Förwurde jedoch von den englischen Freiberg
[* 2] nicht angegriffen. (Vgl.
Deismus.) In
Frankreich wurde die Freidenkerei durch den Geistesdruck,
den die herrschende
Kirche ausübte, hervorgerufen; sie war anfangs nur in kleinern
Kreisen verbreitet, gewann aber bald eine
große
Ausdehnung.
[* 3] Man schritt hier von einer scharfen Kritik des kirchlichen
Glaubens und des ganzen kath.
Kirchenwesens, wie sie z. B.
Voltaire und
Rousseau übten, bis zur grundsätzlichen Verneinung aller
Religion und zum
Atheismus
fort. Die Führer dieser
Bewegung waren die
Encyklopädisten d'Alembert, Diderot und
Helvétius sowie der
Baron von Holbach.
In
Deutschland
[* 4] haben die Freiberg namentlich seit der Wiederherstellung des orthodoxen Kirchentums, aber auch
infolge der modernen Zeitströmung in den verschiedensten Volkskreisen
Anhang gefunden. –
Vgl.
Lechler, Geschichte des engl.
Deismus (Stuttg. und Tüb. 1841);
waren bei den
Germanen der Hauptteil der Nation.
Die Bevölkerung gliederte sich in Freie (Gemeinfreie),
Halbfreie
(Liten oder Hörige) und Knechte. Letztere sind rechtlos und stehen im Eigentum eines Herrn. Die Halbfreien sind
im Genusse des Volksrechts; sie sind nur der Gewalt eines Schutzherrn unterworfen. Unter den Freie ragen die Adligen
hervor, ursprünglich die
Glieder
[* 6] von durch ihre Dienste
[* 7] ausgezeichneten Geschlechtern. Die Freie hatten
das volle
Wergeld (s. d.), die Hörigen nur das halbe, die Knechte wurden nur nach
ihrem persönlichen Sachwerte geschätzt.
Der Freie hatte das
Recht und die Pflicht, dem
Heere anzugehören, den Zutritt zu den
Volks- und Gerichtsversammlungen, das
Recht desEides und des Zeugnisses gegen Freie. Zur vollen Wirkung der
Freiheit gehörte, daß der Freie Grundbesitz besaß.
Die
Entwicklung der öffentlichen
VerfassungDeutschlands
[* 8] wurde wesentlich durch die
Schicksale des
Standes der Freie bestimmt, der
mehr und mehr abnahm. Eine große Zahl der frühern Freie gingen in den
Stand der Fürsten und Herren, sowie in den Ritterstand
über.
Andererseits waren diejenigen Freie, die nicht im stande waren, persönliche Kriegsdienste zu
leisten, vielfach genötigt, sich in den Schutz (Vogtei) eines Landesherrn zu begeben. Während jener den Kriegsdienst übernahm,
mußten diese ein Schutzgeld oder einen
Zins zahlen. Sie bewahrten ihre
Freiheit, wurden aber abhängig.
In denStädten erhielten
sich ebenso wie auf demLande freie Geschlechter. Aber auch hier bildeten sich unter Zurückdrängen der
alten neue Standesverhältnisse. Es entstand ein neuer freier
Stand, der
Bürgerstand, der die Vorstufe zu der modernen
Freiheit,
dem allgemeinen Staatsbürgertum ist. –
Vgl. Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der
Stände in
Deutschland (2. Ausg., Berl.
1830).
Agrarvereinigung nennt sich eine Gruppe im österr. Abgeordnetenhause, die sich 1887 unter
FührungLienbachers
zur Wahrung der Interessen der Landgemeinden bildete, deren Mitglieder aber keinem Klubzwang unterworfen und nicht verpflichtet
sind, zu stimmen, wie es die Mehrheit der Freie Agrarvereinigung beschlossen hat. Anfangs nahmen zahlreiche
Abgeordnete verschiedener Klubs
an den zwanglosen Besprechungen der Freie Agrarvereinigung teil, in denen wirtschaftliche Fragen
rein fachlich mit Außerachtlassung polit. und nationaler
Gesichtspunkte erörtert wurden; nur die
Polen verhielten sich grundsätzlich
ablehnend. Nach den Neuwahlen 1891 hörte zwar diese
Teilnahme anderer
Klubmitglieder auf, doch nimmt die Freie Agrarvereinigung mit ihren 42 Mitgliedern
der Kopfzahl nach die vierte
Stelle im österr. Abgeordnetenhause ein.
Vorsitzender ist
Lienbacher,
Stellvertreter
Jax.
Bühne, ein im Herbst 1889 nach dem Vorbild des von Ch.
Antoine in
Paris
[* 9] begründeten
Théâtre libre von Schriftstellern
und Kunstfreunden in
Berlin
[* 10] gebildeter
Verein, der sich zur
Aufgabe stellte, «eine
Bühne zu begründen,
welche frei ist von den Rücksichten auf
Theatercensur und Gelderwerb». Die Räume eines
Theaters mietend, unterschied er sich
von Dilettantenvereinen dadurch, daß er die
Stücke durch berufsmäßige Schauspieler darstellen ließ.
In der Auswahl der dramat. Werke und in der Art ihrer schauspielerischen
Darstellung sollten «die Ziele einer der
Schablone und dem Virtuosentum abgewandten lebendigen Kunst angestrebt werden». Ferner
erklärte die Freie Bühne: «Wir binden uns an keine ästhetische
Theorie und schwören auf kein Programm, sondern heißen alles
willkommen, was frei und groß und lebend ist; nur das Werk der erstarrten Form bleibe uns fern, das
Produkt der Berechnung und der
Konvention.» Die Aufführungen waren nur den Vereinsmitgliedern zugänglich.
Die Freie Bühne wollte der modernen realistischen
Richtung durch Privataufführungen die
Anerkennung der Zeitgenossen erringen, weil
auf den öffentlichen
Theatern polizeiliche Censur und private Bedenken der Bühnenleiter diesen Bestrebungen mehrfach
im Wege standen. Hervorragend beteiligt an der
Begründung waren: OttoBrahm,
Paul Schlenther, H. Hart, J. Hart und Julius
Stettenheim.
Im ersten Spieljahre 1889/90 zählte der
Verein über 600 Mitglieder;
der Spielplan führte
Stücke an, wie: «Vor Sonnenaufgang»
von Gerh. Hauptmann, «Gespenster»
von Ibsen, «Familie Selicke» von Holz
[* 11] und Schlaf u. s. w.
Im zweiten Spieljahre 1890/91 hatte sich die Mitgliederzahl erheblich vermindert.
Bei Anfang des dritten Spieljahres 1891/92,
in dem nur
Strindbergs «Comtesse Julie» aufgeführt wurde, sah sich der Vorstand
genötigt, den
Verein auf zum
Teil neuer Grundlage zu rekonstruieren: eine bestimmte Anzahl von
Vorstellungen sollte nicht mehr
gewährleistet werden, «weil die öffentlichen
Theater
[* 12] dem modernen Realismus, soweit er von echten, dramat.
Talenten vertreten wird, zugänglicher geworden waren, als es vor
Begründung der Freie Bühne der Fall war». 1892/93 kamen «DieWeber» von G. Hauptmann und «Dämmerung» zur Aufführung.
Nach dem
Muster dieser Freie Bühne bildeten sich neue
Vereinigungen zu gleichen oder ähnlichen Zwecken; in
Berlin
selbst entstand (1890) ein Konkurrenzverein Deutsche
[* 13]
Bühne, der «nur Neuheiten deutscher Schriftsteller auf dem Gebiet des
modern-realistischen und histor.-realistischen
Dramas» in seinem Spielplan verzeichnete.
Schon nach den fünf Aufführungen
des ersten Spieljahres trat der
Verein nicht mehr in die Öffentlichkeit. – Eine sehr rege Thätigkeit
zeigt hingegen die
FreieVolksbühne, die sich 1890 unter
Bruno Wille, J. Hart u. a. bildete; ihre
Tendenz ist: «die socialistische
Weltanschauung in geeigneten Werken von der
Bühne herab zu verbreiten». Die Plätze zu den Aufführungen der
Freien Volksbühne
werden durch das Los bestimmt, das die Mitglieder aus
Urnen ziehen. Die Mitgliederzahl dieses
Vereins war
bald so groß, daß
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