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und Taf. II, [* 1] Fig. 4,11), welche die Grundmembran überwölben und je aus einem innern aufsteigenden Pfeiler oder Steg und einem äußern absteigenden Pfeiler oder Saite bestehen. Die innern Pfeiler (f) sind glatte, schwach Sförmig gekrümmte Gebilde, die mit ihren Seitenwänden dicht aneinander liegen, von innen nach außen in die Höhe streben und oben durch eine Art Gelenkstück mit den äußern Pfeilern verbunden sind; die äußern Pfeiler (g) sind glatte cylinderförmige, an ihrem untern Ende verdickte Fäden, deren oberes Ende gelenkartig mit den obern Enden der innern Pfeiler in Verbindung stehen.
Wahrscheinlich stellen die innern Pfeiler eine Art elastischen Stegs dar, zwischen deren obersten Enden und der Mitte der Grundmembran (k) die äußern Pfeiler wie Saiten ausgespannt und befestigt sind und auch wie solche schwingen, wenn die Grundmembran durch bestimmte Anstöße in regelmäßige Schwingungen versetzt wird. An die innern Pfeiler legen sich in einer einfachen Reihe die innern Hör- oder Haarzellen (d, e und Taf. II, [* 1] Fig. 4, 10) an, kurze, cylinderförmige, mit je einer Nervenfaser in Verbindung stehende Zellen, deren freies Ende einen dichten Rasen langer borstenähnlicher Haare [* 2] (Hörhaare) trägt, während ihr unteres Ende auf einer feinkörnigen Zellenschicht, der sog. Körnerschicht, aufruht, in welche die Nervenfasern des Schneckennerven einstrahlen. An die äußern Pfeiler der Cortischen Bogen [* 3] lagern sich in vier oder fünf spiralig verlaufenden Parallelreihen die nach ähnlichem Typus gebauten äußern Hör- oder Haarzellen (h i und Taf. II, [* 1] Fig. 4, 12) und an diese die cylindrischen Stützzellen.
Solcher Cortischen Bogen giebt es ungefähr 3000 in jeder Schnecke des menschlichen Labyrinths, von der verschiedensten Länge und Dicke und in genau bestimmter gesetzmäßiger Anordnung; denn da die Spiralplatte infolge ihrer spiraligen Aufwindung sich von unten nach oben verschmälert, so müssen auch die äußern Cortischen Pfeiler von unten nach oben an Länge abnehmen und bilden so, wie die Saiten an der Harfe oder dem Klavier, gewissermaßen eine regelmäßig abgestufte Besaitung, die durch die allerverschiedenartigsten Schwingungen in Mitschwingungen versetzt wird und so die mit den Nervenenden verbundenen Haarzellen erregen kann.
In dem Cortischen Organ der Schnecke enthält unser Gehörorgan einen nach Art der musikalischen Instrumente gebauten höchst komplizierten physik. Apparat von höchster Feinheit und Vollendung, dessen Vorhandensein uns erst durch die mühevollen und äußerst schwierigen Untersuchungen der drei letzten Jahrzehnte erschlossen worden ist. Das ganze Cortische Organ wird übrigens von einer feinen schleimigweichen Membran, der sog. Deckhaut oder Cortischen Membran (membrana tectoria, c und Taf. II, [* 1] Fig. 4, 9) bedeckt und geschützt, die ihren Ursprung von der gezahnten Vorhofstreppenlippe (Huschkes Gehörzähne, d und Taf. II, [* 1] Fig. 4, 3) nimmt, wie ein Schleier ganz frei auf der Netzhaut und den Härchen der Haarzellen des Cortischen Organs aufliegt und mit einem freien Rande in der Gegend der äußersten Haarzelle endigt. Die zahlreichen Nerven [* 4] des Cortischen Organs stammen von dem Schneckennerven ab, der zunächst in die Spindel eintritt, sich von hier aus in den einzelnen Windungen der Spiralplatte verzweigt und mit seinen Endfasern in der Körnerschicht und der Umgebung der Haarzellen verbreitet.
Was die Physiologie des Hörens anlangt, so können im allgemeinen Schalleindrücke (Klänge, Töne und Geräusche) nur dann vernommen werden, wenn die dem Schall [* 5] zu Grunde liegenden Schwingungen der Luft, des Wassers oder anderer elastischer Körper durch verschiedene Mittelglieder auf die Endapparate unsers Gehörnerven und durch diesen zum Gehirn [* 6] fortgepflanzt werden. Bei den unter Wasser lebenden Wirbeltieren werden die Schallwellen, die sich im Wasser fortpflanzen, zum größten Teil zunächst auf die Kopfknochen übertragen und so direkt dem Labyrinthwasser zugeleitet, das dadurch in Mitschwingungen versetzt wird, während bei dem Menschen und den übrigen in der Luft lebenden Wirbeltieren die Schallwellen gewöhnlich nur durch die Vermittelung des Trommelfells und der Gehörknöchelchen auf das Labyrinthwasser übertragen werden; doch können auch bei ihnen unter gewissen Umständen Schallwellen direkt durch die Kopfknochen auf die akustischen Endorgane sich fortpflanzen. Dies ist namentlich der Fall, wenn der Schall von einem festen Körper auf die Kopfknochen übertragen wird, wenn man z. B. eine tickende Taschenuhr oder tönende Stimmgabel zwischen die Zähne [* 7] nimmt oder an den knöchernen Gaumen bringt.
Das äußere Ohr [* 8] nimmt die Schallwellen der Luft in großer Breite [* 9] auf und wirft dieselben gegen die vordere Ohrecke, von wo sie in den Gehörgang gelangen; doch darf die Bedeutung der menschlichen Ohrmuschel für das Hören nicht überschätzt werden, da bei angeborenem Mangel oder bei erworbenem Verlust derselben die Feinheit des Gehör [* 10] nicht eben merklich verringert ist. Der äußere Gehörgang dient als eigentliche Schallröhre, die, analog den Sprachrohren, die Schallwellen, wegen totaler Reflexion [* 11] von den Wänden, ungeschwächt dem an seinem innern Ende ausgespannten Trommelfell zuleitet; die Verstopfung des äußern Gehörgangs durch angehäuftes Ohrenschmalz u. dgl. schwächt das Hören ganz beträchtlich.
Die in den äußern Gehörgang gelangten und nach einmaliger oder wiederholter Reflexion auf das Trommelfell geworfenen Schallwellen rufen in dieser gespannten elastischen Membran analoge Schwingungen hervor, die nun ihrerseits wieder vermittelst der Gehörknöchelchenkette auf die mit dem Fußtritte des Steigbügels verwachsene Membran des ovalen Fensters übertragen werden und so im Labyrinthwasser eine Wellenbewegung [* 12] erzeugen, welche die im Labyrinth eingeschlossenen akustischen Endapparate des Hörnerven mechanisch in Mitschwingungen versetzt und dadurch die Hörnervenfasern samt ihrem zugehörigen Hirnabschnitte direkt erregt.
Hinsichtlich des Trommelfells und seiner Beteiligung an der Schallleitung verdienen zwei wichtige Thatsachen besonders hervorgehoben zu werden, einmal seine überaus innige Verbindung mit den Gehörknöchelchen, wodurch allen Schwingungen dieser Membran ein ziemlich erheblicher Widerstand entgegengesetzt und das selbständige Nachschwingen und Nachtönen derselben verhindert wird, und weiterhin das sog. Accommodationsvermögen des Trommelfells, indem es mit Hilfe seines Spannmuskels in verschiedenem Grade gespannt wird und sich dadurch den höhern und tiefern Tönen anpassen oder accomodieren kann.
Durch Zusammenziehung des Trommelfellspanners (musculus tensor tympani, s. S. 689a) wird der Hammergriff samt dem Trommelfell weiter nach
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innen gezogen und so das letztere stärker gespannt, während durch die Kontraktion des Trommelfellerschlaffers (musculus laxator tympani) die Spannung des Trommelfells vermindert wird. Eine stärkere Spannung macht aber das letztere im allgemeinen weniger geschickt, in Schwingungen zu geraten, und dient daher als Dämpfungsmittel für heftige Schallbewegungen; auch wird bei stärkerer Spannung das Trommelfell leichter durch höhere Töne, bei geringerer Spannung leichter durch tiefere Töne, in Mitschwingungen versetzt.
Durch eine zu starke Anspannung wird überdies die Schwingungsfähigkeit des Trommelfells beträchtlich, unter Umständen bis zur Schwerhörigkeit, herabgesetzt. Eine starke Spannung des Trommelfells und dadurch bedingte Schwerhörigkeit kann übrigens auch durch erheblichere Druckdifferenzen zwischen der Paukenhöhlenluft und der Luft des äußern Gehörgangs zu stande kommen. So wird durch kräftiges Ausatmen bei geschlossener Mund- und Nasenhöhle (Ausschnauben) Luft durch die Ohrtrompete in die Paukenhöhle eingepreßt und das Trommelfell stark nach außen gedrängt, und umgekehrt durch eine kräftige Einatmung bei Verschluß von Mund und Nase [* 14] die Paukenhöhlenluft verdünnt und das Trommelfell stark nach einwärts gezogen; in beiden Fällen pflegt sich die Verrückung des Trommelfells durch ein subjektives knackendes Geräusch im Ohre kundzugeben.
Solche einseitige Trommelfellspannungen zu verhüten und stetes Gleichgewicht [* 15] zwischen der Paukenhöhlenluft und der äußern Luft herzustellen, ist Aufgabe der Ohrtrompete, eines von der Paukenhöhle nach der Rachenhöhle verlaufenden knorplig-häutigen Kanals, dessen Rachenöffnung für gewöhnlich zwar geschlossen ist, aber bei jeder ausgiebigen Schlingbewegung sich öffnet und so eine Kommunikation der Paukenhöhlenluft mit der Atmosphäre gestattet.
Wenn die Ohrtrompete infolge katarrhalischer Verschwellung ihrer Schleimhaut (z. B. während eines Schnupfens) verstopft wird, so tritt stets mehr oder minder hochgradige Schwerhörigkeit ein, oftmals mit Ohrensausen und andern subjektiven Geräuschen verbunden, die nicht eher wieder verschwinden, als bis die Ohrtrompete wieder wegsam wird. Auf dem gleichen Umstand beruht es auch, daß die Ohrenärzte alle Fälle von Schwerhörigkeit, die auf Verstopfung der Ohrtrompete beruhen, durch Einführen eines Katheters in die letztere und Einblasen von komprimierter Luft in die Paukenhöhle zur Heilung bringen.
Die Paukenhöhle kommt für die Schallleitung insofern in Betracht, als sie den Schwingungen des Trommelfells und der Gehörknöchelchen sowie der Membranen der Vorhofsfenster hinreichenden Spielraum gewährt. Übrigens ist die Membran des runden und des ovalen Fensters an sich schon geeignet, die Erschütterungen der Luft auf das Labyrinthwasser zu übertragen. Aus diesem Grunde kann das Gehör, wenn auch geschwächt, noch fortbestehen, wenn der Paukenhöhlenapparat beschädigt, z. B. das Trommelfell durchbohrt oder die Gelenkverbindung zwischen Amboß und Hammer [* 16] zerstört ist; dagegen vernichtet die krankhafte feste Verwachsung des Steigbügels mit dem ovalen Fenster das Hörvermögen meist gänzlich.
Über den Gang [* 17] der Schallwellen im Labyrinth und die Erregung der akustischen Endorgane haben die neuern Untersuchungen und Forschungen, um die sich namentlich Helmholtz die größten Verdienste erworben hat, das Folgende ergeben. Wenn durch eine durch Schallwellen erzeugte Steigerung des Luftdrucks im äußern Gehörgang das Trommelfell nach einwärts getrieben, die Gehörknöchelchenkette nach innen gedrängt und die Fußplatte des Steigbügels tiefer in das ovale Fenster eingedrückt wird, so kann das nicht zusammendrückbare, rings von knöchernen Wänden eingeschlossene Labyrinthwasser nur nach einer Seite hin dem Steigbügeldruck ausweichen, nämlich gegen das runde Fenster mit seiner elastischen Membran.
Dahin steht dem Labyrinthwasser entweder der Weg durch die enge Öffnung in der Schneckenkuppel, durch welche beide Schneckentreppen miteinander kommunizieren, offen oder es muß, da die Zeit hierzu bei den Schallschwingungen wahrscheinlich nicht ausreicht, die membranige Scheidewand (häutige Spiralplatte) der Schnecke gegen die Paukentreppe hindrängen und so in Schwingung [* 18] versetzen. Auf diese Weise werden alle Schallschwingungen der im äußern Gehörgang befindlichen Luft auf die Membranen des Labyrinths, namentlich auf den häutigen Schneckenkanal und die in diesen Membranen endigenden Nervenfasern übertragen.
Alle Endfasern des Gehörnerven sind aber, wie oben beschrieben, mit zahllosen mikroskopisch kleinen elastischen Anhängen verbunden, deren Bestimmung es scheint, durch ihre Schwingungen die Nerven mechanisch durch Erschütterung in Erregung zu versetzen. Als solche schwingende elastische Anhänge der Gehörnervenfasern sind in den Vorhofssäckchen und Ampullen die Hörhaare, in der Schnecke die Wimpern der Haarzellen und die äußern Cortischen Pfeiler (Saiten) anzusehen.
Die ganze Anordnung des Cortischen Organs macht es sehr wahrscheinlich, daß dasselbe die Schwingungen der häutigen Spiralplatte oder der Grundmembran aufzunehmen und selbst in Schwingungen zu geraten vermöge und nach der Ansicht von Helmholtz, der sich die meisten Forscher angeschlossen haben, stellen die innern Pfeiler des Cortischen Organs eine Art elastischen Stegs dar, zwischen dessen Kante und der Mitte der Grundmembran die äußern Pfeiler wie Saiten befestigt sind und wie solche schwingen, wenn ihr anderes Ende an der Membran erschüttert wird.
Weiterhin nimmt Helmholtz an, daß die Stimmung der einzelnen Cortischen Pfeiler wie die von Saiten verschieden sei und einer regelmäßigen Stufenfolge durch die musikalische Skala hindurch entspreche, sodaß jeder Pfeiler gewissermaßen für einen Ton von bestimmter Höhe gestimmt sei und daher allein durch die ihm entsprechende Welle des Labyrinthwassers angesprochen werde. Aus diesem Grunde vermutet Helmholtz, daß die Cortischen Pfeiler für die Wahrnehmung der musikalischen Töne, die Nervenausbreitung im Vorhof und den Ampullen samt den Hörhaaren dagegen für die Wahrnehmung von Geräuschen dienen.
Wird ein einfacher Ton dem Ohre zugeleitet, so werden diejenigen Cortischen Pfeiler, die ihm ganz oder nahezu gleichstimmig sind, stark erregt, alle andern schwach oder gar nicht. Jeder einfache Ton wird sonach nur durch gewisse Nervenfasern empfunden, Töne von verschiedener Höhe erregen verschiedene Nervenfasern. Wird ein zusammengesetzter Klang dem Ohre zugeleitet, so wird derselbe ganz in der nämlichen Weise, wie wir durch Resonatoren seine komplizierte Schwingung in seine einzelnen pendelartigen Schwingungen von verschiedener Tonhöhe zerlegen können, auch von den mitschwingenden Teilen in unserm Ohre in seine ¶