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untüchtig und bemühten sich, nach innen und außen die Kraft [* 2] ihrer Monarchie zu stärken. Schwere Stürme bedrohten diese aber, als nach dem Tode Karls IV., bei dem Mangel eines männlichen Erben, die direkte Linie der Kapetinger ausstarb und langwierige Kriege über die Erdfolge Frankreich erschütterten.
3) Unter den Valois (1328-1589). Als Philipp VI. (1328-50), der Vetter der letzten Könige, der Sohn Karls von Valois, des Bruders Philipps IV., jetzt die Krone erhielt, erhob Eduard III. von England Erbansprüche und behauptete, als Sohn einer Tochter Philipps IV. der nächste zum Throne zu sein. So entstand nun ein Streit, der mit vielen Unterbrechungen über 100 Jahre dauerte und Frankreich oft dem Untergang nahe brachte. Noch war England im Besitz des Südwestens von Frankreich (Guyenne und Gascogne), wodurch die alte Nationalfeindschaft immer wieder angefacht wurde.
Sodann begünstigte Frankreich Englands gefährlichen Nachbar, Schottland, und endlich trafen sie in Flandern aufeinander, wo, bei dem gewaltigen Emporblühen der Gewerbe in den Städten, die Handelsinteressen der Gegner stark in Frage kamen. Als aber um 1339 der Kampf losbrach, wurde offenbar, daß Frankreich bereits von seiner Höhe herabgesunken war und in vielen Punkten der Reform bedurfte. Die nationale Einheit der verschiedenen Provinzen war noch durchaus nicht durchgeführt und noch weniger die Gleichstellung der Stände.
Trotzdem bei den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen die Kraft des Landes nicht mehr bei dem Adel war, beanspruchte dieser noch seine alten Vorrechte. Es bedurfte großer und wiederholter Niederlagen des alten Ritterheers, um militär. und sociale Neuerungen herbeizuführen, die eine Wiedergeburt des franz. Staates, eine Ausgleichung der Stände unter dem Schutz der starken Monarchie ermöglichten. Zuerst zeigte sich in der Schlacht bei Crécy (s. d.) 1346 das glänzende Lehnsheer, das Philipp VI. um sich gesammelt hatte, der engl.-flandr.
Taktik nicht gewachsen; Eduard III. errang einen vollständigen Sieg, den er aber nicht genügend ausnutzte. Die Zustände in Frankreich verschlimmerten sich indes noch; zu den drückenden Steuern und Münzverschlechterungen Philipps VI. kam 1350 der Schwarze Tod und die bösen socialen Folgen dieser Pest. Trotz bedeutender Gebietsvergrößerung (1349 wurde die Dauphiné durch Schenkung, 1350 Montpellier [* 3] durch Kauf erworben) ließ Philipp VI. Frankreich in geschwächtem Zustande zurück, als er 1350 starb, und dieser hielt auch an unter Johann dem Guten (1350-64), einem unbedeutenden und übelberatenen Fürsten.
Als 1355 der Krieg mit den Engländern wieder begann, begab er sich voll Hochmut der schon über ihren Führer, den Schwarzen Prinzen (s. Eduard, Prinz von Wales), erlangten Vorteile und wurde bei Maupertuis 1356 schmachvoll besiegt und gefangen. Die schon vorher sich regende freiheitliche Bewegung wuchs nun gewaltig an; die von dem Dauphin (Karl V.) zur Abwehr des Feindes berufene Versammlung der Stände, in der die Hälfte Vertreter der Städte waren, verlangte Abstellung der innern Mißbräuche und Aufsicht über die Regierung und die Besteuerung. Da der Dauphin seine Versprechungen nicht hielt, kam es 1358 zu gefährlichen Aufstanden des Pariser Volks gegen ihn und seine Räte.
Zugleich erhob sich der geknechtete Bauernstand (s. Jacquerie) gegen seine adligen Bedrücker und ward erst mit Mühe nach furchtbaren Greueln gebändigt. Im Frieden von Bretigny (1360) mußte Frankreich wieder den ganzen Südwesten an England abtreten und dazu noch Calais [* 4] und sein Gebiet. (S. Historische Karten von Frankreich 2.) Johann schädigte überdies noch seine Krone dadurch, daß er (1363) seinem Sohne Philipp das Herzogtum Burgund gab und so den Grund zu einem gefährlichen Nachbarreiche legte.
Unter seinem Sohne Karl V., dem Weisen (1364-80), erholte sich Frankreich von seinen Wunden. Karl wußte geschickt seine Feldherren zu wählen, so besonders den Bretagner Duguesclin, dem es gelang, die Söldnerbanden zu schulen und zum Kriege tüchtig zu machen. So konnte Frankreich wieder Erfolge erringen, zuerst in Castilien, dann in dem aufs neue gegen die Engländer ausbrechenden Kriege, in dem die Bretagne und Gascogne erobert und die Feinde auf Bordeaux, [* 5] Bayonne und Calais beschränkt wurden.
Auch im Innern war Karl eifrig bestrebt, Ordnung zu schaffen und die Einnahmen des Landes zu erhöhen; doch die hierbei angewandten fiskalischen Maßregeln drückten das Volk und riefen zahlreiche Aufstände hervor. Beim Tode Karls V. 1380 hatten die Engländer ihre Angriffe wieder begonnen. Das Bürgertum seufzte unter seiner Steuerlast, der Adel war wieder mächtig und zeigte den alten Übermut, als nun der unmündige Karl VI. (1380-1422) zur Regierung kam und vorerst ganz unter der Leitung seiner unter sich hadernden Oheime von Anjou, Berry und Burgund stand.
Als 1382 die vläm. Städte bei Rosebeke von dem franz. Ritterheer geschlagen waren, wurden auch die Freiheiten der franz. Kommunen, besonders der Stadt Paris, [* 6] und das Steuerbewilligungsrecht der ständischen Versammlungen wieder von dem König eingeschränkt. Da verfiel Karl VI. plötzlich in Geistesnacht, und nun bildeten sein Oheim Philipp von Burgund und sein Bruder Ludwig von Orléans [* 7] die Häupter zweier großer Parteien am Hofe, deren eine, die burgundische, eine volkstümliche Richtung befolgte, während die andere, die der Orléans, die Aristokratie begünstigte.
Philipps Sohn, Johann der Unerschrockene, zog 1405 in Paris ein, brach die Macht des üppigen und mißliebigen Ludwig und gab der Stadt ihre Freiheit zurück. Als er 1407 Ludwig ermorden ließ, erhielt er auch dafür Verzeihung vom Hofe, weil dieser gegen die burgundische auf die Pariser Demokratie gestützte Macht nichts zu thun wagte. Dies aber änderte sich, als Ludwigs Sohn, Karl von Orléans, gestützt auf die gascognischen Scharen seines Schwiegervaters Bernhard von Armagnac, 1410 gegen den Norden [* 8] zog. Es kam zu erbitterten Kämpfen zwischen den Armagnacs und den Bourguignons, in denen der Pariser Pöbel (Cabochiens, s. d.) den Dauphin zeitweilig vollständig in seiner Gewalt hatte, bis der Graf von Armagnac Paris blutig bestrafte und damit die Hofpartei wieder Erfolge gewann.
Nun aber setzten die Engländer 1415 unter dem jungen Heinrich V. aufs neue über den Kanal [* 9] und brachten dem Heere Karls von Orléans bei Azincourt (s. d.) eine furchtbare Niederlage bei. Zugleich brach auch der Bürgerkrieg wieder aus. Die von Armagnac beleidigte ränkevolle Königin Isabeau verband sich mit Johann von Burgund; beide setzten eine Regierung ein, die den Engländern günstig war; sie erhoben sich gegen den Dauphin Karl, eroberten 1418 Paris und beseitigten Armagnac und seine Partei. Währenddessen ergab sich Rouen [* 10] an Heinrich V. Als gerade eine Einigung zwischen dem Dauphin und Johann von ¶
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Burgund angebahnt wurde, ward der letztere von Anhängern des Dauphin erschlagen (1419). Sogleich verband sich sein Sohn Philipp der Gütige mit England; durch eine Heirat Heinrichs V. mit der Tochter Karls VI. wurde der Dauphin seines Anrechts beraubt und an die engl. Krone gegeben (1421). Da starb Heinrich V. 1422, und bald nach ihm Karl VI.
Der anfänglich schwache und unthätige König Karl VII. (1422-61) war durch die engl.-burgund. Gegner auf ein ganz geringes Gebiet beschränkt; aber er gewann eine Reihe tüchtiger Feldherren und Berater, die einzelne Vorteile errangen und eine Verständigung mit Philipp von Burgund nicht aus dem Auge [* 12] ließen. Als dann die Engländer dennoch immer mehr Boden gewannen und sich anschickten, den Stützpunkt der franz. Macht, Orléans, zu nehmen, erstand Frankreich eine Retterin in Jeanne d'Arc.
Sie riß den König und die Friedenspartei mit sich fort, befreite Orléans, veranlaßte Karls VII. Krönung in Reims [* 13] und gab der Nation durch mannigfache Erfolge über die Engländer wieder frischen Mut. Letztere verloren ihren bedeutendsten Führer, den Herzog von Bedford, durch den Tod (1435) und ihren Bundesgenossen Burgund durch den Vertrag von Arras [* 14] 1435, der allerdings Philipp bedeutende Vorteile zugestand. Nun wurde 1436 Paris von Karl VII. wiedergewonnen, und dann begann eine Zeit der wichtigsten innern Reformen, die Frankreich zugleich vom Feinde befreiten. Zu Bourges wahrte Karl VII. dem Papste gegenüber die Freiheiten der Gallikanischen Kirche in Wahlen und Steuern, und zu Orleans erließ er 1439 die Ordonnanzen, die das erste stehende Heer in Europa [* 15] einrichteten, indem sie eine allgemeine Steuer (Taille) zur Besoldung disciplinierter unter königl. Führern stehender Compagnien festsetzten.
Die Mittel zu diesen Reformen gewann Karl VII. durch seinen Schatzmeister Jacques Coeur, der das Steuerwesen nach bürgerlichem Princip umschuf, den Hofhalt vom Staatshaushalt trennte und an Stelle der Naturalwirtschaft eine geordnete Verwaltung der Geldeinnahmen setzte. Der durch diese Einrichtungen gefährdete Adel empörte sich 1440 (s. Praguerie), wurde aber besiegt; auch die Engländer wurden 1441 bei Pontoise geschlagen. Unternehmungen gegen Elsaß und die Schweizer mißlangen zwar (1444), befreiten Frankreich aber von den Söldnerbanden, den Armagnaken (s. d.), die dabei großenteils aufgerieben wurden. Nun konnten auch die Engländer sich nicht lange mehr halten, sie verloren die Normandie (1449) und Guyenne, wurden 1453 bei Castillon geschlagen und behielten nur Calais; ein förmlicher Friedensschluß kam nicht zu stande.
Karls VII. Sohn Ludwig XI. (1461-83) setzte die Reformen in energischer Weise fort. Seine beiden Gegner, im Innern die noch immer nicht gebändigte Aristokratie, besonders die Prinzen des eigenen Hauses, nach außen die unter Philipp dem Guten (s. d.) höchst bedrohlich angewachsene burgund. Nachbarmacht zu treffen, war ihm dadurch möglich, daß sich die unzufriedenen Großen 1465, unter ihnen der Herzog von Bretagne und des Königs Bruder Karl von Berry, mit dem Grafen von Charolais, dem spätern Karl dem Kühnen von Burgund, verbanden. (S. Ligue du bien public) Die Schlacht bei Montlhéry blieb unentschieden, und trotzdem Paris und die meisten Städte auf der Seite Ludwigs standen, mußte er sich doch zu dem Frieden von Conflans (Okt. 1465) bequemen, der ihn zu demütigenden Abtretungen an Burgund und an die großen Barone zwang, deren Aufsicht nun das Königtum wieder unterstellt wurde.
Ludwig errang dann zwar einige Erfolge, indem er sich auf das Bürgertum stützte und den Adel durch schlaue Diplomatie trennte, vereitelte aber diese Vorteile wieder durch die Bereitwilligkeit, mit Karl dem Kühnen in Péronne zusammenzukommen, was ihn ganz in die Gewalt des letztern lieferte. Aber Ludwig war nicht gewillt, den erzwungenen Vertrag zu halten. Sogleich nahm er den Kampf gegen Karl wieder auf. Und nun hatte er bessern Erfolg, obwohl, von England und Burgund unterstützt, noch einmal der ganze Adel F.s sich erhob. 1472 starb plötzlich Ludwigs Bruder Karl, dem er Guyenne hatte geben müssen; sogleich zog Ludwig das Land ein; Karl der Kühne schloß 1472 einen Stillstand, nachdem er vor Beauvais von den Bürgern eine Niederlage erlitten hatte.
Nun konnte Ludwig sich gegen seinen Adel wenden, den er mit der größten Grausamkeit bestrafte. Den Engländern, die 1475 noch einmal in Frankreich einfielen, kaufte er einen Frieden ab. 1477 wurde er dann auch von Karl dem Kühnen befreit, als dieser vor Nancy [* 16] gegen die Schweizer fiel, mit denen Ludwig sich verbunden hatte. Nun zerfiel das große burgund. Reich; doch erstand Frankreich ein neuer unbequemer Nachbar in dem Hause Habsburg, da der Erzherzog Maximilian, der spätere Kaiser Maximilian I., mit der Hand [* 17] der Erbtochter Karls des Kühnen, Maria von Burgund, auch den größern Teil des Reichs erhielt, während Ludwig nach einem wenig glücklichen Kriege gegen Maximilian im Frieden von Arras (1482) die Grafschaften Burgund und Artois als Mitgift der Tochter Maximilians, die Ludwigs Sohn Karl heiraten sollte, zugesichert wurden.
Durch Erbfall gelangte 1481 auch Anjou und die Provence an Frankreich, sodaß nun, mit Ausnahme der Bretagne, alle Gebiete der großen Vasallen dem Kronlande einverleibt waren. Trotz fühlbaren Steuerdrucks hoben sich unter dem Schutze einer strengen Rechtspflege und tüchtigen Armee die Städte und das flache Land. Ackerbau, Handel und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft gediehen unter Ludwig XI.; die Einkünfte verdoppelten sich unter seiner Verwaltung, sodaß er, trotz seines treulosen und menschenfeindlichen Charakters, der Neubegründer der Größe F.s gewesen ist.
Karl VIII. (1483-98), der durch Heirat auch die Bretagne (s. d.) gewann, verfolgte nach scharfer, aber thatenloser Auflehnung der Reichsstände (Tours [* 18] 1484), nach Aufständen der Großvasallen, die seine Schwester Anna von Beaujeu niederschlug, im Innern die alten Bahnen weiter. Die franz. Kraft warf sich unter ihm nach außen: gestützt auf burgundische, mailändische, neapolit. Erbansprüche griff er 1494 in Italien [* 19] hinein; diese Machtkämpfe beherrschen F.s äußere Geschichte bis 1559, sie verschlingen sich mit dem großen Gegensatze des Landes gegen die umfassende habsburg.
Weltmacht, gegen die Frankreich wesentlich nur in der Verteidigung erfolgreich blieb. Im Innern führten Ludwig XII. (1498-1515), Franz I. (1515-47) und Heinrich II. (1547-59) den Absolutismus durch (s. die Einzelartikel); Ludwig (ein Orléans) war maßvoll und bürgerlich, sodaß sein Regiment als eine Zeit des Ausgleiches der Kräfte innerhalb F.s erschien, Franz (ein Angoulême), straffer und selbstbewußter, ist der König der polit. wie der geistigen Renaissance auf franz. ¶