vor allen Schädlichkeiten zu bewahren, die den
Blutandrang nach dem
Gehirn
[* 2] zu vermehren im stande sind; namentlich sorge man
für ein durchaus ruhiges und schonendes Verhalten, für eine milde, reizlose, leichtverdauliche Diät, vermeide alle körperlichen,
geistigen und gemütlichen Anstrengungen und Aufreizungen, sowie alle erhitzenden Getränke und Nahrungsmittel
[* 3] und reguliere
jederzeit sorgfältig den Stuhlgang, der erforderlichenfalls durch
Klystiere oder milde Abführmittel
gefordert werden muß.
Außer der eben beschriebenen Form der Gehirnentzündung giebt es noch zwei wesentlich verschiedene, außerordentlich
schleichend verlaufende Formen dieser
Krankheit, die vorwiegend die Rinde des Großhirns befallen und dauernde schwere Funktionsstörungen
zur Folge haben. Die eine mehr diffus verlaufende Form (Encephalomeningitis chronica) befällt die gesamte
Rindenschicht und führt durch entzündliche Bindegewebswucherung und
Untergang der Nervenelemente, besonders der
Ganglien,
zur Schrumpfung der Hirnrinde und zu einer unheilbaren
Geisteskrankheit, der allgemeinen progressiven
Paralyse der Irren (s.
ProgressiveParalyse der Irren); die andere
(Encephalitis interstitialis disseminata) ist auf zahlreiche kleine zerstreut
liegende
Stellen der Hirnoberfläche beschränkt und hat die sog.
Gehirnsklerose oder
Gehirnverhärtung (s. d.) zur Folge.
(commotio cerebri) entsteht gewöhnlich durch einen
Sturz aus erheblicher Höhe, durch einen starken
Schlag auf den
Kopf oder andere heftige Gewalteinwirkungen auf den Schädel und führt entweder sehr schnell zum
Tode oder geht
nach
Stunden oder
Tagen in vollkommene Genesung über. Gewöhnlich sinkt der Verletzte sofort nach der
Einwirkung der Gewalt bewußtlos zusammen, liegt mit blassem
Gesicht,
[* 4] schlaffen, ausdruckslosen Zügen und offenen, starren
Augen da und giebt weder beim Anrufen noch auf schmerzhafte Reize eine Lebensäußerung von sich; nur mehr oder weniger
heftigesErbrechen stellt sich ein und pflegt sich mehrmals zu wiederholen.
Der Verletzte geht unter diesen Erscheinungen bald zu
Grunde oder kehrt allmählich wieder in das Leben zurück: die blasse
Farbe desGesichts verschwindet, der Puls wird voller, die Respiration tiefer und allmählich kommt der
Kranke wieder zum
Bewußtsein,
ohne sich entsinnen zu können, was mit ihm vorgegangen.
Gar nicht so selten bleiben noch längere Zeit
Schwindel,
Ohrensausen,
Verdauungs-,
Sinnes- und
Sprachstörungen zurück, weshalb derartig Verletzte immer noch längere Zeit
hindurch fortgesetzter sorgsamer Überwachung bedürfen.
Welcher Art die hierbei in dem anscheinend ganz unversehrten
Gehirn stattfindenden, wahrscheinlich molekularen Vorgänge sind,
ist mit den gegenwärtigen Hilfsmitteln nicht zu erkennen; man vermutet, daß es sich bei der um eine
Reflexlähmung der Hirngefäße handelt, infolge deren der Hirnrinde weniger
Blut zugeführt und so der eben geschilderte Symptomenkomplex
ausgelöst wird. Bei der Behandlung der Gehirnerschütterung enthalte man sich durchaus aller eingreifenden
Verfahren, lagere den Verletzten
in einem ruhigen, kühlen und luftigen Raum und beschränke sich auf Reiben und Frottieren der
Haut,
[* 5] die Reizung der Nasenschleimhaut
durch scharfe Riechstoffe und die Anwendung reizender
Klystiere. Auch nach erfolgter Genesung muß der
Kranke noch längere
Zeit hindurch ein sehr vorsichtiges diätetisches Verhalten beobachten und sich vor
Excessen jedweder
Art sowie
vor allen körperlichen und geistigen Anstrengungen sorgfältig in acht nehmen. Zuweilen bilden sich im Anschluß
an
Gehirn- und Rückenmarkserschütterungen schwere, oft unheilbare nervöse
Störungen aus (sog.
traumatische Neurose).
(Encephalomalacia), alle diejenigen pathol. Vorgänge im
Gehirn, bei welchen infolge unterbrochener
Blutzufuhr ein größerer oder kleinerer Hirnabschnitt brandig abstirbt und zu einer breiigen, hellgrauen
oder rötlichen
Masse erweicht. Von den Laien wird gewöhnlich die allgemeine fortschreitende
Paralyse der Irren (s. ProgressiveParalyse der Irren) mit dem
Namen der Gehirnerweichung belegt, obschon die fragliche
Krankheit nicht auf einer
Erweichung, sondern auf einer
chronischen
Entzündung und Schrumpfung der Hirnsubstanz beruht.
Man unterscheidet drei verschiedene Formen der Gehirnerweichung: die sog.
weiße oder graue, die gelbe und die rote
Erweichung. Bei der sog. weißen oder grauen Gehirnerweichung findet man
Haselnuß- bis hühnereigroße
Stellen in der Marksubstanz des
Gehirns zu einem dünnflüssigen, molken- oder kalkmilchähnlichen Brei umgewandelt, der aus
der brandig zerfallenen und erweichten Hirnmasse besteht; sie entsteht überall, wo durch Verstopfung
und Verödung der zuführenden
Blutgefäße die Blutzufuhr zu der Hirnsubstanz plötzlich aufgehoben und so die
Ernährung der
letztern mit gutem, sauerstoffhaltigem
Blut unmöglich gemacht wird. Am häufigsten findet sich diese Form der Gehirnerweichung bei ältern
Leuten, weil im spätern
Mannes- und im Greisenalter chronische Gefäßkrankheiten und dadurch bedingte
Gefäßverstopfungen (s.
Thrombose und
Embolie) häufig vorkommen.
Eine
Abart der weißen Gehirnerweichung ist die sog. hydrocephalische Gehirnerweichung, die
sich besonders bei der tuberkulösen
Gehirnhautentzündung (s. d.) vorfindet und bei welcher die Hirnsubstanz
durch einen reichlichen Erguß seröser Flüssigkeit erweicht wird. Die gelbe Gehirnerweichung entsteht durch
eine sog. eitrige Infiltration oder eitrige Einschmelzung der Gehirnsubstanz und bildet den
nicht eben seltenen Ausgang der akuten
Gehirnentzündung (s. d.). Bei der roten Gehirnerweichung endlich
sind der breiig erweichten Hirnmasse zahlreiche rote
Blutkörperchen
[* 6] beigemengt, die aus bald größern, bald kleinern
Blutergüssen
herstammen und der zerfallenden Hirnsubstanz eine rötliche
Farbe verleihen. Am häufigsten entsteht diese
Form der Gehirnerweichung im Anschluß an Schädelverletzungen und an spontane
Gehirnblutungen, wie beim
Schlagfluß (s. d.).
Die
Symptome der Gehirnerweichung sind je nach dem Sitz, der
Größe und
Ausdehnung
[* 7] der erweichten Hirnpartie sehr verschieden; während kleinere
Erweichungsherde häufig gar keine oder nur unerhebliche Erscheinungen
(Kopfschmerzen, Schwindel,Ohrensausenu. dgl.) verursachen, pflegen größere, namentlich wenn sie ihren Sitz an
wichtigen Hirnabschnitten haben, schwere und dauernde Funktionsstörungen zur Folge zu haben. Insbesondere bemerkt man an
solchen
Kranken eine auffallende
Abnahme des Gedächtnisses und des Denkvermögens, eine große Gleichgültigkeit und
Apathie,
wohl auch
Schlafsucht und
Sprachstörungen verschiedener Art; auch sind häufig
Lähmungen und Kontrakturen
einzelner Extremitäten oder wenigstens einzelner
Teile derselben vorhanden. Wenn die Gehirnerweichung plötzlich durch das Steckenbleiben
eines Blutpfropfes in einer Gehirnarterie (s.
Embolie) entsteht, so können die
Symptome ganz denen eines jähen
Schlaganfalles
oder
Schlagflusses gleichen. Die Behandlung ist in den weitaus meisten
¶
mehr
Fällen von Gehirnerweichung erfolglos, da natürlich die zerstörte Hirnpartie nicht wieder ersetzt werden kann,
und wenn auch öfters selbst bei größern Erweichungsherden durch Resorption der erweichten Massen und Bildung eines wasserdurchtränkten
narbigen Zellgewebes eine Art Naturheilung eintritt, so bleiben doch infolge des Untergangs der erweichten nervösen Elemente
gewisse Symptome, wie Lähmungen einzelner Glieder,
[* 9] Gedächtnisschwäche, Sprachstörungenu. dgl. für immer
zurück. Gegen die zurückgebliebenen Lähmungserscheinungen leistet die Anwendung des elektrischen Stroms oft gute Dienste.
[* 10]