forlaufend
274
eine Großloge («Grande Loge de France»). Obgleich vom Staat angefeindet und vom Papst mit dem Bannfluche belegt, breitete sich die Freimaurerei in Frankreich schnell aus, aber sie geriet auch ebenso schnell in Verfall, wesentlich aus innern Gründen. 1767 wurde die Großloge von der Regierung geschlossen, indes schon 1772 bildete sich eine neue Großloge («La Grande Loge Nationale»),
die später den Namen «Grand Orient de France» annahm und noch jetzt besteht. Daneben ist seit 1804 noch eine zweite maurerische Oberbehörde ins Leben gerufen, der «Suprême Conseil de France». In keinem Lande hat die Freimaurerei eine bewegtere Vergangenheit gehabt als in Frankreich. Bald nach ihrer Entstehung wurde sie der Schauplatz der bedauerlichsten Verirrungen, die mehr oder weniger die Maurerei in allen Ländern Europas nachteilig beeinflußte. Die Französische Revolution brachte sie dem Untergange nahe, und das Erste Kaiserreich erhob sie zu hohem Glanze; von der Restauration befehdet und in ihrer Existenz bedroht, erblühte sie unter dem Zweiten Kaiserreiche von neuem.
Freilich hat sie die Gnade der beiden Kaiser teuer erkaufen müssen, indem sie sich zu einem gefügigen Werkzeug ihrer Politik hergeben mußte; ja sie mußte es hinnehmen, daß Napoleon III. einen seiner Marschälle auf den großmeisterlichen Stuhl kommandierte, als man den mißliebig gewordenen frühern Großmeister Murat nach Ablauf [* 2] seiner Amtsperiode nicht wiederwählte. Die franz. Großlogen nehmen nur Christen auf. Der Grand Orient de France arbeitet in 7, der Suprême Conseil in 33 Graden.
Ersterer hat in Paris [* 3] 56, im übrigen Frankreich 227, in Algerien [* 4] und Tunis 11, in den Kolonien 8, im Auslande 22 Logen mit 18000 Brüdern; letzterer in Paris 20, im übrigen Frankreich 34, in den Kolonien und im Auslande 16 Logen mit zusammen 3800 Brüdern. Nach Italien [* 5] kam die Freimaurerei um 1730. Im J. 1735 waren schon Logen in Florenz, [* 6] Livorno, [* 7] Rom, [* 8] Mailand, [* 9] Venedig [* 10] und Neapel. [* 11] Doch gingen sie bald wieder ein, da sie von der Kirche fanatisch verfolgt wurden. Erst unter der franz. Regierung erblühte die Freimaurerei auf ital. Boden von neuem. Es entstand 1805 unter Prinz Eugen als ersten: Großmeister der «Großorient von Italien» zu Mailand, und 180!) konstituierte sich in Neapel eine zweite Großloge, deren erster Großmeister Murat war.
Nach dem Sturze der franz. Herrschaft traten jedoch wieder Verfolgungen ein, sodaß die Freimaurerei fast gänzlich erlosch. Erst nach dem Kriege von 1859 nahm der Großorient von Italien seine Thätigkeit wieder auf; daneben entstanden noch zwei Großlogen zu Neapel und Palermo [* 12] (Großmeister Garibaldi). Alle drei vereinigten sich später zu einer einzigen Großloge, die unter dem Namen «Großorient von Italien» nach Rom verlegt wurde. Unter ihr arbeiten gegenwärtig 132 Logen, worunter 28 im Auslande. In Spanien [* 13] erließ König Philipp V. 1740 ein Edikt, das alle Freimaurer aus Spanien verbannte und den Eintritt in eine Loge mit Galeerenstrafe belegte.
Obwohl Ferdinand II. 1751 dieses Edikt erneuerte und die Inquisition mit Folter und Kerker furchtbar gegen die Freimaurer wütete, bestanden hier im geheimen dennoch zahlreiche Logen, die nach dem Einmarsch der Franzosen (1807) plötzlich offen hervortraten. Unter franz. Schutze blühte die Freimaurerei hier schnell auf, und schon im Olt. 1809 etablierte sich in den Räumen des Inquisitionspalastes zu Madrid [* 14] der «Grand Orient d’Espagne». Indessen rief Ferdinand VII. nach seinem Einzüge (1815) in Madrid die Inquisition zurück, ließ sämtliche Freimaurerlogen schließen und bedrohte den Beitritt zur Freimaurerei mit dem Tode. Obwohl derartige Todesurteile wiederholt vollstreckt wurden, gelang es doch nicht, die Freimaurerei gänzlich zu unterdrücken, die nach Vertreibung der Dynastie wieder ans Licht [* 15] trat.
Gegenwärtig sind in Spanien 700 Logen, die unter fünf verschiedenen Großlogen arbeiten. Die bedeutendsten maurerischen Großbehörden des Landes sind der «Große Orient von Spanien» zu Madrid mit 207 Logen und der «Nationale Große Orient von Spanien» zu Madrid mit 215 Logen. Ähnlich gestalteten sich die Schicksale der Freimaurerei in Portugal. Frühzeitig (1727) dahin verpflanzt, gewann sie hier schnell Boden, wurde jedoch bald auf das grausamste unterdrückt. Erst seit 1834 hat die Verfolgung nachgelassen. Jetzt stehen etwa 70 Logen unter dem «Großorient von Lusitanien» in Lissabon. [* 16] In Griechenland [* 17] hat die Freimaurerei erst seit 1867 Eingang gefunden. Unter dem 1872 gegründeten «Großorient von Griechenland» zu Athen [* 18] arbeiten 6 griech. und 1 deutsche Loge. - Die in der Türkei [* 19] befindlichen Logen arbeiten unter der Autorität ausländischer Großlogen.
Nach Österreich [* 20] kam die Freimaurerei 1740, doch hat sie dort nie festen Fuß gefaßt, nachdem gegen dieselbe von der Kaiserin Maria Theresia 1764 ein Verbot für den Umfang der österr. Staaten erlassen worden war. Dagegen ist sie in Ungarn [* 21] seit 1868 wieder gestattet. Unter der 1886 gegründeten «Symbolischen Großloge von Ungarn» in Budapest [* 22] arbeiten gegenwärtig 41 Logen mit etwa 2000 Brüdern. In der Schweiz [* 23] besteht die 1844 gegründete Großloge «Alpina» zu Bern [* 24] (der Sitz wechselt) mit 32 Logen.
Außerdem giebt es noch je eine Großbehörde in Lausanne [* 25] und Genf. [* 26] In Rußland blühte die Freimaurerei bis Ende des 18. Jh. Katharina II. erließ jedoch ein Verbot gegen dieselbe, das das gänzliche Erlöschen der Freimaurerei in diesem Lande zur Folge hatte. In Holland bestehen Freimaurerlogen seit dem vierten Jahrzehnt des 18. Jahrh. TTTTT Großbehörde für alle Holland. Logen ist seit 1756 der «Großorient des Königreichs der Niederlande» [* 27] im Haag, [* 28] unter dem 51 Logen in Holland und 27 in den Kolonien mit etwa 3900 Brüdern arbeiten.
Die Logen Belgiens haben unter fortwährendem Kampf gegen den kath. Klerus nur mühsam Fuß fassen können. Zwei Großlogen, der «Großorient» und der «Suprême Conseil», beide zu Brüssel, [* 29] haben zusammen etwa 20 Logen unter sich. In Skandinavien hielt die Freimaurerei etwa um 1735 ihren Einzug. Anfangs bei Todesstrafe verboten, bald daraus aber seitens des Thrones begünstigt, gelangte sie hier schnell zu hoher Blüte. [* 30] 1754 gründeten die schwed. Logen die «Große Landesloge von Schweden» [* 31] zu Stockholm, [* 32] und 1763 übernahm der König Adolf Friedrich das Protektorat, der bereits 1753 in Stockholm eine Loge gegründet hatte. Gustav IV. erklärte nach seiner Thronbesteigung die schwed. Prinzen für immer für geborene Freimaurer. Karl XIII. machte 1811 durch die Stiftung eines für höchst beförderte Brüder bestimmten Ordens (Orden [* 33] Karls XIII.) die schwedische Freimaurerei zu einem staatlichen Orden. Gegenwärtig ist König Oskar II. Ordensmeister, der Kronprinz Gustav Adolf ¶