der
Finanzen, war 1714 die Generalrechenkammer begründet worden, die 1723 unter dem
Namen Oberrechenkammer dem
Generaldirektorium
beigeordnet wurde. Es wurden die ersten Generalkassenrechnungen und die ersten Etats für die gesamte
Staatsverwaltung aufgestellt.
Auch in der Leitung der auswärtigen Verhältnisse führte Fremdwörter W. das
Kollegialsystem durch. 1728 wurde das preuß.Auswärtige Amt
errichtet mit zwei, zeitweise auch drei Ministern, es führte den
Namen «Departement der auswärtigen
Affairen» oder «Kabinettsministerium».
Für das Justizwesen wurde eine oberste
Spitze geschaffen in der
Stellung des
«Chef de justice», die
Cocceji 1737 erhielt. Zusammen
mit drei andern Justizministern bildete der
«Chef de justice» das sog. Justizdepartement. - An dem zum
größten
Teil bürgerlichen Beamtentum gewann die
Krone eine feste zuverlässige Stütze gegen die
Stände.
Den von seinem Großvater begonnenen Kampf des preuß. Fürstentums gegen die
Stände hat Fremdwörter W. weiter geführt. Die Versammlung
von ständischen Landtagen wurde nicht mehr geduldet, der Einfluß der
Stände auf die Landesverwaltung
hörte gänzlich auf, das Präsentationsrecht der Ritterschaft bei der
Besetzung des Landratsamtes wurde bedeutend eingeschränkt.
Gegen die Willkür der Gutsherren wurde die Bauernschaft durch ein strenges Verbot des Auskaufens der
Bauerngüter und des
Prügelns geschützt. Die
Leibeigenschaft begann Fremdwörter W. wenigstens auf den Staatsgütern abzuschaffen. Die Selbständigkeit
der städtischen Magistrate, ihre patrimoniale Polizei, Finanzverwaltung und Rechtsprechung wurde durchbrochen;
landesherrliche
Beamte erhielten die städtische
Verwaltung, ein heilsamer Fortschritt, denn die Regierung der Magistrate
war in
eine oligarchische Cliquenherrschaft ausgeartet. - Wie der König selbst in seiner Lebensweise die größte Sparsamkeit und
Einfachheit beobachtete, so brachte er auch in
die Finanzen des
Staates die strengste Ordnung, tilgte sämtliche
Schulden, steigerte die Reineinnahmen bis auf 7 Mill. Thlr. und hinterließ, ungeachtet der großen
Ausgaben für das
Heer und für die Landeskultur und ungeachtet der
Armut der
Bevölkerung,
[* 2] einen
Staatsschatz von 10 Mill. Thlrn.
Auf den zahlreichen trefflich verwalteten
Domänen beruhte seit Fremdwörter W. im 18. Jahrh, die große finanzielle
Kraft
[* 3] und Leistungsfähigkeit des preuß.
Staates. Statt der
Erbpacht richtete er die Generalzeitpacht ein; durch systematische
Urbarmachung wüsten
Landes, durch große Ankäufe und mannigfache landwirtschaftliche Verbesserungen wurden
Umfang und Wert
des preuß. Domaniums gesteigert. Auch vereinigte er die Schatullgüter feiner Familie mit
den Staatsgütern und verfolgte überall das Ziel, die
Naturalwirtschaft durch ausschließliche Geldwirtschaft
abzulösen, eine strenge
Kontrolle und feste Rechnungsablegung, genaue
Voranschläge einzuführen.
Für den
Unterhalt des
Heers wurden zu den bestehenden Militärsteuern, der Kontribution und
Accise, mehrere neue eingeführt:
die sog.
Kavalleriegelder, die
Servis- und Sublevationsgelder;
auch der schon erwähnte Lehnskanon gehört
hierher.
Die Kontribution wurde in Ostpreußen
[* 4] in eine weit gerechter verteilte ländliche
Steuer, in den sog.
Generalhufenschoß
(s. d.) umgewandelt. In Ostpreußen, das
Krieg und
Pest entsetzlich verwüstet und entvölkert hatten, wurden 1732 17000
SalzburgerProtestanten angesiedelt. In der
Gewerbe- und in der Handelspolitik huldigte Fremdwörter W. dem
Merkantilsystem. Insbesondere
die
Wollindustrie nahm durch die Schutzmaßregeln, durch staatliche Unterstützung, durch Schaffung von großen Absatzgebieten,
z. B. in
Rußland, einen bedeutenden Aufschwung. - Erhebliche Verdienste erwarb sich Fremdwörter W. auch um das Volksschulwesen;
für höhere Wissenschaft aber und für die Kunst mangelte ihm fast jedwedes Verständnis; die von
Friedrich I. begründete
Akademie geriet in
Verfall, von ihrem Etat wurden die königl.
Hofnarren besoldet. Nur die
Theologie und
solche Wissenschaften, die der Praxis nahe stehen, wie die Nationalökonomie, fanden
Gnade vor den
Augen des Königs. Seine
Erholung und seine Freude suchte Fremdwörter W. auf der Jagd und bei den derben Späßen desTabakskollegiums.
Er starb in
Potsdam.
[* 5]
Fremdwörter W. vereinigte mit einen: zwar nicht vielseitig gebildeten, aber vorurteilsfreien
Geiste einen starken, fast unwiderstehlichen
Willen. Frühzeitig mit sich selbst fertig, war er gewillt, allen andern, der eigenen Familie, dem ganzen
Staate den
Stempel
seiner Persönlichkeit aufzuzwingen; daraus entsprangen die traurigenKonflikte mit dem ältesten
Sohne.
Fremdwörter W. war vermählt mit
Sophie Dorothea von Hannover,
[* 6] der Schwester
Georgs II. von England. Aus dieser
Ehe stammten zehn den
Vater überlebende
Kinder: König
Friedrich II., Prinz
August Wilhelm, Prinz
Heinrich, Prinz Ferdinand, der
Vater des Prinzen Louis
Ferdinand, die Markgräfin Wilhelmine von
Bayreuth,
[* 7] die Königin
Ulrike von
Schweden,
[* 8] die Prinzessin
Amalie
und drei andere nach
Ansbach,
[* 9]
Braunschweig
[* 10] und Schwedt
[* 11] verheiratete
Töchter.
Denkmäler des Königs finden sich u. a. in
Gumbinnen
[* 12] (von
Rauch), zu
Stresow auf
Rügen, wo die
Preußen
[* 13] landeten, sowie seit 1885 im Lustgarten zu
Potsdam. Seinen
Namen
führt jetzt das 2. ostpreuß. Grenadierregiment Nr. 3. Lange Zeit
kannte man Fremdwörter W. fast nur aus den tendenziös geschriebenen Memoiren seiner Tochter Wilhelmine (s. d.).
-
Vgl. dagegen Förster, Fremdwörter W. (3 Bde., Potsd.
1835);
Droysen, Geschichte der preuß. Politik,
Tl. 4, Bd. 2-4 (Lpz. 1869-70);
Ranke,ZwölfBücher preuß. Geschichte,
Buch 5
u. 6 (2. Aufl., ebd. 1879);
Paulig, Fremdwörter W. I. (2. Aufl., Frankf. a. O.
1889);
für die
Verwaltung sehr wichtig sind die
Aufsätze von Schmoller in der «Zeitschrift für preuß.
Geschichte», Bd. 8, 10, 11, 12, 20; in den
«Preuß. Jahrbüchern», Bd. 25
u. 26; in der «Histor. Zeitschrift»,
Bd. 30; der
«Deutschen Rundschau», Bd. 3; den «Forschungen
zur brandenb. und preuß. Geschichte», Bd.
1, und im «Jahrbuch für Gesetzgebung»,
Neue Folge, Bd. 1; Stadelmann,
Preußens
[* 14] Könige in ihrer Thätigkeit für die Landeskultur,
Bd. 1 (Lpz. 1878).
II.,König von
Preußen (1740 - 86), genannt Friedrich der
Große oder der Einzige, geb. als
Sohn Friedrich Wilhelms I. und der Prinzessin
Sophie Dorothea von Hannover. Seine Erziehung leiteten zuerst Frau von Rocoulle,
später
GeneralGraf Finckenstein und Oberst von Kalkstein. Friedrich Wilhelm stellte selbst die Grundsätze fest, nach denen
der Prinz erzogen werden sollte; in allem Wesentlichen sollte er zu einem Ebenbild des
Vaters geschaffen
werden; die klassische
Bildung sollte ihm gänzlich fern gehalten werden.
Da aber der König seine eigenen
Tugenden, Selbstbeherrschung
und Selbständigkeit, bei dem weichen, zur Verschwendung und zu Ausschweifungen neigenden
Knaben nicht vorfand, da
¶
mehr
337 er sah, wie der Prinz nur allzu sehr seiner Umgebung nachgab, so griff er mit Härte und Gewalt ein, um den Sohn auf
den richtigen Weg zu führen. Dadurch wurde der Prinz dem Könige immer mehr entfremdet. Reicher und vielseitiger beanlagt
als der Vater, widerstrebte er dem ihm auferlegten Zwang und der pedantischen, einseitig praktischen und
militär. Erziehung. Die litterar. und die heimlich gepflegten künstlerischen Neigungen
des Prinzen, seine Vorliebe für die Musik, für die Dichtkunst und franz. Litteratur wurden genährt und gestärkt durch den
Einfluß, den die Mutter, die ältere Schwester Wilhelmine und sein Lehrer Duhan gewannen.
Allem hingegen, was von dem Könige ausging, brachte der Prinz eine unverhohlene Abneigung entgegen. So
wuchs die Spannung von Jahr zu Jahr. Sie erreichte ihren Höhepunkt, als das Projekt, Friedrich mit einer engl.
Prinzessin zu vermählen, scheiterte und der Kronprinz nun seine letzte Hoffnung, aus dem Druck des väterlichen Hauses befreit
zu werden, geschwunden sah. Er und seine Freunde unterhielten eine höchst bedenkliche Verbindung mit den engl. und franz.
Gesandten, mit den Gegnern der Politik des Vaters.
Als neue Mißhandlungen von seiten des Vaters erfolgten, entschloß sich der Kronprinz zur Flucht. Seine Jugendfreunde, die
Lieutenants von Katte und von Keith, wußten um das Geheimnis und betrieben die Vorbereitungen. Die Flucht
sollte auf einer Reise ins Werk gesetzt werden, die der König mit dem Kronprinzen im Sommer 1730 nach Süddeutschland und
nach dem Rhein unternahm. In einem Dorfe bei Mannheim
[* 16] wurde der Versuch durch die Wachsamkeit des Oberstlieutenants von Rochow
vereitelt; der ins Vertrauen gezogene PageKeith, ein Bruder des genannten, legte dem Könige ein Geständnis
ab. Friedrich wurde als Deserteur verhaftet, erst in Wesel,
[* 17] dann in Cüstrin
[* 18] strengem Verhör unterworfen.
Katte wurde in Berlin
[* 19] festgenommen und dann auf besondern Befehl des Königs unter den Fenstern des Kronprinzen in Cüstrin
hingerichtet.
AuchFriedrich fürchtete für sein Leben. Indessen ist es eine Fabel, daß der
König anfänglich die Absicht gehabt haben soll, den Sohn mit dem Tode zu bestrafen; vielmehr dachte er nur daran, ihn von
der Thronfolge auszuschließen. Auch ist unrichtig, daß erst auf Fürsprache des kaiserl.
Hofs Friedrich Wilhelm für Begnadigung des Prinzen sich entschieden habe. Aber immerhin hatten die Vorgänge
dazu geführt, daß die österr. Partei, die Partei des Gesandten GrafenSeckendorff und des GeneralsGrumbkow, am Berliner
[* 20] Hofe
vollständig die Oberhand gewann.
Nach einigem Sträuben entschloß sich Friedrich die Vermittelung seines Feindes Grumbkow anzurufen. Seine anfänglich sehr strenge
Haft wurde gemildert; im Dezember trat er als jüngster Kriegsrat bei der neumark. Kammer ein und wurde
von dem Kammerdirektor Hille in Finanz- und Handelssachen unterrichtet. Bei der Hochzeit der Prinzessin Wilhelmine im Nov. 1731 erschien
der Kronprinz zum erstenmal wieder am Hofe in Berlin, im nächsten Jahre erhielt er als Chef das Infanterieregiment
in Ruppin.
Nach dem rücksichtslosen Willen des Vaters mußte er sich ganz wider seine Neigung 1733 mit der Prinzessin Elisabeth Christine
(s. d.) von Braunschweig-Bevern vermählen. Unter dem Prinzen Eugen von Savoyen wohnte er 1734 dem Rheinfeldzug im Polnischen
Thronfolgekrieg bei. Im Herbst 1736 bezog Friedrich mit seiner Gemahlin das neue, von Knobelsdorff ausgebaute
Schloß zu Rheinsberg. Ungestört
konnte er jetzt seinen Lieblingsneigungen, der Musik, dem Studium der Philosophie und der
franz. Klassiker sich widmen, von gleichgesinnten Freunden umgeben ein heiteres und geselliges
Leben führen und sich auch in ernster Weise auf seinen Herrscherberuf vorbereiten.
Ein reger Briefwechsel ward mit Voltaire angeknüpft, unter dessen Einfluß sich Friedrich allmählich von der
PhilosophieChristianWolffs ab- und derjenigen Lockes zuwandte. Wie regen Anteil der Kronprinz an der Politik nahm und wie
hohe Anforderungen er an den Fürsten stellte, beweisen seine ersten größern Schriften, die «Considérations sur l'état
présent de l'Europe», eine gegen Frankreich gerichtete Flugschrift, sowie der Antimachiavel, gleichsam
das Regierungsprogramm F.s. Auch für das Wirken Friedrich Wilhelms I., für seine Militär, und ökonomischen Bestrebungen
gewann Friedrich jetzt Verständnis. Vater und Sohn waren vollständig ausgesöhnt, als jener aus dem Leben schied.
Am bestieg Friedrich den Thron
[* 21] Preußens. Mit Feuereifer übernahm er die Regierungsgeschäfte, auf
allen Gebieten gleich rastlos thätig. Die Akademie der Wissenschaften wurde neu hergestellt, der vertriebene PhilosophWolfs
zurückberufen, Maupertuis und andere führende Geister nach Berlin gezogen, Knobelsdorff mit dem Bau eines Opernhauses beauftragt,
eine neue Zeitung in Berlin ins Leben gerufen;
auch der König selbst scheute sich nicht, seine gewandte
Feder in den Dienst der öffentlichen Meinung zu stellen;
Preßfreiheit ward, wenigstens für litterar. und wissenschaftliche
Fragen, verkündet;
auf kirchlichem Gebiete wurde für die christl. Konfessionen
[* 22] Religionsfreiheit proklamiert.
Sein Interesse
für die Handelspolitik bethätigte Friedrich, indem er jetzt ein eigenes Handelsdepartement im Generaldirektorium errichtete.
Die Justizverbesserung wurde sogleich in die Hand
[* 23] genommen, das grausame Strafrecht gemildert, die Tortur aufgehoben. Wenn in der
Verwaltung allenthalben ein freierer Geist sich geltend machte, so blieb doch im Grunde und dem Wesen nach die Verwaltung des
Vaters bestehen. Auch in der Besetzung der Beamten- und Offiziersstellen trat fast keinerlei Änderung ein.
Eine der ersten Regierungshandlungen war, daß 17 neue Bataillone, ein Husarenregiment und das Regiment Garde-du-Corps errichtet
wurden. Persönliche Ruhmbegierde sowie der Wunsch, dem preuß. Staate auch im Ausland Ansehen und Achtung zu verschaffen, lenkten
Friedrich auf das Gebiet der großen Politik und auf das der kriegerischen Aktion. Vorerst schloß er sich keiner
der großen Mächte an. In den ersten Monaten richtete sich F.s Politik auf die Erwerbung von Berg, um die Friedrich Wilhelm
I. sich seit 15 Jahren vergeblich bemüht hatte. Dem Fürstbischof von Lüttich,
[* 24] der sich schon seit längerer Zeit Hoheitsrechte
über die in Belgien
[* 25] gelegene preuß. Herrschaft Herstall angemaßt und dem Einspruch
Friedrich Wilhelms I. Trotz geboten hatte, wurde jetzt in brüskem Ton eine Bedenkzeit von 2 Tagen gestellt; darauf rückten
drei Bataillone und eine Dragonerschwadron in das Lütticher Gebiet und zwangen ihn schnell, dem Willen des Königs nachzugeben.
Bald sollte sich ein weit größerer Schauplatz eröffnen , auf dem Friedrich die Kraft seines
Genius voll entfalten konnte. 1740 starb der letzte Habsburger, KaiserKarl VI. Sogleich erhob sich der Streit um das österr.
Erbe; dem preuß. Könige bot sich die
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