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Frei heißt daher jede Thätigkeit, deren wesentliche Ursache in dem Dinge selbst, dem wir sie beilegen, nicht außer ihm gesucht wird. So spricht man vom freien (d. h. durch nichts behinderten) Fall der Körper, vom freien Fluge des Vogels, von Freiheit der Bewegung, des Verkehrs u. s. w. Auch beim Menschen heißt Freiheit zunächst nur Unabhängigkeit von äußerer Gewalt, oder die Möglichkeit der Selbstbestimmung. In bestimmterm Sinne heißt bürgerliche (politische) Freiheit die Unabhängigkeit von despotischer Gewalt eines Einzelnen oder auch einer begrenzten Klasse, oder die Verfassung eines Staates, gemäß welcher ein jeder Bürger desselben allein dem Staatsgesetz unterworfen ist, das selbst nur der Ausdruck des Gesamtwillens der Bürger sein will; daher Freistaat ein Staat von republikanischer Verfassung.
Besonders wichtig aber ist der Begriff der Freiheit auf dem Gebiete des Strafrechts im Verhältnis zu dem der Zurechnungsfähigkeit, und auf dem Gebiete der Sittlichkeit im Verhältnis zur Frage der sittlichen Verantwortlichkeit. In beiden Fällen handelt es sich um die Freiheit, die wir der menschlichen Willenshandlung beilegen, um die Willensfreiheit. Eine Handlung gilt als frei, wenn sie weder unter einem äußern (physischen) noch unter einem innern (psychologischen) Zwang geschieht.
Unter einem physischen Zwang steht z. B., wer im Zustande sinnloser Trunkenheit, der Geistesstörung u. s. w. sich befindet, also schon aus physischen Gründen nicht Herr seiner Entschließungen ist. Ein psychol. Zwang (auch moralischer Zwang genannt) wird z. B. ausgeübt durch Drohung; aber auch durch den Druck der öffentlichen Meinung, durch Ehrvorstellungen bestimmter Klassen u. s. w. Positiv bedeutet Willensfreiheit die Möglichkeit, ausschließlich der eigenen Erkenntnis des im gegebenen Fall Rechten und Guten zu folgen.
Wird Freiheit in diesem Sinne bei jeder sittlichen wie rechtlichen Beurteilung vorausgesetzt, so erhält der Begriff der Freiheit eine noch bestimmtere Bedeutung in der sittlichen Beurteilung. Für sie gilt der Mensch als unfrei schon, wenn er auch nur der Macht der eigenen Neigungen und Begierden derart unterliegt, daß dagegen die richtige Erkenntnis des sittlich Guten nicht aufkommt. Dieser Begriff der sittlichen Freiheit beruht auf der Voraussetzung, daß wir ganz unsere eigenen Herren nur sind, wofern unser Wille ausschließlich seinem eigenen innern Gesetz, dem Gesetz der Sittlichkeit, gehorcht. Die sittliche Freiheit deckt sich alsdann mit der Autonomie (s. d.) des sittlichen Willens.
Diese (von Kant herrührende) Fassung des Freiheitsb
egriffs stellt nicht bloß die größte Vertiefung desselben dar, sondern
überwindet zugleich die ernsten Schwierigkeiten, in die der
Begriff der Freiheit sonst gerade beim Problem des Sittlichen sich
unvermeidlich verwickelt. (S.
Determination.) Die zum Behufe der sittlichen Zurechnung geforderte Freiheit verlangt nicht,
daß die Handlung ganz und gar unverursacht sei, nicht einmal, daß sie aus durchaus eigentümlichen
Ursachen in uns flösse,
die in den allgemeinen Zusammenhang der Naturursachen sich schlechterdings nicht einfügen ließen; sie verlangt nur, daß
die Handlung, sofern sie gewollt ist, d. h. die Beistimmung unsers praktischen
Bewußtseins findet, zurückbezogen wird
auf ein Princip, warum sie gewollt ist, und zuletzt auf ein solches, das als unbedingt gültig, also auch durch den Naturlauf
in seiner
Gültigkeit nicht bedingt betrachtet wird.
Wir, die wir einerseits, als Naturwesen, an einer Handlung beteiligt, d. h. die wenn auch tausendfach bedingte nächste Ursache dieses empirischen Geschehens sind, sind doch zugleich fähig und genötigt, es unter dem ganz und gar unempirischen Gesichtspunkt des unbedingten Sollens zu erwägen; demgemäß sprechen wir uns selber, das Vernunftwesen dem Naturwesen in uns, das Urteil, welches die Handlung verdammt oder gutheißt. Daß wir voraussetzen, wir hätten auch anders gekonnt, heißt zuletzt nur: wir betrachten die wenn auch noch so thatsächlich wirkende, aber doch immer empirisch bedingte Ursache der Handlung, mag sie in oder außer uns (als Naturwesen) liegen, der absoluten Forderung des Sittengesetzes gegenüber als etwas, was nicht absolut so sein mußte, als bloß zufällig, d. h. wandelbar, wie alles Empirische, absolut genommen, zufällig und wandelbar ist. Und doch ist dabei das Naturgesetz weder aufgehoben noch auch nur beschränkt. Freiheit in diesem Sinne ist unverträglich mit der Voraussetzung einer absoluten Notwendigkeit alles natürlichen Geschehens, aber sie ist verträglich mit einer bedingten Notwendigkeit; wie denn auch die Notwendigkeit empirischer Gesetze wirklich nur eine bedingte ist (s. Notwendigkeit). –
Vgl. J. V. von Mayer, Von der Freiheit. Eine philos.
Studie (Freib. i. Br. 1891).
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