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(35 km) des Adriatischen sowie Florenz-Pisa-Livorno (97 km) des Mittelmeernetzes und hat zwei Bahnhöfe, [* 2] Centralbahnhof Santa Maria Novella im N. und Porta Croce im O. der Stadt, ersterer für alle drei Linien, letzterer Haltepunkt für die beiden ersten Linien und Abgangspunkt für die Lokalbahn nach Pontassiere. Den Stadtverkehr vermitteln acht Straßenbahnhauptlinien mit Pferde-, Dampf- oder elektrischem Betrieb, letzterer auf der Linie vom Markusplatz nach Fiesole, ferner zahlreiche Omnibuslinien vom Domplatz und der Piazza della Signoria nach allen Thoren und verschiedenen andern Plätzen, sowie Droschken. Ferner bestehen 4 Postämter in der Stadt, 1 Nebenpostamt, 2 Telegraphenämter und 4 Zweigstellen.
Umgebung. Eine der schönsten Promenaden
Italiens
[* 3] bildet die 1868 mit einem Aufwande von mehr als 2 Mill.
Lire nach dem
Plane des Ingenieurs Poggio erbaute, mit Dampftrambahn befahrene Hügelstraße Viale dei Colli, die sich, 5760 m
lang und 18 m breit, im S. der Stadt in Windungen die Höhe hinaufzieht und, mit
Anlagen, Rosenhecken
und Baumreihen besetzt, eine großartige Aussicht auf die Stadt und die dahinter sich erhebenden
Höhen bietet. Sie bildet
ein großes Rundell, Piazzale Galileo, und weiterhin einen terrassenartig vorgebauten Platz, Piazzale Michelangiolo; auf
letzterm ein Bronzeabguß
von
Michelangelos
David, dessen
Sockel
Abgüsse der vier Tageszeiten von den Mediceergräbern umgeben.
Dicht dabei das ehemalige Franziskanerkloster San Salvatore del Monte mit einer 1504 von Cronaca erbauten Kirche, oberhalb derselben die herrliche Kirche San Miniato al Monte im toscanisch-roman. Stil. Im W. der Stadt, zwischen Arno und Mugnone, erstrecken sich mehrere Kilometer weit die Cascinen, der «Tiergarten» oder «Prater» von Florenz, [* 4] mit parkartigen Anlagen und dichten Waldpartien. Im SW. die Certosa di Val d'Ema (s. Certosa); 10 km nördlich Fiesole (s. d.) mit seinen Klöstern, östlich das Kloster San Salvi, bereits 1084 erwähnt, mit dem Abendmahl von Andrea del Sarto (1526) im Refektorium.
Geschichte. Florenz wurde wahrscheinlich im 1. Jahrh. v. Chr. von Sulla als röm. Militärstation angelegt, um deren Lager [* 5] sich allmählich eine kleine Stadt ansiedelte. Heute noch bezeugen die Straßenzüge der innern Stadt die Lage des alten Castrums und Forums. Bis zum Tode der Markgräfin Mathilde (1115) war es nur eine kleine markgräfl. Stadt, die vor der Macht des benachbarten, dem etrur. Städtebunde angehörigen Fäsulä (Fiesole, s. d.) nicht aufkommen konnte.
Erst nach der Zerstörung der Rivalin (1125), deren Einwohner nach Florenz verpflanzt wurden, begann sie aufzublühen. Schon Anfang des 13. Jahrh. war Florenz durch glückliche Kriege und seine bedeutende Industrie eine der angesehensten Gemeinden Mittelitaliens. Die Stadt wurde von den Adligen (Grandi) durch vier, dann sechs Konsuln regiert mit einem Rate von 100 Buonuomini; das Gerichtswesen stand seit 1207 unter dem Podestà, einem rechtskundigen, fremden Ritter, der anfangs auf sechs Monate, später auf ein Jahr berufen wurde.
In den furchtbaren und endlosen Kämpfen des Adels innerhalb seiner Mauern trennte sich die Stadt durch die Ermordung des Buondelmonte am Ponte Vecchio 1215 in zwei Parteien, die guelfische und ghibellinische; meist trug die erstere den Sieg davon. Besonders gewann sie seit dem Tode Kaiser Friedrichs II. die Oberhand. Infolge der Unfähigkeit des Adels gab sich das Volk 1250 eine eigene Verfassung unter dem Capitano del Popolo, dem ein Rat von 12 Anzianen nebst 36 Caporalen zur Seite stand. Durch die Prägung des Goldguldens 1252 stieg das Ansehen von Florenz erheblich; die Wollweber und Tuchfabrikanten hatten ihre Agenten in Venedig, [* 6] Paris, [* 7] Brügge und London, [* 8] und der ganze franz. Geldverkehr war in den Händen der florentin. Wechsler.
Bei dem fortdauernden Hader des Adels geriet Florenz in Feindschaft mit den andern toscan. Städten, von denen namentlich Siena und Pisa [* 9] zu den Ghibellinen hielten; die Florentiner [* 10] erlitten eine furchtbare Niederlage an der Arbia bei Montaperti, weshalb die Guelfen die Stadt verließen. Doch gelangten sie 1267 wieder zur Herrschaft, als Karl von Anjou durch seine Wahl zum Signore der Republik Florenz auf 10 Jahre Anteil an der Regierung bekam, die seine Vikare zusammen mit den städtischen Behörden führten. Zu letztern gehörten seit dem 13. Jahrh. auch die Vorsteher der sieben obern Zünfte (Richter und Notare, Tuchhändler, Geldwechsler, Wollweber, Seidenwirker, Ärzte, Apotheker). 1282 beschlossen die Zünfte, selbst das Regiment in die Hand [* 11] zu nehmen, stellten ihre Priori (Vorsteher) als Signoria an die Spitze der Verwaltung und hielten den Adel durch strenge Gesetze (1293) im Zaume.
Anfang des 14. Jahrh. begannen neue Kämpfe der Adelsparteien Neri (Schwarzen) und Bianchi (Weißen), und 1301 mußte der ghibellinisch gesinnte Dante seiner Vaterstadt den Rücken kehren und starb in Ravenna. Viele der ärmern Adelsgeschlechter traten in die obern Zünfte ein, und es bildete sich eine neue Aristokratie, zu welcher unter andern die Acciajuoli, Alberti, Mancini, Peruzzi, Strozzi und Ricci gehörten; das niedere Volk, «popolo minuto», war von den Ämtern ausgeschlossen. Im JI. 1304 wurde während der Kämpfe zwischen Adel und Volk ein Teil der Stadt durch den Brand zerstört. 1342 beseitigte Graf Walther VI. von Brienne, Herzog von Athen, [* 12] mit Hilfe der Arbeiterklassen die Verfassung mit Gewalt, wurde aber 1343 vertrieben, worauf sich eine Oligarchie reicher Kaufmannsfamilien bildete, die durch die zur Verwaltung der ghibellinischen Güter eingesetzten «Capitani di Parte Guelfa» die ganze Regierung beeinflußten.
Nach Beseitigung der dreijährigen, durch einen Aufstand des niedern Volks, «Tumulto dei Ciompi», 1378 herbeigeführten Pöbelherrschaft kam die aristokratische Partei wieder ans Ruder, an deren Spitze ein halbes Jahrhundert lang die Albizzi standen, denen die Medici (s. d.), ein reich gewordenes Kaufmannsgeschlecht, folgten. Der eigentliche Gründer ihrer Herrschaft war der volksfreundliche Giovanni de' Medici (gest. 1429). Sein Sohn Cosimo (Cosmus) der Ältere kehrte 1434 nach einjähriger Verbannung zurück und herrschte ebenso wie sein Enkel Lorenzo il Magnifico noch ohne Titel, durch Reichtum und Klugheit mit republikanischen Formen. Unter der patriarchalischen Regierung dieser gebildeten und kunstsinnigen Männer wurde Florenz zum Mittelpunkte des geistigen Lebens der Zeit und zur Ausgangsstation des Humanismus und der großen Renaissancebewegung in der Kunst. Die industrielle Thätigkeit war damals schon im Abnehmen; florentin. Banken bestanden aber in allen Ländern. 1494 wurde Florenz von Karl VIII. von Frankreich auf seinem Zuge nach Neapel [* 13] besetzt, und Piero ¶
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de' Medici, der ihm keinen Widerstand zu leisten gewagt hatte, vertrieben. Savonarola (s. d.), der Prior von San Marco, gewann den größten Einfluß und errichtete ein theokratisches Regiment, das mit seiner Hinrichtung (1498) zusammenbrach. 1512 kehrten die Medici mit Hilfe des Papstes Julius II. zurück. 1527 wurden sie zum zweitenmal vertrieben, aber von Kaiser Karl V. und Papst Clemens VII. (Giulio Medici) der Stadt nach längerer Belagerung und Eroberung mit Gewalt wieder aufgedrungen und Alessandro Medici zum Herzog von Florenz ausgerufen (1531). Sein Nachfolger Cosimo I. fügte Siena dem bisherigen florentin. Staate hinzu und nahm 1569 den von Pius V. ihm verliehenen Titel eines Großherzogs von Toscana an. Seitdem teilte die Hauptstadt die Geschicke des Staates. (S. Toscana.) 1799 von den Franzosen besetzt, 1801 Hauptstadt des Königreichs Etrurien, 1807 mit dem franz. Kaiserreich vereint, 1814 wieder Hauptstadt des Großherzogtums, 1849 auf kurze Zeit Sitz einer provisorischen Regierung, wurde sie 1859 wieder Provinzialstadt, was sie auch blieb, nachdem durch die Volksabstimmungen (11. und Toscana dem piemont. Staate einverleibt worden war. Infolge der September-Konvention wurde Florenz 1865 Italiens Hauptstadt und blieb es bis 1871. In diesen sechs Jahren geschah unter der Leitung von Ubaldino Peruzzi außerordentlich viel zur Verschönerung und Vergrößerung der Stadt. Die endgültige Verlegung der Residenz nach Rom [* 15] hatte große wirtschaftliche Nachteile und finanzielle Verlegenheiten zur Folge; erst in neuester Zeit hat sich die Stadt von der Krisis erholt.
Litteratur. Abgesehen von den bis in das 16. Jahrh. hineinreichenden Chroniken und Historien, die mit Villani und Dino Compagni beginnen, mit denen Varchi, Nardi, Jacopo Pitti enden, wie von ältern Darstellungen, unter denen Machiavellis Florentinische Geschichte (deutsch von A. von Reumont, 2 Bde., Lpz. 1846) hervorragt, sind von neuern Werken hervorzuheben: A. von Reumont, Tavole cronologiche e sincronologiche della storia fiorentina (Flor. 1844);
Sieveking, Geschichte von Florenz (Hamb. 1844);
Napier, Florentine history (6 Bde., Lond. 1846);
Zobi, Storia civile della Toscana dal 1737 al 1848 (5 Bde., Flor. 1850-52);
Vannucci, I primi tempi della libertà florentina (ebd. 1856);
Trollope, History of the commonwealth of Florence (4 Bde., Lond. 1864-65);
A. von Reumont, Lorenzo de' Medici il Magnifico (2. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1883);
Scheffer-Boichorst, Florentiner Studien (ebd. 1874);
Hartwig, Quellen und Forschungen zur ältesten Geschichte der Stadt Florenz (2 Bde., Marb. und Halle [* 16] 1875-81);
Capponi, Storia della repubblica di Firenze (3. Aufl., 2 Bde., Flor. 1888; deutsch von Dütschke, Lpz. 1876);
Yriarte, Florence (Par. 1880);
Byers, Florenz (Zür. 1881);
Kleinpaul, Florenz in Wort und Bild (Lpz. 1887);
Villari, Le [* 17] origine del commune di Firenze (Mail. 1890);
ders., I primi due secoli della storia di Firenze, Bd. 1 (Flor. 1893);
Corazzini, Sommario di storia fiorentina (ebd. 1891);
Bigazzi, Firenze e contorni (ebd. 1892).
(S. auch Medici und Toscana.)