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worden), Kolonen wurden angelegt und die verödeten Landstriche durch Zuzug aus dem Reiche neu bevölkert. Schlesien [* 2] erhielt auf 6 Monate, die Neumark und Pommern [* 3] auf 2 Jahre Befreiung von allen Abgaben. Um den schwer geschädigten Rittergutsbesitzern aufzuhelfen, wurden, zuerst in Schlesien, die landwirtschaftlichen Kreditinstitute, die Landschaften, eingerichtet, die für niedrigen Zinsfuß dem Adel das zur Herstellung der Güter notwendige Geld vorschossen. Friedrich sah nicht mehr, wie sein Vater, in dem Adel einen Feind der Krone, er hatte das adlige Offizierkorps im Kriege als seine beste Stütze schätzen gelernt.
Daher hörten unter Friedrich die Kämpfe mit den Ständen auf; er räumte dem Adel sogar manche ihm früher beschränkte Rechte wieder ein. Die Scheidung zwischen den drei Ständen, Adel, Bürger und Bauern, wurde streng festgehalten, in verschiedener Hinsicht noch verschärft. Mit einer erstaunlichen Arbeitskraft ausgerüstet, hat Friedrich auch in die innern Angelegenheiten des Staates allenthalben persönlich eingegriffen. In der Handels- und Gewerbepolitik huldigte er im allgemeinen den Lehren [* 4] des Merkantilismus. Er faßte Preußen [* 5] zusammen als ein wirtschaftliches Ganzes, schloß es gegen außen ab, um es von dem wirtschaftlichen Übergewicht der Fremden zu befreien und um die preuß. Volkswirtschaft auf eigene Füße zu stellen. Es wurden mit Unterstützung der Regierung Handelscompagnien begründet, die teilweise schnell und glänzend sich entfalteten; ein staatliches Monopol bildete der Getreidehandel, durch dessen umsichtige Handhabung Preußen vor Teuerungen und Hungersnöten bewahrt blieb.
Durch Handelsverträge, durch Schaffung von Absatzgebieten suchte der König insbesondere dem von der österr. Regierung schwer geschädigten schles. Leinenhandel wieder aufzuhelfen. Auch mit den nordamerik. Freistaaten trat Friedrich in handelspolit. Beziehungen. Einen bedeutenden Aufschwung nahmen die staatlichen Fabriken, so die Seidenfabriken und die Spinnereien, die Glashütten, die Tuch- und Tabakfabriken, der staatliche Bergbau [* 6] und die Hüttenindustrie.
Nicht minder sorgte Friedrich für das Aufblühen der Landwirtschaft und die Kolonisation der wüst liegenden Landstriche. In einer möglichst großen Vermehrung der Bevölkerung [* 7] sah er ein Hauptmittel zur Hebung [* 8] des Landes. Der Niedergang während des Siebenjährigen Krieges wurde durch systematische Beförderung der Einwanderung aus Sachsen, [* 9] aus Süd- und Westdeutschland wieder ausgeglichen. Die unter der poln. Wirtschaft ganz heruntergekommene Provinz Westpreußen [* 10] rettete Friedrich für die deutsche Kultur, indem er deutsche Bauern, insbesondere aus Schwaben, dort ansiedelte, den poln. Einfluß zurückdrängte, zahlreiche deutsche Schulen und Kirchen erbaute.
Auch die im östl. Deutschland [* 11] noch sehr umfangreichen Flußbrüche und versumpften Seen wurden ausgetrocknet und nach Ableitung des Wassers in fruchtbares Ackerland verwandelt. So wurde das reiche Land des Oderbruchs gewonnen, ebenso der Warthebruch, der Netzebruch, der Maduesee, die Plöneniederung trocken gelegt. Havel und Oder wurden durch den Finowkanal, Havel und Elbe durch den Plauenschen, Warthe und Weichsel durch den Netzekanal verbunden, die Swine wurde schiffbar gemacht und der Hafen von Swinemünde angelegt. Um den Bauernstand zu heben, fuhr Friedrich fort, die Leibeigenschaft wenigstens auf den königl. Domänen zu beseitigen. Die gleiche segensreiche Reform auf die ritterschaftlichen Güter auszudehnen, war der König nicht im stande, obwohl er einigemal, z. B. in Pommern, einen Anlauf [* 12] dazu machte.
In der Verwaltung ist Friedrich der Schüler seines Vaters, der diese und die Behördenorganisation so vortrefflich gestaltet hatte, daß große principielle Änderungen jetzt nicht mehr notwendig erschienen. Nur die oberste Centralbehörde, das Generaldirektorium, bedürfte teilweise einer Umgestaltung, da die Ausdehnung [* 13] des Staates bedeutend gewachsen war. Bei der immer steigenden Vermehrung der Geschäfte war die von Friedrich Wilhelm I. eingerichtete kollegialische Behandlung aller Angelegenheiten nicht mehr durchführbar, es mußte notwendig wenigstens auf manchen Hauptgebieten eine Arbeitsteilung eintreten. Friedrich brach nicht völlig mit dem Provinzialsystem, das sein Vater eingeführt hatte, die alten vier Provinzialministerien des Generaldirektoriums blieben bestehen, aber neben sie stellte der König eine Reihe von Realdepartements, indem er mehrere wichtige Verwaltungszweige aus der provinziellen Scheidung loslöste, sie einheitlich zusammenfaßte und an die Spitze dieser Fachdepartements einen eigenen Fachminister berief. So entstand 1740 ein eigenes Handelsdepartement, 1746 das Kriegsdepartement, später das Bergwerks und das Forstdepartement.
Außerdem wurden noch gewisse Verwaltungen dem Generaldirektorium gänzlich entzogen und außerhalb desselben besondern Beamten unterstellt, so 1750 das Münzwesen [* 14] und vor allem 1766 die Verwaltung der gesamten indirekten Steuern und Zölle, die der sog. Regie untergeordnet wurden, und weiter wurden auch ganze Provinzen von dem Generaldirektorium getrennt. Schlesien sowohl wie Westpreußen erhielten ihren eigenen Provinzialstatthalter, der direkt unter dem Könige stand; in Schlesien mit dem Namen eines Ministers, in Westpreußen mit dem eines Oberpräsidenten.
Allerdings konnte bei dieser Scheidung die Einheit der obersten Verwaltung verloren gehen, doch wurde diese Gefahr, solange Friedrich regierte, noch nicht dringend, da der König persönlich die gesamte Verwaltung übersah und einheitlich von seinem Kabinett aus regelte. Die Regierung F.s war eine durchaus persönliche, auf allen Gebieten gingen die wichtigsten Entscheidungen und die leitenden Gedanken vom König selbst aus; die Minister blieben nur noch die ausführenden Organe des königl. Willens. - Durch die Regie wurden jetzt zum erstenmal alle die verschiedenartigen indirekten Abgaben und Zölle in eine einheitliche Verwaltung zusammengefaßt, der ganze Staat mit einer Zolllinie und einer sichern Grenzkontrolle umgeben, dem massenhaften Schmuggel, der bisher die Einnahmen herabgedrückt hatte, ward Einhalt gethan.
Nur eine bessere Verwaltung, nicht aber eine Erhöhung der Steuern war mit der Regie geplant; weit entfernt nach fiskalischen Rücksichten zu verfahren, gedachte der König vielmehr, die Lasten der niedern Bevölkerungsklassen zu vermindern. Auch bei der Regelung der direkten Abgaben in den neuen Provinzen ward eine gerechtere Verteilung der Steuern angestrebt; wie es in Ostpreußen, dessen «Generalhufenschoß» als Muster diente, bereits der Fall war, so wurde nun auch in den neuen Provinzen, Schlesien und Westpreußen, der Adel zu der «Kontribution», der direkten ländlichen Steuer mit herangezogen. Die Preußische Bank in Berlin [* 15] und ebenso die Seehandlung wurden ¶
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von Friedrich begründet. Das Tabaksmonopol führte in vieler Hinsicht zu günstigen Ergebnissen, ebenso auch die staatliche Lotterie; während das ungeschickt gehandhabte Monopol des Kaffeehandels und der Kaffeebrennerei das Volk sehr belästigte und dazu beitrug, die ganze Finanzpolitik des Königs in Mißkredit zu bringen. Seinem Nachfolger hinterließ Friedrich einen Staatsschatz von über 50 Mill. Thlrn.
Die preuß. Armee wurde durch Friedrich von 80000 bis auf 195000 Mann vermehrt. Besonders verdankte ihm die preuß. Kavallerie ihre treffliche Ausbildung. Neu errichtet wurden die Husarenregimenter, im Siebenjährigen Kriege die reitende Artillerie und, nur für die Kriegszeit, die Landmilizen; eine vorübergehende Einrichtung waren auch die Freikorps. Für die Generale des Heers schrieb Friedrich selbst kriegswissenschaftliche Werke, die das ganze Militärwesen in weitester Ausdehnung umfaßten. Nach dem Siebenjährigen Kriege wurden die Eremtionen von der Kantonpflicht immer mehr ausgedehnt: erst jetzt schloß sich das Offizierkorps kastenmäßig ab. Gegen Ende der Regierung F.s war die preuß. Armee bereits im Rückgang begriffen.
Höchst glänzend entfaltete sich dagegen und zwar besonders in den letzten Jahren die Wirksamkeit F.s auf dem Gebiet des Justizwesens. Zunächst erwirkte Friedrich 1746 vom Kaiser Karl VII. ein Privilegium de non appellando für sämtliche preuß. Provinzen. Durch den Großkanzler von Cocceji wurde zuerst in Pommern 1747, dann auch in den andern Provinzen die Gerichtsverfassung und das Prozeßverfahren neu geordnet; vor allem wurde der Richterstand reformiert durch Ausmerzung der vielen schlechten Elemente, durch Einführung von Prüfungen und von praktischem Vorbereitungsdienst.
Das von Cocceji verfaßte Corpus juris Fridericiani von 1749, das ganz auf dem Naturrecht und dem röm. Recht beruhte, gelangte jedoch nicht zur Einführung. Erst als nach dem Arnoldschen Prozeß (s. Arnold, Joh.) 1779 der Großkanzler von Carmer an die die Spitze des Justizwesens berufen wurde, nahm die Reform des preuß. Rechts einen erfolgreichen Fortgang. Carmer und Suarez arbeiteten das Allg. Preuß. Landrecht aus, das für die damaligen preuß. Provinzen ein einheitliches Recht herstellte und als ein wahres Muster der Gesetzgebung gelten kann.
Für die Kirchen- und Schulangelegenheiten war der Minister von Zedlitz thätig. Während seiner liberalen und aufgeklärten Verwaltung wurden zahlreiche ländliche Schulen begründet, die Gymnasien und die Universitäten in der verschiedensten Hinsicht verbessert. Den bestehenden christl. Konfessionen, [* 18] insbesondere der kath. Kirche gegenüber war Friedrich zu großer Duldsamkeit geneigt; doch hielt er auch andererseits streng darauf, daß sein staatliches Aufsichtsrecht über die Kirche nicht verkümmert wurde.
Für die Verbreitung von Bildung, von Wissenschaft und Kunst war der König durch sein eigenes Beispiel thätig. Histor., philos.-polit., volkswirtschaftliche und kriegswissenschaftliche Arbeiten sowie zahlreiche poet. Werke und musikalische Kompositionen sind aus seiner Feder hervorgegangen. Dazu kam ferner die sehr ausgedehnte Korrespondenz, sowohl litterar. Natur mit Gelehrten und Schriftstellern, insbesondere mit Voltaire, d'Argens, d'Alembert, Algarotti, als auch die geschäftliche, politisch-militärische, mit den Ministern, Gesandten, Verwaltungsbeamten, Generalen und Offizieren.
Friedrich schrieb fast ausschließlich französisch; für die deutsche Litteratur vermochte er, der von Jugend auf an den franz. Klassikern und von franz. Lehrern gebildet war, im Alter kein Verständnis mehr zu gewinnen.
In der auswärtigen Politik suchte der König nach dem Hubertusburger Frieden, da Frankreich und dann auch England ihn verlassen hatten, eine Anlehnung bei Rußland und schloß 1704 mit der Kaiserin Katharina eine Allianz, infolge deren Katharina nach dem Tode König Augusts von Polen ihren Günstling Stanislaus Poniatowsky zum König von Polen wählen ließ und für die Dissidenten, die Griechisch-Katholischen und die Protestanten Gleichberechtigung erwirkte.
Gegen die russenfreundliche Konföderation von Radom und die in Polen sich einnistenden russ. Truppen bildete sich die röm.-kath. nationale Barer Konföderation. Aus dem poln. Bürgerkrieg erwuchs, da die Pforte Partei ergriff, ein russ.-türk. Krieg, und dieser wiederum drohte zu einem allgemeinen europ. Kriege zu führen. Friedrich, der den Frieden zu erhalten wünschte, suchte die Zarin von der Türkei [* 19] abzulenken und forderte sie auf, sich in Polen schadlos zu halten.
Das sog. «Projekt Lynar», das Friedrich 1769 nach Petersburg [* 20] sandte, nahm zugleich auch für Österreich [* 21] und Preußen poln. Erwerbungen in Aussicht, um das Gleichgewicht [* 22] im Osten aufrecht zu erhalten. Der Petersburger Hof [* 23] wollte nicht in eine Teilung Polens einwilligen, da Polen doch in kurzer Zeit vollständig an Rußland fallen mußte. Nun kam Friedrich den Österreichern einen Schritt entgegen, sodaß Kaiser Joseph im Herbst 1770 von Ungarn [* 24] her Truppen in Polen einrücken und das Zipfer Land in Besitz nehmen ließ. Nach diesem entschiedenen Vorgehen Josephs zeigte sich endlich Katharina bereit, auf die Vermittelungsvorschläge F.s einzugeben; so kam es nach schwierigen Unterhandlungen zu einem Vertrag, durch den die drei Großmächte sich über die Teilung poln. Landes einigten.- Eine kleinere Erwerbung machte Friedrich noch 1780, indem nach dem Aussterben der Grafen von Mansfeld diese Grafschaft zwischen Preußen und Sachsen geteilt wurde.
Als nach dem Tode des Kurfürsten Marimilian III. Joseph im Sommer 1778 der Bayrische Erbfolgekrieg (s. d.) zwischen Preußen und Sachsen einerseits und Osterreich andererseits ausbrach, rückten Friedrich und sein Bruder Heinrich in Böhmen [* 25] ein, doch kam es zu keiner entscheidenden Schlacht. Unter franz.-russ. Vermittelung ward 1779 in Teschen eine Einigung erzielt und für Preußen die Nachfolge in Ansbach [* 26] und Bayreuth [* 27] anerkannt. Kaiser Joseph gab jedoch seine Pläne auf Erwerbung von Bayern [* 28] noch keineswegs auf; er erklärte der Zarin, den Russen in der Türkei freie Hand [* 29] zu lassen, wogegen Katharina verhieß, in Deutschland die Pläne des Kaisers zu unterstützen. Da kam Friedrich auf seine alten Gedanken zurück, einen deutschen Fürstenbund (s. d.) mit preuß. Hegemonie zu stiften, und fand jetzt bei den Fürsten auch bereitwilliges Entgegenkommen; denn durch das Bündnis mit Rußland gesichert, trat Kaiser Joseph im Reiche herrisch auf und erregte durch seine Vergrößerungsgelüste in ganz Deutschland die lebhafteste Unruhe. So gelang es Friedrich am Abend seines Lebens die meisten der deutschen Staaten unter Preußens [* 30] Führung zu einer großen Allianz zu vereinen, durch die Deutschland vor der Übermacht Österreichs gesichert wurde. Von der Gicht und zuletzt von der Wassersucht schwer geplagt, starb ¶