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Gemeinden in schnellem Wachsen. 1890 betrug sie für Paris [* 2] 1872 und für 36140 Gemeinden (d. i. 73 Proz. der Gemeinden überhaupt) 1351 Mill. Frs.
Der Octroi wurde (1891) in 1519 Gemeinden mit 12866258 E. auf Getränke und Flüssigkeiten, Eßwaren, Heizmaterial, Viehfutter u. s. w. erhoben und ergab in den Departements 153,83, in Paris 149,19, im Pariser Weichbild 2,72 Mill. Frs.
Vgl. Vührer, Histoire de la dette publique en France (2 Bde., 1886);
de Bray, Dictionnaire des finances; Comptes généraux de l'administration des finances (Par. 1888);
Bulletin de statistique du Ministère des finances (ebd. 1877 fg.);
Kaufmann, Die Finanzen F.s (Lpz. 1882);
Clamageran, Histoire de l'impôt en France (3 Bde., Par. 1867-76);
Léon Say, Les solutions démocratiques de la questions des impôts (2 Bde., ebd. 1886);
Ch. Nicolas, Les budgets de la France depuis le commencement du dix-neuvième siècle (ebd. 1883);
Félix Faure, Budgets de la France depuis 20 ans (ebd. 1887).
Bank- und Geldwesen. Von den 101 Bank- und Kreditinstituten ist das wichtigste die Banque de France (s. d.). Andere bedeutende Geldinstitute sind:
Bankinstitute | Eingezahltes Kapital Mill. Frs. |
---|---|
Crédit foncier | 155 |
Crédit Lyonnais (Lyon) | 100 |
Banque de Paris et des Pays-Bas | 62,5 |
Société générale | 60 |
Société financière Lyonnaise | 50 |
Société financière de Paris | 45 |
Comptoir d'escompte | 40 |
Banque d'escompte | 32,5 |
Crédit mobilier | 30 |
Außerdem seien noch erwähnt Banque Parisienne, Compagnie Franco-Algérienne, Banque hypothécaire de France, Banque commerciale et industrielle, Société des immeubles, Rente foncière, Französisch-Italienische Bank, Crédit industriel et commercial, Banque maritime, La nouvelle Union.
Die bedeutendsten Aktienunternehmungen sind: die Sues-Kanalgesellschaft (200 Mill. Frs.), Compagnie générale des voitures de Paris (42,5 Mill.), Parisien gaz (42,5 Mill.), Compagnie générale transatlantique (40 Mill.), Docks de Marseille [* 3] (39 Mill.), Hüttenwerk Creusot (27 Mill.), Union de gaz (25 Mill.). Durch die Chambre de Compensation (s. Clearing-House) wurden 1891/92 Effekten im Werte von 4,869 Milliarden Frs. verrechnet. Hochentwickelt ist das Versicherungswesen in allen seinen Zweigen. Allein in der Lebensversicherung belief sich das versicherte Kapital 1860 auf 230, 1890 auf 4015 Mill. Frs.
Die älteste der Sparkassen ist die 1818 gegründete zu Paris. Seit dieser Zeit hat sich ihre Zahl schnell gehoben. 1840 gab es schon 430 mit 192,4 Mill. Frs. Einlagen. 1892 bestanden 6113382 Privatsparkassenbücher mit 3218,92 Mill. Frs. Einlagen (d. i. eine Zunahme von 2,76 Proz. gegen 1891). Die meisten Kassen besitzen die Depart. Nord, Seine-Inférieure und Rhône, in Haute-Savoie sind sie noch beinahe unbekannt. Seit 1881 sind neben diesen noch nationale oder Postsparkassen eingerichtet worden, die 1892: 1974604 Bücher und 599,38 Mill. Frs. Einlagen aufwiesen. Es kommt auf 5-6 Einwohner ein Sparkassenbuch. Der größte Teil der Sparkassengelder ist durch die Caisse des dépôts et consignations in franz. Rente angelegt.
Die franz. Münzen, [* 4] Maße und Gewichte beruhen auf dem Decimalsystem. Münzeinheit bildet der Frank (s. d.). Die Grundlage aller Maße bildet das Meter; 1,85 km = 1 neue Seemeile (Mille marine). Gewichtseinheit bildet das Gramm. Die Schiffstonne (Tonneau de mer, auch Millier genannt) hat 10 Quintaux métriques oder 1000 kg.
Wohlthätigkeitsanstalten. 1888 gab es 110 Heilanstalten für Geisteskranke, darunter 50 Departementsasyle und 45 Privatanstalten. Die Zahl der Pfleglinge betrug 1889: 55587 (26006 Männer und 29581 Frauen). Außerdem wurden 1889: 1631 Krankenhäuser mit 178637 Betten unterhalten, deren Unterhaltungskosten sich auf 110 Mill. Frs. beliefen. Dazu kommen noch 75215 unterstützte Kinder (gefundene, verlassene, Waisen), von denen 2172 in Hospitälern und 71901 auf dem Lande mit einem Kostenaufwand von 17,2 Mill. Frs. verpflegt wurden.
Die Zahl der Bureaux de bienfaisance belief sich 1888 auf 15138, durch welche 1647720 Personen unterstützt wurden. Leihhäuser (Monts-de-piété) bestanden 42, Unterstützungskassen auf Gegenseitigkeit (Sociétés de secours mutuel) 8689 mit 1127900 Mitgliedern und 80,34 Mill. Frs. Reservefonds. Die erstern gewährten auf 11,57 Mill. verpfändete Gegenstände Darlehen von 60,13 Mill. Frs. Die Einnahmen der Altersversorgungskasse (Caisse Nationale de retraite pour la veillesse) beliefen sich 1891 auf 117,20 Mill., darunter 34,22 Mill. Frs. neue Einzahlungen. Der Gesamtbetrag aller (1888) öffentlichen Anstalten, Gemeinden oder Departements zugewendeten Schenkungen betrug 31478791 Frs.; es fielen zu der Kirche 6645896, Krankenhäusern und Hospizen 16645260, Versorgungsanstalten 543698, öffentlichem Unterricht sowie Akademien und gelehrten Gesellschaften 718826, Gemeinden und Departements 6924811 Frs.
Über das Heer und die Marine s. Französisches Heerwesen und Französisches Festungssystem.
Das Wappen bestand unter der ältern Bourbonenlinie aus zwei zusammengeschobenen Schilden; der rechte hatte in blauem Felde drei goldene Lilien [* 5] (Frankreich), der linke in rotem Felde goldene in Kreuzform zusammengelegte Kettenglieder mit einem viereckigen Saphir in der Mitte (Navarra). Das Schild [* 6] wurde von Engeln getragen; das Wappenzelt hatte goldene Lilien auf blauem Grunde, darüber die Königskrone und hinter derselben die Oriflamme mit der Inschrift «Montjoye St. Denis».
Die Revolution von 1789 beseitigte die Lilien und stellte den gallischen Hahn [* 7] ins Wappen. [* 8] Unter dem ersten Kaiserreich war das Wappen ein auf einem Blitzstrahl ruhender goldener Adler. [* 9] Nach der Restauration kehrten die Lilien zurück, fielen aber 1830 wieder mit den Bourbonen. Unter der Julidynastie enthielt das Wappen in blauem Felde ein geöffnetes, senkrecht gestelltes Buch, auf dessen Blättern die Charte von 1830 stand. Napoleon III. brachte den Adler aufs neue ins Wappen. Die Republik von 1870 hat kein eigentliches Wappen, sondern an dessen Stelle die verschlungenen Buchstaben R. Frankreich (République française); allegorisch wird dieselbe durch eine [* 1] Figur dargestellt. Die franz. Nationalfarben sind, wie bereits unter der ersten Republik, dann unter dem Kaiserreich und der Julimonarchie blau, weiß und rot (tricolore). Die Flaggen [* 10] und Fahnen ¶
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(unter der ältern Bourbonenlinie weiß) tragen diese drei Farben in senkrechten Streifen, das Blau nach innen. (S. Tafel: Flaggen der Seestaaten, beim Artikel Flaggen.) Abgesehen von dem Orden [* 12] der Ehrenlegion (s. d.) giebt es noch eine Kriegsmedaille, und 1883 ist ein besonderer Orden für Landwirte gestiftet worden. Alle frühern Orden (Orden des heil. Ludwig, des heiligen Geistes u. s. w.) sind seit 1831 aufgehoben.
Kirchenwesen. Obgleich Frankreich einerseits Sitz und Ausgangspunkt der atheistischen Weltanschauung (Voltaire, die Encyklopädisten), andererseits verschiedener reformatorischer Bestrebungen (Waldenser, Calvinismus) war, so ist das Land doch überwiegend katholisch geblieben, wobei jedoch den Anhängern anderer Kulte vollständig freie Religionsübung gestattet ist. Die außer dem katholischen vom Staate anerkannten Religionsbekenntnisse sind das lutherische, das reformierte und das israelitische.
Die Diener derselben werden vom Staate angestellt und besoldet, im übrigen sind beide, Staat und Kirche, vollständig voneinander unabhängig. Frankreich zerfällt in 17 Kirchenprovinzen der katholischen Kirche, die als Staatskirche gilt, mit zusammen 17 Erzdiöcesen und 70 Diöcesen; an der Spitze der Erzdiöcesen stehen 17 Erzbischöfe (darunter 5 Kardinäle): in Aix, Albi, Auch, Avignon, Besançon, [* 13] Bordeaux, [* 14] Bourges, Cambrai, Chambéry, Lyon, [* 15] Paris, Reims, [* 16] Rennes, Rouen, [* 17] Sens, Toulouse [* 18] und Tours. [* 19]
Hierzu kommen die Kirchenprovinz Algier mit 1 Erzdiöcese und 2 Diöcesen und die Erzdiöcese Carthago. Am wurden gezählt (Algerien [* 20] mit inbegriffen): 182 Generalvikare, 695 Chorherren, 3423 Pfarrer, 28895 Pfarrverweser, 10027 Vikare, 4381 Kaplane u. s. w., im ganzen 50420 Kleriker, welchen noch die Direktoren und Lehrer der Großen (676) und der Kleinen Seminare (3730) hinzuzufügen sind. Die Zahl der Ordensgeistlichen belief sich (1880) auf 30287 in 416 Orden und 127753 Nonnen in 3798 Kongregationen, von welchen aber in demselben Jahre 384 männliche und 602 weibliche Orden vom Staate aufgelöst wurden.
Die reformierte Kirche (mit theol. Fakultäten in Paris und Montauban), welche hauptsächlich im Südwesten, am stärksten im Depart. Gard vertreten ist, steht unter dem Centralrate und dem Konsistorium in Paris und hat (1893) 887 Geistliche; die lutherische (namentlich in den Depart. Seine, Haute-Saône und Doubs) hat als Oberbehörde das Oberkonsistorium in Paris und zählte (1893) 90 Pastoren. Die Israeliten stehen unter dem Centralkonsistorium in Paris, welchem die 10 Oberrabbiner und 47 Rabbiner unterstellt sind.
Bildungs- und Unterrichtswesen. Das Schulwesen hat namentlich auf dem Gebiete der Volksschulen ganz erhebliche Fortschritte aufzuweisen. Zwar hatten schon die Revolution und die erste Republik die Notwendigkeit der Vermehrung des Volksschulunterrichts anerkannt, aber sie vermochten ihre Pläne nicht durchzuführen, und auch unter dem ersten Kaiserreiche blieb derselbe eine Angelegenheit der Gemeinden, welche ihre Schulen meist den geistlichen Orden überließen. Noch 1840 waren Tausende von Gemeinden ohne Schulen. Unter dem gelehrten prot. Unterrichtsminister Waddington fing der Staat an, der Vervollkommnung der Schule sein eifriges Augenmerk zuzuwenden. Waddington war bemüht, durch Vermehrung der Schulhäuser und der Zahl der Lehrer die obligatorische Volksschule vorzubereiten.
Allein erst durch ins Gesetz vom wurde der Schulzwang eingeführt und jede Gemeinde von 500 Einwohnern verpflichtet, eine Volksschule für beide Geschlechter zu errichten. 1878 wurde ein Gesetz angenommen, wonach jede Gemeinde ein eigenes Schulhaus haben muß. Der Staat hilft nötigenfalls durch Schenkungen oder Vorschüsse. Zu diesem Zwecke wurde eine Caisse pour la construction des écoles gestiftet. Diese Kasse hat in 7 Jahren beinahe 16000 Schulhäuser gebaut, über 30000 ausbessern und möblieren lassen, hat 178 Mill. Frs.
Staatssubventionen verteilt und 190 Mill. vorgeschossen. Die Departements haben für die Normalschulen (Seminare) und zur Unterstützung der ärmsten Gemeinden noch 13 Mill. zugelegt, und endlich haben die besser gestellten Gemeinden fast 95 Mill. freiwillige Beiträge geliefert. In der folgenden Zeit bis Ende 1888 sind von dem Staate 38, von den Departements 14 und von den Gemeinden 56 Millionen für denselben Zweck verwendet worden. Die Heranbildung von Lehrern und Lehrerinnen für die Volksschule erfolgt in sog. Normalschulen (Seminaren), von denen jetzt je eine in jedem Departement besteht.
Die Zahl nichtgeprüfter Lehrer verringert sich mit jedem Jahre, da seit 1881 solche ohne Prüfungszeugnis nicht mehr zum Schuldienst zugelassen werden. 1887 wurde dieses Zeugnis 1676 Seminaristen und 1102 Seminaristinnen erteilt. 1890-91 waren von den Lehrern in den öffentlichen Schulen versehen: 21 Proz. mit dem brevet supérieur, 76 Proz. mit dem brevet élémentaire, 3 Proz. (3405) waren ohne Zeugnis. Das Gesetz vom verfügte die Unentgeltlichkeit des Elementarunterrichts und rief dadurch zugleich eine bedeutende Erhöhung des Staatszuschusses hervor; derselbe hat sich seit 1869 mehr als verzehnfacht.
Zum Zwecke der Beaufsichtigung des Schulwesens wird Frankreich (einschließlich Algeriens) in 17 Akademien eingeteilt, deren jede von einem dem Unterrichtsminister unmittelbar untergeordneten Rektor und den Departements-Schulinspektoren verwaltet und beaufsichtigt wird. Jede Akademie hat einen akademischen Rat, der sich aus ordentlichen, außerordentlichen und vom Minister ernannten Mitgliedern zusammensetzt. Er giebt sein Urteil ab bezüglich der Unterrichtsordnung, der Verwaltung und Disciplin des höhern Schulwesens. Daneben hat jedes Departement einen Departementsrat des niedern öffentlichen Unterrichts unter dem Vorsitz des Präfekten.
Von großer Bedeutung für die Entwicklung des Unterrichtswesens war das Dekret vom über die Umwandlung des Conseil supérieur de l'instruction publique. In diesem Unterrichtsrate sitzen neun vom Präsidenten der Republik ernannte hohe Beamte der Universität und vier Mitglieder aus dem (nichtstaatlichen) enseignement libre, Mitglieder des Instituts, des Collège de France, der verschiedenen Fakultäten, aller Hoch-, Mittel- und Volksschulen. Alle bekleiden das Amt 4 Jahre und sind wieder wählbar. 15 Mitglieder bilden die ständige Sektion, welche die Lehrpläne und Reglements, die Gründung von Fakultäten, Lyceen, Collèges, Normalschulen, die Besetzung von Lehrstühlen begutachtet. Der Rat selbst, der sich regelmäßig zweimal im Jahre versammelt, giebt sein Gutachten ab über dieselben Fragen, über das Verfahren bei Prüfungen, der Verleihung der Grade, über Lehr- und Lesebücher und bildet die letzte Instanz in Disciplinar- und Streitsachen. ¶