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Staatsdienst. Der Staat unterhält außer der Weiblichen Hochschule (96 Hörerinnen), einem Lehrer- und einem Lehrerinnenseminar und einem Mädchenpensionat ein vollständiges Gymnasium, das nach Dante benannte Obergymnasium und eine Oberrealschule. Die Provinz sorgt für andere Zweige des Mittelschulunterrichts und die Stadt für den Elementarunterricht. Es giebt eine auch für die Ausbildung von Baumeistern berechnete Kunstschule, sowie ein Konservatorium der Musik, die 1882 von der deutschen Kolonie gegründete deutsche Schule für Knaben und Mädchen, die Mädchenschule von Frl. Johanna Müller mit Pensionat und die von Kaiserswerther Diakonissen gegründete Mädchenschule.
Von gelehrten Gesellschaften und Kunstvereinen sind zu erwähnen: die Accademia della Crusca (s. Crusca), das Historische Institut für die Erforschung der Geschichte Toscanas und Umbriens, die Accademia dei Georgofili zur Beförderung der Landwirtschaft, die Gesellschaft zur Beförderung der Schauspielkunst, die Philharmonische Gesellschaft (Società filarmonica), die Società d' Incoraggiamento delle belle Arti, welche jährlich Ausstellungen von Gemälden veranstaltet, die bereits erwähnte Akademie der bildenden Künste mit einer großartigen Sammlung von Skulpturen (David von Michelangelo), Gipsabgüssen und Gemälden, darstellend die Entwicklung der florentin. Malerei vom 14. bis 16. Jahrh. (darunter Werke von Giotto, Gentile da Fabriano [Anbetung der Könige], Fra Angelico, Dom. Ghirlandajo, Filippo Lippi [Krönung Mariä], Perugino [Christus am Ölberge, Himmelfahrt Mariä, Beweinung Christi] u. a.). Außer den bereits erwähnten Kunstsammlungen bestehen noch die Galleria degli Arazzi, Sammlung der Wandteppiche im Palast Crocetta, die Galleria Buonarroti mit Werken und Entwürfen von Michelangelo in dessen Wohnhaus, [* 2] die Galleria Torrigiani im gleichnamigen Palast, die Gemäldegalerie des Findelhauses (s. unten), das 1891 eröffnete Dommuseum in der Opera del Duomo (Dombauhalle), welches vorzugsweise Kunstwerke aus dem Dom und dem Baptisterium enthält (röm. und etrusk. Altertümer, Reliefs, Silberaltar, alte und neue Zeichnungen des Doms u. s. w.).
Unter den wissenschaftlichen Sammlungen nimmt das Museum der Naturwissenschaften (Museo fisico e di Storia Naturale, neben dem Palazzo Pitti), vom Großherzog Leopold I. gegründet, den ersten Platz ein. Außer den zoolog. (namentlich ornitholog.) Sammlungen finden sich daselbst die schönsten und vollständigsten Wachspräparate für Anatomie und Zootomie nebst einer Menge mit künstlerischer Vollendung in Wachs bossierter Pflanzen; zum Museum gehören eine Sternwarte [* 3] und ein botan. Garten. [* 4]
Hier werden unentgeltliche Vorlesungen über alle Zweige der Naturwissenschaft gehalten. Seit 1841 sieht man hier in der Galilei-Tribüne die Instrumente und andere an den großen Naturforscher erinnernde Gegenstände vereinigt. Ein reiches archäol. Museum mit Gräberfunden, ägypt. und etrusk. Altertümern, letztere großenteils auf der Reise Rosellinis 1827-29 erworben, befindet sich im Palazzo della Crocetta, das von A. de Gubernatis gegründete Indische Museum sowie die mineralog, und geolog.
Sammlung der ehemaligenUniversität (1438 gestiftet) im Istituto di Studi superiori. Von den öffentlichen Bibliotheken sind besonders drei zu nennen: die 1444 von Cosimo I. gestiftete und von den Mediceern vermehrte Mediceische oder Laurentiana (4000 Bände, 669 Broschüren, 9609 der kostbarsten Handschriften griech. und lat. Klassiker und eine reiche Sammlung von Drucken des 15. Jahrh. als Vermächtnis des Grafen Angelo d' Elci);
die Biblioteca Nazionale, seit 1860 entstanden aus der Vereinigung der früher im Palast Pitti befindlichen großherzogl. Biblioteca Palatina und der noch bedeutendern von Ant. Magliabecchi, einem ehemaligen Juwelier, gegründeten und seit 1747 zum öffentlichen Gebrauche bestimmten Magliabecchiana (414640 Bände, 380148 Broschüren, 8785 Musikalien, 6100 Kupfer- und Handzeichnungen, 17229 Handschriften und sehr seltene Drucke), und die Marucelliana (140000 Bände, 17000 Broschüren, 1441 Handschriften), 1713 von Marucelli gestiftet, mit Kupferstichsammlung, täglich geöffnet;
und die Riccardiana (32574 Bände, 3844 Handschriften, darunter ein Virgil mit Miniaturen von Gozzoli, ferner Handschriften von Dante, Galilei, Petrarca, Machiavelli) ist ebenfalls zugänglich, mit Ausnahme der Zeit vom 12. Aug. bis 12. Nov. Das großartige von Bonaini geordnete Centralarchiv von Toscana, 1851-58 durch Vereinigung der bisherigen Archive, des diplomatischen, des der Republik, des Mediceischen, des der aufgehobenen Klöster u. s. w. geschaffen und im ersten Geschosse [* 5] der Uffizien befindlich, enthält in 140000 Nummern reiche Schätze für den Geschichtsforscher.
Die zwölf Theater [* 6] sind gewöhnlich im Karneval sämtlich, in den übrigen Jahreszeiten [* 7] nur teilweise geöffnet und sehr besucht. Das Theater della Pergola, 1652 erbaut, 1857 erneuert, mit Raum für 2000 Personen, ist für Oper und Ballett, Niccolini, einst Cocomero, für ital. und franz. Oper und Schauspiel das bedeutendste; ferner Salvini für franz. Lustspiel, das große Teatro Pagliano für 4000 Personen, Politeama und Arena Goldoni, zugleich Tagestheater, das Teatro delle Logge, Teatro Nuovo, Principe Umberto und die Arena Nazionale.
Wohlthätigkeitsanstalten. Das große Hospital von Santa Maria Nuova, einer Stiftung von Folco Portinari (1285), mit Raum für mehrere Tausend Kranke sowie einer mediz. und chirurg. Klinik, hat eine Sammlung von Gemälden, darunter das jüngste Gericht von Bartolommeo und Albertinelli; daneben bestehen noch mehrere andere Spitäler, eine Blindenanstalt, ein evang. Krankenhaus, [* 8] ein Findelhaus (Spedale degli Innocenti), auf Kosten der Seidenwirkerzunft nach Brunelleschis Entwurf von seinem Schüler Luna 1421 begonnen, ein Irrenhaus, Arbeitshaus und ein Leihhaus mit Sparkasse. Weit berühmt ist die Einrichtung der Confraternita della misericordia, zu welcher der Adel und die ganze reiche Bürgerschaft gehören.
Im nordwestl. Stadtviertel ist eine großartige Markthalle, am südl. und am östl. Ende der Stadt sind zwei kleinere errichtet worden.
Die ehemals blühende Industrie der Stadt war sehr gesunken, hat sich aber neuerdings wieder beträchtlich gehoben. Strohhüte und Seidenwaren werden noch immer in Menge verfertigt, während die Fabrikation von Wollwaren und Sammet verschwindend gering ist. Bemerkenswert sind die Arbeiten in Marmor, Alabaster, florentin. Mosaik (wovon eine große Fabrik durch einen reichen Stiftungsfonds unterhalten wird).
Verkehrswesen. Florenz
[* 9] liegt an den Linien
Bologna-Florenz-Chiusi-Rom und
Florenz-Borgo-San
Lorenzo
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(35 km) des Adriatischen sowie Florenz
-Pisa-Livorno (97 km) des Mittelmeernetzes und hat zwei Bahnhöfe,
[* 11] Centralbahnhof Santa Maria
Novella im N. und Porta Croce im O. der Stadt, ersterer für alle drei Linien, letzterer Haltepunkt für die beiden ersten
Linien und Abgangspunkt für die Lokalbahn nach Pontassiere. Den Stadtverkehr vermitteln acht Straßenbahnhauptlinien
mit Pferde-, Dampf- oder elektrischem Betrieb, letzterer auf der Linie vom Markusplatz nach Fiesole, ferner zahlreiche Omnibuslinien
vom Domplatz und der Piazza della Signoria nach allen Thoren und verschiedenen andern Plätzen, sowie Droschken. Ferner bestehen 4 Postämter
in der Stadt, 1 Nebenpostamt, 2 Telegraphenämter und 4 Zweigstellen.
Umgebung. Eine der schönsten Promenaden Italiens [* 12] bildet die 1868 mit einem Aufwande von mehr als 2 Mill. Lire nach dem Plane des Ingenieurs Poggio erbaute, mit Dampftrambahn befahrene Hügelstraße Viale dei Colli, die sich, 5760 m lang und 18 m breit, im S. der Stadt in Windungen die Höhe hinaufzieht und, mit Anlagen, Rosenhecken und Baumreihen besetzt, eine großartige Aussicht auf die Stadt und die dahinter sich erhebenden Höhen bietet. Sie bildet ein großes Rundell, Piazzale Galileo, und weiterhin einen terrassenartig vorgebauten Platz, Piazzale Michelangiolo; auf letzterm ein Bronzeabguß von Michelangelos David, dessen Sockel Abgüsse der vier Tageszeiten von den Mediceergräbern umgeben.
Dicht dabei das ehemalige Franziskanerkloster San Salvatore del Monte mit einer 1504 von Cronaca erbauten Kirche, oberhalb derselben
die herrliche Kirche San Miniato al Monte im toscanisch-roman. Stil. Im W. der Stadt, zwischen Arno und Mugnone, erstrecken sich
mehrere Kilometer weit die Cascinen, der «Tiergarten» oder «Prater» von Florenz
, mit
parkartigen Anlagen und dichten Waldpartien. Im SW. die Certosa di Val d'Ema (s. Certosa); 10 km nördlich Fiesole (s. d.) mit
seinen Klöstern, östlich das Kloster San Salvi, bereits 1084 erwähnt, mit dem Abendmahl von Andrea del Sarto (1526) im Refektorium.
Geschichte. Florenz
wurde wahrscheinlich im 1. Jahrh. v. Chr. von Sulla als röm. Militärstation angelegt,
um deren Lager
[* 13] sich allmählich eine kleine Stadt ansiedelte. Heute noch bezeugen die Straßenzüge der innern Stadt die
Lage des alten Castrums und Forums. Bis zum Tode der Markgräfin Mathilde (1115) war es nur eine kleine markgräfl. Stadt, die
vor der Macht des benachbarten, dem etrur. Städtebunde angehörigen Fäsulä (Fiesole, s. d.) nicht aufkommen
konnte.
Erst nach der Zerstörung der Rivalin (1125), deren Einwohner nach Florenz
verpflanzt wurden, begann sie aufzublühen.
Schon Anfang des 13. Jahrh. war Florenz
durch glückliche Kriege und seine bedeutende Industrie eine der angesehensten Gemeinden
Mittelitaliens. Die Stadt wurde von den Adligen (Grandi) durch vier, dann sechs Konsuln regiert mit einem
Rate von 100 Buonuomini; das Gerichtswesen stand seit 1207 unter dem Podestà, einem rechtskundigen, fremden Ritter, der anfangs
auf sechs Monate, später auf ein Jahr berufen wurde.
In den furchtbaren und endlosen Kämpfen des Adels innerhalb seiner Mauern trennte sich die Stadt durch
die Ermordung des Buondelmonte am Ponte Vecchio 1215 in zwei Parteien, die guelfische und ghibellinische; meist trug die
erstere den Sieg davon. Besonders gewann sie seit dem Tode Kaiser Friedrichs II. die Oberhand. Infolge
der Unfähigkeit des Adels
gab sich das Volk 1250 eine eigene Verfassung unter dem Capitano del Popolo, dem ein Rat von 12 Anzianen
nebst 36 Caporalen zur Seite stand. Durch die Prägung des Goldguldens 1252 stieg das Ansehen von Florenz
erheblich; die Wollweber
und Tuchfabrikanten hatten ihre Agenten in Venedig,
[* 14] Paris,
[* 15] Brügge und London,
[* 16] und der ganze franz. Geldverkehr war in den Händen
der florentin. Wechsler.
Bei dem fortdauernden Hader des Adels geriet Florenz
in Feindschaft mit den andern toscan. Städten, von denen namentlich Siena
und Pisa
[* 17] zu den Ghibellinen hielten; die Florentiner
[* 18] erlitten eine furchtbare Niederlage an der Arbia bei Montaperti,
weshalb die Guelfen die Stadt verließen. Doch gelangten sie 1267 wieder zur Herrschaft, als Karl von
Anjou durch seine Wahl zum Signore der Republik Florenz
auf 10 Jahre Anteil an der Regierung bekam, die seine Vikare zusammen mit
den städtischen Behörden führten. Zu letztern gehörten seit dem 13. Jahrh. auch die Vorsteher der sieben
obern Zünfte (Richter und Notare, Tuchhändler, Geldwechsler, Wollweber, Seidenwirker, Ärzte, Apotheker). 1282 beschlossen
die Zünfte, selbst das Regiment in die Hand
[* 19] zu nehmen, stellten ihre Priori (Vorsteher) als Signoria an die Spitze der Verwaltung
und hielten den Adel durch strenge Gesetze (1293) im Zaume.
Anfang des 14. Jahrh. begannen neue Kämpfe der Adelsparteien Neri (Schwarzen) und Bianchi (Weißen), und 1301 mußte der ghibellinisch gesinnte Dante seiner Vaterstadt den Rücken kehren und starb in Ravenna. Viele der ärmern Adelsgeschlechter traten in die obern Zünfte ein, und es bildete sich eine neue Aristokratie, zu welcher unter andern die Acciajuoli, Alberti, Mancini, Peruzzi, Strozzi und Ricci gehörten; das niedere Volk, «popolo minuto», war von den Ämtern ausgeschlossen. Im JI. 1304 wurde während der Kämpfe zwischen Adel und Volk ein Teil der Stadt durch den Brand zerstört. 1342 beseitigte Graf Walther VI. von Brienne, Herzog von Athen, [* 20] mit Hilfe der Arbeiterklassen die Verfassung mit Gewalt, wurde aber 1343 vertrieben, worauf sich eine Oligarchie reicher Kaufmannsfamilien bildete, die durch die zur Verwaltung der ghibellinischen Güter eingesetzten «Capitani di Parte Guelfa» die ganze Regierung beeinflußten.
Nach Beseitigung der dreijährigen, durch einen Aufstand des niedern Volks, «Tumulto dei Ciompi», 1378 herbeigeführten Pöbelherrschaft kam die aristokratische Partei wieder ans Ruder, an deren Spitze ein halbes Jahrhundert lang die Albizzi standen, denen die Medici (s. d.), ein reich gewordenes Kaufmannsgeschlecht, folgten. Der eigentliche Gründer ihrer Herrschaft war der volksfreundliche Giovanni de' Medici (gest. 1429). Sein Sohn Cosimo (Cosmus) der Ältere kehrte 1434 nach einjähriger Verbannung zurück und herrschte ebenso wie sein Enkel Lorenzo il Magnifico noch ohne Titel, durch Reichtum und Klugheit mit republikanischen Formen. Unter der patriarchalischen Regierung dieser gebildeten und kunstsinnigen Männer wurde Florenz zum Mittelpunkte des geistigen Lebens der Zeit und zur Ausgangsstation des Humanismus und der großen Renaissancebewegung in der Kunst. Die industrielle Thätigkeit war damals schon im Abnehmen; florentin. Banken bestanden aber in allen Ländern. 1494 wurde Florenz von Karl VIII. von Frankreich auf seinem Zuge nach Neapel [* 21] besetzt, und Piero ¶