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hatte man in verschiedenen Größen und Lagen. Auf dem Griffbrett waren Bünde angebracht, die den Fingern ihre Stelle anwiefen. Die Gambetta war in allen Kulturländern Europas schon im 15. Jahrh, bekannt und andauernd beliebt. Seit der Mitte des 18. Jahrh, wurde sie vom Violoncello verdrängt: der letzte große Virtuos auf der Gambetta war Karl Friedr. Abel (s. d.). - In der Orgel ist Gambetta oder Viola da Gamba der Name eines den Ton jenes Bogeninstru- ments nachahmenden achtfüßigen Registers.
Gambenwerk, auch Gambenslügel, Gei- genklavier, Klaviergambe, Bogenflügel, ein von Hans Heyden in Nürnberg [* 2] um 1610 er- fundenes Instrument, in Klavierform gebaut, mit Darmsaiten bezogen und mit einer Tastatur ver- sehen. Grundgedanke war, die Vorzüge der Streich- instrumente (die beliebig langgezogene und in ihrer Klangstärke modifizierbare Töne erzeugen) mit der Leichtigkeit des Klavierspiels zu verbinden. Heydens Gambetta benutzte kolophoniumbestrichene Räder zum An- streichen der Saiten, die durch ein Schwungrad ge- dreht wurden.
Dasselbe Ziel verfolgten Gleichmann, Hohlfeld, Greiner, Meyer, Kunz und Rölligs ^'aenorphica oder Tastengeige (1801). Gambesfon (frz., spr. gangbessöng), s. Gambison. Gambetta, Aon, eigentlich Napoleon, franz. Staatsmann, geb. zu Cahors aus einer genuesischen Familie jüd. Herkunft, studierte die Rechte und ließ sich 1859 in Paris [* 3] als Advokat nieder. Bei den Wahlen zum Gesetzgebenden Körper 1863 nahm er zuerst einen thätigen Anteil an der Wahlagitation für Emile Ollivier, nackdem er sich in einigen polit.
Prozessen neben seinen Parteigenossen Favre, Cr^mieur u. s. w. bemerklich gemacht hatte. Als im Nov. 1868 der Minister Pinard die Zeitun- gen, welche die Subskription zu einem Denkmal für den am auf den Barrikaden gefallenen Volksvertreter Baudin eröffnet batten, gerichtlich verfolgen ließ, übernahm Gambetta die Verteidigung eines der angeklagten Redacteure und bielt dabei eine feurige Rede, worin er den Staatsstreich vom 2. Dez. und das zweite Kaisertum auf das fchonungsloseste angriff.
Von daher stammt sein Ruf als polit. Redner, er wurde seitdem öfters zu polit. Plaidovers herangezogen und von der radikalen Partei bei jeder Gelegenheit als einer der «Unversöhnlichen» gefeiert. Bei den Wahlen von 1869 wurde Gambetta sowohl zu Paris wie zu Marseille [* 4] in den Gesetzgebenden Körper gewählt und erregte durch seine effektvolle Bered- samkeit großes Aufsehen. Er wandte sich insbeson- dere gegen das Plebiscit vom April 1870 und den Minister Ollivier, den er der Abtrünnigkeit beschul- digte. Am tadelte er zwar das Ver- fahren der Regierung bei der Kriegserklärung, stimmte aber für die verlangten Kredite.
Nachdem Napoleon III. bei Sedan [* 5] gefangen war und der Ge- setzgebende Körper 4. Sept., vom Volke bedrängt, seine Sitzungen batte schließen müssen, zog Gambetta an der Spitze eines Voltshaufens nach dem Pariser Stadt- dause, um die dritte Republik auszurufen, und über- nahm in der «Provisorischen Regierung der natio- nalen Verteidigung» das Ministerium des Innern. Ansangs blieb er als Regierungsmitglied in Paris' aber bald erhielt er den Auftrag, die Leitung der in Tours [* 6] eingefetzten Regierungsdelegation zu übernehmen, und verließ daher Paris 7. Okt. im Luftballon, stieg in Amiens [* 7] nieder und reiste von da nach Tours, wo Eremieur das Departement des Krieges an ihn abgab.
Seitdem übte Gambetta thatsächlich die Diktatur aus, um alle Kräfte der Provinzen zum Entsatz der be- lagerten Hauptstadt anzuspannen. In fanatischen Proklamationen wurde das Volk zum Vernichtungs- kriege aufgerufen und alle waffenfähige Mannfchaft aufgeboten. Die Aufstellung der Nordarmee, der Loire-Armee und später der Östarmee war sein Werk, bei dem er von Freycinet wesentlich unterstützt wurde, dessen Ideen den meisten dieser Mahregeln zu Grunde lagen. Aber G.s Hoffnung, mit unausgebildeten, neu zusammengestellten Scharen gegen geschulte Truppen im offenen Felde etwas auszurichten, schlug fehl, und auch die terroristische Weise, in der er gegen unglückliche Heerführer und widerspenstige Beamte verfuhr, konnte das Gefchick des Krieges nicht ändern.
Die deutfcken Heere drangen immer weiter vor, sodaß Gambetta selbst Mitte Dezember mit der Regierungsdele- gation nach Bordeaux [* 8] flüchten mußte. Als endlick die Pariser Regierung sich zur Kapitulation be- quemte, trat die Friedenssehnsucht in ganz Frank- reich so mächtig hervor, daß Gambetta sich nicht direkt zu widersetzen wagte und in den Waffenstillstand sowie in die Berufung einer Nationalversammlung wil- ligte. Aber er versuchte derselben ein einseitig repu- blikanisches Gepräge aufzudrücken, indem er durch Dekret «alle Mitschuldigen der Regierung vom 2. Dez." (d. h. alle vormaligen Minister, Staats- räte, Senatoren, Präfekten und offiziellen Kandi- daten des zweiten Kaiferreichs) sowie die Mit- glieder aller vormals in Frankreich regierenden Häufer von der Wählbarkeit ausschloß. Auf Ein- spruch Bismarcks, der für die vertragsmäßig aus- bedungene volle Freiheit der Wablen eintrat, hob jedoch diePariser Regierung das Dekret vom auf, worauf Gambetta 6. Febr. sein Amt als Regie- rungsmitglied und Minister niederlegte. Von zehn Departements in die Nationalversammlung gewählt, nahm er das Mandat für den Niederrhein an. Bei der Abstimmung vom 1. März stimmte er gegen den Frieden und legte zugleich, wie die übrigen Depu- tierten der abgetretenen Provinzen, sein Mandat nieder. Kurze Zeit brachte er in Zurückgezogenheit in San Sebastian zu. Bei einer Ergänzungswahl aufs neue in die Nationalversammlung gewählt, trat er in diese ein und übernahm die Führung der äußersten Linken. Er griff die Monarchisten, besonders die Bonapartisten, bei jeder Gelegenheit aufs heftigste an, suchte auf wiederholten Rundreisen die Bevölkerung sür die Herstellung der Republik zu gewinnen, agitierte für Auflösung der in ihrer Mehrbcit monarchischen Nationalversammlung, ver- anstaltete eine Massenpetition für die Auflöfung und unterstützte die zu diesem Zwecke gestellten Anträge. Als er aber erkannte, daß er auf solche Weise nur Thiers' Sturz mit verursacht und dadurch den Bona- partisten in die Hände gearbeitet habe, lenkte er ein und trat fortan in seinem gegründeten Journal »^a 1 t'i'Hii^i86" als Anwalt einer gemäßigtem Haltung auf, indem er das Wefen des «Opportunismus» schuf, d. i. eine Politik des Erfolgs von Fall zu Fall, ohne welche die so rasche Wiedererhebung Frankreichs kaum möglich gewesen wäre. Seine gemäßigtere Richtung bewies er auck, indem er für die Verfassung vom stimmte. Bei den nach Auflösung der Nationalver- sammlung stattfindenden Wahlen vom errang Gambetta einen glänzenden Sieg: in vier großen Städten (Paris, Marseille, Bordeaux, Lille) [* 9] gewählt, trat er als Vertreter von Belleville (Paris) mit gegen ¶
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300 Republikanern in die Kammer ein, trennte sich zwar immer mehr von seinen frühern radikalen Freunden, gewann aber ebendadurch an Einstuft unter den gemäßigten Republikanern. In die Budget- kommission gewählt und von dieser zu ihrem Präsidenten ernannt, beabsichtigte er eine durch- greifende Reorganisation des Steuerwesens, konnte jedoch nur wenig erreichen. Dem Klerikalismus trat er zwar in Frankreich selbst innerhalb und außerhalb der Kammer entschieden entgegen, strebte aber doä) dahm, daß Frankreich auswärts die alte Rolle eines Patrons der kath. Kirche auch ferner behaupte.
In den innern Angelegenheiten bekämpfte Gambetta bei jeder Gelegenheit die Bonapartisten, unterstützte die Regierung in allen aus die Reorganisation des Deers und die Verstärkung [* 11] der Kriegsmacht bezüg- lichen Fragen und beherrschte als anerkanntes Haupt der republikanischen Partei die Kammer. Als die gegen die Republik gerichteten Umtriebe der Kleri- kalen deutlich zu Tage getreten waren, protestierte er gegen den für den geplanten Staatsstreich. Er bereiste die Provinzen und be- wirkte durch seine Agitationsreden die Wiederwahl von 363 republikanischen Deputierten, griff öffent- lich auf einem Bankett zu Lille 15. Aug. den Prä- sidenten der Republik, Marschall Mac-Mahon, mit großer Schärfe an («ii lauära 86 8ouni6ttr6 on 8» ä6M6ttr6!") und wurde dafür vom Pariser Zucht- polizeigericht zu 3 Monaten Gefängnis und 2000 Frs.
Geldstrafe verurteilt. Wegen eines zweiten belei- digenden Angriffs gegen das Staatsoberhaupt er- folgte bald darauf nochmals eine Verurteilung; doch wagte die Regierung nicht, diese beiden Urteile an Gambetta vollstrecken zu lassen, und als die Wahlen von: 14. Okt. zu Gunsten der Republikaner ausfielen, unterwarf sich Marschall Mac-Mahon 14. Dez. Gambetta übte nunmehr als Führer der Majorität und Prä- sident des Budgetausschusses der Kammer einen säst unbeschränkten Einfluß auf die Leitung der Staatsgeschäfte aus und beherrfchte thatfächlich die ganze Verwaltung, ohne für die Maßnahmen der Regierung irgendwelche Verantwortung zu tragen.
Als auch die Senatswahlen ein für die Republikaner günstiges Ergebnis lieferten, wurde Gambetta 31. Jan. mit großer Majorität (314 von 405 Stimmen) zum Präsidenten der Deputierten- kammer gewählt und bewahrte auch in dieser Stel- lung seine gemäßigte polit. .Haltung, schmeichelte jedoch daneben gelegentlich den radikalen Elementen i'eines Wahlkreises, indem er die Regierung zu anti- klerikalen Gefetzen und zu einer allgemeinen Amnestie der Communards zwang. In allen Verwaltungszweigen brachte Gambetta seine Anhänger in einflußreiche Stellungen, aber bei der Auswahl der betreffenden Männer hatte er keine glückliche Hand; [* 12] sie erwiesen sich allenthalben, ganz besonders aber im Bereiche der Militärverwaltung, als gänzlich unfähig. Gambetta veranlaßte die Verleihung der republikanischen Feldzeichen an die Armee am Nationalfeste begleitete im August den Präsidenten Gre'vy nach Cherbourg [* 13] zur Flotten- schau und hielt dort auf einem Bankett eine feurige chauvinistische Rede, in der er die Revanche in sichere Aussicht stellte. Zu diesem unvorsichtigen Verhalten lieh sich Gambetta wohl durch die Unterfchätzung des Präsidenten Gre'vy sowie durch den in England ein- getretenen Ministerwechsel, wo Gladstone wieder ans Ruder gelangt war, fortreißen und glaubte ernstlich an die Möglichkeit, im Bunde mit Groß- britannien und Rußland den Frankfurter Frieden vernichten zu können.
Da er die Zeit für gekommen hielt, in der auswärtigen Politik Frankreichs neu erstandene Macht zu zeigen, wollte er Griechenlands Anfprüche in der türk. Grenzfrage nachdrücklich, unter- stützen, was Freycinet indessen ablehnte. Im Sep- tember nötigte Gambetta zwar Freycinet Zum Rücktritt, fand aber auch bei dem neuen Minister des Äußern, Barthölemy Saint-.hilaire, kein Entgegenkommen für seine Wünsche. Hierdurch siel G.s Plan, durch einen Angriff Griechenlands gegen die Türkei [* 14] einen Weltkrieg zu entflammen, der die Möglichkeit bieten könne, Elfaß-Lothringen zurückzuerobern, in sich zu- sammen. Er richtete seine Thätigkeit dann zumeist auf die Einführung der Listenwahl (Antrag Bar- dour), die ihm die sichere Aussicht gewährte, gleich Thiers in vielen Departements zugleich gewählt zu werden, und sich als Erkorener des Volks in die oberste Machtstellung zu schwingen, um dann seine Pläne ungehindert durchführen zu können. Am nahm die Kammer mit geringer Majorität (acht Stimmen) die Listenwahl an, worauf Gambetta triumphie- rend nach Cahors reiste und unterwegs mit allen Ehren eines Herrfchers von den Behörden, weniger von der Bevölkerung, [* 15] empfangen und gefeiert wurde.
Dieses unbedachte Verhalten erregte indessen das Mißfallen Grevys und aller gemäßigten Parteien und war großenteils die Veranlassung dazu, daß der Senat 9. Juni die Listenwahl ablehnte. Auch die Kammer wies G.s Ansinnen, sich auszulösen und Neuwahlen stattfinden zu lassen, ab; doch kam die Regierung seinen Wünschen einigermaßen entgegen, indem sie die Neuwahlen dem Schlüsse der Session M. Juli) sehr bald (21. Aug.) folgen ließ. Gambetta trat nun mit Aufbietung aller Kraft [* 16] in die Wahlagitation ein und berief für jedes Departement zuverlässige, auf sein Programm verpflichtete Wahlkandidaten. Er felbst ließ sich in Belleville aufstellen, doch er- langte er bei der Wahl nur eine ganz geringfügige Majorität, während im Lande fönst 374 seiner un- bedingten Anhänger in die Kammer gewählt wur- den. Dieser Erfolg nötigte ihn, nun doch endlich felbst an die Spitze der Regierung zu treten und aufzuhören, wie man fagte, «hinter den Coulissen zu singen». Am bildete er aus fei- nen nächsten Freunden ein neues Ministerium, worin er die Leitung der auswärtigen Angelegen- heiten übernahm. Er ging jetzt ernstlich daran, mit Rußland engere Beziehungen zu suchen und England durch ein festes Bündnis und eine gemeinsame Aktion in Ägypten [* 17] mit dem Interesse Frankreichs zu ver- knüpfen. Aber England lehnte die franz. Mitwirkung ab, worauf Gambetta feine Stellung als unhaltbar er- kannte. Gambetta ließ es absichtlich dazu kommen, daß die Kammer mit großer Majorität die Listenwahl, die er 14. Jan. als dringlich vorge- legt hatte, verwarf, worauf er sofort dimissionierte. Im Frühjahr 1882 wurde Gambetta von der Kammer zum Vorsitzenden des Militärausschusses ernannt, stellte den Regierungsvorlagen regelmäßig eigene Entwürfe entgegen und zog dadurch die Verhand- lungen in die Länge. Kein einziges Reorganisations- gefetz kam zu stände, solange Gambetta lebte. Am 1. Juni griff er den Ministerpräsidenten Freycinet heftig wegen der in Ägypten verfolgten Politik an, doch ließ sich die Kammer nicht mehr durch ibn fortreißen, sondern entschied sich für Freycinet. Als aber dieser gegen Ende Juli von der Kammer die Mittel ver- ^ langte, um ein kleines franz. Korps nach dem ¶