Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 bis 1807
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landete Ende Juli auf der Insel Walcheren, besetzte im August Middelburg und Vliessingen, zog sich indes gegen Ende des Jahres
wieder zurück. Im Mittelmeere besetzten die Engländer sodann im Oktober Zante, Kephalonia, Ithaka und Cerigo. Der Friede
zu Schönbrunn beendete 14. Okt. den Krieg. Österreich verlor im ganzen 2000 Quadratmeilen mit 3 ½ Mill.
Einwohnern, und zwar Salzburg mit Berchtesgaden, das Innviertel mit Braunau und dem Hausruckviertel an den Rheinbund, von Kärnten
den Villacher Kreis, Krain, Triest, einen Teil Kroatiens und das ungar. Küstenland, die unter franz.
Oberhoheit zu dem Staate der illyr. Provinzen vereinigt wurden; ferner an Rußland den Tarnopoler Kreis nebst
Teilen von Ostgalizien sowie Westgalizien an das Herzogtum Warschau. Außerdem erkannte Österreich die in Italien, Spanien und
Portugal eingetretenen Gebietsveränderungen als zu Recht bestehend an und trat ohne Vorbehalt dem Kontinentalsystem Napoleons
bei.
Vgl. Schneidawind, Der Krieg Österreichs gegen Frankreich, dessen Alliierte und den Rheinbund im J. 1809 (4
Bde., Schaffh. 1842–43);
Pelet, Mémoires sur la guerre de 1809 en Allemagne (4 Bde.,
Par. 1824–26);
von Stutterheim, Der Krieg von 1809 zwischen Österreich und Frankreich (bis zur Schlacht bei Aspern, Wien 1811);
daran anschließend: von Welden, Der Krieg von 1809 zwischen Österreich und Frankreich von Anfang Mai bis
zum Friedensschluß (ebd. 1872);
Yorck von Wartenburg, Napoleon I. als Feldherr (2 Tle., 2. Aufl., Berl. 1885–88);
Heller,
Feldzug des J. 1809 in Süddeutschland (in der «Österreichischen militär. Zeitschrift», Wien 1862–63);
Das Heer von Innerösterreich
unter den Befehlen des Erzherzogs Johann (Lpz. 1817, 1848);
H. von Zwiedineck-Südenhorst, Erzherzog Johann
von Österreich im Feldzuge von 1809 (Graz 1892);
Sauerhering, Die Entstehung des Friedens zu Schönbrunn im J. 1809 (Lpz.
1890).
Preußisch-RussischerKriegvon1806bis1807. Preußen hatte durch seine Neutralitätspolitik und die 1805 versuchte
Vermittelung zwischen der dritten Koalition und Frankreich den Zorn Napoleons erregt und war durch die
Verhandlungen des Grafen Haugwitz zu Schönbrunn in eine sehr üble Lage geraten (s. Preußen); es folgte eine Reihe von rücksichtslosen
Gewaltstreichen, welche die leitenden Kreise in Berlin dazu nötigten, sich entweder für den völligen Anschluß an Frankreich
oder für den Krieg gegen Napoleons wachsende Übermacht zu entscheiden.
Bayern ergriff von Ansbach Besitz, bevor der König von Preußen die Abtretung dieses Landes unterzeichnet
hatte, das Herzogtum Berg und der Rheinbund wurden errichtet und machten das westl. Deutschland völlig abhängig vom Willen
Napoleons, dessen zweideutige Politik keine Sicherheit gegen willkürlichen Friedensbruch gewährte. König Friedrich Wilhelm
III. entschloß sich zum Kriege zu wenig gelegener Zeit; denn Preußen war nicht gerüstet, während ein
starkes franz. Heer kriegsbereit in Süddeutschland stand; auch hatte man zunächst nur zwei Verbündete (Kursachsen und Weimar)
und konnte erst nach geraumer Zeit auf russ. Hilfstruppen rechnen. Am befahl der König
die Mobilmachung, doch blieben 33 ½ Bataillone, 55 Schwadronen und 198 Geschütze in Oberschlesien, Warschau
und Ostpreußen immobil, und man verfügte für die Feldarmee nur über 130000 Mann, zu denen dann noch
19400 Sachsen und 600 Weimaraner
stießen.
Dagegen standen die 6 Korps Bernadotte, Davout, Soult, Lefebvre, Ney, Augereau mit zusammen 192000 Mann völlig operationsfähig
von Passau bis Frankfurt a. M., zu denen späterhin noch die Garden und die Rheinbundstruppen hinzukamen,
wodurch Napoleons Heer um 100000 Mann stärker als die verbündete preuß.-sächs. Armee wurde, die zudem ganz zersplittert
stand und erst zu Divisionen und Korps zusammengestellt werden mußte. Nach dem preuß. Operationsplane
sollten folgende Heeresteile aufgestellt werden: bei Magdeburg die 58000 Mann starke Hauptarmee unter
dem Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig;
am Bober und bei Dresden die 43000 Mann starke Armee des Fürsten Friedrich
Ludwig von Hohenlohe-Ingelfingen;
bei Göttingen und Wanfried ein 27000 Mann starkes Korps unter General von Rüchel, und bei
Cüstrin ein 15000 Mann starkes Reservekorps unter dem Herzog Eugen von Württemberg.
Die Hauptarmee, bei
der sich der König und Feldmarschall von Möllendorf befanden, war in die Vorhut (Herzog von Weimar), drei Divisionen (Prinz
von Oranien, Graf Wartensleben, von Schmettow) und eine aus zwei Divisionen (Graf Kunheim, von Arnim) bestehende Reserve unter
dem Grafen Kalckreuth gegliedert. Bei der Hohenloheschen Armee befanden sich die Sachsen; sie war eingeteilt
in die Vorhut (Prinz Louis Ferdinand von Preußen), drei Divisionen (von Grawert, Graf Tauenzien, [sächsische] von Zeschwitz)
und eine Reservedivision (von Prittwitz).
Gegen Ende August rückten die Regimenter aus den Garnisonen nach den vorbezeichneten Sammelplätzen ab, während
noch mit Frankreich, Rußland und Österreich verhandelt wurde. Ein 25. Sept. von Preußen gestelltes Ultimatum, in dem der Rückmarsch
der Franzosen über den Rhein und die Bildung eines norddeutschen Bundes unter preuß. Führung gefordert wurde, sollte bis 8. Okt. beantwortet
werden, wurde jedoch Napoleon, der bereits 25. Sept. zur Armee nach Süddeutschland abgegangen war, erst 7. Okt. in
Bayreuth vorgelegt, als die franz. Korps bereits in Marsch gesetzt waren.
Am 5. Okt. beschloß man im preuß. Hauptquartier, die Hauptarmee mit der des Fürsten Hohenlohe
bei Hochdorf (26 km südlich von Erfurt) zu vereinigen, 9. Okt. stand die Hauptarmee bei Erfurt, die Hohenlohesche
im Saalethal von Jena bis Rudolstadt (mit der Vorhut bei Saalfeld, die Sachsen bei Roda und Mittel-Pöllnitz, Tauenzien bei Schleiz),
das Rüchelsche Korps bei Eisenach und Vacha. Die franz. Armee marschierte in drei Kolonnen von je zwei Korps, und zwar rechts
Soult und Ney über Hof, wo 7. Okt. Tauenzien von Soult zum Rückzuge nach Schleiz genötigt wurde, ferner
in der Mitte Bernadotte und Davout über Kronach und Lobenstein, links Lannes und Augereau über Coburg und Gräfenthal; Napoleon
traf 9. Okt. in Kronach ein. An demselben Tage wurde Tauenzien durch Bernadotte bei Schleiz angegriffen und nach Triptis und Auma
zurückgeworfen; am 10. Okt. schlug Lannes bei Saalfeld die Vorhut des Hohenloheschen Heers, wobei Prinz Louis Ferdinand von Preußen
den Heldentod starb, und rückte über Neustadt bis nach Jena, wodurch die beabsichtigte Vereinigung der Hauptarmee mit der
des Fürsten Hohenlohe verhindert wurde. Am 12. Okt. ließ Napoleon seine Kolonnen auf ihrem Zuge links abschwenken,
um die Preußen zu umgehen, und noch am selben Tage
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gelangte die Kavallerie Murats nach Naumburg und stand im Rücken des preuß.-sächs. Heers, das nunmehr den Rückzug antreten
mußte. Fürst Hohenlohe rückte 12. Okt. von Jena nach dem Lager bei Kapellendorf, die Hauptarmee erreichte Weimar und am 13. Auerstedt;
ihre Vorhut war abgekommen und traf am 14. in Erfurt ein. Das Rüchelsche Korps rückte 13. von Eisenach
nach Weimar. Der Herzog von Braunschweig hoffte sich 14. Okt. mit dem Fürsten Hohenlohe vereinigen zu können, doch wurde dies
Vorhaben dadurch vereitelt, daß Davouts westwärts voreilendes Korps bei Auerstedt auf die Hauptarmee stieß, während Napoleon
mit dem Gros seiner Truppen noch bei Jena Hohenlohe erreichte, woraus sich an dem genannten Tage die Schlachten
bei Jena (s. d.) und Auerstedt (s. d.) entwickelten, die für die Preußen eine totale Niederlage mit sich brachten.
Beim Rückzuge gerieten beide Heeresteile in die äußerste Verwirrung, und erst bei Magdeburg gelang es, die Trümmer der
preuß. Armee wieder zu sammeln, die sodann 16. Okt. bei Greußen und 17. bei Nordhausen den verfolgenden
Franzosen Widerstand leisteten. Die sächs. Truppen hatten die Armee verlassen und waren in die Heimat zurückgekehrt. Die Vorhut
der preuß. Hauptarmee unter dem Herzog von Weimar rückte von Erfurt durch das Eichsfeld nach Stendal ab, das Reservekorps
traf 15. Okt. in Halle ein, kämpfte dort 17. gegen Bernadotte und zog nach Zerbst, von wo aus es am 19. Magdeburg erreichte.
General von Blücher trennte sich am 17. bei Nordhausen vom Heere Hohenlohes und führte die Trümmer der Artillerie (40 Geschütze)
mit etwas Kavallerie über Braunschweig nach der Altmark, wobei er sich mit den Truppen des Herzogs von Weimar
vereinigte. Der König begab sich von Magdeburg nach Cüstrin und befahl dem Fürsten Hohenlohe, die Trümmer des Heers hinter
die Oder zu führen. Die Festung Erfurt, in der sich 10000 Versprengte fanden, ergab sich 16. der Kavallerie Murats, und 20. Okt. erschienen
die Vortruppen von Soult und Murat bereits vor Magdeburg.
Dort hatte Fürst Hohenlohe 15000 Mann, darunter 3000 Reiter, gesammelt und in 33 Bataillone und 40 Schwadronen formiert,
zu denen noch 11000 Mann vom Reservekorps hinzutraten; in der Festung standen 21 Bataillone. Fürst Hohenlohe rückte 21. Okt. nach
der Oder hin ab und marschierte in zwei Kolonnen, von denen eine (Kavallerie mit etwas Infanterie) von Genthin über Havelberg
und Wittstock, die andere (Infanterie mit etwas Kavallerie) von Genthin über Rathenow und Prenzlau nach Stettin marschieren
sollte; zwei Füsilierbrigaden nebst Kavallerie deckten außerdem die rechte Flanke, und das ehemalige
Reservekorps unter General von Natzmer bildete die Nachhut. Am 24. Okt. bog die Infanteriekolonne, bei der sich Fürst Hohenlohe
befand, auf Anraten des Generalquartiermeisters von Massenbach nördlich nach Wusterhausen aus, um über Ruppin und Boitzenburg
nach Prenzlau zu gelangen, ohne das Rhinbruch durchziehen zu müssen; die Franzosen hatten bereits die
Havel erreicht und standen bei Brandenburg (Bernadotte), Potsdam (die Garden, Lannes und Murat) und Trebbin (Davout).
Blücher ging an diesem Tage bei Sandau, der Herzog von Weimar nach mehrern Gefechten gegen Soult am 26. über die Elbe, und Blücher
übernahm nunmehr den Befehl über die Nachhut. Die zur Deckung der rechten Flanke bestimmte Seitenkolonne
war am 25. von der Vorhut Murats bei Zehdenick und Liebenwalde auseinander gesprengt und teils auf Prenzlau, teils auf Schwedt
zurückgeworfen worden, von wo aus sie späterhin nach Stettin gelangte. Die Festung Spandau hatte sich 25. Okt. widerstandslos
an Lannes ergeben, Berlin war von der Garnison verlassen und von Davout besetzt worden, Augereau traf ebenfalls
in Berlin ein, Bernadotte besetzte am 26. von Brandenburg her Nauen und Cremmen, Lannes die Gegend von Templin und Murats Kavallerie
streifte bis Boitzenburg.
Am28. Okt. marschierte Fürst Hohenlohe auf Prenzlau; doch trat ihm vor der Stadt die Kavallerie Murats, der
das Korps Lannes folgte, entgegen, worauf der Fürst sich mit 10000 Mann Infanterie und 1800 Reitern ergab. Die Kavalleriekolonne
erreichte unter Befehl des Obersten von Hagen Pasewalk, kapitulierte jedoch mit 4000 Mann Infanterie, 2000 Reitern und 8 Geschützen 29. Okt.; auch
Stettin kapitulierte mit 5000 Mann Besatzung noch an demselben Tage vor einer Brigade der Muratschen Kavallerie.
Ein Teil der bei Zehdenick zersprengten Seitenkolonne streckte bei Anklam in Stärke von 2000 Mann Infanterie und 1073 Reitern 1. Nov. vor
einer Dragonerbrigade die Waffen. Der von Blücher glücklich über die Elbe gebrachte Artilleriepark (25 Geschütze, 48 Munitionswagen, 550 Mann, 800 Pferde)
kapitulierte 30. Okt. bei Boldekow. Blücher selbst vereinigte sich 31. Okt. mit den Truppen des Generals von Winning (vormals die
Kolonne des Herzogs von Weimar) in Waren und marschierte mit 21000 Mann in fester Ordnung über Altschwerin ab, um über Lauenburg
auf dem linken Elbufer Magdeburg zu erreichen.
Bei Nossenthin und Kriwitz lieferte Blücher 1. und 3. Nov. glückliche Gefechte gegen die nachdrängenden
Franzosen (Soult, Bernadotte, Murat), wurde aber bei Lübeck von drei Seiten angegriffen und nach tapferer Gegenwehr 6. von dort
verdrängt und 7. Nov. bei Ratkau zur Kapitulation genötigt, da er weder Lebensmittel noch Munition für seine
Truppen mehr besaß. Am 8. Nov. ergab sich Magdeburg mit 24000 Mann Infanterie, 6500 Pferden und 577 Geschützen dem Marschall Ney,
in Hameln kapitulierte General Lecoq 22. Nov., Nienburg ergab sich mit 2900 Mann Besatzung am 26., die Plassenburg bei Kulmbach 25. Nov. Da
die Festung Cüstrin sich bereits 1. Nov. einer Division des Korps Davout ergeben hatte, so hatte Preußen
alle festen Plätze von der Oder bis zum Rhein mit Ausnahme der schles. Festungen verloren.
Die vom Könige angeknüpften Verhandlungen zerschlugen sich, da Napoleon maßlose Forderungen für die Gewährung auch nur
eines Waffenstillstandes stellte und den Krieg energisch fortsetzte. Zu Anfang November waren die Korps
Davout, Lannes und Augereau nach der Weichsel aufgebrochen, ebenso zwei Divisionen Kavallerie. Am 4. wurde Posen, 28. Nov. Warschau
von den Franzosen durch Davout und Murats Kavallerie besetzt, Lannes erreichte 18. Thorn und blieb an der Bzura stehen, Augereau
besetzte 20. Bromberg und über Kowal hinter Lannes folgend Gombin. Drei andere Korps folgten in zweiter
Linie und zwar Ney ins Weichselthal gegenüber von der Festung Graudenz bis nach Thorn hin, Bernadotte nach Frankfurt a. O. und
Soult nach Posen. Das Land zwischen Elbe und Oder wurde durch ein neugebildetes franz. Korps
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unter Mortier besetzt; der Prinz Jérôme rückte mit den Rheinbundstruppen, den Bayern und Württembergern nach Schlesien ab
und schloß 7. Nov. die Festung Glogau ein, die 2. Dez. kapitulierte. In den poln. Landesteilen bildeten sich Legionen, die sich den
Franzosen anschlossen, auch langten die Sachsen an der Weichsel an, so daß Napoleon dort, als er 25. Nov. von
Berlin in Posen ankam, über 200000 Mann verfügte, denen der König von Preußen nur 25000 Mann (19 Bataillone, 55 Schwadronen, 92 Geschütze)
entgegenstellen konnte; doch trafen täglich preuß. Offiziere und Mannschaften, die sich der
Gefangenschaft entzogen hatten, ein, ebenso viele Depots und Remontekommandos, aus denen Reservetruppen
gebildet wurden. Im Jan. 1807 hatte man bereits 19 Reservebataillone (11000 Mann) und 8200 Mann Kavallerie beisammen.
Der König übertrug den Oberbefehl in Preußen dem General Grafen Kalckreuth; in Schlesien befehligte der Generalgouverneur Fürst
Friedrich Ferdinand von Anhalt-Pleß, dem der Oberstlieutenant Graf Götzen zugeteilt war. Das preuß. Hauptquartier
befand sich in Thorn; von Plock bis Danzig standen unter dem General L'Estocq 23 Bataillone und 74 Schwadronen zur Verteidigung
der Weichsel. Danzig war mit 10000, Graudenz mit 4000 Mann besetzt, in Kolberg (s. d.)
bereitete die Garnison und die Bürgerschaft eine nachdrückliche Verteidigung vor, die schles.
Festungen Glogau, Brieg, Breslau, Kosel, Schweidnitz, Silberberg, Glatz und Neisse enthielten 25000 Mann Besatzung.
Rußland hatte drei Hilfskorps zugesagt, von denen eins, 60000 Mann unter Bennigsen, 15. Nov. die Weichsel von Plock bis nach
der österr. Grenze besetzte, das zweite, 38000 Mann unter Buxhoevden, Anfang Dezember von Litauen her die preuß. Grenze
überschritt und das dritte, 18000 Mann unter Essen, gegen Mitte Dezember von der Donau her bei Brest-Litewsk eintraf. In Pommern
standen bei Stralsund 10000 Schweden, die jedoch durch das Korps Mortier festgehalten wurden. Von England war vorläufig nur
Geld zu erwarten.
Murats Kavallerie hatte 27. Nov. bei Blonie die russ. Vortruppen zurückgeworfen und tags darauf Warschau besetzt.
Friedrich Wilhelm IIII. hatte in Pultusk dem russ. Oberbefehlshaber Bennigsen auch die preuß. Truppen unterstellt, und L'Estocq
erhielt Befehl, sich dem allgemeinen Rückzuge des russ. Heers hinter den Narew anzuschließen; nur Kavallerie blieb an der Weichsel
sieben. Das russ. Heer unter Buxhoevden traf in Ostrolenka ein. Bennigsen befahl 4. Dez. den Vormarsch in die
frühern Stellungen; doch konnte L'Estocq nicht mehr die Weichsel erreichen, da 6. Dez. bereits Ney bei Thorn den Strom überschritten
hatte und ihm Bernadotte sowie drei Kavalleriedivisionen unter Bessières folgten.
L'Estocq nahm hinter der Drewenz bei Neumark und Strasburg Stellung. Davout ging bei Modlin 10. Dez. über
den Narew, Lannes folgte ihm, Murat schob seine Kavallerie auf dem rechten Weichselufer gegen den Bug vor, und Augereau ging vom 13. bis 20. bei
Zakroczym, Soult am 22. bei Plock und Dobrzykow über den Strom. Am 19. Dez. war Napoleon in Warschau angekommen,
mit ihm die Garden, worauf alsbald der allgemeine Vormarsch begann. Davout ging bei Czarnow am 23. über die Wkra und drängte
zwei russ. Divisionen auf Pultusk zurück, Murat eine dritte Division von Lopaczyn und Augereau eine vierte von
Kurzomb.
Nach dem Gefecht bei Golymin und der unentschiedenen Schlacht bei Pultusk (s. d.) 26. Dez. verließ Feldmarschall
Kamenski, der am 21. den Oberbefehl übernommen hatte, das Heer, dessen Führung Bennigsen wieder übernahm. Die Russen gingen
zunächst hinter den Narew und die ostpreuß. Seen zurück. L'Estocq war von Ney, Bernadotte und Bessières 23. Dez. bei Biezun, 25. bei
Soldau und Mlawa zurückgedrängt worden und ebenfalls hinter die Seen, nach Angerburg, abmarschiert.
Die franz. Korps bezogen Winterquartiere, während Rheinbundstruppen und poln.
Legionen die Festungen Danzig und Graudenz einschlossen. Mitte Jan. 1807 war auch das russ. Korps Essen am Bug angekommen, worauf
Bennigsen sich zur Offensive erhob, um Ney, der einen Vorstoß gegen Königsberg versuchte, auf dem Marsche
zu vernichten. Jener versammelte 18. Jan. seine bisherigen Divisionen bei Arys und führte sie über Rhein, Rössel und Bischofstein 24. nach
Heilsberg.
L'Estocq führte gleichzeitig die Preußen über Schippenbeil und Mehlsack nach Schlodien. Da beschloß Napoleon, gleichfalls
vorzugehen. Ney hatte er eilends zurückkommandiert und befahl den übrigen Korps, sich zum Zug
gegen Norden
zu versammeln. Am 25. Jan. stieß bei Mohrungen die Vorhut Bennigsens auf das Korps Bernadottes und erlitt großen Verlust; doch
besetzte Bennigsen am folgenden Tage Mohrungen, als Bernadotte nach Löbau abgezogen war.
Inzwischen hatte L'Estocq sich Graudenz genähert und die Einschließung aufgehoben. Napoleon ließ die
Korps Ney, Augereau, Soult, Murat und Davout in nördl. Richtung vorrücken, um dem verbündeten Heere den Rückzug abzuschneiden,
und ließ Lannes am Narew gegen Essen stehen, während sich Bernadotte zwischen die Preußen und die russ. Hauptarmee schieben
sollte. Von diesem Plane erhielt jedoch Bennigsen durch Zufall Kenntnis und befahl den Rückzug. Das russ.
Heer stand 2. Febr. zwischen der Alle und Passarge, als sich die Spitzen der Franzosen bei Allenstein zeigten.
Soult erreichte 3. Febr. Gutstadt und stand hinter dem linken Flügel, während der rechte bereits durch die franz.
Kavallerie bedroht war und Napoleon seine Kolonnen an die Passarge heranführte; doch zog Bennigsen 4. Febr. nach
Wolfsdorf, dann über Frauendorf und Landsberg nach Preußisch-Eylau (s. Eylau), wo es 8. Febr. zu einer durch Scharnhorsts Teilnahme
unentschiedenen Schlacht kam. Bennigsen ging auf der Straße nach Königsberg, L'Estocq nach Allenburg zurück. Napoleon führte
seine Korps hinter die Passarge zurück, deren Übergänge verschanzt wurden; der ganze Gewinn der letzten
Aktion bestand für ihn darin, daß den Russen der Weg nach Danzig verlegt war, das nun eifrig belagert wurde.
Bennigsen folgte den Franzosen langsam nach und ließ die Preußen bei Mehlsack und Heiligenbeil, die Russen bei Heilsberg, Gutstadt
und Wormditt kantonieren. Gutstadt wurde jedoch 3. März von Ney wieder besetzt und sogleich verschanzt,
worauf Bennigsen bei Heilsberg eine befestigte Stellung herstellen ließ. Den Russen wie den Preußen gingen erhebliche Verstärkungen
zu, und schlossen Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm III. zu Bartenstein einen Vertrag zur Fortsetzung des
Kampfes, dem England und Schweden später beitraten. Auch Napoleon hatte sich durch Heranziehung des Korps
mehr
Mortier verstärkt und dafür das neuformierte Korps Brune nach Pommern rücken lassen; von Spanien und vom Rheinbunde verlangte
er Unterstützungen; auch wurde nach der Kapitulation von Danzig (24. Mai) aus den Belagerungstruppen ein neues Korps unter Lannes
gebildet, wogegen dessen bisheriges Korps zwischen Bug und Narew unter Massénas Befehl trat und Warschau
gegen das russ. Heer Essens deckte. So lange hatte Bennigsen gewartet, ehe er die Offensive wieder ergriff. Er gebot zu Anfang
Juni bei Heilsberg und Mehlsack über 75000 Russen und 13000 Preußen, während Napoleon an der Passarge über 100000 Mann (Garden,
Bernadotte, Soult, Ney, Davout, Augereau, Murat, Bessières, Lannes und Mortier) bereit stehen hatte.
Dennoch beschloß Bennigsen im Vertrauen auf die von England und Schweden zugesagte Hilfe den Angriff und rückte 5. Juni mit den
Preußen auf Braunsberg und Spanden, mit den Russen bei Arensdorf und Benern zwischen der Alle und Passarge vor, um Ney von der
Passarge abzudrängen und durch Angriffe von verschiedenen Seiten her zu erdrücken. Es gelang zwar, Neys
Vorhut bei Altkirch zurückzuwerfen und Gutstadt zu nehmen, doch entkam das franz. Korps von Ankendorf 6. Juni über
Deppen hinter die Passarge.
Napoleon befahl allen Korps, am folgenden Tage vorzurücken. Victor führte an Stelle des bei Spanden verwundeten
Bernadotte ein Korps über Braunsberg gegen L'Estocq, während die übrigen Korps die Passarge überschritten; Bennigsen ließ
Bagration bei Gutstadt stehen und führte das Heer in die vorbereitete Schlachtstellung bei Heilsberg, wohin Napoleon folgte,
nachdem er Bagration von der Alle vertrieben und nach Reichenberg zurückgeworfen hatte. Am 10. Juni kam es
bei Heilsberg (s. d.) zur Schlacht, an der die preuß. Kavallerie rühmlichen Anteil nahm.
L'Estocq sammelte sein Korps bei Heiligenbeil und führte es zur Deckung Königsbergs nach Ludwigswalde, wogegen Bennigsen
vom Schlachtfelde über Domnau nach Friedland zurückging und L'Estocq durch eine russ. Division verstärkte. Das
franz. Heer rückte von Heilsberg nach Preußisch-Eylau, von wo aus Soult und Davout gegen Königsberg und
Lannes mit viel Kavallerie gegen Friedland entsendet wurden. Lannes traf am 13. auf Bennigsens Vortruppen, worauf Napoleon die
übrigen Korps von Preußisch-Eylau abrücken ließ und 14. Juni Bennigsen bei Friedland (s. d.) angriff und schlug; die Russen
zogen sich nach Tilsit und hinter den Niemen zurück.
L'Estocq zog nach Königsberg, wurde dort am 14. von Soult angegriffen, hielt sich jedoch in der Stadt und vereitelte auch
Soults Versuche, den Pregel zu überschreiten. Als Bennigsens Heer abzog, räumte L'Estocq Königsberg am 15., das nunmehr Soult
besetzte, und rückte über Tapiau nach Tilsit, wo er sich mit Bennigsen vereinigte, der hierauf Verhandlungen
mit Napoleon eröffnete, die am 21. zu einem Waffenstillstande führten, von dem jedoch die Preußen ausgeschlossen waren.
Der Friede von Tilsit (s. unten) machte bald darauf dem Kriege ein Ende.
Die Festung Graudenz, die der General Courbiere verteidigte, hatte allen Angriffen widerstanden. Kolberg
(s. d.) wurde durch Gneisenau und Schill unter Mitwirkung der Bürger unter Nettelbeck nachhaltig verteidigt und durch die 2. Juli eintreffende
Nachricht vom Abschlusse des Waffenstillstandes gerettet. In Pommern hielt sich die
von schwed. Truppen besetzte Festung Stralsund
bis 21. Aug., unterstützt durch 5000 Preußen, die 16. Mai unter Blücher auf Rügen gelandet und erst infolge
des Friedens von Tilsit von dort abgezogen waren, sowie durch 8000 am 5. und 6. Juli gelandete Engländer; die Besatzung zog sich
nach Rügen zurück, mußte jedoch im September auch diese Insel auf Grund der mit Frankreich geschlossenen Übereinkunft räumen.
In Schlesien hatten zwar Fürst Pleß und Graf Götzen den Truppen des Prinzen Jérôme hartnäckigen Widerstand
geleistet und mehrfach glücklich gekämpft, doch war die Übermacht der Franzosen zu groß; die Festungen fielen mit Ausnahme
von Kosel, Silberberg und Glatz in Feindeshand, und zwar Breslau 6. Jan., Brieg 16. Jan., Schweidnitz 7. Febr., Neisse 16. Juni.
Am25. Juni erfolgte auf einem Floß auf dem Niemen bei Tilsit die persönliche Zusammenkunft Napoleons mit Kaiser Alexander; die
beiden Kaiser schlossen Freundschaft auf Kosten Preußens. Tilsit wurde neutral erklärt, und alle drei Monarchen (der König
von Preußen 28. Juni) verlegten ihre Hauptquartiere in die Stadt, Am 7. Juli schloß Frankreich mit Rußland,
zwei Tage darauf mit Preußen Frieden. Preußen trat das Kammerdepartement Bialystok an Rußland ab (11340 qkm mit 184000 E.),
ebenso die 1793 und 1795 erworbenen poln. Provinzen an das neugebildete, dem König von Sachsen zugewiesene Herzogtum Warschau,
die links der Elbe gelegenen Provinzen, zu denen Braunschweig und Hessen geschlagen wurden, an das neue Königreich
Westfalen, den Cottbuser Kreis an Sachsen; Danzig mit einem Umkreise von zwei Stunden wurde ein Freistaat unter Preußens und Sachsens
Schutz.
Der König von Sachsen erhielt zur Verbindung mit dem Herzogtum Warschau eine Militärstraße durch Schlesien. Die Herzöge
von Mecklenburg, Oldenburg und Coburg erhielten von Napoleon ihre Länder zurück, wogegen Kaiser Alexander Napoleons Brüder
Jérôme, Joseph und Ludwig als Könige von Westfalen, Neapel und Holland anerkannte und die Herrschaft Jever an Holland abtrat.
Rußland räumte Cattaro, sowie die Moldau und Walachei und verpflichtete sich, unter Napoleons Vermittelung mit
der Pforte Frieden zu schließen.
Preußen mußte sich dem Kontinentalsystem Napoleons anschließen und engl. Schiffen seine
Häfen sperren. In einem geheimen Vertrage zwischen Rußland und Frankreich wurde überdies bestimmt, man wolle auch Dänemark,
Schweden, Portugal und Österreich zum Handelskriege gegen England nötigen. Zwischen dem Grafen Kalckreuth und dem Fürsten von
Neuchâtel wurde sodann noch vereinbart, daß die franz. Truppen bis zum 1. Okt. das preuß. Staatsgebiet räumen sollten, sofern
bis dahin die dem Lande auferlegten, sehr beträchtlichen Kriegssteuern bar oder durch Sicherheit abgetragen sein würden;
doch wurde dieser Vertrag nicht gehalten, und selbst, als nach Jahresfrist Preußen die willkürlich bestimmte
franz. Forderung von 150 Mill. Frs. erlegt hatte, blieben die Oderfestungen Glogau, Cüstrin und Stettin durch franz. Truppen
besetzt.
Litteratur. von Höpfner, Der Krieg von 1806 und 1807 (2. Aufl., 4 Bde.,
Berl. 1855);
C. Freiherr von der Goltz, Roßbach und Jena (ebd. 1883);
Foucart, Campagne de Prusse 1806 (3 Bde.,
Par. 1887–90);
ders., Campagne de Pologne (2 Bde., ebd. 1882);
M. Lehmann, Scharnhorst (2 Bde., Lpz.
mehr
1886–87);
Yorck von Wartenburg, Napoleon I. als Feldherr, 2. Bd. (2.
Aufl., Berl. 1885–88);
Fournier, Napoleon I., 2. Bd. (Prag 1888);
von Lettow-Vorbeck, Der Krieg von 1806 und 1807 (Bd. 1–3,
Berl. 1891–93).