dehnbare fibröse Zwischenmasse miteinander verbunden werden. In solchen Fällen
bildet sich eine einem natürlichen Gelenk analoge Knochenverbindung, die aber dadurch, daß sie den betreffenden
Knochen an einer widernatürlichen Stelle seiner normalen Festigkeit und Starrheit beraubt, die Gebrauchsfähigkeit
des verletzten Gliedes gewöhnlich beträchtlich vermindert und deshalb ein operatives Eingreifen erforderlich macht; man
pflegt derartige falsche Gelenk unter antiseptischen Vorsichtsmaßregeln zu eröffnen, die alten Bruchenden mit dem
Meißel
[* 17] wieder anzufrischen und mit Silberdraht oder Elfenbeinstiften zu vereinigen, worauf dann meist
eine knöcherne Verwachsung der beiden Bruchenden und damit die Heilung der Pseudarthrose erfolgt.
Von einem neuen Gelenk (neathrosis) spricht man, wenn nach Verrenkungen der ausgerenkte Gelenkkopf nicht in seine
Pfanne zurückgebracht wird, sondern an der Stelle, die er zufällig einnimmt, durch seinen beständigen Druck und durch eintretende
Knochenwucherung der Umgebung einen Eindruck und allmählich eine mehr oder minder erhebliche Vertiefung
bewirkt, welche eine gewisse Ähnlichkeit
[* 18] mit einer natürlichen Gelenkhöhle besitzt und auch eine gewisse Beweglichkeit
der verrenkten Gliedmaße wieder gestattet.
Ein künstliches Gelenk (articulus artificialis) endlich nennt man jede bewegliche Knochenverbindung, die auf operativem
Wege hervorgerufen wird, um eine durch pathol. Vorgänge entstandene widernatürliche knöcherne Verwachsung
der normalen Gelenkenden wieder zu beseitigen. (S. Arthroplastik.)