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oder wenigstens Holzbenntzung schon beiden ältesten Völkern zu finden ist. Jahrhunderte hindnrch war das Wenige, was man allenfalls Forstwissenschaft nennen kann, bei den Griechen und Römern in dem grosien Gebiete der Ökonomik mit der Landwirtschaftswissenschaft vereinigt. So blieb es auch noch in Teutschland zu der Zeit der Litteratur der sog. «Hausväter». Petrus deCrescentiis aus Bologna (Anfang des 1!. Jahrh.), dessen Schriften hauptsächlich in Deutscdland ver- breitet waren, die Brüder Liebalto und Conrad von Heresbach, ebenso der seiner Zeit berühmte Colerus, dessen «Ooconoiniu. rni-aiiä et äom68tica» 1595- 1602 erschien und 12 Auslagen erlebte, u. a. m. be- handeln in ihren umfassenden Werken die forstlichen Aufgaben nebenbei. Sieht man ab von einigen forstrechtlichen Schriften, so war derOberbergbaupt- mann von Carlowitz der erste, der 1713 mit seiner «Z^ivicnitnra ooconomica» ein wirklich forstliches Buch veröffentlichte.
Die Forstleute der damaligen Zeit waren nur unwissende Jäger, und erst später, als sie sich von dem ganz einseitigen Jägertum etwas befreit hatten, konnte sich eine Forstwirt- schaftslehre entwickeln. Unter den bekannt geworde- nen «holzgerechten Jägern» waren der Forstinspektor I. G. Beckmann, Büchting und Döbel die beden- tendsten. Immerhin beschränkten sich ibre litterar. Leistuugen in der Hanptsache ans Mitteilungen von Erfahrungen ohne wissenschaftliche Begründung. In letzterer Beziehung wurden von größtem Einfluß die Kameralisten.
Fehlte diefen auch die Kenntnis des Waldes, fo überragten sie doch in allgemeiner Bil- dung die Forstleute ihrer Zcit gan; bedeutend. Von ihnen sind namentlich zu nennen Moscr, I. Forstwissenschaft Stahl, der Herausgeber der ersten forstlichen Zeitschrift «Forstmagazin» (1763-69),
von Brocke, Profc-ssor Joh. Beckmann, der in seinem 1769 erschienenen um- fassenden Werke «Grnndsätze der deutschen Land- wirtschaft» (6. Anst- 1806)'das erste vollständige System derLand- und Forstwirtschaft anfstellte, dabei letzterer allerdings nur 61 Seiten widmete, endlich noch Trunk, dessen «Neues vollständiges Forstlehr- buch» 1789 erschien. Die Kameralistcn fühlten wenigstens was not that, nämlicb daß sich die Forstwissenschaft auf Mathematik, Naturwissenschaften und Volks- wirtschaftslehre stützen muffe, um zu gedeihlicher Entwicklung zu gelangen.
Von diefen drei Grundwissenschaften stand im 18. Jahrh, nur die Mathematik bereits auf einer hohen Stufe der Durchbildung, ihre Lehren [* 2] tonnten daher ohne weiteres Verwertung finden. Dies qe- schah um so mehr, als man sich schon seit langer Zeit vor bald eintretendem Holzmangel fürchtete. Die nur mit Hilfe der Mathematik zu lösenden Aufgaben dcr Berechnung des möglichen, nachhaltigen Wald- crtrags (forstwissenschaft Forsteinrichtung und Waldertragsrege- lung) wurden daher schon Ende des vorigen und dem Forstwesen unentbehrliche Dienste [* 3] thue".
Aber auch die
Arbeiten von Vüchting,
Beckmann, Vieren- klee, Däzel,
Trunk, Späth,' Echilcber, Panlfen
u. s. w., vor allen die von G. L. Hartig, H. Cotta, Hoßfeld, König, Hundcshagen,
Karl Heyer ^l. a. förderten wesentlich
den
Ausbau der mathem. ^eite der Forstwissenschaft, so auch die Forsteinrichtung. Die eigentliche Forstmathematik
schien lange Zeit dnrch König einen
Abschluß gesunden zu haben, erst in neuester Zeit wurden durch Proßler,
G. Heyer ll. a. auch hier wieder dem Fort
schritt neue
Bahnen eröfsnet.
Auf demselben Gebiete verdanken wir in neuester Zeit den Arbeiten der forstlichen Versuchsanstalten, na- mentlich denen vonBaur, Kunze, Lorey, Schuberg, von Guttenberg u. s. w. ganz Hervorragendes. Weniger günstig gestaltete sich die Entwicklung der Forstwissenschaft auf dem Gebiete der Naturwissenschaften, da diefe selbst ja noch Ende des 18. Jahrh, auf einer tiefen Stufe der Entwicklung standen. Bahnbrechend namentlich in forstlicher Beziehung war trotzdem scbon in der Mitte des 18. Jahrh, der franz. Marine- inspektor Duhamel du Monceau, dessen höchst wert- volle forstliche Arbeiten großenteils übersetzt und dadurch auch einflußreich in Deutschland [* 4] wurden.
Znc-rst widmete man sich vorzugsweise der beschrei- benden Botanik, so Endcrlin, Gleditsch, von Burgs- dorf, später Th. Hartig. Die sehr wichtige Krank- heitslebre hat erst in neuester Zeit durch Willkomm, namentlich aber durch N. Hartig entsprechende Bearbeitung gesunden. Die forstliche Zoologie wurde besonders durch die großartigen Infektenverheerungen angeregt, die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts viele deutsche Waldungen heimsuchten. Vechstein und Natzeburg sind verdiente Forscher auf diesem Gebiet. (Die neuere Litteratur s. Forstinsckten.) Von einer An- wendung der Chemie und Bodenkunde konnte vor Liebig kaum die Rede sein, alle frühern Schriften sind wertlos und erst in neuester Zeit sind die ge- diegenen Arbeiten von Ebermayer und von Schröder u. s. w. wirtlich bedeutend. - Der klimatischen Be- deutung des Waldes, zuerst ausführlich (1825) von dem Franzosen Morean de Ionnes behandelt, sind äußerst zahlreiche Schriften gewidmet, deren Wert indessen meist zweifelhaft ist, da sie vielfach nur auf Hypothesen gestützt find. Erst der neuesteu Zeit blieb es vorbehalten, auf Grund induktiver For- fchungen die Wahrheit voll den Phantafiegebilden zu sondern. - Von den Fachwissenschaften find es namentlich der Waldbau (s. d.) und der Forstschutz (s. d.), sowie Teile der Forsteinrichtnng (s. o.) und der Forstbenutzung (s. d.), nämlich Waldeintcilung, Fällung und Verwendung des Holzes, die mehr und mehr den Charakter echter Wissenschaft gewin- nen, je mehr sie sich auf die Naturwissenschastcn stützen.
Immerhin wird für sie aber nach wie vor eine sich von Vorurteilen freihaltende Empirie eine Hauptgrnndlage bilden müssen; denn wenn wir z. B. den Wert eines Kulturverfahrens beurteilen wollen, so spielt dabei nicht bloß die Frage eine wichtige Rolle, aus welchen naturwissenschaftlichen Gründen ein solches Verfahren Empfehlung ver- diene oder nicht, sondern auch die des wirklichen Erfolges, der nur auf Grund der im großen ge- wonnenen Erfahrungen beurteilt werden kann. llnd fo ist es mit hundert andern wirtfchaftlichen Fragen.
Nicht so schnell und tief, wie die Atathematik und die Naturwissenschaften, konnten die volkswirtschaft- lichen Lehren Einflnß anf die Gestalwng der Forst- politik (forstwissenschaft Forstpolizei) und deren wissenschaftlichen Aufbau nehmen. Von einer klar durchgebildeten Volkswirtschaftslehre tonnte ohnehin vor Adam Smith überhaupt nicht gesprochen werden, und bis auf den heutigen Tag machen sich mit wechselnder Macht die verschiedensten Strömungen geltend. Die schwer bewegliche Forstwirtschaft konnte und kann weder in ihrer Lehre [* 5] noch in der That den letztern rasch folgen. So kommt es, daß bis in die neueste Zeit der auf dem physiokratischcn System fußende ¶