Blutungen Veranlassung geben (weshalb die
Krankheit auch als
Pachymeningitis chronica haemorrhagica bezeichnet wird) und schließlich
durch ihren Druck auf die Hirnoberfläche
Abplattung der Hirnwindungen und Hirnschwund zur Folge haben. Die hauptsächlichsten
Symptome bestehen in
Kopfschmerzen, Schwindel und
Ohrensausen, in einem allmählich zunehmenden auffallenden
Verfall der psychischen
Funktionen
(Abnahme des Gedächtnisses, der Denkkraft, lallender
Sprache
[* 2] und
Schlafsucht), sowie in zeitweiligen
schlagflußähnlichen
Anfällen. Stärkere
Blutergüsse können sofortigen
Tod zur Folge haben. Die Behandlung hat von dem
Kranken
alles fern zu halten, was
Kongestionen nach dem
Kopfe verursachen kann; gegen die schlagflußähnlichen
Anfälle sind Kälte
auf den
Kopf, mäßige örtliche
Blutentziehungen und Abführmittel am wirksamsten.
Als
Centralorgan des
Nervensystems wird das
Gehirn fast bei allen, besonders akuten
Krankheiten in
Mitleidenschaft gezogen.
Schon die Empfindung des Schmerzes wird erst durch das
Gehirn vermittelt, und
selbst bei schmerzlosen
Krankheiten, sobald sie
Teile befallen, die mit
Nerven
[* 4] versehen sind, wird in den allermeisten Fällen
eine Verstimmung nicht fehlen, die das
Gehirn an der vollen Ausübung seiner Thätigkeit hindert, wenn sie auch durch die
Energie des Willens überwunden werden kann.
Zu den eigentlichen Gehirnkrankheiten rechnet man die Fälle, wo anatom.
Störungen der Gehirnsubstanz sich vorfinden oder die Funktionen des
Gehirns auffällig gestört sind, ohne daß ein
Leiden
[* 5] eines andern Organs sich als
Ursache dieser
Störung nachweisen läßt. Zu den Symptomengruppen ohne anatom. Grundlage mit
vorwiegend geistiger
Störung zählen die verschiedenen
Geisteskrankheiten (s. d.), die
Hypochondrie und
die
Hysterie und eine Reihe von
Krankheiten, bei denen sich
Störungen des
Bewußtseins, der
Bewegung und Empfindung bemerkbar
machen. Es gehören hierher die
Eklampsie und
Epilepsie, der
Veitstanz und
Tetanus, die Katalepsie und
Hydrophobie, die Zitterlähmung,
die
Ohnmacht und der Scheintod.
Hirnschlagfluß (Apoplexia cerebri), die plötzlich wie durch einen
Schlag eintretende,
mehr oder minder vollständige
Unterbrechung derGehirnfunktionen, also insbesondere der Sinneswahrnehmungen, des
Bewußtseins
und der willkürlichen Körperbewegung, wobei jedoch
Atmung und Herzthätigkeit ihren Fortgang haben, beruht in den meisten
Fällen auf einer
Embolie (s. d.) der Hirnarterien oder auf einer erheblichern Hirnblutung.
(S.
Schlagfluß.)
(Atrophia cerebri), das Kleinerwerden und Schrumpfen des
Gehirns infolge allmählich eintretenden Schwundes
des Hirngewebes, wird als sog. Altershirnschwund sehr häufig im höhern Greisenalter beobachtet,
kommt aber auch gelegentlich in frühern
Lebensaltern durch mancherlei krankhafte Prozesse, die das
Gehirn befallen, zu stande.
So ist namentlich bei Geisteskranken, insbesondere den Blödsinnigen, allgemeine
Gehirnatrophie häufig,
und auch bei
Trunksucht, chronischer
Bleivergiftung, Brightscher Nierenkrankheit, Morphiumsucht und anhaltenden geistigen Überanstrengungen
ist der Ausgang in Gehirnschwund nicht selten.
Das verschrumpfte
Gehirn erscheint kleiner, fester und blutärmer; seine Windungen sind schmäler, seine Furchen weiter und
tiefer, seine
Häute verdickt, seine
Höhlen beträchtlich erweitert und mit seröser Flüssigkeit erfüllt;
bei der mikroskopischen Untersuchung findet man eine auffallende
Abnahme der Hirnfasern und Hirnganglien neben einer beträchtlichen
Vermehrung der bindegewebigen
Kittsubstanz. Die
Symptome des Gehirnschwund sind je nach der veranlassenden
Ursache verschieden.
Beim Altershirnschwund stellen sich als erste Erscheinungen
Gedächtnisschwäche, Geschwätzigkeit, Schlaflosigkeit und Schwindel
ein; neben allmählichem
Verfall sämtlicher geistigen Kräfte (Kindischwerden der alten Leute) entwickeln
sich weiterhin Schlaffheit und Muskelschwäche, Zittern, Abstumpfung des Gefühls, des
Seh- und Hörvermögens und schließlich
lähmungsartige Zustände; der
Kranke vermag endlich nicht mehr zu gehen und zu stehen, wird an das
Bett
[* 6] gefesselt, und unter
Aufhören sämtlicher Thätigkeiten des Körpers tritt endlich ruhig der
Tod ein.
Bei dem Gehirnschwund durch
Alkohol-,
Blei- oder Morphiumvergiftung pflegen sich zu den geschilderten
Symptomen des geistigen
Verfalls von
Zeit zu Zeit mancherlei Reizungszustände
(Kopfschmerzen, Muskelzuckungen,
Erbrechen,
Hallucinationen und apoplektische
Anfälle)
zu gesellen, und bei der
Gehirnatrophie der Geisteskranken ist außer der zunehmenden Abschwächung der
geistigen Funktionen eine maßlose Selbstüberschätzung
(Größenwahn) nicht selten. Von einer
Heilung des Gehirnschwund kann selbstverständlich
keine Rede sein.
Sklerose des
Gehirns, ein eigentümlicher chronischer Entzündungsvorgang des
Gehirns, vorzugsweise
des Großhirns, bei dem sich, über die Hirnoberfläche verbreitet, bald spärlicher, bald zahlreicher
hanfkorn- bis bohnengroße graue, feste Flecken vorfinden, die sich deutlich gegen die gesunde Hirnsubstanz abheben. Die
Zahl dieser Flecken oder Herde kann mehrere
Hunderte¶
mehr
betragen; meist finden sich dieselben Flecken auch am Rückenmark. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, daß an diesen
Stellen infolge einer ausgebreiteten Bindegewebswucherung zahlreiche Nervenelemente, insbesondere Ganglienzellen,
[* 8] zu
Grunde gegangen sind und eine schwielige Schrumpfung der betreffenden Hirnpartie stattgefunden hat. Die Krankheit findet sich
vorwiegend im jugendlichen und mittlern Lebensalter, bei Frauen etwas häufiger als bei Männern, und
befällt namentlich solche Personen, die aus nervenschwachen Familien stammen; unter den veranlassenden Ursachen werden besonders
traumatische Einwirkungen auf das Centralnervensystem (Fall, Stoß, Schläge auf den Kopf), Gemütserschütterungen, heftige
Erkältungen und erschöpfende Krankheiten (Typhus, Cholera, Pocken) angeführt.
Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit leichter Verstimmung, Eingenommenheit und Schmerz des Kopfes, Schwindel
und einem eigentümlichen zitternden Gange, wozu sich im weitern Verlauf ein allgemeines anhaltendes Zittern des ganzen Körpers
gesellt. Bei der weitern Entwicklung der Krankheit stellen sich Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen ein, die zunächst
an den untern Extremitäten beginnen und sich dann allmählich in ganz ungeregelter Reihenfolge über
die verschiedenen Muskeln
[* 9] und Muskelgrnppen des Körpers ausbreiten.
In den letzten Stadien der Krankheit treten auch deutliche Störungen in den psychischen Verrichtungen auf; das Gedächtnis wird
auffallend geschwächt, die geistigen Interessen erlahmen und die hinzukommende Verblödung macht unaufhaltsame Fortschritte,
bis der Kranke in vollkommener Hilflosigkeit seinen Leiden erliegt. Die Dauer derKrankheit ist sehr wechselnd;
während rasch verlaufende Fälle in Jahresfrist zum Tode führen, erreichen andere eine Dauer von 10 bis 15 Jahren. Gegen
die ausgebildete Krankheit sind alle Behandlungsmethoden erfolglos; nur im Beginn des Leidens scheint bisweilen die vorsichtige
Anwendung des elektrischen Stroms nützlich zu sein.