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Aus der dritten Gruppe, der der giftigen Gase, [* 2] sind besonders das Leuchtgas [* 3] und Kohlenoxydgas von praktischer Bedeutung. Das Leuchtgas bringt besonders den mit dem Legen der Röhrenleitungen Beschäftigten Gefahr, wenn sie plötzlich infolge von schlechtem Verschluß oder Defekten der Leitung große Gasmengen einatmen müssen; Übelkeit, Angstgefühl und rasch eintretende Bewußtlosigkeit sind die Symptome dieser Vergiftung. Das Kohlenoxydgas, das sehr rasch Betäubung, Erstickungsgefahr und den Tod bewirken kann, wird bei mangelnder Vorsicht den Arbeitern in Gasanstalten, in Eisenhütten, bei der Koksfabrikation, in Metallgießereien sowie den Buchbindern und Büglerinnen (bei unzweckmäßiger Anwendung von Kohlenbecken) gefährlich, kann sich überdies auch in jedem Haushalt infolge mangelhafter Feuerungsanlagen [* 4] entwickeln und Anlaß zur Vergiftung geben. (S. Kohlenoxydgasvergiftung.) Auch die Einatmung von Kohlensäure und kohlensauren Gasmengen kann durch Betäubung und Erstickung tödlich wirken und gefährdet namentlich Bergwerksarbeiter, Bierbrauer, Branntweinbrenner, Preßhefefabrikanten, Weinproduzenten, ferner Totengräber, Brunnenarbeiter und Lohgerber, wenn sie die bei ihrem Gewerbe erforderlichen Vorsichtsmaßregeln außer acht lassen. Dasselbe gilt von dem Schwefelwasserstoffgas, das sich in Kloaken, Schwefelwerken, chem. und Kautschukfabriken, in den Lohgruben und bei der Flachsröstung entwickelt und ganz besonders bei Kloaken- und Schleusenarbeitern akute Vergiftungen oder chronisches Siechtum veranlaßt, und von den Dämpfen des Schwefelkohlenstoffs, der in der Kautschukfabrikation und in der Wollwäscherei verwendet wird.
Von sonstigen schädlichen Dämpfen sind noch zu erwähnen der äußerst giftige Arsenwasserstoff in Hüttenwerken, chem. Laboratorien und Fabriken (s. Arsenikvergiftung);
die Zinkdämpfe, die das «Zinkfieber» oder «Gießfieber» der Messingarbeiter, Gelbgießer und Gürtler veranlassen;
die Terpentindämpfe, die bei Appreteuren, Firnissern, Malern und Arbeitern in Zündhölzchenfabriken entzündliche Reizungen der Lungen, des Magens und der Nieren verursachen können;
die Phosphordämpfe, denen die Arbeiter in Phosphor- und Zündhölzchenfabriken ausgesetzt sind (s. Phosphorvergiftung);
die Jod- und Bromdämpfe in chem. Fabriken, die entweder akute Vergiftungszufälle (heftigen Hustenreiz, Kopfschmerz, Schnupfen und Bindehautkatarrh sowie einen rauschähnlichen Zustand) oder chronisches Siechtum und Abmagerung zur Folge haben;
die Bleidämpfe,die besonders Malern und Schriftgießern nachteilig werden können (s. Bleivergiftung), sowie die Quecksilderdämpfe, die leicht den Arbeitern in Quecksilberberg- und Hüttenwerken, den Spiegelbelegern und Vergoldern, den Thermometerfabrikanten und Zündhütchenarbeitern, in geringerm Maße auch den Hasenhaarschneidern (Hutmachern), Bronceuren und Pelzarbeitern gefährlich werden können. (S. Quecksilbervergiftung.)
Die Gasinhalationskrankheiten sind in frühern Jahren viel häufiger gewesen als gegenwärtig, wo sie sehr an Bedeutung verloren haben, obwohl die Industrie durch die Verwendung zahlreicher chem. Körper stets neue Gefahren schaffen kann. Verbessernd wirkt: die Einrichtung der Fabrik- und Gewerbe-Inspektionen und die Gesetzgebung über die Haftpflicht der Arbeitgeber in Fällen von Berufsschädigungen und Unfällen. Sehr wirksam erweisen sich die künstlichen Ventilationsanlagen, welche die schädlichen Gase rasch entfernen oder wenigstens zur Unschädlichkeit verdünnen, ferner die Einrichtungen, welche eine Entwicklung von solchen Gasen überhaupt oder doch ihr Ausströmen in den Arbeitsraum verhüten. Wo durch solche Maßregeln nicht Abhilfe geschaffen werden kann, muß man den Arbeiter durch sog. Respiratoren, durch Abkürzung der Arbeitszeit, durch nur zeitweise Beschäftigung in dem gefährlichen Betriebe schützen.
Sehr wichtig ist es, bei den ersten Symptomen einer Gasinhalationskrankheit sofort den Arbeiter ganz von seinem Posten zu entfernen, bez. ihn zur Aufgabe dieser Beschäftigungsart zu veranlassen. Schwächliche Personen und Kinder dürfen überhaupt zu Arbeiten, bei welchen sie Gasinhalationen ausgesetzt sind, nicht herangezogen werden. Auch müssen in jedem einzelnen Falle die Arbeiter über die Gesundheitsgefährlichkeit der von ihnen verwendeten Stoffe genügend belehrt und über den großen Nutzen einer gehörigen Kräftigung und Abhärtung des Körpers (durch kräftige Kost, Bäder, Bewegung im Freien) hinlänglich unterrichtet werden.
Litteratur. Eulenberg, Die Lehre [* 5] von den schädlichen und giftigen Gasen (Braunschw. 1865);
Hirt, Die Krankheiten der Arbeiter, Bd. 2 (Lpz. 1873);
ders., Gasinhalationskrankheiten (in von Ziemssens «Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie», Bd. 1, 3. Aufl., ebd. 1887);
Layet, Hygiéne des professions et des industries (Par. 1875; deutsch von Meinel, Erlangen [* 6] 1877).