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Gasäther, Gasolin,
Canadol, der zwistben 70-80° siedende
Teil des rohen Petroleums, zum
Carburieren (s. d.) von
Leuchtgas,
[* 2] znr Wollentfet- tung und als
Leuchtstoff in besonders konstruierten Lampen
[* 3] verwendet. Gasbadeofen, f. Gasheizungsvorricltungen.
Gasbäder, f.
Bad
[* 4] (Bd. 2, S. 254d". Gasbehälter, f.
Gasbeleuchtung
lS.566d). Gasbeleuchtung, die künstliche
Beleuchtung
[* 5] (s. d.) mittels brennbarer Gafe
(Leuchtgas),
die man durch
trockne Destillation geeigneter Körper, zumeist von
Steinkohlen, in eigenen Anstalten lG asanft alten) erzeugt
und mittels Röbren an die ^rte ihrer Verwendnng hinleitet.
Geschichtliches.
Schon 1727 und 17.^9 bemert- tenHalcs und
Clayton, dasi man anc-
Steinkohlen ein lcncktendes
Gas entwickeln
könne; allein von den ersten Laboratoriumsversucbcn an bedürfte es großer, wichtiger Schritte, bis
die Gasbeleuchtung
zu einem In- dustriezweig ausgebildet wurde und allmäblicb die
Ausdehnung
[* 6] gewinnen konnte, die sie beute besitzt.
W. Murdoch, ein engl. Ingenieur, versuchte zuerst die
Darstellung von Leucbtgas in größerm
Maß- stabe, was ibm mit Hilfe
seines
Schülers Z. Elegg auch gelang.
Gleichzeitig mit ihnen macbte in Frank- reich Le [* 7] Bon Versuche, Leucktgas aus Holz [* 8] darzu- stellen und dieses zur praktischen Veleucbtung zu verwenden; allein er hatte mit seiner sog. T bermo > lampe keinen eigentlichen Erfolg. Mnrdoch uno Clegg beleuchteten zuerst einzcll^e Fabriten. Uni die Beleuchtung auf ganze Städte an^zndehnen, galt es mannigfache Zweifel und Vorurteile zu überwinden. Der Vorkämpfer iu dieser Richtung war Winsor (eigentlich Winzler) aus Znaim. 1^ gelang es dicsenl, einige Straßenlaternen in London [* 9] einzurichten.
Die erste Gasgcsellschaft in
London s^daitered^ttmpiniv) wurde 1810 vom Parlament bestätigt, und 1814 ließ das Kirchspiel
St. Mar- gareths in
London zuerst feine
Öllampen dnrch Gaslaternen ersetzen, sodaß der eigentlich
als Tatnm der Einführung der öffent- lichen Bclenchtnng der
Städte mit
Gas überhanpt anzusehen ist.
Bald erwarb sich
das neue
Licht
[* 10] wegen seiner Vorzüge allgemeine Anerkennnng, und nachdem namentlich durch Clegg nocb eine Reihe von technischen Verbesserungen,
wie die
Rei- nigung des Gafes dnrch
Kalkmilch und ein
Gas- meßapparat, eingeführt war, trat die neue Erfin-
dung mit Erfolg ihren Weg dnrch die eivilisierte Welt an. In
Deutschland
[* 11] war man zu Anfang des 19. Jahrh, mit der
Destillation
[* 12] der Steintohle und mit dem Gaslicht beschäftigt; Lampadius rich- tete 1816 in dem königl.
Amalgamierwerk bei
Frei- berg, und Prechtl 1817 im Polytechnischen In- stitut in
Wien
[* 13] die ein; allein die Ga^industrie als
solche kam zuerst von England 18^ zu uns, indem Hannover
[* 14] und
Berlin
[* 15] durch die Imporml- (^0ntiu"iiw1-(^8'/V880 iiNion mit Steintohlengas
versehen wurden. 1828 jedoch trat
Blochmann er-
^o( der engl. Konkurrenz entgegen und rick- tete die in
Dresden
[* 16] ein, und unabbängig von ihm bauten Knoblauch und
Schiele eine Ölgac-fabrit in
Frankfurt
[* 17] a. M. Seitdein bat fich die
Gasindu- strie in Deutfcbland selbständig fortentlvickelt, und es sind jcjlt fc'lst alle
Städte voll einiger Bedeutung mit
Gasbeleuchtung
verfehen. Die Fabrikation des
Leuchtgases erfolgt in den
Gasanstalten, wo die hierzu geeigneten
Gas-
koblen (s. d.) in Gasrctortcn
ff. d.) eingeschlossen und einer Rotglühhitze von über 10s) ausgesetzt werden.
Solche Retorten werden in horizontaler oder etwas geneigter
Lage in Gruppen von 1 bis 10 in die Gaserzeugungsöfen eingebaut.
Die Ofen werden entweder auf einfachen Rosten oder mittels Gasfeuerung
[* 18]
ff. d.) nach dem Regencrativprincip
dnrch Koks lzuweilen auch mit Zuhilfenahme von
Teer) geheizt; ein solcher Regenerativofen sSystem
Schilling-Vnnte) ist auf
Tafel: Gasbeleuch-
tung I,
[* 1]
Fig. 1 u. 2, abgebildet.
In dem Genera-
tor ^, der mit dem Heizmaterial sKoks) gefüllt ist, wird
durch Znführnng von Luft und Wasserdampf Heizgas erzeugt, welches mit der in der Regenera- tion N durch
die abziehenden Rauchgafe vorgewärm- ten Luft im Verbrennungsraum ^ znr Verbrennung kommt, fodah die hier eingebauten Retorten
von der beißen Flamme
[* 19] umspült werden.
Jede Netorte wird in Zwischenräumen von meist 4 stunden mit den zu vergasenden Kohlen (100^150 KZ pro Retorte) entweder von Hand [* 20] oder mit Lademaschinen ge- füllt. Sobald die Retorte mit dem Deckel lnftdicht verschlossen ist, beginnt durch die Einwirkung der Hitze sofort die Vergasung. Ein kleiner Teil der Dämpfe wird an den glühenden Retortenwänden zersetzt unter Abscheidung von Retortengrapbit, welcber sicb allmählich als eine feste Krnste an den Wandnngen feftfetzt und von Zeit zu Zeit ab- gestoßen werden mnsi.
Zunächst entweicht aus der Steinkohle bei der Ga^bereitung ein branner ^ualm, ein Gemisch von Gas, Wasscrdampf und Teerdäm- pfen. Bei längcrm Erhitzen giebt die Steinkohle immer mebr Kohlenwasserstoffe, Wasserstoff und ^anerstoff ab, wäbrend ein kohlenstoffreiches Pro- dutt, der l^astots (s. d.), in der Retorte zurückbleibt. Aber auch die entweichenden Kohlenwasserstoffe wer- den in der Retorte weiter durch die Hitze zerfetzt und bilden unter steter Abspaltung von Wasserstoff Methan, Äthylen, Aeetylen, Benzol, Naphthalin u. s. w. Der Sauerstoff der Kohle verflüchtigt sick als Kohlensäure und Kohlenoryd, der Schwefel als Schwefelwasserstoff und Schwefelkohlenstoff, der Stickstoff als Ammoniak und Cyan.
Die Gafe und Dämpfe entweichen durch ein auf dem Mundstück der Retorte angebrachtes Aufsteigrohr li in eine ge- meinfchaftliche Vorlage V. Wenn die Vergasung beendet ist, so wird vor dem Einbringen einer neuen Kohlenladung der Koks berausgezogen und mit Wasser abgelöscht. In der Vorlage finden nicht nur die Destillationsprodukte ihr erstes gemeinschaft- liches Reservoir, ans welchem Gas und flüssige Nebenprodukte durch getrennte Leitnngen abgeführt werden, sondern hier liegt auch der hydraulifche Ver- fchluß für die Aufstcigröhren, damit beim Offnen der Retorten das Gas verhindert ist, rückwärts aus- zuströmen. Um dem Gafe das Austreten aus den Retorten zu erleichtern und sowohl die Verluste zu vermeiden, die durcb Eutweichen au5 undich- ten Retorten, al5 jene, die durch Zersetzung des Ga- ' ses bei längcrm Verwei- len in der Retorte ent- stehen, wendet manG a s - saug er f Erbaustoren) ^g. i. , ' an. Dieselben saugen das Gas aus den Retorten und drücken es von da wei- ter durch sämtliche Apparate bis in die Gasbehäl- ter. Der Gassauger, wie er in vorstehender Fig l. ¶
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im Schnitt und auf Taf. I, [* 21] Fig. 4 in Ansicht ab- gebildet ist, besteht aus einer Trommel mit dickt abschließenden Scheidewänden, welche excentrisch in einem sesten zylindrischen Gehäuse, von einem Motor getrieben, rotiert. Das Gas wird hier- durch mitgerissen und mit erhöhtem Druck am entgegengesetzten Röhrende fortgepreßt. In den Kühlern oder Kondensatoren (Taf. ll, [* 21] Fig. 1) wird das Gas zuerst durch Lust sbci n), dann durch Wasser (bei d) gekühlt, wodurch sich die meisten dampfförmigen Bestandteile in flüssiger Form als Teer is. d.) und Gaswasser (s. d.) niederschlagen. Beide werden in Gruben c gesammelt, um alsdann verarbeitet zu werden. Das Gas wird von den kühlern durch weitere Apparate geführt, welche eine völlige Reinigung bewirten. Im Tcerscbci- der (Taf. I, [* 21] Fig. 3) wird der noch vorhandene Teer bis auf die letzten Spuren dadurch entfernt, daß man das Gas durch zahlreiche feine Löcher hindnrcw zwängt, welche in einer doppelwandigcn schwim inenden Glocke (r so angebracht sind, daft das Gas zwischen den Glcckenwänden oft feine Ricb tung ändern muß. Durch diefe Stoßwirkung scheidet sich der Teer vollkommen ans dem Gase [* 22] ab. Die Enlserimng des Ammoniaks ans dem Gase ge schiebt durch Waschung mit Gaswasser und zuletzt mit reinem Wasser. Hierdurch wird nicht nur das Gas von Ammoniak sowie von dem größten Teil der Kohlensäure und des Schwefelwasserstoffs be- freit, sondern es wird auch gleichzeitig das Gas- wasser an Ammoniak angereichert und dadurch zur Verarbeitung geeigneter gemacht. Die Waschung des Gases geschieht in den W ä s ch c r n oder Skrub - bern. Früher verwendete man ausschließlich höbe eiserne Cylinder, welche mit porösem Material (Kots, Neisig u. dgl.) gefüllt und von oben mit Gaswaffer (s. d.), bez. Wasser beriefclt wurden, während man bei den neuern Wäfchern den Grundsatz verfolgt, Bündel von Holzstäbchen oder Blechen von möglichst großer Oberfläche abwechselnd in das Wasser zn tauchen und dann vom Gase durchströmen zu lassen. Ein solcher Wäscher (Taf. 1, [* 21] Fig. 5) ist unter dem Namen Standard-Wasch er bekannt.
Eine hori zontale Achse dreht sich mitsamt den auf ihr befind lichen Scheiben, welche, aus vielen Holzstäbchen zu^ sammengesetzt, unten in die Flüssigkeit tauchen, wäh- rend oben das Gas durch die benetzten Stäbchen dringt. Das Gas hat in mehrern Kammern nach- einander immer denselben Weg zu nehmen und tritt am Ausgangsrohr völlig frei von Ammoniak aus dem Wäscher. Zur Entfernung des Ammoniaks auf trocknem Wege verwendet man in feltencn Fällen SuperPhosphat, welches, in Reinigungskästen aus- gebreitet, vom Gas durchstrichen wird und dabei unter Bildung von Ammoniatfuperphosphat das Ammoniak dos Gases aufnimmt.
Mit noch einem gewissen Gehalt an Schwefel- und Cyanverbin- düngen sowie Kohlensäure geht das Gas in die trock n e R einigung über. In einigen Gasanstal- ten, namentlich in England, pflegt man die Kohlen- säure sowie die geringen spuren von Schwefelkoh- lenstoff, welche im Gase sind, durch Kalk zu entfer- nen; in Deutschland und andern Ländern beschränkt man sich meist auf Entfernung des Schwefelwasser- stoffs. Man verwendet hierzu fast ausschließlich natürlich vorkommende Naseneisenerze oder künst- lich zubereitetes Eisenorydhydrat.
Diese sog. Gas- reinigungsmassen nehmen den Schwefelwasser- stoff unter Bildung von Eisensulfür auf, welches ! sich, sobald es mit Lust oder reinem Sauerstoff in ! innige Berührung kommt, unter Adfcheidung von Schwefel wieder zu Eifenorydhydrat oxydiert. Durch diefe Wiederbelebung werden die Massen von neuen: zur Reinigung des Gafes brauchbar, ^o ^ange, bis ihr hoher Gehalt an Schwefel eine Wiederbenutzung unmöglich macht. Gleichzeitig nehmen diese Rci- ! nigungsmassen ans dem Gase Cvan auf unter Bildung von Berlinerblau, wodurch sie zu einen: wichtigen Robprodukt zur Gewinnung dieses Farb- stoffes werden.
Ausgenutzte Reinigungsmassen ent- halten je nach den Verhältnissen 30 - 50 Proz. ! Schwefel und 3 - 15 Proz. Berlinerblau. Zum Zweck der Reinigung bringt man die Reimgungs- masfen in Schichten in die Reinigungstästen (Taf. I, [* 21] Fig. 6), sodaß das Gas in möglichst innige Berührung mit der Masse kommt. Zeigt das Gas am Ausgange des Kastens noch Spuren von Schwe- felwasserstoff, so wird die Masse zur Wiederbelebung entweder durch Abheben des Deckels an die Luft gebracht, oder man bläst Luft oder auch Sauerstoff in die Kästen felbst ein.
Das in den Reinigungs- kästen gereinigte Gas wird fchließlich in großen Gas- messern (s. d.) gemessen und in den Gasbehäl- tern oder Gafometern aufbewahrt. Die Gas- behälter sind große eiserne Glocken, welche unten offen find und in Wasser tauchen, fodaß das Gas darin abgesperrt ist, und nur durch das in das In- nere eingeführte Ein- und Ausgangsrobr geleitet werden kann. Die Glocken fchwimmen und find mit ! Rollen [* 23] an dem äußern Führungsgerüst in vertikaler ' Richtung beweglich, sodaß dem veränderlichen In- ^ halt an Gas ein jeweils bestimmter Höhenstand der ! Glocke entspricht.
Vielfach baut man die Glocke ähnlich einem Fernrohr [* 24] ausziehbar (Teleskopbehäl- ter). Der Abschluß des Gafes wird dann dadurch bewirkt, daß jeder Glockenmantel unten tassen- förmig umgebogen ist und so das zum Abschluß nötige Wasser aus dem Gasbchälterbassin heraus- schöpft. Die Gasbehälterbassins, welche nur das zum Abschluß nötige Wasser aufzunehmen haben, baut man entweder aus Stein, aus Beton oder aus Eisen. [* 25] Taf. II, [* 21] Fig. 2 zeigt einen Gasbebälter mit eisernem Bassin, welches innen kugelförmig gewölbt ist, um einerseits Wasser zu sparen und andererseits den Raum unter dem Bassin nutzbar zu machen (System Intze).
Das ganze Bassin ruht dabei nur auf einer Ringmauer. Die Gasbehälter werden fo groß gebaut, daß sie etwa 70 Proz. des größten Tagesbedarfes zu fassen vermögen. Der größte Gasbehälter in London faßt 240000 cdin Gas, ist vierfach telcstopicrt und hat einen Bassin- durchmesscr von 77,50 in. Die Glocke ist 55 m hoch. Ehe das im Gasbehälter aufgefammelte Gas zu den Konfumenten geleitet wird, muß dessen Druck verringert und geregelt werden. Dies geschieht durch den Gasdruckregler lTaf.
II, [* 21] Fig. 3), dessen Wirkung darin besteht, daß in dein Augen- blick, wo der Druck unter der schwimmenden Glocke^ des Reglers steigt, der Durchfluß des Gases durch ein mit der Glocke verbundenes Ventil [* 26] V gehemmt wird, und umgekehrt. Turcb Belastung der Glocke ist man im stände, den Druck im Rohrnetz der Stadt zu erhöhen. (Vgl. Gasregler.) [* 27] Das Gasrohrneh sührt das Gas von der Gas- anstalt den Vcrbrauchsstellen zu. Man verwendet fast ausschließlich gußeißerne Röhren [* 28] von 0,o?5 bis 1 in Durchmesser im Lichten. Diese Röhren werden entweder durch Muffen verbunden, welche ¶