mehr
Gewänder, kostbaren Trachten, Verzeichnungen in der Fußstellung zeigt byzant. Einflüsse. Im 12. Jahrh. kam ein Frankreich eigenartiger Typus auf, der sich durch unverhältnismäßige Länge der [* 1] Figuren kennzeichnet; diese [* 1] Figuren sind von ernstem, religiösem Ausdruck, die Gesichtsbildungen oft von großer Schönheit, die Gewänder in parallel laufende Falten gelegt. Diese Kunstrichtung hielt sich in voller Strenge, z. B. an den Domen von Bourges, Chartres, Le [* 2] Mans [* 3] bis gegen Ende des Jahrhunderts, während an andern Orten, namentlich im Süden, stark belebte Reliefs von oft übertriebener [* 1] Figurenhäufung noch an antike Sarkophagbildnereien mahnen.
Eine hohe Vollendung erlangte die franz. Bildnerei im 13. Jahrh., wo ihr die großen got. Dome eine Fülle der großartigsten Aufgaben stellten. Die Kathedralen zu Amiens [* 4] (s. Taf. III, [* 1] Fig. 6), Reims, [* 5] Chartres, Paris [* 6] zeigen Gestalten, die bei richtigen, doch stets schlanken Abmessungen, edelstem Faltenwurf, trefflich gekennzeichneter Bewegung sich zu höchster Kraft [* 7] des geistigen Ausdrucks erheben. Während das 14. Jahrh. bei meisterhaften Leistungen im Bildnisse zu einer Überfeinerung und zu konventioneller Haltung hinneigte, entwickelte sich die Schule von Tournai und der ihr verwandte aus den Niederlanden stammende Meister Claur Sluter um 1400 zu einem kräftigen, dem Hubert van Eyck verwandten Realismus und zu einer großen Sicherheit der Meißelführung (s. Taf. III, [* 1] Fig. I). Man erkennt das technische Wissen an der Geschicklichkeit im Wiedergeben der Modellierung des Fleisches und des Ausdrucks der Gemütsbewegungen.
Vornehmlich in den Marmor- oder Alabasterabbildungen der Köpfe und Hände auf Grabmälern sowie in den Darstellungen kleiner, auf gleiche Art in kostbarem Material ausgeführter [* 1] Figuren entwickelte sich die Meisterschaft der Künstler des 15. Jahrh. Diese ließ auch während der Frührenaissance nicht nach und äußerte sich in fast überreichen Reliefcyklen, wie jenen am Chorgestühl von Amiens, an den Chorschranken von Chartres u. a.; ferner an Grabmälern, unter denen die des de Roux hervorragen.
Mit dem Einfluß der Italiener beginnt auch die franz. Bildnerei sich mehr klassischer Formen, zugleich aber einer dem Style François premier entsprechenden Anmut und edlen Abgemessenheit zu befleißigen. Die Hauptmeister waren Jean Juste von Tours [* 8] (Grabmal Ludwigs XII. und seiner Gemahlin Anna von Bretagne in St. Denis; s. Taf. III, [* 1] Fig. 4), Bontems (Graburne Franz' I. in St. Denis), Goujon (Fontaine des Innocents zu Paris, Diana von Poitiers im Louvre; s. Taf. III, [* 1] Fig. 8), Pilon (Grabmal Heinrichs II. in St. Denis, Drei Grazien im Louvre; s. Taf. III, [* 1] Fig. 2), Cousin, Prieur, durch welche die Bildnerei zu einem hohen Grade von Verfeinerung, oft sogar zur Überfeinerung geführt wurde.
Technische Geschicklichkeit, graziöse, geistreiche Behandlung des Marmors sind Vorzüge, die besonders Goujon und Pilon im höchsten Grade besaßen; doch verbinden sich mit diesen leicht Geziertheit und Manier. Die folgende Zeit trieb es nach dieser Richtung weiter: Guillain und Sarrazin zeigen eine hohe technische Vollendung, eine stark ausgebildete Manier, aber doch eine scharfe Beobachtungsgabe, namentlich im Bildnis. François und Michel Anguier glänzten durch überzierliche Frauengestalten. Puget (s. Taf. III, [* 1] Fig. 7) brachte die starke Bewegung und den großrednerischen Ton des ital. Barock in die franz. Bildnerei, führte aber auch in die neue Glanzepoche, welche die franz. Bildhauerei unter Ludwig XIV. erlebte.
Ihre nach malerischen Grundsätzen aufgefaßten Werke sind mit großer technischer Meisterschaft behandelt, leiden aber in den Motiven und im Ausdruck an Gespreiztheit und falschem Pathos. Die berühmtesten Künstler dieser Zeit sind: Girardon (Grabmal des Kardinals Richelieu in der Kirche der Sorbonne zu Paris, die Gruppe des Raubes der Proserpina im Park von Versailles), [* 9] Puget (die Gruppe des Milon von Kroton, das Hochrelief Alexander und Diogenes im Louvre), Coyzevox (das Grabmal Mazarins ebendaselbst), die Brüder Coustou (Apollo und Daphne, Hippomenes und Atalante, beide im Tuileriengarten, die beiden Gruppen der Pferdebändiger am Eingange der Elyseischen Felder), die Gebrüder Balthasar und Gaspard Marsy u. a. Nach und nach trat jedoch das Pathetische zu Gunsten einer höfischen Anmut zurück, die leicht ins Gezierte fiel.
Bei einzelnen außerordentlich feinen und reizvollen Arbeiten, namentlich der Kleinkunst, gefiel sich die franz. Bildnerei mehr und mehr in Manier. Häufige Inkorrektheiten, schlaffe Formen des Nackten, übertriebener Fleiß in Nebensachen sind die für die Bildhauer der Zeit Ludwigs XV. bezeichnenden Hauptmängel, für welche die Vorzüge einer verfeinerten Sinnlichkeit, einer sorgsamen Treue im Wiedergeben individueller Gesichtsbildungen und einer ungemein geschickten Behandlung des Marmors entschädigen. Zu den namhaftesten Bildhauern dieser Periode gehören: Bouchardon (die [* 1] Figuren an der Fontaine de Grenelle zu Paris, Büste Ludwigs XIV.; s. Taf. III, [* 1] Fig. 3), Pigalle (das Denkmal des Marschalls Moritz von Sachsen [* 10] in der Thomaskirche zu Straßburg, [* 11] Statue des Herzogs von Richelieu; s. Taf. III, [* 1] Fig. 9), Houdon (Voltaire; s. Taf. IV, [* 1] Fig. 1), Pajou (Königin Maria Leszczynska als Caritas; s. Taf. III, [* 1] Fig. 5). Bei den letztern tritt die klassische Strenge immer mehr und immer erfreulicher neben einem realistischen Auffassen des Porträtähnlichen zu Leistungen von hohem Wert hervor.
Bei den Bildhauern des ersten Kaiserreichs und der folgenden Zeit findet man eine kalte Nachahmung der antiken Skulpturen: Cartellier, Chaudet, Bosio, Cortot, Lemaire u. a. vertreten mit ihren Werken diese klassicistische Richtung der Bildhauerei, die in der Akademie ihre Stütze hatte, am Ende der Restaurationsperiode jedoch durch die im Gebiete der Malerei aufgekommene romantische Bewegung eine Art Rückschlag erleiden sollte. Ohne es ganz mit einer ästhetischen Doktrin zu halten, die ihr innerstes Lebensprincip und ihren wirklichen Fortbestand bedrohte, verweigerte jene Richtung den Ansprüchen des neuen Geistes nicht alle Zugeständnisse. Pradier (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 8) und David d'Angers (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 2) nehmen eine solche Mittelstellung ein.
Die romantische Richtung fand nur wenige entschiedene Vertreter in der Skulptur, und darunter keinen von überwiegendem Talent und durchdringendem Einfluß. Das Vorzüglichste, was die franz. Plastik unter Ludwig Philipp hervorgebracht hat, gehört dem Genre an, welches an das Naturgefühl der Antike sich hielt. Hierher gehören Werke von Rude, Duret (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 11), Jouffroy, Dumont (Genius der Freiheit auf der Julisäule), Guillaume, Chapu (s. Taf. IV, [* 1] Fig. 6) u. a. Auch für die plastische Ausschmückung ¶
mehr
öffentlicher Baudenkmale wurde gleichzeitig und während des zweiten Kaiserreichs Bedeutendes geleistet; von David d'Angers (das Giebelfeld des Pantheon), von Rude und Etex (Gruppen am Arc de l'Etoile), von Barye (Löwen [* 13] an der Julisäule und an den Tuilerien), von Duret (Karyatiden [* 14] im Invalidendom, Arbeiten im Louvre), von Guillaume, Carrier-Belleuse, Crauk, Jules Thomas, Aimé Millet (Ausschmückung der Oper) wurden Arbeiten geliefert, an welchen sich die allmähliche Befreiung von der akademisch-klassischen Form verfolgen läßt.
Obgleich die Geschicklichkeit in der Meißelführung bei solchen Werken von beträchtlichem Umfange oft zu dekorativer Behandlung verleitete, hielt sich doch die franz. Bildhauerei unter dem zweiten Kaiserreiche auf bedeutender Höhe und ist seitdem darauf verblieben. Der Umstand, daß der Staat fast alleiniger Beschützer dieser Kunst ist, sowie das Fortbestehen der franz. Kunstakademie in Rom [* 15] bewirken, daß Frankreich in neuester Zeit noch immer eine Bildhauerschule besitzt, mit der sich keine andere gleichzeitige an Gründlichkeit des Wissens, an Stilgemäßheit der Auffassung und Anordnung, an Mannigfaltigkeit und Tüchtigkeit der Kräfte messen kann.
Die Versuche, ältere Stile in der modernen Kunst aufzunehmen, treten auch in der Bildnerei hervor. Namentlich war es die ital. und die franz. Renaissance, welche Einfluß auf die Formgebung gewann und dieselbe früher aus unfruchtbarem Idealismus herausriß, als die deutsche Kunst. Es führte diese Richtung zum modernen Realismus, der das volle Leben und die Weichheit des Fleisches ebenso wiederzugeben trachtet wie die verschiedenen Stoffe des Gewandes. Namentlich brachte sie aber einen Wechsel im Gegenstande der Bildnerei hervor, der von den verbrauchten Allegorien und klassischen Gottheiten zu modernen Gedanken überging, Thatsächliches statt rein Idealem zu geben sich bemühte. Nachdem das lockende rein Sinnliche überwunden war, wie es Clésinger, Schoenewerk u. a. mit geschickter Hand [* 16] übten, trat in Carpeaux (s. Taf. IV, [* 12] Fig. 7), Frémiet, Cabet, Caïn, Cordier der Realismus immer kühner hervor, denen sich Moreau (s. Taf. IV, [* 12] Fig. 9), Dubois (s. Taf. IV, [* 12] Fig. 10), Delaplanche (s. Taf. IV, [* 12] Fig. 5), Falguière, Bartholdi, Barrias (s. Taf. IV, [* 12] Fig. 4), Mercié (s. Taf. IV, [* 12] Fig. 3) als strengere Meister zugesellen.
3) Malerei. Aus den Zeiten der fränk. Monarchie sind nur wenige Miniaturen (s. d.) für Handschriften erhalten. Von allen Künsten des Mittelalters ist die Malerei diejenige, welche die spärlichsten Denkmale hinterlassen hat. Die einzige größere Kirche, die noch einen ganzen Cyklus von Wandmalereien aus dem frühern Mittelalter aufzuweisen hat, ist St. Savin im Poitou, mit sehr beschädigten, ziemlich rohen Fresken aus dem Ende des 12. Jahrh. Die Kathedralen von Chartres, Reims, Rouen, [* 17] Tours, Bourges und Le Mans besitzen noch Glasfenster des 13. Jahrh., welche eine Höhe der Kunst darstellen, die in Deutschland [* 18] erst wesentlich später erreicht wurde.
Auch die Miniaturmalerei wurde ununterbrochen mit immer steigender Vortrefflichkeit geübt und erreichte im 15. Jahrh. durch Fouquet von Tours, Hofmaler Ludwigs XI., und seine Schule den hohen Grad der Vollendung, der an den berühmten Gebetbüchern der Anna von Bretagne und des Königs René (in der großen Pariser Bibliothek) bewundert wird. Gleichzeitige Tafel- und Wandmalereien sind seltene Erscheinungen. Selbst das 16. Jahrh. hat außer Cousin und Clouet (s. Taf. V, [* 12] Fig. 1) wenige Malernamen und besonders sehr wenige Staffeleigemälde hinterlassen. Im 17. Jahrh. erhielt die franz. Malerei ihre Anregungen aus Italien. [* 19]
Fréminet, Hofmaler Heinrichs IV., in dessen Auftrag er die Schloßkapelle zu Fontainebleau ausmalte, bildete sich nach der gleichzeitigen ital. Schule und fand vielfache Nachahmung;
Valentin nahm sich Caravaggios Manier zum Muster;
Blanchard studierte an den Werken Tizians;
Vouet huldigte der hellen Manier des Guido Reni;
Lesueur hatte an Raffael sein Vorbild;
Poussin und Claude Lorrain (s. die Tafel beim Artikel Claude Lorrain) bildeten sich, zuerst eine selbständige franz. Kunstrichtung vertretend, in Rom, wo sie die längste Zeit ihres Lebens und Wirkens zubrachten.
In der unter Mazarin gegründeten Akademie fanden die franz. Maler einen Vereinigungspunkt und Gesamtanhalt für ihre Kunstanschauungen, denen sie während der langen Regierung Ludwigs XIV. im wesentlichen treu blieben. Die durch diese Centralisierung erlangte Einheitlichkeit erstreckte sich bald auf alle Kunstgebiete. Lebrun, zum ersten Hofmaler und obersten Leiter aller Arbeiten für die Ausschmückung der königl. Bauten ernannt, versammelte um sich einen förmlichen Hof [* 20] von Künstlern aller Art, Malern, Bildhauern, Ciselierern, Stuccaturarbeitern, Schlossern, Vergoldern u. s. w., die teilweise ein sehr selbständiges Talent besaßen, aber mehr oder minder treu nach den Zeichnungen und Angaben ihres Führers arbeiten mußten. Das Talent Lebruns, dessen Hauptstärke in dem leichten Erfinden und Ausführen von weitläufigen, beziehungsreichen Geschichtsbildern (s. Taf. V, [* 12] Fig. 3) bestand, eignete sich unstreitig zu der Allgewalt, die er lange im Reiche der Kunst ausübte; doch war seine von Pietro da Cortona ausgehende schwulstige, aber kalte Art zu malen eben nicht geeignet, jenen gefälligen Liebreiz und Glanz, den man mit dem Fortschreiten zum Stil des Rokoko von der Kunst mehr und mehr forderte, über die Unzahl von Bildern zu verbreiten, die unter seiner Leitung in Versailles, im Louvre sowie in den Schlössern zu Trianon, Meudon, Marly und Vincennes ausgeführt wurden. Darum wurde ihm nach Colberts Tode (1683) Mignard vorgezogen, dessen frisches, blühendes Kolorit bei Hofe sehr gefiel. Er malte die kleinen Gemächer in Versailles und rückte nach dem Tode Lebruns ganz in dessen Stelle ein.
Am Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrh. schwankte die Schule in der Nachahmung bald des Nic. Poussin (s. Taf. V, [* 12] Fig. 2), bald des Lebrun oder Mignard (de Lahire, Bourdon, Ch. de Lafosse, Noël Coypel und seine beiden Söhne, Bon und Louis Boulogne, Santerre); doch gab es in jener Zeit einige in künstlerischer Sinnesweise und Gediegenheit ihre gleichzeitigen Kunstgenossen überragende, meist durch die Niederlande [* 21] beeinflußte Historienmaler, wie Jouvenet, Subleyras, und mehrere prunkhafte, aber treffliche und für ihre Zeit sehr charakteristische Porträtmaler, wie Ph. de Champaigne (s. Taf. V, [* 12] Fig. 4), Largillière und Rigaud (s. Taf. V, [* 12] Fig. 6). Gegen die Mitte des 18. Jahrh. blühten die Maler aus der Familie Vanloo (die Brüder Jean Baptiste und Carle); sie hatten sich in Italien die hier von Pietro da Cortona ausgegangene, blendende und gefällige Manier angeeignet, die sich in Frankreich mit Natoire, Boucher (s. Taf. V, [* 12] Fig. 7), Honoré Fragonard in ein ¶