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Sammlung echt franz. Schwänke in volkstümlicher Sprache. [* 2] Von religionsfeindlicher Gesinnung sind seine unter dem Namen «Cymbalum mundi» (1537) veröffentlichten drei satir. Dialoge, in denen der Verfasser ohne viel Glück Lucians Manier nachzuahmen sucht. -
Vgl. über diese Periode A. Birch-Hirschfeld, Geschichte der seit dem Anfang des 16. Jahrh., Bd. 1 (Stuttg. 1889).
2) Von Heinrich II. bis zur Begründung des Absolutismus unter Ludwig XIII. durch Richelieu (etwa 1550-1630). Dieser Zeitraum umfaßt die Periode des gelehrten Klassicismus in seinem siegreichen Emporkommen und allmählichen Niedergang. Zöglinge gelehrter Humanisten (Dorats u. a.), im Besitz einer schulmäßig erworbenen klassischen Bildung, waren es, die in den ersten Regierungsjahren Heinrichs II. durch ihre litterar. Bestrebungen einen grundsätzlichen Bruch mit den alten Formen und Überlieferungen der franz. Dichtung und eine Reform derselben im neuzeitlich-klassischen Geiste herbeizuführen trachteten, und die in der That dem Klassicismus auf Jahrhunderte hinaus eine festbegründete Stellung in der Nationallitteratur verschafft haben.
Diese neue Schule, an deren Spitze Ronsard (1524-85) und Du Bellay (1524-60) standen und die den Kampf gegen das Bestehende mit des letztgenannten Manifest «Défense et illustration de la langue françoise» (1549) eröffnete, wird vielfach mehr von dunkler Begeisterung vorwärts getrieben als von einem klaren Streben nach festen Zielen. Doch lassen sich vier leitende Gesichtspunkte in den Forderungen der Plejade (so nannte sich der Dichterbund Ronsards) erkennen.
Man verfolgte die Ausbildung einer poetischen, von der Prosa verschiedenen Sprache;
neue Vers- und Strophenformen sollten geschaffen werden;
die alten Heidengötter und ihre Fabeln wurden ausersehen, die allegorischen Gestalten und Erfindungen zu verdrängen;
durch neue poet. Gattungen (Ode, Sonett, Tragödie, Komödie) sollte die nationale Litteratur bereichert werden.
Ronsard selbst dichtete Oden nach Pindar und nach Horaz, Hymnen, Sonette, anakreontische Lieder, Satiren und Elegien und unternahm es, in seiner «Franciade» eine franz. «Äneide» zu schaffen. Fast zwei Menschenalter hindurch war Ronsard anerkannt als Frankreichs größter Dichter. Jodelle (1532-73), Du Bellay, Belleau (1528-77), Baïf (1532-89), Thiard, Dorat, Jamyn u. a. bemühten sich, neben ihm durch ihre poet. Arbeiten die franz. Nation mit einer klassischen Litteratur und Sprache zu beschenken und sie zur Höhe der ital. und griech.-röm. Bildung zu erheben.
Zur Begründung eines neuen regelmäßigen Dramas wurde ein energischer Anlauf [* 3] unternommen, als Jodelle seine nach antiken Mustern geschriebene Tragödie «Cléopâtre» mit Chören vor dem versammelten Hofe aufführte (1552) und diesem Stücke eine «Didon se sacrifiant» folgen ließ. Weiter bereichert wurde das klassische Repertoire durch Jodelles Nachfolger Grevin, Jacques de la Taille, Jean de la Taille u. a. Die Werke aller dieser Poeten erheben sich nicht über das Niveau der Schultragödie.
Erst Rob. Garnier (1534-90), Verfasser von acht regelmäßigen Trauerspielen, zeigt dramat. Kraft [* 4] und Begabung. Auch das erste Beispiel einer Nachbildung des antiken Lustspiels gab Jodelle in seiner Komödie «Eugène ou la rencontre». Auf der von ihm eröffneten Bahn folgten Baïf, Belleau u. a. Fast alle Komödien der Schule sind Intriguenstücke mit schwacher Charakterzeichnung, auch haben sie kaum vor den Farcen den Vorzug größerer Anständigkeit und besserer Haltung. Am besten gelungen sind die Bearbeitungen ital. Komödien von Larivey (1579). Der Mangel einer öffentlichen Bühne und wirklicher Schauspieler ließ übrigens das regelmäßige Drama nicht volkstümlich werden.
Erst seit 1588 spielte eine franz. Truppe auf dem Theater [* 5] der Passionsbrüder im Hotel de Bourgogne. Aber die Zeit nach der Ermordung Heinrichs III. (1589) bis zur Beendigung des Bürgerkrieges durch Heinrich IV. (1594) war der Entwicklung des Schauspiels nicht günstig. Die religiösen und polit. Kämpfe, welche Frankreich erschütterten, riefen auch dramatische, von Parteihaß glühende Pamphlete ins Leben, wie «La tragédie de Coligny» von Chantelouve (1575),
die «Guisiade» von Pierre Matthieu (1589) u. a. Eine eigentümliche Stellung unter den Schülern Ronsards nehmen die Hugenotten ein: Du Bartas (gest. 1590),
der in seinem erfolgreichen Werke «Le
[* 6] sepmaine, ou création
du monde en sept jours» (1584) die
Fehler der Schule auf die
Spitze treibt, zugleich aber ihrer heidn. Weltanschauung gegenüber
eine christliche, streng calvinistische Lebensrichtung vertritt,
Agrippa d'Aubigné, der von wildem Zorn entflammte Juvenal
(«Tragiques», 1577-94) des Zeitalters. Echt franz.
Humor beseelt dagegen eine gleichfalls aus polit. Veranlassung entstandene
Schrift, die «Satire
Ménippée»
(1593), das gemeinsame Werk Passerats, Rapins, Pithous u. a., worin man mit Scherz und Ernst
die öffentliche Meinung für den polit. und religiösen
Ausgleich durch
Heinrich IV. zu gewinnen sucht. Auf dem Gebiet der
Novelle und humor
istischen Sittenschilderung sind in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. zu
nennen: du Fail («Contes et nouveaux discours d'Eutrapel», 1586),
J. Tahureau, Jean Louveau («Facétieuses nuits de Straparole», Lyon [* 7] 1560), Cholières u. a.
Einen bleibenden Platz in der Litteratur hat sich die von leichter Skepsis durchwehte, auf dem Boden antiker Bildung ruhende Lebensphilosophie Michel de Montaignes (1533-92) erobert, die unter dem Namen «Essais» zuerst 1580 veröffentlicht wurde. Die Geschichtschreibung ist gleichfalls bedeutend durch das Studium der altklassischen Schriftsteller. Der größte franz. Historiker des 16. Jahrh., Jacques Auguste de Thou (1553-1617). hat allerdings seine «Historiarum sui temporis libri 138» lateinisch geschrieben, neben ihr steht die mehr von persönlichem Geiste durchdrungene «Histoire universelle» von d'Aubigné.
Die franz. Altertümer bearbeiteten Cl. Fauchet und Est. Pasquier. Die andern wichtigen Historiker schrieben meist noch Memoiren. Die Kommentare von Blaise de Montluc (1503-77) besitzen dramat. Interesse und führen gräßliche Scenen vor; die Memoiren von Gasp. de Tavannes, von seinem Sohne Jean redigiert, haben mehr philos. Gehalt;
Michel de Castelnau (1520-92) ist männlich-kräftig;
Heinrichs IV. erste Gemahlin, Margarete von Valois, beschrieb in ihren Privatmemoiren das Leben am franz. Hofe sehr anziehend;
der Calvinist de la Noue, genannt Bras-de-fer (1531-91), giebt in seinen Denkwürdigkeiten ein vollkommenes Bild seiner edeln Seele;
Pierre de Bourdeille, Seigneur de Brantôme (1527-1614), ist geistreich, witzig und lebhaft, aber leichtfertig in seinen Memoiren;
Sully und Hardouin de Péréfire erzählen das Leben Heinrichs IV. Außerdem sind noch zu erwähnen als Memoirenschreiber Duplessis-Mornay, der Lehrer ¶
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Heinrichs IV., Jean Mergey und Pierre de l'Etoile. Bemerkenswert in Bezug auf die Darstellungskunst sind noch die Historiker Theodor Beza und Lancelot de la Popelinière (gest. 1608).
Nachdem Heinrich IV. durch Beendigung des Bürgerkrieges (1594) die polit. Zukunft Frankreichs wieder gesichert hatte, beförderte die reorganisierende Thätigkeit seiner Regierung auch die Fortschritte nationaler Bildung und Kultur. Auf dem Gebiete des Unterrichtswesens und des religiösen Lebens macht sich seit Ende des 16. Jahrh. ein neuer Aufschwung bemerkbar. Für die innerlichen Bedürfnisse gläubiger Gemüter verfaßte François de Sales seine vielgelesenen Erbauungsschriften, während Pierre Charron, ein Schüler Montaignes, gleichgültig gegen die unterscheidenden Glaubenslehren, in seinem «Traité de la sagesse» (1601) für Duldsamkeit und Nächstenliebe wirkte. In demselben Geiste waren die moralphilos.
Schriften Guillaume du Vairs gehalten. Der Geist Rabelais' wirkt in der Litteratur fort in d'Aubignés «Les aventures
du baron de Fæneste», einer Satire gegen das Hofleben, und in den humor
istisch-satir. Erzählungen und Gesprächen
von Tabourot des Accords («Escraignes dijonnaises», 1608) und Béroalde de Verville
(«Moyen de parvenir»),
1612). Honoré d'Urfé, begeistert von Montemayors «Diana», verschmilzt die Ritter- und Schäferpoesie miteinander in dem idealistischen Liebesroman «Astrée» (1600-27),
der mehr als ein anderes Werk dem gesellschaftlich gezähmten galanten Heldentum in die Aufnahme verschafft hat. Daneben findet auch der cynische Realismus in Sorels «Histoire complète de Francion» (1622) seine Vertretung. Für die Geschichte der Dichtung sind die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrh. wichtig durch Malherbes Kampf wider die Übertreibungen des gelehrten Klassicismus. Im ganzen freilich schlugen die spätern Nachfolger Ronsards, Desportes (1546-1606), Bertaut (1552-1611), leichtere Töne an, und Mathurin Régnier (1573-1613) übertraf in seinen Satiren durch treffende Charakteristik und lebendigen Vortrag weit seine ital. Vorbilder, aber die freie Wortstellung, der sprachliche Eklekticismus und die nachlässige Behandlung des Verses waren der ordnungsliebenden Verständigkeit Malherbes (1558-1628) ein Greuel; er trat weniger den Principien des Klassicismus entgegen, als ihrer unvernünftigen Anwendung. Er behielt die alte Mythologie und die den Alten entlehnten poet.
Formen, verlangte dagegen rein franz. Ausdruck, Gemeinverständlichkeit und genaue Beobachtung der Gesetze des Versbaues. Seine Reform war vornehmlich eine sprachliche. Doch erschütterte er das Ansehen Ronsards, und jüngere Talente, wie Racan, Maynard u. a. gaben sich in die Zucht seiner Schule. Indes war die Bühne ziemlich sich selbst überlassen geblieben. Sie wurde 1590-1620 von dem fruchtbaren Lohnschreiber Alexandre Hardy beherrscht. Seine Stücke bildeten ein Kompromiß zwischen den Forderungen der Klassicisten und den Bedürfnissen des Publikums.
Die Einteilung in Akte und Scenen, der Vers (Alexandriner) war beibehalten, der Chor aufgegeben worden und dafür die Handlung reicher ausgebildet. Die Stoffe werden meist dem Altertum entlehnt, daneben auch span. und ital. Novellen dramatisch bearbeitet. Der Erfolg des Romans «Astrée» bewirkte, daß auch auf der Bühne die Schäferpoesie in Mode kam mit den Stücken Racans, Mairets, Gombaulds. Den größten Erfolg hatte Théophile de Viaus «Pyrame et Thisbé» (1617).
3) Die Zeit Ludwigs XIII. (Richelieus) und der Königin Anna (Mazarins) (etwa 1630-60). Der übermäßige Einfluß humanistischer Gelehrsamkeit auf die franz. Poesie war schon gebrochen, als Malherbe sich bemühte, sie von dem Banne der Erudition zu befreien. Im Schoße eines geselligen Verkehrs neuer Art, der seinen Mittelpunkt fand im Salon der Marquise von Rambouillet (1588-1665), entstand eine hohe schule guten Tones und feiner Lebensart. Auf diesem Boden geht der nicht aller Pedanterie ledige, aber von seinen Härten befreite Klassicismus der Renaissance den Bund ein mit der in der Schäferdichtung verfeinerten Galanterie und Courtoisie mittelalterlicher Frauenverehrung und Ritterlichkeit. Dabei gewinnt die Ausbildung der geselligen Redekunst und jener Gattungen, die gesellschaftlicher Unterhaltung dienen, große Wichtigkeit in der Litteratur. Durch Briefe und Unterhaltungen begründen Balzac (gest. 1654) und Voiture (gest. 1648) ihren Ruhm als Prosaisten, der eine im gehobenen, der andere im leichten Stil.
Die Romane Gombervilles, La Calprenèdes und besonders die für die Epoche charakteristischen Werke der Scudéry, die das Zeitideal des galanten Heroismus darstellen, dehnen sich mit ihren Gesellschaftsporträts und Konversationen zu unendlicher Länge aus. Die Lyrik verflüchtigt sich unter dem Einfluß der Gesellschaft in den Händen Gombaulds, Voitures, Mallevilles u. a. zu einem empfindungsleeren Spiel mit zugespitzten Gedanken. Aus dieser Jagd nach unterhaltenden Einfällen geht dann auch die in komischen Widersprüchen sich ergehende burleske Dichtung hervor, die lange in Mode war, und als deren Schöpfer Scarron («Typhon», 1644) betrachtet werden kann. Um den Lorbeer der Heldendichtung bemühten sich G. de Scudéry («Alaric», 1654),
Chapelain («Pucelle», 1656) ohne viel Erfolg. Am fruchtbarsten ist diese Epoche für die Geschichte des franz. Dramas. Richelieu war nur einem bei den Gebildeten der Nation sich aussprechenden Zuge nach Regelung der Sprache und Dichtung gefolgt, als er 1635 durch Begründung der Académie française einen obersten Gerichtshof in grammatischen und litterar. Dingen zu schaffen unternahm. Auch die auf Einführung eines regelmäßigen Dramas zielenden Bestrebungen unterstützte er mit warmer Teilnahme.
Unter seinem Schutz trat Chapelain und später die Akademie für die drei sog. Aristotelischen Einheiten in der Tragödie ein. Mit Mairets «Sophonisbe» (1635) beginnen die Regeln ihre Herrschaft auf der Bühne. Schon hatte Pierre Corneille (1606-84) durch einige Lustspiele sich um die Hebung der Komödie verdient gemacht, als der großartige Erfolg seiner Tragikomödie «Le Cid» (1636), dessen romantischer Stoff sich schwer den klassischen Regeln anpaßte, die Frage nach der unbedingten Gültigkeit der Regeln für das ernste Schauspiel von neuem in Fluß brachte.
Die Akademie entschied sich für die Regeln, und Corneille fügte sich. Damit war der Sieg des Klassicismus auf der Bühne entschieden. In wenigen Jahren folgten dem «Cid» Corneilles andere Meisterwerke: «Horace», «Cinna», «Polyeucte», «Pompée». Edle, leidenschaftliche Sprache, echte Charaktere und wirkliche Konflikte wurden durch die vorzugsweise von einem polit.-heroischen Zug beseelten Tragödien auf der franz. Bühne heimisch. Neben Corneille waren Tristan ¶