Blutergüssen,
Eiter- und Wasseransammlungen innerhalb der Schädelhöhle und ähnlichen pathol. Prozessen, durch welche der
für das
Gehirn
[* 2] bestimmte Raum in
Anspruch genommen und das letztere mehr oder minder zusammengedrückt wird. Bei plötzlicher
und erheblicher
Kompression des
Gehirns pflegt schneller
Tod durch Hirnlähmung einzutreten; bei geringern
Graden klagt der
Kranke über dumpfen
Kopfschmerz, Schwindel,
Unruhe und Schlaflosigkeit, sein
Gesicht
[* 3] ist gerötet, seine
Pupillen
sind eng, sein Puls auffallend verlangsamt (bis auf 40
Schläge und darunter), und nicht selten stellt sich
Erbrechen ein.
Wird die
Kompression nicht bald beseitigt, so kommt es meist bald zu Lähmungserscheinungen; der
Kranke kann sich nur schwer
auf etwas besinnen, wird apathisch, fast ganz bewußtlos, die
Pupillen werden erweitert, der Puls voll, hart und unregelmäßig,
die
Atmung beschwerlich und laut schnarchend,
Lähmungen und Konvulsionen stellen sich ein und unter Zunahme dieser Erscheinungen
erfolgt in der Regel der
Tod. Von einer erfolgreichen Behandlung kann nur in solchen Fällen die Rede
sein, wenn durch die
Trepanation, d. h. durch die Eröffnung der Schädelhöhle, die
Ursache des Drucks, z. B. ein eingedrückter
Knochen,
[* 4] Knochensplitter,
Fremdkörper, Ansammlung von Serum,
Blut oder
Eiter, eine
Geschwulst u. s. w., entfernt werden kann;
in allen übrigen Fällen erweist sich die ärztliche Kunst dem Gehirndruck gegenüber als machtlos.
(Encephalitis), die
Entzündung der eigentlichen Hirnsubstanz, ist eine verhältnismäßig seltene
Krankheit, während die
Entzündung der
Gehirnhäute (s.
Gehirnhautentzündung), die von den Laien gewöhnlich irrtümlich als
Gehirnentzündung bezeichnet wird, bei weitem häufiger vorkommt. Die
Entzündung der Hirnsubstanz kommt am häufigsten durch traumatische
Einwirkungen (Fall auf den
Kopf, heftiger
Schlag oderStoß,
Gehirnblutung) zu stande, die keineswegs mit
erheblichen Verletzungen der Weichteile verbunden zu sein brauchen; bisweilen sind die letztern vollkommen unversehrt, und
doch entwickelt sich einige Zeit nach der Einwirkung der betreffenden mechan. Schädlichkeit
eine mehr oder minder heftige Gehirnentzündung. Weiterhin entwickelt sich Gehirnentzündung gar nicht so selten
aus einem vorausgegangenen Gehirnschlagfluß, wenn durch das ergossene
Blut ein
Teil der Hirnsubstanz zertrümmert
worden war, ferner in der Umgebung von
Gehirngeschwülsten, von entzündlichen Prozessen am Schädel, besonders von kariösen
Zerstörungen des Felsenbeins, im Verlaufe akuter und chronischer
Infektionskrankheiten (Pyämie, Rotz,
Typhus), sowie im Anschluß
an ausgedehntere Verstopfungen kalkig und atheromatös entarteter Hirngefäße (s.
Thrombose), worauf Gehirnentzündung und
Gehirnerweichung alter Leute beruht.
Die
Krankheit betrifft niemals das
Gehirn in seiner
Totalität, sondern ist stets auf einzelne, meist bohnen- bis faustgroße
rundliche Herde beschränkt, die ihren Sitz am häufigsten in der grauen Hirnsubstanz, meist sehr nahe der Hirnoberfläche
haben; gewöhnlich ist nur ein solcher Entzündungsherd vorhanden, doch finden sich auch bisweilen mehrere.
Im Beginn der
Krankheit erscheint die entzündete Hirnpartie geschwollen, durchfeuchtet, erweicht und durch zahlreiche kleine
Blutertravasate wie rotfleckig punktiert.
Bei längerm Bestehen lockert sich die
Stelle und es entsteht ein weicher, roter, sich allmählich rotbraun oder grau verfärbender
Brei, der aus Trümmern von
Nervenfasern,
Blutkörperchen,
[* 5] Körnchenzellen
und feinkörnigen Exsudatmassen
besteht und bei günstigem Verlauf von einer schwieligen bindegewebigen Hülle umschlossen und abgekapselt wird; der Gehirnbrei
selbst wird zu einer milchartigen Flüssigkeit umgewandelt und nach und nach aufgesaugt, sodaß schließlich nur noch eine
schwielige Narbe oder eine mit Serum angefüllte unregelmäßig gestalteteHöhle oder Cyste zurückbleibt.
In andern Fällen dagegen ist der Verlauf ein ungünstigerer, es tritt in der erweichten Partie
Eiterung und Absceßbildung
ein, die zur
Bildung eines mehr oder weniger umfänglichen
Gehirnabscesses führt. Ein solcher
Gehirnabsceß vergrößert sich
entweder, bis er in eine Hirnhöhle oder unter die weichen Hirnhäute aufbricht, wodurch augenblicklicher
Tod eintreten kann, oder er kapselt sich gleichfalls durch Bindegewebswucherung in feiner Wandung ab und kann so jahrelang
stationär bleiben, bis er später durch eine zufällige Veranlassung sich wieder von neuem vergrößert und doch noch zum
Tode führt.
Die
Symptome der Gehirnentzündung sind sehr verschieden und mannigfach; während man in einzelnen
Fällen bei
Leichenöffnungen ganz zufällig einen
Gehirnabsceß vorfindet, ohne daß während des Lebens auch nur die geringsten
Symptome auf ein Gehirnleiden hingewiesen hätten, wird in andern Fällen die Gehirnentzündung von den schwersten
und stürmischsten Krankheitserscheinungen begleitet. Freilich bieten die allermeisten dieser
Symptome durchaus nichts Charakteristisches
dar, sodaß der
Arzt aus ihnen durchaus nicht immer mit Sicherheit auf das Vorhandensein von Gehirnentzündung schließen
kann.
Häufig beginnt die
Krankheit mit allgemeinen Neuerscheinungen, mit vermehrter oder stark verminderter Pulsfrequenz, erhöhter
Körpertemperatur,
Kopfschmerzen, Schwindel und Schlaflosigkeit oder unruhigem, durch schwere
Träume gestörtem Schlaf, ausgesprochener
psychischer Reizbarkeit, selbst leichten Delirien und übermäßiger Empfindlichkeit selbst gegen schwache
Reizungen der Sinnesorgane. Führt die
Entzündung zur Absceßbildung, so wird der
Kopfschmerz immer heftiger und anhaltender,
der
Kranke klagt über beständige Übelkeit, Brechneigung und Schwindel und wird von wechselnden Zuckungen und Kontraktionen
in einzelnen Muskelgruppen, selbst von epileptischen Krampfanfällen heimgesucht. Dazu pflegt sich eine auffallende
Abnahme des Gedächtnisses, eine zunehmende Abstumpfung der
Sinne und sämtlicher psychischer Funktionen zu gesellen;
schließlich tritt
Schlafsucht und
Bewußtlosigkeit ein und unter fortschreitender
Gehirnlähmung erfolgt der
Tod.
Die
Dauer der Gehirnentzündung ist sehr verschieden; bald endigt sie schon nach wenigen
Tagen oder einigen Wochen mit dem
Tode, bald erst
nach einer Reihe von Jahren. Der Ausgang in Genesung ist überaus selten. Selbst bei den günstig verlaufenden
Fällen kann man nur von einer relativen
Heilung reden, da fast immer gewisse Funktionsstörungen (partielle
Lähmungen, Einbuße
der psychischen Thätigkeiten
u. dgl.) dauernd zurückbleiben. Die einzige Möglichkeit, eine
Heilung des
Gehirnabscesses herbeizuführen,
besteht in der operativen Eröffnung desselben nach vorausgehender
Trepanation des Schädels, welche freilich
nur in einer sehr beschränkten Anzahl von Fällen möglich ist. Da sich innere
Arzneimittel gegen die Gehirnentzündung ganz nutzlos erweisen,
so besteht die
Aufgabe des
Arztes bei der Behandlung dieser
Krankheit vornehmlich darin, die Lebensweise des
Kranken angemessen
zu regeln und ihn
¶
mehr
vor allen Schädlichkeiten zu bewahren, die den Blutandrang nach dem Gehirn zu vermehren im stande sind; namentlich sorge man
für ein durchaus ruhiges und schonendes Verhalten, für eine milde, reizlose, leichtverdauliche Diät, vermeide alle körperlichen,
geistigen und gemütlichen Anstrengungen und Aufreizungen, sowie alle erhitzenden Getränke und Nahrungsmittel
[* 7] und reguliere
jederzeit sorgfältig den Stuhlgang, der erforderlichenfalls durch Klystiere oder milde Abführmittel
gefordert werden muß.
Außer der eben beschriebenen Form der Gehirnentzündung giebt es noch zwei wesentlich verschiedene, außerordentlich
schleichend verlaufende Formen dieser Krankheit, die vorwiegend die Rinde des Großhirns befallen und dauernde schwere Funktionsstörungen
zur Folge haben. Die eine mehr diffus verlaufende Form (Encephalomeningitis chronica) befällt die gesamte
Rindenschicht und führt durch entzündliche Bindegewebswucherung und Untergang der Nervenelemente, besonders der Ganglien,
zur Schrumpfung der Hirnrinde und zu einer unheilbaren Geisteskrankheit, der allgemeinen progressiven Paralyse der Irren (s.
Progressive Paralyse der Irren); die andere (Encephalitis interstitialis disseminata) ist auf zahlreiche kleine zerstreut
liegende Stellen der Hirnoberfläche beschränkt und hat die sog. Gehirnsklerose oder Gehirnverhärtung (s. d.) zur Folge.