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waren beispiellos. Die Unterhaltung der Nationalwerkstätten verschlang Millionen, und die von Ledru-Rollin in die Provinzen gesandten Kommissare trieben meistens die Verschwendung und Plünderung so arg wie die verrufensten Werkzeuge [* 2] der monarchischen Korruption.
Die verbündeten Parteien des Socialismus und des jakobinischen Terrorismus suchten in Massendemonstrationen (11. und 17. März und 16. April) die Provisorische Regierung zu stürzen und die Wahlen zu einer Nationalversammlung, die nach allgemeinem Stimmrechte erfolgen sollten, zu hintertreiben, weil sie nicht hoffen konnten, in dieser eine radikale Mehrheit zu erhalten. Die Wahlen fielen in der That zu Gunsten der gemäßigten republikanischen Richtung aus. Am 4. Mai wurde die Versammlung eröffnet und begann ihre Wirksamkeit mit der Proklamierung der Republik. Die Provisorische Regierung legte ihre Gewalt nieder. Am 10. Mai ward an ihre Stelle durch die Nationalversammlung eine Exekutivkommission von fünf Mitgliedern gewählt: Arago, Garnier-Pagès, Marie, Lamartine und Ledru-Rollin. Ein Ministerium ward aus Recurt (Inneres), Bastide (Äußeres), Trélat (öffentliche Arbeiten), Duclerc (Finanzen), Crémieux (Justiz), Bethmont (Kultus), Carnot (öffentlicher Unterricht), Flocon (Ackerbau) gebildet.
Das Kriegsministerium, das dem in Afrika [* 3] weilenden und im Februar zum Gouverneur ernannten General Cavaignac bestimmt war, versah einstweilen Oberst Charras. Indessen rüsteten sich die äußersten Parteien zu einem neuen Schlage. Am 15. Mai suchte eine aus vielen Tausenden bestehende Masse unter der Anführung von Blanqui, Raspail, Huber, Barbès u. a. die Nationalversammlung zu sprengen, wurde aber von der bewaffneten Macht zurückgetrieben, und ihre Führer wurden verhaftet.
Als dann die Exekutivkommission die Auflösung der Nationalwerkstätten und die Entfernung eines Teils der Arbeiter in entlegene Provinzen beschloß, bereiteten sich die Socialisten zu einem Kampf auf Tod und Leben vor; aber auch die Regierung war gerüstet. Am Morgen des 24. Juni würde verkündigt, daß die Nationalversammlung sich für permanent erklärt, dem General Cavaignac die diktatorische Gewalt übertragen und über Paris [* 4] den Belagerungszustand verhängt habe.
Cavaignac hatte an Truppen und Mobilgarden etwa 50000 Mann. Nachdem am Abend des 24. der Aufstand, nach einem heftigen Kampfe Lamoricières auf den Boulevards, auf ein engeres Terrain beschränkt war, wurde er am 26. mit der Beschießung der Vorstadt St. Antoine völlig unterdrückt (Junischlacht). Mehr als 4000 Menschen wurden in diesem Kampfe getötet, etwa 11000 Empörer gefangen genommen und von diesen viele zur Deportation verurteilt. Ein Beschluß der Nationalversammlung vom 28. Juni übertrug dem General Cavaignac die Exekutivgewalt mit der Vollmacht, sich sein Ministerium zu bilden.
Außer Bastide, Sénard, Bethmont, Leblanc, Goudchaur, Recurt, Tourret berief er die Generale Lamoricière und Bedeau in das Kabinett, ernannte den General Changarnier zum Oberbefehlshaber der Pariser Nationalgarde, ließ die Untersuchung gegen die Führer des Juniaufstandes einleiten, erließ beschränkende Gesetze gegen die Zügellosigkeit der Presse [* 5] und der Klubs und suchte durch militär. Strenge die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Inzwischen war (4. Nov.) die Nationalversammlung mit der Beratung der neuen republikanischen Verfassung zu Ende gekommen. Dieselbe stellte eine Gesetzgebende Versammlung von 750 Mitgliedern auf, die durch das allgemeine Stimmrecht und durch direkte Wahlen auf 3 Jahre gewählt und immer im ganzen erneuert werden sollte. Die Exekutive war einem auf 4 Jahre durch allgemeines Stimmrecht gewählten Präsidenten übergeben, der erst nach einer Zwischenzeit von 4 Jahren wieder wählbar sein sollte. Es konnte sich dabei nur um Cavaignac und Ludwig Napoleon handeln, und bei einer ungemein geschickt betriebenen Agitation erhielt Ludwig Napoleon bei der Präsidentenwahl vom 10. Dez. 5430000 Stimmen, Cavaignac nur 1448000.
Am 20. Dez. wurde Ludwig Napoleon Bonaparte in der Nationalversammlung als Präsident der Republik eingeführt und «auf die demokratische Republik und die Verfassung» beeidigt. Er bildete ein Ministerium, in dem Odilon Barrot den Vorsitz führte. General Changarnier erhielt das Kommando über die in Paris vereinigten Streitkräfte aller Gattungen. Die neue Regierung zeigte gegenüber der äußersten demokratischen Partei eine ebenso strenge Haltung wie General Cavaignac, obschon sie anfangs mit Vorsicht auftrat.
In der auswärtigen Politik gaben die ital. Angelegenheiten den ersten Anlaß zur Intervention der Republik und zwar im konservativen Sinne. Die Flucht des Papstes und die Errichtung der Römischen Republik (s. Kirchenstaat) bewogen die Regierung, eine Expedition gegen dieselbe unter General Oudinot auszurüsten (April 1849). Unterdessen war die Zeit der Wahlen für die erste Legislative herangekommen, die 28. Mai zusammentrat. Schon vorher hatten sich die verschiedenen Gruppen der Ordnungsparteien miteinander verbunden, und die neuen Wahlen gaben ihnen die entschiedene Mehrheit.
Die Republikaner von 1848 hatten die größte Einbuße erlitten; die Linke war vorzugsweise durch Socialisten, die Rechte durch die alten monarchischen Parteien gebildet. Die Belagerung Roms, die sich indessen über Erwarten hinauszog und erst 3. Juli zur Übergabe der Stadt führte, bildete den Hauptvorwurf für die Angriffe der socialistischen Linken. Eine Interpellation Ledru-Rollins in dieser Richtung wurde 11. Juni verworfen, ebenso am 12. der Antrag, den Präsidenten und seine Minister in Anklagestand zu versetzen. Der 13. Juni unternommene Aufstand wurde rasch unterdrückt. Ledru-Rollin floh nach London, [* 6] andere Führer wurden verhaftet und von dem Nationalgerichtshof zu Versailles [* 7] abgeurteilt. Verhaftungen, strengere Maßregeln gegen die Presse und Vereine und der Belagerungszustand waren die einzigen Früchte des Unternehmens.
Gleich in den ersten Tagen versuchte Ludwig Napoleon seinem Ministerium gegenüber die Stellung eines Monarchen einzunehmen und durch persönliche Regierung die parlamentarische zu lähmen. Während sich die Versammlung teils in tumultuarischen Scenen, teils in konterrevolutionären Beschlüssen in Mißkredit setzte, suchte er durch Reisen in den Provinzen, durch Ansprachen an Beamte und Korporationen sich dem Volke näher zu bringen und seinen Einfluß auf Kosten des parlamentarischen zu erweitern. Die Errichtung besonderer bonapartistischer Blätter, die eine ganz persönliche und dynastische Tendenz verfolgten, die Gründung der «Gesellschaft vom 10. Dez.", die dieselbe Richtung vertrat, die Ernennung einer Menge von ¶
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neuen Präfekten, auf die er zählen konnte, ließen Ludwig Napoleons Absicht deutlich erkennen. Als die Nationalversammlung nach einer sechswöchigen Vertagung wieder zusammentrat, wurden die Kredite für die röm. Expedition mit sehr großer Mehrheit bewilligt. Trotzdem erklärte eine Botschaft des Präsidenten (31. Okt.) der Versammlung, er habe es ohne Erfolg mit einem Vermittelungsministerium aus allen Gruppen versucht, nun sei er entschlossen, das System zu wechseln, und ein Kabinett seiner eigenen Politik zu berufen. Das neue Ministerium ward aus lauter dem Präsidenten persönlich ergebenen Personen zusammengesetzt: General d'Hautpoul übernahm als Kriegsminister das Präsidium. Diese Kriegserklärung des Bonapartismus gegen das parlamentarische System erregte die erste offene Spannung zwischen dem Präsidenten und der Legislative.
Ziel der auswärtigen Politik blieb das Einvernehmen mit England, während die Sendung Persignys, des engsten Vertrauten von Ludwig Bonaparte, nach Berlin [* 9] den Zweck des Abschlusses einer Allianz gegen Österreich [* 10] hatte, das aus Italien [* 11] hinausgedrängt werden sollte. Inzwischen nahm die antirevolutionäre Politik ihren Fortgang. Schon Anfang 1850 erfolgte die Einteilung F.s in vier große Militärdivisionen, welche die Gewalt in den Händen weniger ergebener Generale konzentrierte, und die Auflösung der Mobilgarde.
Als dann (10. März) die Ergänzungswahlen zur Nationalversammlung, namentlich in Paris, eine Mehrzahl von socialistischen Kandidaten aus der Urne [* 12] hervorgehen ließen, schritt man zu durchgreifendern Maßregeln. Der Minister des Innern legte der Nationalversammlung zwei neue Gesetze gegen das Vereinswesen und gegen die Presse vor. Als eine abermalige Neuwahl in Paris dem socialistischen Kandidaten Sue die Mehrheit verschaffte, erfolgte der Antrag auf Beschränkung des allgemeinen Stimmrechts, der auch (31. Mai) mit 433 gegen 211 Stimmen angenommen ward. Ein beschränkendes Preßgesetz wurde 16. Juli beschlossen. Napoleon benutzte die Zeit der Vertagung der Nationalversammlung zu neuen Rundreisen, Anreden u. s. w., und besonders zur Bearbeitung des Militärs. Die Versammlung trat 12. Nov. wieder zusammen, und der Präsident erließ eine Botschaft, die eine Revision der Verfassung und die Wiederwählbarkeit des Präsidenten forderte; den Gedanken einer illegalen Überschreitung wies er zurück. Das Ministerium gab seine Entlassung und ward 9. Jan. reorganisiert, erhielt jedoch schon ein Mißtrauensvotum.
Der Präsident lenkte ein, erließ (24. Jan.) eine versöhnliche Botschaft, die den Übelstand zweier unabhängiger Gewalten im Staate konstatierte und zu gegenseitigem Vertrauen aufforderte, und ersetzte das Ministerium durch eine Übergangsverwaltung. Dieser folgte endlich ein definitives, vorwiegend bonapartistisches Kabinett, mit Léon Faucher, dem Minister des Innern, an der Spitze. Das Hauptstreben Ludwig Napoleons war die Aufhebung des Verfassungsartikels, der die Dauer der Präsidentschaft auf vier Jahre beschränkte, und die Abschaffung des Wahlgesetzes vom um durch Herstellung des allgemeinen Stimmrechts seine Wiederwahl zu sichern. Sein fester Entschluß, das Wahlgesetz zu ändern, hatte schon 14. Okt. das Ministerium veranlaßt, seine Entlassung zu geben. Dasselbe wurde 28. Okt. in ausschließlich bonapartistischem Sinne erneuert. Am 6. Nov. brachten die Quästoren der Nationalversammlung einen Antrag ein, wonach das Recht der Verfügung über die bewaffnete Macht nicht dem Kriegsminister, sondern der Versammlung überlassen werden sollte; am 13. ward die von der Regierung beantragte Aufhebung des Wahlgesetzes vom d. i. die Wiederherstellung des allgemeinen Stimmrechts, mit 355 gegen 348 Stimmen (Bonapartisten und Linke) verworfen.
Jener Antrag der Quästoren fiel ebenfalls aber seitdem er gestellt worden war, war der Staatsstreich bei Ludwig Napoleon beschlossene Sache, zu deren Ausführung als Vertraute besonders Persigny, Morny, Saint-Arnaud, Maupas, Magnan beigezogen wurden. In der Frühe des wurden die Generale Changarnier, Cavaignac, Lamoricière, Bedeau, Leflô, Oberst Charras, auch Thiers u. a. Führer in ihren Wohnungen überfallen und verhaftet, durch ein Dekret die Nationalversammlung aufgelöst, das Wahlgesetz vom 31. Mai aufgehoben, der Staatsrat entlassen und über Paris und 10 Departements der Belagerungszustand verhängt.
Eine Proklamation Ludwig Napoleons verkündigte eine Berufung an das Volk, das in Urversammlungen vom 14. bis 21. Dez. sich über die von dem Präsidenten vorgeschlagenen Grundzüge einer Verfassung aussprechen sollte, die in ihren wesentlichen Bestimmungen die des Konsulats erneuerte und ein verantwortliches Staatsoberhaupt auf 10 Jahre forderte, sowie Minister, die nur von ihm abhängen, einen Staatsrat, der die Gesetze vorbereiten, einen Gesetzgebenden Körper, welcher sie erörtern und beschließen, einen Senat, der aus allen berühmten Männern des Landes gebildet werden sollte.
Vergebens suchte eine Fraktion der Gesetzgebenden Versammlung auf der Mairie des 10. Arrondissements den gesetzlichen Widerstand der Behörden zu organisieren: sie wurde gesprengt und ihre bedeutendsten Mitglieder nach Vincennes und Mazas gebracht. Die Truppen, deren gegen 80000 Mannen Paris konzentriert waren, blieben dem Präsidenten treu. Doch begann 3. Dez. der bewaffnete Widerstand im Faubourg St. Antoine und an den Boulevards sich zu organisieren, wurde aber, da die untern Massen sich wenig beteiligten, schon am Abend des 4. mit blutiger Strenge unterdrückt.
Eine Verordnung vom 8. Dez. verhängte über alle, die Mitglieder einer geheimen Gesellschaft gewesen, die Deportation nach Cayenne oder Algerien, [* 13] während gleichzeitige Maßregeln teils die Helfer des Staatsstreichs belohnten, teils durch Konzessionen an den Klerus die Legitimisten zu gewinnen suchten. An die Stelle des repräsentativen Körpers trat provisorisch eine Commission consultative. Unter dem Druck der Ausnahmegesetze und der schrankenlosesten Polizeigewalt fand die Volksabstimmung über die vorgelegten Entwürfe statt und ergab 7419000 stimmen für dieselben, ungefähr 640000 dagegen.
Die neue Gewalt umgab sich nun stufenweise mit den Einrichtungen und Personen, die man als Stützen eines streng Napoleonischen, d. i. persönlichen Systems betrachten durfte. Alle öffentlichen Freiheiten waren unterdrückt; eine öffentliche Meinung außer der offiziellen, die in feilen Federn ihre Organe fand, ward nicht geduldet; sogar über die Salons dehnte sich der polizeiliche Druck aus. Nachdem ein Dekret vom alle parlamentarischen und militär. Berühmtheiten, Männer wie ¶