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bewaffneten Macht, erklärte Krieg und schloß Frieden, verlieh die Staatsämter und hatte die Initiative in den Gesetzen. Er konnte die beiden Kammern (der Pairs und der Abgeordneten), die mit ihm die Gesetzgebende Gewalt übten, berufen, vertagen und auflösen; doch mußte er in letzterm Falle binnen 3 Monaten neue Deputiertenwahlen anordnen. Die Pairs, erblich oder persönlich, ernannte er. Die Deputiertenkammer, die sich jährlich zu einem Fünfteil erneuerte, ging aus Wahlkollegien hervor; der König ernannte die Präsidenten der Wahlkollegien und wählte den Präsidenten der Kammer aus fünf dafür vorgeschlagenen Deputierten.
Jeder Deputierte mußte 40 J. alt sein und 1000 Frs. direkter Steuern zahlen; der Census der Wähler wurde auf 300 Frs. bestimmt, ihr Alter auf 30 J. Überdies erklärte die Charte Verantwortlichkeit der Minister, Unverletzlichkeit der Richter, Beibehaltung der Jury, Freiheit der Abstimmung u. s. w., nur ließ sie dem königl. Willen einen breiten Spielraum in Artikel 14 übrig, der der Regierung das Recht der Verordnung einräumte, wenn die Sicherheit des Staates dies erheischte. Am ernannte der vom Herzog von Blacas geleitete König das Staatsministerium, bestehend aus dem Kanzler d'Ambray, dem Minister des Auswärtigen Talleyrand, dem des Innern Abbé Montesquiou, dem Finanzminister Baron Louis u. s. w. Bei der Einrichtung des Hofstaates trat der alte Adel in seine persönlichen Rechte wieder ein; auch wurden die alten Orden [* 2] hergestellt.
Der mit den Verbündeten abgeschlossene (erste) Pariser Friede (s. d.) beschränkte Frankreich auf die Grenzen [* 3] vom doch behielt es Avignon und Venaissin und erhielt von England fast alle Kolonien zurück. Die Charte hatte auch die Befreiung von der Grundsteuer und andern drückenden Lasten verheißen; allein die Regierungsbedürfnisse und die sehr bedeutenden Bewilligungen an Emigranten und herabgekommene Privilegierte machten die Beibehaltung aller möglichen Finanzmittel nötig, was große Mißstimmung erregte.
Noch tieferes Mißvergnügen veranlaßte aber die allgemeine Reaktion, die im polit. Leben sogleich eintrat, als die notwendigsten Anordnungen getroffen waren. Man führte die Censur ein, dehnte die Polizeigewalt aus und verletzte die Gerichte, verfolgte die Anhänger des Kaisers und die Republikaner und erregte Zweifel über das Eigentumsrecht auf erworbene Nationalgüter. Am meisten fühlte sich die Armee verletzt, als sie ihre Cadres aufgelöst, ihren Ruhm verspottet, ihren Sold vermindert und ihre Ehrenzeichen vertauscht sah.
10) Während der Hundert Tage (1815). Während dieser allgemeinen Mißstimmung verbreitete sich die Nachricht von der Rückkehr Napoleons. Er landete in Cannes, und das Heer wendete sich ihm sogleich mit Begeisterung zu. Am 19. März floh der König von Paris [* 4] nach Gent, [* 5] und am 20. abends kehrte der Kaiser ohne Schwertstreich in die Hauptstadt zurück. Napoleon hob sogleich die Kammern und die meisten königl. Verordnungen auf und ernannte ein neues Ministerium. Um sich mit den Liberalen abzufinden, gewann er Constant de Rebecque, übergab Fouché das Polizeiministerium und erließ 22. April eine Additionalakte (s. d.) zu der Verfassung von 1804, die vor einer Champ de mai genannten Versammlung von Vertretern aller Wahlbezirke und Mitgliedern der Armee und Marine auf dem Marsfelde feierlich beschworen wurde.
Dieselbe ließ die beiden Kammern der Charte bestehen, gewährte Kultus- und Preßfreiheit, Geschwornengerichte, Unantastbarkeit des erworbenen Grundbesitzes, Petitionsrecht, Unabsetzbarkeit der Richter und Ministerverantwortlichkeit. Aber der Erfolg blieb aus, und dazu drohte der Krieg von ganz Europa. [* 6] Sobald die Nachricht von der Landung Napoleons auf dem Kongreß in Wien [* 7] anlangte, wurde er als der Störer des Weltfriedens geächtet, und 25. März schlossen Österreich, [* 8] Rußland, Preußen [* 9] und England einen neuen Allianztraktat, in dem sich jede dieser Mächte zur Stellung von 150000 Mann verpflichtete.
Napoleon brach Mitte Juni gegen die Heere der Verbündeten auf, die von Ostende [* 10] aus bis nach Italien [* 11] eine große Kette um die franz. Grenze zu bilden begannen. Der Anfang des Kampfes war für Napoleon günstig; allein am 18. wurde er bei Waterloo [* 12] von den Engländern und Preußen gänzlich geschlagen. Er eilte nach Paris und verlangte neue Opfer von der Kammer, die aber nichts bewilligte, sondern unter Drohungen seine Abdankung forderte. Als hierauf die Verbündeten ohne Widerstand gegen Paris vordrangen, legte er 22. Juni die Krone zu Gunsten seines Sohnes nieder.
Nachdem 3. Juli Blücher und Wellington mit dem Marschall Davout eine Militärkonvention abgeschlossen, kraft der sich die franz. Armee hinter die Loire zurückziehen mußte, rückten die Verbündeten am 7. wieder in Paris ein. (S. Russisch-Deutsch-Französischer Krieg von 1812 bis 1815.) Am 8. erschien Ludwig XVIII. unter engl. Schutz, um von dem Throne aufs neue Besitz zu nehmen. Eine neue Deputiertenkammer wurde sogleich einberufen und gegen die Anhänger Napoleons die heftigste Verfolgung begonnen. Erst 20. Nov. kam zwischen dem König und den Verbündeten der zweite Pariser Friede (s. d.) zu stande, worauf Frankreich auf die Grenzen von 1790 zurückgeführt wurde.
11) Unter der zweiten Restauration (1815-30). Ludwig XVIII. hatte bei seiner zweiten Ankunft zu Paris der Provisorischen Regierung eine liberale Politik und eine allgemeine Amnestie versprochen; allein seine Umgebung ließ ihn diese Zusage nicht halten. Am erschien eine Ordonnanz, die 19 zu Napoleon übergegangene Generale vor ein Kriegsgericht, 39 andere unter polizeiliche Aussicht stellte. Marschall Ney wurde, von den Pairs verurteilt, 7. Dez. erschossen.
Eine zweite Ordonnanz schloß 29 Mitglieder der Pairskammer aus. Die 7. Okt. eröffnete Deputiertenkammer war, da die Wahlen unter dem Eindrucke dieser Massregeln vor sich gegangen waren, mit den fanatischsten Royalisten angefüllt, sodaß sogar der König mehrere ihrer Beschlüsse verwerfen mußte. Beide Kammern verschärften das von der Regierung eingebrachte Amnestiegesetz vom dahin, daß alle, die für den Tod Ludwigs XVI. gestimmt oder während der Hundert Tage Ämter angenommen hätten, auf ewig aus Frankreich verbannt sein sollten.
Die Folgen dieser und ähnlicher Maßregeln zeigten sich bald in den Unruhen und Blutscenen in den Städten des Südens. Die royalistisch Gesinnten, die sog. Verdets, erlaubten sich blutige Ausschreitungen in Marseille [* 13] und Nîmes, Toulouse [* 14] und Avignon, wo die Protestanten als Anhänger des Kaisers ermordet wurden (Terreur blanche). Die Angriffe der royalistischen Ultras in beiden Kammern auf die von Richelieu und Decazes geleitete gemäßigte Mehrheit des Ministeriums führten ¶
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endlich zur Auflösung der Deputiertenkammer. Die Liberalen der neuen gemäßigtern Kammern erlangten ein Wahlgesetz vom das direkte Wahlen in der Departementalhauptstadt vorschrieb und damit den Einfluß der royalistischen Großgrundbesitzer beseitigte, konnten aber die Aufhebung der unkonstitutionellen Ausnahmegesetze nicht durchsetzen. Die Unruhen in Grenoble [* 16] und in Lyon [* 17] und eine im Juli 1818 entdeckte Verschwörung der Ultras zum Umstürze der Verfassung brachten eine wirkliche Annäherung des Ministeriums an die Liberalen und Patrioten zu stande.
Auf dem Aachener Kongreß (s. d.) bewirkte die Regierung bei den Verbündeten den Beschluß vom der Frankreich noch im Laufe des Jahres von sämtlichen fremden Truppen befreite. Am trat dann auch Frankreich dem Friedensbunde der europ. Hauptmächte bei. Der Herzog von Richelieu hatte jedoch durch seine Verhandlungen zu Aachen, [* 18] durch die Verweigerung einer weitern Entwicklung des konstitutionellen Systems im Ministerium Spaltung und bei den Liberalen der Kammer, die sich bei jeder neuen Teilwahl verstärkten, Unzufriedenheit hervorgerufen, sodaß er mit seinen Anhängern im Dezember das Amt niederlegen mußte.
Der König ernannte 28. Dez. ein neues Ministerium, worin der Marquis Dessolles den Vorsitz führte. Dieses liberale Ministerium unterlag jedoch bald den Ultras beider Parteien. Am wurde Decazes erster Minister, und für Dessolles, Saint-Cyr und Louis traten Pasquier, Latour-Maubourg und Roy ein. Der gemäßigte Royalismus, den das neue Ministerium vertrat, zog ihm sogleich den heftigsten Widerstand der äußersten Rechten und Linken in der Kammer zu. In der That hatten sich auch alle liberalen Männer über die Handhabung der Gesetze und die schreiendsten Verletzungen der Charte zu beklagen.
Erst war die Preßfreiheit wieder eingeführt worden, und dennoch dauerten die Censur und die Verfolgungen gegen die Schriftsteller fort. Um das Zuströmen radikaler Elemente in die Kammer zu hindern, suchte das Ministerium Decazes durch ein neues Wahlgesetz der Grundaristokratie wieder überwiegenden Einfluß auf die Wahlen zu verschaffen. Gerade über dieses neue Wahlgesetz entbrannten in der Kammer die heftigsten Parteikämpfe. Die Partei der Gemäßigten schien die Mehrzahl zu bilden, als die Ermordung des Herzogs von Berry erfolgte und den Ultras die Oberhand verschaffte.
Nun lenkte sich die ganze Wut der Royalisten auf Decazes, dessen Mäßigung als die Ursache jener Frevelthat bezeichnet wurde. Der Minister dankte ab. An seine Stelle trat als Präsident des Ministerrats zum zweitenmal der Herzog von Richelieu, und Graf Siméon wurde Minister des Innern. Unter heftigstem Widerstande ward nun ein Ausnahmegesetz (vom angenommen, wonach jeder des Hochverrats Verdächtige auf Befehl dreier Minister verhaftet werden konnte und spätestens erst nach 3 Monaten vor Gericht gestellt zu werden brauchte.
Heftiger noch entbrannte der Parteikampf über ein zweites Ausnahmegesetz, wodurch die Censur wieder eingeführt wurde. Die Annahme dieses Gesetzes, das, wie das erste, nur bis zu Ende der Session von 1820 gelten sollte, brachte eine gänzliche Veränderung in der Presse [* 19] hervor. Durch das neue Wahlgesetz vom wurde die Zahl der Deputierten von 258 auf 430 vermehrt; die großen Güterbesitzer erhielten mit 172 Mandaten einen überwiegenden Einfluß und bestimmten die Mehrheit.
Die erste Folge dieses Gesetzes war, daß schon 1820 unter 220 neu erwählten Deputierten nur 30 Liberale sich befanden. Das aristokratisch-monarchische Regierungssystem hatte über den bürgerlichen Liberalismus gesiegt, und die ultraroyalistische Partei drängte immer mehr nach rechts. Es half der Regierung nichts, daß sie die Wortführer der rechten Seite, Villèle und Corbière, zu Unterstaatssekretären mit Stimmrecht ernannte, denn noch kurz vor dem Schlusse der Kammern gaben beide ihre Entlassung, um an der Spitze der Ultras das Ministerium desto erfolgreicher angreifen zu können. So mußte das Kabinett Richelieu seine Entlassung einreichen.
Das neue (sechste) Ministerium, dessen Seele der Finanzminister Villèle war, wurde aus den strengsten Royalisten gewählt. Der Ministerwechsel, der die Entlassung der liberalen Beamten und die Überlassung des gesamten Unterrichtswesens an den Klerus zur Folge hatte, verursachte große Aufregung nicht nur unter der liberalen Partei, sondern auch im Heere. Man entdeckte am Ende 1821 in der Kriegsschule zu Saumur eine Verschwörung zu Gunsten des jungen Napoleon und 1822 mehrere gleichzeitige Anschläge zum Aufstande der Garnisonen von Belfort, [* 20] Saumur, Neubreisach und Metz. [* 21] Auch in Grenoble, Bordeaux, [* 22] Rennes, La Rochelle und Nantes [* 23] gab es Unruhen.
Sehr stürmisch verlief die Kammersession des J. 1823, die der König 28. Jan. mit einer Rede eröffnete, in der er den Marsch von 100000 Franzosen gegen Spanien [* 24] ankündigte, um dort die absolute Gewalt wiederherzustellen. Bei Beratung der Kreditvorlage von 100 Mill. Frs. sprach sich der Abgeordnete Manuel in heftigster Weise gegen den Krieg aus und wurde, als er unter anderm aus die Hinrichtung Ludwigs XVI. hinwies, von den Ultraroyalisten mit Gewalt aus der Kammer entfernt, worauf die Linke bis auf einige Mitglieder austrat und das Gesetz angenommen wurde. Das franz. Heer unter dem Herzog von Angoulême hatte schon 7. April die Bidassoa überschritten und machte 1. Okt. in Cadiz [* 25] der Herrschaft der span. Konstitution und der Cortes ein Ende. (S. Spanien.)
Um die Liberalen vollends zu verdrängen und andererseits sich vor den Ultras zu schützen, löste Villèle die Kammer auf. Durch rücksichtslose Wahlbeherrschung erreichte er seinen Zweck. Die Anzahl der liberalen Mitglieder betrug, als das neue Parlament zusammentrat, nur noch etwa 17. Aber auch die Reihen der extremen Reaktionäre waren gelichtet. Die Charte war gerettet, aber Villèle hielt doch für gut, sie etwas in reaktionärem Sinne zuzustutzen. Als ihm die neuen Deputierten einen Nachtragskredit von 107 Mill. für den span. Krieg anstandslos zugestanden hatten, wünschte er eine so willfährige Kammer möglichst lange beisammen zu haben, und setzte durch, daß sämtliche Mitglieder der Kammer auf 7 Jahre (Septennalität) gewählt und nach deren Verlauf die ganze Kammer erneuert werden sollte. Nicht lange darauf, starb Ludwig XVIII.
Sein Bruder, der Graf von Artois, bestieg als Karl X. den franz. Thron. [* 26] Er erließ eine Amnestie für polit. Verbrecher und hob sogar 29. Sept. die Censur der Zeitungen auf. Bald aber trat die ¶