betragen; meist finden sich dieselben Flecken auch am Rückenmark. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, daß an diesen
Stellen infolge einer ausgebreiteten Bindegewebswucherung zahlreiche Nervenelemente, insbesondere Ganglienzellen,
[* 2] zu
Grunde gegangen sind und eine schwielige Schrumpfung der betreffenden Hirnpartie stattgefunden hat. Die
Krankheit findet sich
vorwiegend im jugendlichen und mittlern
Lebensalter, bei Frauen etwas häufiger als bei Männern, und
befällt namentlich solche
Personen, die aus nervenschwachen Familien stammen; unter den veranlassenden
Ursachen werden besonders
traumatische Einwirkungen auf das Centralnervensystem (Fall,
Stoß,
Schläge auf den
Kopf), Gemütserschütterungen, heftige
Erkältungen und erschöpfende
Krankheiten
(Typhus,
Cholera,
Pocken) angeführt.
Die
Krankheit beginnt gewöhnlich mit leichter Verstimmung, Eingenommenheit und
Schmerz des
Kopfes, Schwindel
und einem eigentümlichen zitternden
Gange, wozu sich im weitern Verlauf ein allgemeines anhaltendes Zittern des ganzen Körpers
gesellt. Bei der weitern
Entwicklung der
Krankheit stellen sich
Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen ein, die zunächst
an den untern Extremitäten beginnen und sich dann allmählich in ganz ungeregelter Reihenfolge über
die verschiedenen
Muskeln
[* 3] und Muskelgrnppen des Körpers ausbreiten.
In den letzten Stadien der
Krankheit treten auch deutliche
Störungen in den psychischen Verrichtungen auf; das
Gedächtnis wird
auffallend geschwächt, die geistigen Interessen erlahmen und die hinzukommende Verblödung macht unaufhaltsame Fortschritte,
bis der
Kranke in vollkommener Hilflosigkeit seinen
Leiden
[* 4] erliegt. Die
Dauer derKrankheit ist sehr wechselnd;
während rasch verlaufende Fälle in Jahresfrist zum
Tode führen, erreichen andere eine
Dauer von 10 bis 15 Jahren. Gegen
die ausgebildete
Krankheit sind alle Behandlungsmethoden erfolglos; nur im Beginn des
Leidens scheint bisweilen die vorsichtige
Anwendung des elektrischen
Stroms nützlich zu sein.
(Hydrocephalus,
Hydrops ventriculorum), die krankhafte Ansammlung von klarer, wässeriger Flüssigkeit
in den Hirnhöhlen
(Hydrocephalus internus) oder zwischen der Hirnoberfläche und der Schädelwand
(Hydrocephalus externus),
durch die infolge des
Gehirndrucks (s. d.) immer mehr oder minder schwere Funktionsstörungen des
nervösen
Centralorgans hervorgerufen werden, ist entweder angeboren oder durch mancherlei krankhafte Zustände der Hirnsubstanz
erworben.
Bei der angeborenen Gehirnwassersucht (angeborenem
Wasserkopf,
Hydrocephalus congenitus) fällt zunächst die außergewöhnliche
Größe der
Schädelkapsel (Makrocephalie) auf. Der Schädel eines solchen Neugeborenen kann bis zu 2 Fuß im
Umfang messen und steht
in keinem Verhältnis zu dem kleinen
Gesicht;
[* 5] die
Stirn bildet eine große konvexe, vorspringende Halbkugel, die einzelnen
Schädelknochen sind weit auseinander gedrängt, die
Fontanellen ungewöhnlich groß und die breiten häutigen
Verbindungen
der Schädelknoten ungemein stark gespannt.
ÄltereKinder vermögen den schweren
Kopf nicht aufrecht zu halten, sondern lassen ihn der
Schwere nach zur Seite oder nach
vorn herabsinken; dabei macht das kleine, nach dem
Kinn zugespitzte, greisenhafte
Gesicht einen widerlichen
und bemitleidenswerten Eindruck. Bei der
Leichenöffnung finden sich die Hirnhöhlen in weite und dickhäutige
Blasen oder
Säcke verwandelt, die eine große Menge
(bis zu 5 kg und darüber) klarer seröser Flüssigkeit enthalten; die den Ventrikeln
zunächst liegende Hirnmasse ist sehr verdünnt und beträgt bisweilen eine nur millimeterdicke Schicht,
Streifen- und
Sehhügel erscheinen völlig abgeflacht, die Hirnwindungen oft nicht mehr erkennbar und die sämtlichen Hirnhäute
außergewöhnlich dünn.
Bei so hochgradiger Wasseransammlung giebt der
Kopf sehr häufig ein unüberwindliches Geburtshindernis ab und muß deshalb
punktiert werden, damit das Wasser ablaufen und die
Geburt beendet werden kann, weshalb die meisten derartigen
Kinder tot zur Welt kommen. Bei mäßigern
Graden der
Krankheit kann das Leben zwar erhalten bleiben, doch sterben die
Kinder
meist früh; nur sehr wenige erreichen ein höheres
Alter. Gewöhnlich bleiben solche
Kinder hinsichtlich der geistigen und
körperlichen Fähigkeiten bedeutend zurück, ein guter
Teil bleibt blödsinnig, gelähmt, selbst blind
und taubstumm, und nur in ganz geringgradigen Fällen kommt eine nachträgliche Anbildung von Gehirnsubstanz und eine nahezu
normale
Entwicklung der intellektuellen Funktionen zu stande.
Die
Ursachen des angeborenen
Wasserkopfs sind gänzlich unbekannt; man weiß nur, daß derselbe sich erst in der letzten Zeit
der
Schwangerschaft und zwar nicht vor dem siebenten Schwangerschaftsmonat entwickelt, und daß manche
Frauen mehrmals hintereinander hydrocephalische
Kinder gebären. Wahrscheinlich entwickelt sich die angeborene Gehirnwassersucht während
der Fötalzeit infolge einer chronischen
Entzündung des sog.
Medullarrohrs, d. h. der embryonalen
Anlage des
Gehirns (s. d.,
S. 678d); ob aber, wie manche behaupten, diese chronische
Entzündung durch
Syphilis oder skrofulöse Blutbeschaffenheit
der Eltern, durch
Trunksucht des
Vaters, durch zu ungleiches
Alter oder
Blutsverwandtschaft der Eltern veranlaßt wird, steht
noch dahin.
Was die Behandlung anlangt, so haben sich alle innern
Mittel als nutzlos erwiesen; auch die vielfach empfohlenen chirurg.
Eingriffe (Einstechen eines feinen Troikars,
Kompression des Schädels u. a.) leisten im allgemeinen nicht
viel Ersprießliches. Man beschränke sich darauf, für möglichst ungeschmälerten Aufenthalt in freier Luft und in trocknen,
sonnigen Räumen, für milde, leicht verdauliche Nahrung und gehörige
Regulierung des Stuhlgangs zu sorgen und die psychischen
Funktionen vorsichtig und schonend zu entwickeln.
Die erworbene Gehirnwassersucht (Hydocephalus acquisitus) besteht gewöhnlich in einer Wasseranhäufung in
den
Gehirnhöhlen, welche jedoch niemals zu einer Formveränderung oder Vergrößerung der knöchernen Schädelkapsel, sondern
nur zu einer bald stärkern, bald schwächern
Kompression der Hirnsubstanz führt und sich in jedem
Lebensalter im Anschluß
an verschiedenartige Krankheitszustände entwickeln kann. Am häufigsten geschieht dies infolge von abnormer Blutbeschaffenheit
(bei der Säuferdyskrasie,
Syphilis, Skrofulose und der
Brightschen Nierenkrankheit), von anhaltenden Cirkulationsstörungen
(chronischen
Herzkrankheiten und Lungenemphysem), von Hirngeschwülsten, welche die Blutleiter zusammendrücken, und von allen
Krankheiten, die mit Schrumpfung und Schwund der Hirnsubstanz verbunden sind, wie insbesondere beim Hirnschwund der alten
Leute und der Geisteskranken.
Bei den letztgenannten
Affektionen würde durch die eintretende Verkleinerung des
Gehirns in der allseitig geschlossenen
¶
knöchernen Schädelkapsel ein luftleerer Raum entstehen müssen, wenn dies nicht durch reichlichere Wasserausscheidung in
den Hirnhöhlen gehindert würde, weshalb diese Form der Gehirnwassersucht auch als Hydrocephalusex vacuo bezeichnet wird. Die Symptome der
erworbenen Gehirnwassersucht sind je nach der betreffenden Grundursache und je nach dem schnellern oder langsamern
Verlauf sehr verschieden. Ein plötzlicher und beträchtlicher Flüssigkeitserguß in die Hirnventrikel
kann bei Erwachsenen plötzlich unter dem Bilde eines Schlagflusses (sog. Apoplexia serosa) zum Tode führen, bei Kindern außerordentlich
heftige und anhaltende, mit Bewußtlosigkeit verbundene Krampfanfälle zur Folge haben, während bei chronischer, schleichender
Entwicklung des HydrocephalusKopfschmerzen, Schwindel, Schwäche der Sinne, namentlich der Augen, zeitweiliges
Erbrechen, Gedächtnisschwäche, Schlafsucht und eine allmählich zunehmende Verblödung zu den gewöhnlichen Erscheinungen
zählen.
Der Verlauf der chronischen Gehirnwassersucht ist meist ein sehr langwieriger; wenn der Tod nicht durch zufällig hinzutretende Leiden herbeigeführt
wird, so erfolgt er schließlich entweder durch eine plötzlich eintretende Vermehrung des Flüssigkeitsergusses oder unter
den Symptomen der fortschreitenden Gehirnlähmung. Der sog. hitzige Wasserkopf endlich kommt durch eine tuberkulöse Entzündung
der weichen Hirnhäute und des Ependyms der Hirnhöhlen zu stande und führt in der Regel schnell unter Krämpfen und heftigen
Fiebererscheinungen zum Tode. (S. Gehirnhautentzündung 3.)