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theatralisches, geziertes und süßliches Wesen auflöste, aber zugleich alle Reize einer echt höfisch anmutigen Darstellungsweise an sich zog. Nebenher entwickelte sich gleichzeitig anlehnend an Holland eine überaus glänzende Kleinmalerei. Die von Watteau (s. Taf. V, [* 1] Fig. 5) und seinen Nachfolgern Lancret und Pater höchst zierlich ausgeführten Bilder aus dem geselligen Leben der höhern Stände, mit vornehm theatralisch kostümierten Herren und Damen, die sich in stattlichen Gärten oder Landschaften auf das galanteste mit Musik, Tanz u. s. w. unterhalten, zeigen das lockere, aber anmutige Leben des Hofes Ludwigs XV. auf seiner Höhe. De Favray und Leprince machten sich ebenfalls als Genremaler beliebt.
Chardin lieferte Genrescenen aus den niedern Verhältnissen des häuslichen Lebens, Küchenstücke und Stillleben, die den Vergleich mit ähnlichen Werken der besten Holländer aushalten. Desportes und Oudry malten mit großem Erfolge Jagd- und Tierstücke; Lantura und Joseph Vernet waren geschätzte Landschafts- und Marinemaler. Gleichzeitig mit letztern entwickelte Greuze in Familienscenen aus dem bürgerlichen Mittelstande und in anmutigen Mädchengestalten (s. Taf. V, [* 1] Fig. 8) eine in Ton und Gegenstand weiche Gefühlsmalerei, welche an Diderots Rührdramen erinnert.
Die Zeit wendete sich zu neuen, von den Klassicisten (de Lairesse, van der Werff u. a.) angeregten antiken Gedanken und ernstern symbolisierenden Gegenständen, bis durch die Encyklopädisten die völlige Herrschaft der Antike vorbereitet wurde. Ernste Geschichte und gesellschaftliche Zustände beschäftigten vorzugsweise die Gemüter; unter dem Einfluß dieser Zeit stehen Vien und Peyron, die Vorbereiter und Vorläufer der um den Schluß des 18. Jahrh. eintretenden Kunstepoche.
Entsprechend dem Messidorstil in der Baukunst [* 2] brachte auch in der Malerei die revolutionäre Bewegung eine Kunst von höchster Schlichtheit und trockner Gesetzmäßigkeit, den Klassicismus zu Wege, dessen größter Vertreter Louis David war. In der Farbe wie in der Zeichnung befleißigte er sich bei eifrigem Naturstudium strengster Einfachheit und einer idealen Entkleidung von allem Zufälligen. Die Richtung ging dabei auf das Pathetische. Mit wenigen großen Zügen viel zu sagen, war die Absicht der klassischen Kunst (s. Taf. V, [* 1] Fig. 9 u. 10). Sie verfiel dadurch leicht ins Allegorische, Ausgeklügelte, Hohle. Nur im Bildnisfach, als dessen hervorragender Vertreter Davids Schüler Gérard (s. Taf. V, [* 1] Fig. 11) zu nennen ist, bewahrte sie sich die alte franz. Kraft [* 3] der Erfassung des Individuums.
Davids übrige Stilgenossen Guérin, Girodet-Trioson, Gros, dienten in ihren Gemälden vorzugsweise dem Schlachtenruhm des ersten Kaiserreichs, mühten sich die modernen Vorgänge mit den klassischen Regeln in Einklang zu bringen, ohne das frostige Wesen ablegen zu können, das der Schule in der strengen Komposition, wie namentlich in der glatten Farbengebung anhaftete. Erst Prud'hon führte sie sowohl in koloristischer wie stofflicher Beziehung auf neue Bahnen und erfüllte sie mit neuem Geiste. Ihr trat zuerst in den zwanziger Jahren Géricault mit einem entschiedenen Streben nach Naturalismus entgegen, der selbst vor der Darstellung des Erschrecklichen sich nicht scheute und dies mit ganzer Kraft wahrheitsgetreu zu schildern trachtete. Delacroix nahm diese Richtung mit stürmischer Begeisterung auf (s. Taf. VI, [* 1] Fig. 1) und wurde zum Gründer der romantischen Schule.
War der Klassicismus vorwiegend zeichnerisch, so strebte diese den Reizen der Farbe nach. Ihre Darstellungsart hat im Gegensatz zu der frühern Abklärung und Ruhe etwas Leidenschaftliches, Erregtes, Aufflammendes. Sie wollte packen und die Dinge als Spiegel [* 4] eines ergriffenen Künstlerherzens ergreifend zur Schau bringen. Die Künstlerpersönlichkeit drängt sich durch die alles beherrschende Regel vor und macht sich in kühnen, oft überkühnen Griffen in das Menschenleben sowie in einer wuchtigen Malweise bemerkbar.
Durch die Engländer Bonington und Constable angeregt, begannen die Franzosen sich nun auch der Landschaftsmalerei zuzuwenden, die bei ihnen erst spät öffentliche Anerkennung fand: Huet, Isabey, Roqueplan, Marilhat Diaz suchten auch ihrerseits nicht mehr in der zeichnerischen Wiedergabe, sondern in der farbigen und gemütlichen Stimmung den Wert ihrer Bilder. Gudin ging in der Seemalerei ähnliche Wege. Zwar gelang es den Meistern noch nicht sich völlig von ältern holländ. Einflüssen frei zu machen, aber sie schufen doch aus romantischer Naturschwärmerei eine neue Art tiefeindringender Naturbetrachtung, die für die Folgezeit segensreich wirkte. Die deutsche, weichherzige Romantik vertrat der Holländer Ary Scheffer.
Den die nationale Kunstauffassung mächtig anregenden Romantikern gegenüber entwickelte auch die klassische Schule neue Kräfte. An ihrer Spitze stand Ingres, ein Meister sicherer Zeichnung, fein abgewogener Verhältnisse und zarter, geschmeidiger Pinselführung, der sich auch die Errungenschaften der Romantiker, namentlich deren auf die Nebendinge (Kostüm, [* 5] Architektur, Kulturgeschichtliches) gerichtete Studien nicht entgehen ließ. Der einseitigen Verehrung der vorzugsweise statuarischen Antike fügte er die der malerischen Formenfülle Raffaels hinzu (s. Taf. VI, [* 1] Fig. 3). Flandrin erweiterte das Programm der Schule noch durch die tiefe Innerlichkeit und echt kirchliche Haltung seiner Werke. An diese Meister reiht sich eine noch heute blühende Schule der Klassicisten, die zwar nicht mehr die eigentlichen Führer der Malerei sind, aber die romantische Bewegung überdauerten und durch ihre traditionelle Kunstübung im Zeichnen wie im Malen, ihre sorgfältige Schulung namentlich in der Darstellung der menschlichen Gestalt der Französische Kunst den Charakter der Stetigkeit verliehen, die ihr bei allen Schwankungen eigen ist.
Als der Führer dieser Richtung ist Cabanel zu nennen, dessen Werke die vollendeten Formen Ingres mit einer einschmeichelnden Farbe und außerordentlicher malerischer Technik verbinden. Seine Schüler Gervex, Regnault, Cormon u. a. haben namentlich die Farbe nach den Errungenschaften anderer Schulen fortgebildet, hinsichtlich der Zeichnung sich mehr und mehr von dem Klassicismus befreit. Dieser erhielt sich kräftig in Bouguereau und in Baudry, der in den großen Fresken in der Oper Gelegenheit fand, seine Meisterschaft im Behandeln von malerischen Massen zu bekunden.
Die romantische Schule fand in der Zeit Ludwig Philipps in Horace Vernet und Delaroche ihre größten Vertreter. Der erstere war der Verfechter eines kräftigern, lebenswahrern Kolorits und einer realistischen Darstellung der Vorgänge. Seine großen Schlachtenbilder (s. Taf. V, [* 1] Fig. 12) ebenso sehr wie die rationalistisch angehauchten religiösen Gemälde führten ihn auf den Orient zu, dessen Farbenpracht ihn mächtig anzog. Eine ganze Schule von Orientmalern schloß sich seinem Vorbilde an, ¶
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die mit half, die konventionelle Farbengebung durch die Wiedergabe neuer Eindrücke zu erschüttern. Decamps, Biard, Fromentin, Cormon, Bida u. a. sind als Träger [* 7] dieses Bestrebens zu bezeichnen.
Nicht minder brachte Vernet in die Schlachtenmalerei einen neuen, lebhaftern Zug; er löste sie aus der Darstellung von Einzelkämpfen zu der Darstellung moderner Heeresmassen auf und schuf somit ein ganz anderes System der Komposition. Charlet, Raffet und namentlich Bellangé führten diese Richtung erfolgreich weiter. Weicher, schlichter aber kaum minder durchgreifend wirkte Delaroche (s. Taf. VI, [* 6] Fig. 2), welcher der romantischen Schule zu dem Kanon in Farbe und Entwurf verhalf, der nun, neben dem klassischen sich fortentwickelnd, endlich mit diesem sich vereinte, größern Talenten aber die Grundlage zum erfolgreichen Fortschreiten bot.
Unter den Romantikern standen Robert-Fleury, Schnetz, die Brüder Johannot, Hébert, Lehmann künstlerisch dem Delaroche nahe. Sie schufen besondere romantische Genrebilder aus dem Landleben, doch nicht mit gleicher Innigkeit wie in Deutschland. [* 8] In seinen meist Italien [* 9] entnommenen Darstellungen hat Robert-Fleury mit schwankendem Erfolg versucht, einfachen Vorgängen eine allgemeine Bedeutung, durch geistreichelnde Beziehungen ein erhöhtes Interesse zu verleihen.
In gleicher Weise suchte die Historienmalerei nicht nur durch das eigentlich Darstellbare, sondern über dieses hinaus durch Anknüpfung an bekannte, meist in Beziehung zu der Tagesfrage stehende Vorgänge die Aufmerksamkeit der Beschauer auf sich zu lenken. Sie kam daher zu einer wissenschaftlich genauen Schilderung vergangener Ereignisse, deren Verständnis erst durch die vollkommene Kenntnis der betreffenden Geschichtsabschnitte ermöglicht wurde (Programmmalerei).
Dabei kam es darauf an, viele Anregungen zum geistigen Weiterspinnen zu geben, d. h. den Inhalt des Bildes über das hinaus zu vertiefen, was die Malerei zu geben vermag. Die romantische Schule, ursprünglich Darstellung innerer Vorgänge, wurde mehr und mehr zu einer Gedankenmalerei. Dabei eignete sie sich eine solche malerische Virtuosität an, daß sie sich auch in der Farbe über die Natur zu erheben trachtete. «Exagérer la beauté», «die Schönheit überbieten», wurde ihr Wahlspruch namentlich in koloristischer Beziehung.
Als Vertreter dieser Richtung sind Couture, Glevre und Cogniet zu bezeichnen, deren glänzende, von feiner Beobachtung eingegebene Malweise ihnen einen außerordentlichen Einfluß auf die Französische Kunst verschaffte, ohne daß ihre eigenen Werke selbst eine bleibende Wirkung erzielen konnten. Unter Coutures Schülern ragt der Historienmaler Puvis de Chavannes hervor, welcher die Hauptgemälde im Pantheon ausführte. Auch der Deutsche [* 10] Feuerbach in hier zu nennen. Cogniets hervorragendster Schüler war Meissonier, der sich durch meisterhafte, klare Malweise, charakteristische Zeichnung und Sicherheit im Darstellen des Psychologischen auf seinen in kleinem und kleinstem Maßstabe gehaltenen Bildern auszeichnete, auf welchen er vielfach nur einzelne [* 6] Figuren (s. Taf. VI, [* 6] Fig. 5) darstellte. Weiter gehören in Cogniets Schule der durch die plastische Kraft seiner Bildnisse ausgezeichnete Bonnat und die ihm nahe stehenden, im gleichen Gebiet thätigen Gaillard, Jacquemart, Feyen-Perrin u. a.
Waren schon von Delacroix nervenerschütternde Gegenstände durch die Malerei vorgeführt worden, so trat seit dem zweiten Kaiserreich das Bestreben, durch Darstellung des Grausigen, durch eine Mischung von Schrecken und Wollust zu packen, immer deutlicher hervor. Gérôme, Boulanger, Laurens, Landelle, Jalabert, Doré, Regnault, Rochegrosse, Gervex vertreten diese Richtung, deren Verdienst ist, durch steigende Schärfe der Beobachtung und damit verbundene Kraft realer Darstellung, als der wichtigsten Vorbedingung der beabsichtigten Wirkung, die Kunst des eigentlichen Malers erheblich gesteigert zu haben. In der Schlachtenmalerei, namentlich in den Werken von Neuville und Detaille, zeigt sich das Ergebnis dieser Richtung in einer allseitig befriedigenden Weise. Die Sorgfältigkeit des Studiums sowohl hinsichtlich des rein Künstlerischen als des Gegenständlichen verbindet sich mit einer erstaunlichen Beherrschung der Farbenwirkung und des charakteristisch Zeichnerischen.
Der überfeinerten, nervösen Richtung der aus der Romantik hervorgegangenen Kunstart trat eine zweite Schule entgegen, die sich schon äußerlich dadurch kennzeichnete, daß ihre Vertreter Paris [* 11] verließen, sich in dessen ländliche Umgegend zurückzogen, namentlich in die Waldlandschaft von Fontainebleau (daher: Schule von Fontainebleau oder von Barbizon). Sie stand im starken Gegensatz zu den «Schönmalern» und deren hochentwickelten Malkünsten und suchte durch eine in die Farbenzauber der Beleuchtung [* 12] tief eindringende, der jeweiligen Stimmung der Landschaft gerecht werdende Darstellungsart der Natur sich wahrer und inniger zu nähern.
Ihr Darstellungsgebiet war die Landschaft (paysage intime), die sie mit Darstellungen teils von Tieren, teils von Menschen belebten, und ohne sich um die alten «Genres» der Malerei zu kümmern, suchten sie eine innige Verschmelzung der Lebewesen mit der Natur zu geben. Corot, Daubigny, die Brüder Rousseau, Jules Dupré, vorzugsweise als Landschafter, Fr. Troyon, E. van Marcke, Rosa Bonheur, Brascassat als Tiermaler, Breton (s. Taf. VI, [* 6] Fig. 4), Millet (s. Taf. VI, [* 6] Fig. 6), Brion als Maler bäuerlicher Scenen bilden zusammen eine Schule, welche anfangs im schärfsten Gegensatz zu jener der «Schönmaler» stand, sie suchten nach einer unmittelbaren Naturwahrheit, die sie durch die Wiedergabe des Eindruckes der Landschaft und der Lebewesen auf ihre meist weich und dichterisch gestimmten Gemüter zu erreichen strebten.
Sie gaben diesen Eindruck als Ganzes, wenig bekümmert um das Detail, jedoch mit einer bisher unerreichten Kraft der Gesamtstimmung, die bei einzelnen zwar noch Anklänge an die alte Malweise ausweist, bei Männern wie Corot, Rousseau, Daubigny und namentlich Millet sich aber zu einer unmittelbar ergreifenden Wiedergabe des Natureindruckes steigert. Dabei suchen sie das Schöne nicht in einer künstlichen Steigerung in der Zeichnung oder im Kolorit, sondern wurden gerade durch die Opposition gegen Kunstanschauungen wie jene Coutures zu dem Streben hingeführt, die Wahrheit selbst auf Kosten der Schönheit zu geben. Das kampfgestimmte Gemüt des Malers Courbet sah sich sogar im Drang nach Unabhängigkeit vom Hergebrachten zu Bildern veranlaßt, welche die Absicht hatten, das gesellschaftliche Elend in deutlicher Sprache [* 13] zum Beschauer reden zu lassen. An Stelle der Wonnen des Schauerlichen setzte er das Schreckliche in seiner einfachen Wirklichkeit, ebenso wie er mit Absicht die Farben hart und derb nebeneinander setzte, so wie er sie in der Natur sah. ¶