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öffentlicher Baudenkmale wurde gleichzeitig und während des zweiten Kaiserreichs Bedeutendes geleistet; von David d'Angers (das Giebelfeld des Pantheon), von Rude und Etex (Gruppen am Arc de l'Etoile), von Barye (Löwen [* 2] an der Julisäule und an den Tuilerien), von Duret (Karyatiden [* 3] im Invalidendom, Arbeiten im Louvre), von Guillaume, Carrier-Belleuse, Crauk, Jules Thomas, Aimé Millet (Ausschmückung der Oper) wurden Arbeiten geliefert, an welchen sich die allmähliche Befreiung von der akademisch-klassischen Form verfolgen läßt.
Obgleich die Geschicklichkeit in der Meißelführung bei solchen Werken von beträchtlichem Umfange oft zu dekorativer Behandlung verleitete, hielt sich doch die franz. Bildhauerei unter dem zweiten Kaiserreiche auf bedeutender Höhe und ist seitdem darauf verblieben. Der Umstand, daß der Staat fast alleiniger Beschützer dieser Kunst ist, sowie das Fortbestehen der franz. Kunstakademie in Rom [* 4] bewirken, daß Frankreich in neuester Zeit noch immer eine Bildhauerschule besitzt, mit der sich keine andere gleichzeitige an Gründlichkeit des Wissens, an Stilgemäßheit der Auffassung und Anordnung, an Mannigfaltigkeit und Tüchtigkeit der Kräfte messen kann.
Die Versuche, ältere Stile in der modernen Kunst aufzunehmen, treten auch in der Bildnerei hervor. Namentlich war es die ital. und die franz. Renaissance, welche Einfluß auf die Formgebung gewann und dieselbe früher aus unfruchtbarem Idealismus herausriß, als die deutsche Kunst. Es führte diese Richtung zum modernen Realismus, der das volle Leben und die Weichheit des Fleisches ebenso wiederzugeben trachtet wie die verschiedenen Stoffe des Gewandes. Namentlich brachte sie aber einen Wechsel im Gegenstande der Bildnerei hervor, der von den verbrauchten Allegorien und klassischen Gottheiten zu modernen Gedanken überging, Thatsächliches statt rein Idealem zu geben sich bemühte. Nachdem das lockende rein Sinnliche überwunden war, wie es Clésinger, Schoenewerk u. a. mit geschickter Hand [* 5] übten, trat in Carpeaux (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 7), Frémiet, Cabet, Caïn, Cordier der Realismus immer kühner hervor, denen sich Moreau (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 9), Dubois (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 10), Delaplanche (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 5), Falguière, Bartholdi, Barrias (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 4), Mercié (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 3) als strengere Meister zugesellen.
3) Malerei. Aus den Zeiten der fränk. Monarchie sind nur wenige Miniaturen (s. d.) für Handschriften erhalten. Von allen Künsten des Mittelalters ist die Malerei diejenige, welche die spärlichsten Denkmale hinterlassen hat. Die einzige größere Kirche, die noch einen ganzen Cyklus von Wandmalereien aus dem frühern Mittelalter aufzuweisen hat, ist St. Savin im Poitou, mit sehr beschädigten, ziemlich rohen Fresken aus dem Ende des 12. Jahrh. Die Kathedralen von Chartres, Reims, [* 6] Rouen, [* 7] Tours, [* 8] Bourges und Le [* 9] Mans [* 10] besitzen noch Glasfenster des 13. Jahrh., welche eine Höhe der Kunst darstellen, die in Deutschland [* 11] erst wesentlich später erreicht wurde.
Auch die Miniaturmalerei wurde ununterbrochen mit immer steigender Vortrefflichkeit geübt und erreichte im 15. Jahrh. durch Fouquet von Tours, Hofmaler Ludwigs XI., und seine Schule den hohen Grad der Vollendung, der an den berühmten Gebetbüchern der Anna von Bretagne und des Königs René (in der großen Pariser Bibliothek) bewundert wird. Gleichzeitige Tafel- und Wandmalereien sind seltene Erscheinungen. Selbst das 16. Jahrh. hat außer Cousin und Clouet (s. Taf. V, [* 1] Fig. 1) wenige Malernamen und besonders sehr wenige Staffeleigemälde hinterlassen. Im 17. Jahrh. erhielt die franz. Malerei ihre Anregungen aus Italien. [* 12]
Fréminet, Hofmaler Heinrichs IV., in dessen Auftrag er die Schloßkapelle zu Fontainebleau ausmalte, bildete sich nach der gleichzeitigen ital. Schule und fand vielfache Nachahmung;
Valentin nahm sich Caravaggios Manier zum Muster;
Blanchard studierte an den Werken Tizians;
Vouet huldigte der hellen Manier des Guido Reni;
Lesueur hatte an Raffael sein Vorbild;
Poussin und Claude Lorrain (s. die Tafel beim Artikel Claude Lorrain) bildeten sich, zuerst eine selbständige franz. Kunstrichtung vertretend, in Rom, wo sie die längste Zeit ihres Lebens und Wirkens zubrachten.
In der unter Mazarin gegründeten Akademie fanden die franz. Maler einen Vereinigungspunkt und Gesamtanhalt für ihre Kunstanschauungen, denen sie während der langen Regierung Ludwigs XIV. im wesentlichen treu blieben. Die durch diese Centralisierung erlangte Einheitlichkeit erstreckte sich bald auf alle Kunstgebiete. Lebrun, zum ersten Hofmaler und obersten Leiter aller Arbeiten für die Ausschmückung der königl. Bauten ernannt, versammelte um sich einen förmlichen Hof [* 13] von Künstlern aller Art, Malern, Bildhauern, Ciselierern, Stuccaturarbeitern, Schlossern, Vergoldern u. s. w., die teilweise ein sehr selbständiges Talent besaßen, aber mehr oder minder treu nach den Zeichnungen und Angaben ihres Führers arbeiten mußten. Das Talent Lebruns, dessen Hauptstärke in dem leichten Erfinden und Ausführen von weitläufigen, beziehungsreichen Geschichtsbildern (s. Taf. V, [* 1] Fig. 3) bestand, eignete sich unstreitig zu der Allgewalt, die er lange im Reiche der Kunst ausübte; doch war seine von Pietro da Cortona ausgehende schwulstige, aber kalte Art zu malen eben nicht geeignet, jenen gefälligen Liebreiz und Glanz, den man mit dem Fortschreiten zum Stil des Rokoko von der Kunst mehr und mehr forderte, über die Unzahl von Bildern zu verbreiten, die unter seiner Leitung in Versailles, [* 14] im Louvre sowie in den Schlössern zu Trianon, Meudon, Marly und Vincennes ausgeführt wurden. Darum wurde ihm nach Colberts Tode (1683) Mignard vorgezogen, dessen frisches, blühendes Kolorit bei Hofe sehr gefiel. Er malte die kleinen Gemächer in Versailles und rückte nach dem Tode Lebruns ganz in dessen Stelle ein.
Am Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrh. schwankte die Schule in der Nachahmung bald des Nic. Poussin (s. Taf. V, [* 1] Fig. 2), bald des Lebrun oder Mignard (de Lahire, Bourdon, Ch. de Lafosse, Noël Coypel und seine beiden Söhne, Bon und Louis Boulogne, Santerre); doch gab es in jener Zeit einige in künstlerischer Sinnesweise und Gediegenheit ihre gleichzeitigen Kunstgenossen überragende, meist durch die Niederlande [* 15] beeinflußte Historienmaler, wie Jouvenet, Subleyras, und mehrere prunkhafte, aber treffliche und für ihre Zeit sehr charakteristische Porträtmaler, wie Ph. de Champaigne (s. Taf. V, [* 1] Fig. 4), Largillière und Rigaud (s. Taf. V, [* 1] Fig. 6). Gegen die Mitte des 18. Jahrh. blühten die Maler aus der Familie Vanloo (die Brüder Jean Baptiste und Carle); sie hatten sich in Italien die hier von Pietro da Cortona ausgegangene, blendende und gefällige Manier angeeignet, die sich in Frankreich mit Natoire, Boucher (s. Taf. V, [* 1] Fig. 7), Honoré Fragonard in ein ¶
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theatralisches, geziertes und süßliches Wesen auflöste, aber zugleich alle Reize einer echt höfisch anmutigen Darstellungsweise an sich zog. Nebenher entwickelte sich gleichzeitig anlehnend an Holland eine überaus glänzende Kleinmalerei. Die von Watteau (s. Taf. V, [* 16] Fig. 5) und seinen Nachfolgern Lancret und Pater höchst zierlich ausgeführten Bilder aus dem geselligen Leben der höhern Stände, mit vornehm theatralisch kostümierten Herren und Damen, die sich in stattlichen Gärten oder Landschaften auf das galanteste mit Musik, Tanz u. s. w. unterhalten, zeigen das lockere, aber anmutige Leben des Hofes Ludwigs XV. auf seiner Höhe. De Favray und Leprince machten sich ebenfalls als Genremaler beliebt.
Chardin lieferte Genrescenen aus den niedern Verhältnissen des häuslichen Lebens, Küchenstücke und Stillleben, die den Vergleich mit ähnlichen Werken der besten Holländer aushalten. Desportes und Oudry malten mit großem Erfolge Jagd- und Tierstücke; Lantura und Joseph Vernet waren geschätzte Landschafts- und Marinemaler. Gleichzeitig mit letztern entwickelte Greuze in Familienscenen aus dem bürgerlichen Mittelstande und in anmutigen Mädchengestalten (s. Taf. V, [* 16] Fig. 8) eine in Ton und Gegenstand weiche Gefühlsmalerei, welche an Diderots Rührdramen erinnert.
Die Zeit wendete sich zu neuen, von den Klassicisten (de Lairesse, van der Werff u. a.) angeregten antiken Gedanken und ernstern symbolisierenden Gegenständen, bis durch die Encyklopädisten die völlige Herrschaft der Antike vorbereitet wurde. Ernste Geschichte und gesellschaftliche Zustände beschäftigten vorzugsweise die Gemüter; unter dem Einfluß dieser Zeit stehen Vien und Peyron, die Vorbereiter und Vorläufer der um den Schluß des 18. Jahrh. eintretenden Kunstepoche.
Entsprechend dem Messidorstil in der Baukunst [* 17] brachte auch in der Malerei die revolutionäre Bewegung eine Kunst von höchster Schlichtheit und trockner Gesetzmäßigkeit, den Klassicismus zu Wege, dessen größter Vertreter Louis David war. In der Farbe wie in der Zeichnung befleißigte er sich bei eifrigem Naturstudium strengster Einfachheit und einer idealen Entkleidung von allem Zufälligen. Die Richtung ging dabei auf das Pathetische. Mit wenigen großen Zügen viel zu sagen, war die Absicht der klassischen Kunst (s. Taf. V, [* 16] Fig. 9 u. 10). Sie verfiel dadurch leicht ins Allegorische, Ausgeklügelte, Hohle. Nur im Bildnisfach, als dessen hervorragender Vertreter Davids Schüler Gérard (s. Taf. V, [* 16] Fig. 11) zu nennen ist, bewahrte sie sich die alte franz. Kraft [* 18] der Erfassung des Individuums.
Davids übrige Stilgenossen Guérin, Girodet-Trioson, Gros, dienten in ihren Gemälden vorzugsweise dem Schlachtenruhm des ersten Kaiserreichs, mühten sich die modernen Vorgänge mit den klassischen Regeln in Einklang zu bringen, ohne das frostige Wesen ablegen zu können, das der Schule in der strengen Komposition, wie namentlich in der glatten Farbengebung anhaftete. Erst Prud'hon führte sie sowohl in koloristischer wie stofflicher Beziehung auf neue Bahnen und erfüllte sie mit neuem Geiste. Ihr trat zuerst in den zwanziger Jahren Géricault mit einem entschiedenen Streben nach Naturalismus entgegen, der selbst vor der Darstellung des Erschrecklichen sich nicht scheute und dies mit ganzer Kraft wahrheitsgetreu zu schildern trachtete. Delacroix nahm diese Richtung mit stürmischer Begeisterung auf (s. Taf. VI, [* 16] Fig. 1) und wurde zum Gründer der romantischen Schule.
War der Klassicismus vorwiegend zeichnerisch, so strebte diese den Reizen der Farbe nach. Ihre Darstellungsart hat im Gegensatz zu der frühern Abklärung und Ruhe etwas Leidenschaftliches, Erregtes, Aufflammendes. Sie wollte packen und die Dinge als Spiegel [* 19] eines ergriffenen Künstlerherzens ergreifend zur Schau bringen. Die Künstlerpersönlichkeit drängt sich durch die alles beherrschende Regel vor und macht sich in kühnen, oft überkühnen Griffen in das Menschenleben sowie in einer wuchtigen Malweise bemerkbar.
Durch die Engländer Bonington und Constable angeregt, begannen die Franzosen sich nun auch der Landschaftsmalerei zuzuwenden, die bei ihnen erst spät öffentliche Anerkennung fand: Huet, Isabey, Roqueplan, Marilhat Diaz suchten auch ihrerseits nicht mehr in der zeichnerischen Wiedergabe, sondern in der farbigen und gemütlichen Stimmung den Wert ihrer Bilder. Gudin ging in der Seemalerei ähnliche Wege. Zwar gelang es den Meistern noch nicht sich völlig von ältern holländ. Einflüssen frei zu machen, aber sie schufen doch aus romantischer Naturschwärmerei eine neue Art tiefeindringender Naturbetrachtung, die für die Folgezeit segensreich wirkte. Die deutsche, weichherzige Romantik vertrat der Holländer Ary Scheffer.
Den die nationale Kunstauffassung mächtig anregenden Romantikern gegenüber entwickelte auch die klassische Schule neue Kräfte. An ihrer Spitze stand Ingres, ein Meister sicherer Zeichnung, fein abgewogener Verhältnisse und zarter, geschmeidiger Pinselführung, der sich auch die Errungenschaften der Romantiker, namentlich deren auf die Nebendinge (Kostüm, [* 20] Architektur, Kulturgeschichtliches) gerichtete Studien nicht entgehen ließ. Der einseitigen Verehrung der vorzugsweise statuarischen Antike fügte er die der malerischen Formenfülle Raffaels hinzu (s. Taf. VI, [* 16] Fig. 3). Flandrin erweiterte das Programm der Schule noch durch die tiefe Innerlichkeit und echt kirchliche Haltung seiner Werke. An diese Meister reiht sich eine noch heute blühende Schule der Klassicisten, die zwar nicht mehr die eigentlichen Führer der Malerei sind, aber die romantische Bewegung überdauerten und durch ihre traditionelle Kunstübung im Zeichnen wie im Malen, ihre sorgfältige Schulung namentlich in der Darstellung der menschlichen Gestalt der Französische Kunst den Charakter der Stetigkeit verliehen, die ihr bei allen Schwankungen eigen ist.
Als der Führer dieser Richtung ist Cabanel zu nennen, dessen Werke die vollendeten Formen Ingres mit einer einschmeichelnden Farbe und außerordentlicher malerischer Technik verbinden. Seine Schüler Gervex, Regnault, Cormon u. a. haben namentlich die Farbe nach den Errungenschaften anderer Schulen fortgebildet, hinsichtlich der Zeichnung sich mehr und mehr von dem Klassicismus befreit. Dieser erhielt sich kräftig in Bouguereau und in Baudry, der in den großen Fresken in der Oper Gelegenheit fand, seine Meisterschaft im Behandeln von malerischen Massen zu bekunden.
Die romantische Schule fand in der Zeit Ludwig Philipps in Horace Vernet und Delaroche ihre größten Vertreter. Der erstere war der Verfechter eines kräftigern, lebenswahrern Kolorits und einer realistischen Darstellung der Vorgänge. Seine großen Schlachtenbilder (s. Taf. V, [* 16] Fig. 12) ebenso sehr wie die rationalistisch angehauchten religiösen Gemälde führten ihn auf den Orient zu, dessen Farbenpracht ihn mächtig anzog. Eine ganze Schule von Orientmalern schloß sich seinem Vorbilde an, ¶