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zuweisen hat. Es erklärt sich dies aus der verschie- denen Lebensweise der Tiere. Den Mastticren wird reichliche Nahrung gereicht, sie verzehren sie in voll- kommenster Ruhe, es kann daher alles, was für die Zwecke des Körpers nicht verbraucht wird, am Körper angesetzt werden und nimmt hier vorwiegend die Form von Fett an. Den in Freiheit lebenden Tieren ist während des größern Teils des Jahres die Nahrung nur spärlich bemessen; um sie sich zu ver- schaffen, sind sie gezwungen, größere Kraftanstren- gungen zu machen, weite Märsche Zurückzulegen; von menschlichen und tierischen Feinden verfolgt, ünd ihre Muskeln [* 2] in steter Thätigkeit und konsu- mieren, um diese Kraftäußerungen vollführen zu können, das Material, das sonst zur Vermehrung und Zur Veränderung ihrer Körpersubstanz hätte verwandt werden können.
Nach längerm Hängen- lassen wird das Fleisch mürber, da aus Inosit, Glykogcn u. s. w. Milchsäure entsteht, die eine gelinde Mace- ration bewirkt. Das ganz frische Fleisch eben geschlach- teter Tiere schmeckt fade süßlich, ist fest und Zäh und wird durch die Zubereitung noch fester und derber. Aus diesem Grunde genießen wir das Fleisch der größern Tiere nicht unmittelbar nach dem Schlachten, [* 3] son- dern erst nach Lösung der Muskelstarre (Totenstarre), wenn die eintretende Milchsäuregärung die Flcisch- faser mürber, leichter verdaulich und wohlschmecken- der gemacht hat.
Die Bestandteile des Fleisch sind Was- ser, stickstoffhaltige und stickstofffreie organische Substanzen und anorganische Salze. Das von sichtbarem Fett möglichst befreite Fleisch enthält etwa 76 Proz. Wasser und 23 Proz. stickstoffhaltige Sub- stanzen. Zu letztern gehören 3 Proz. in Wasser lös- liche Stoffe: Serumalbumin, Muskeleiweih,Kreatin, Kreatinin, Sarkin, Aanthin, Inosinsäure u. s. w. und 20 Proz. in Wasser unlösliche Verbindungen: Myosin, Muskelfaser, Bindegewebe und Blutfarb- stoff.
Die stickstofffreien organischen Substanzen, wie Glykogen, Inosit, Milchsäure und Glycerin- phosphorsäure sind nur in geringer Menge vor- handen. Die Aschenbestandteile, unter denen Kali und Phosphorsäure vorwalten, sind etwa 1 Proz. Der Nahrungswert des Fleisch ist durch seinen Ge- halt an Eiweißstoffen und Fett bedingt. Nm hierfür einen Anhalt [* 4] zu geben, mögen folgende Zahlen dienen, die die prozentische Zusammensetzung ver- schiedener Sorten von Fleisch geben: Wasser EiwoMoffe Fett Salze Kalb, fett 70,3 18,9 9,2 0,4 mager 78,8 19,8 0,8 0,6 Ochs, fett 51,5 13,i 34,7 0,? halbfett 60,? 16,5 20,0 0,8 mager 76,7 20,6 1,5 1,2 Hammel, sehr sett.. 42,0 14,4 43,5 0,7 mager... 77,0 19,5 2,7 0,8 Schwein, [* 5] fett 47,4 14,5 37,3 0,8 mager... 74,0 19,9 4,6 0^ Aus diesen Zahlen ergiebt sich der ungemein ver- schiedene Wert der einzelnen Fleischsorten.
Kauft man z. V. 100 k^ mageres Hammelfleisch, so erhält man darin 23 K^ Nährstoffe, während dieselbe Menge von fettem Hammelfleisch 58 1 Nährstoffe enthält. Sehr bedeutend ist auch derUnterschied dcsNahrungs- wertes verschiedener Fleischstücke von einem und dem- selben Tiere, indem der Gehalt an stickstoffhaltiger Substanz zwischen 10 und 23, derjenige des Fettes zwischen 6 und 30 Proz. schwanken kann. Bei einem gut gemästeten Ochsen rangieren die einzelnen Körperstellen hinsichtlich ihrer Schmackhaftigkeit und ihres Nährstoffgehaltes, vom preiswürdigsten zum minderwertigen, in folgender Reihe: Schwanzstück, Lendcnstück,Vordernppe, Hüftenstück, Hinterschenkel- stück, Oberweiche, Unterweiche, Wadenstück, Mittel- rippenstück, Oberarmstück, Flankenteil, Schulterblatt, Vrustkern, Wamme, Hals und Beine.
Als Nahrungsmittel [* 6] verwendet man das Fleisch meist im zubereiteten Zustande, seltener roh, und man sollte sich des Genusses des rohen Fleisch gänzlich ent- halten, da es oftmals von verschiedenen Parasiten, wie Trichinen (s. d.), Finnen (s. Finnenkrantheit der Haustiere) und Bandwürmern (s. d.) durchsetzt ist. Wird das Fleisch vor dem Genusse aber einer genügend starken Erhitzung (durch Kochen oder Dampfsterili- sation, s. Nohrbeckscher Desinfektor) unterworfen, so werden die Parasiten getötet und damit unschäd- lich gemacht.
Dafür, daß kein gesundheitsschädliches oder ekelerregendes Fleisch in den Handel kommt, sorgt die Einrichtung der Fleischbeschau (s. d.). Die Zubereitung für den alsbaldigen Genuß geschieht entweder durch Kochen, durch Braten oder durch Dämpfen. Die Veränderungen, die das Fleisch beim Kochen erleidet, sind verschiedene, je nach- dem man es in bereits siedendes Wasser einträgt, oder es in kaltes Wasser bringt und dieses erst zum Kochen erhitzt. Im erstern Falle koaguliert sogleich von der Oberfläche einwärts das Eiweiß und vildet eine Hülle, die die Auslaugung und den Austritt der in Wasser löslichen Teile verhindert.
Wird das Sieden nur einige Minuten unterhalten, dann so viel kaltes Wasser zugeschüttet, daß die Temperatur bis 75° 0. --- 60° It.. erniedrigt wird, und wird nun das Wasser einige Stunden auf dieser Temperatur gehalten, so erhält man ein zartes und schmackhaftes Fleisch. Im zweiten Falle dringt das kalte Wasser durch das Fleischstück und laugt die in Wasser löslichen Stoffe aus, es erfolgt schließlich eine dichte und feste Gerinnung. Das Fleisch ist zähe und geschmacklos; wäh- rend die Fleischbrühe (s. d.) gut und wohlschmeckend wird.
Durch das Kochen des Fleisch wird das Eiweiß unlöslich und verbleibt entweder in dem Gewebe, [* 7] oder es giebt den auf der Fleischbrühe schwimmenden Schaum; ein Teil des Bindegewebes wird beim Kochen in Leim übergeführt, und ebenfo geht ein Teil des Fettes in die Brühe; der Fleischfarbstoff wird zerstört und die Muskelfafer in ihrem Zusam- menhange gelockert und daher leicht kaubar. Ist das Fleisch nur bis zum Gerinnen des Eiweißes auf 57° 0. erhitzt worden, so wird der Farbstoff nicht zerstört, das Fleisch ist blutig gar.
Gesottenes Fleisch ist wasserärmer als frifches. Es enthält ungefähr 60 Proz. Wasser. Beim Braten des Fleisch wendet man kein Wasser, sondern Fett an, mit dem man das Fleisch in einer Pfanne erwärmt; die obern Teile des Bratens wer- den teils durch übergießen mit dem heißen Fett, teils durch die Hitze des Raums, in dem sich die Pfanne befindet, gar. Bei den Engländern und den Nord- amerikanern, die Meister im Braten sind, geschieht dasselbe in der strahlenden Hitze einer Kohlenglut, der gegenüber das an einem Bratenwender auf- gehängt wird; ein blecherner Schirm konzentriert die Strahlen, während sich in einem untergesetzten Becken der abträufelnde Saft und das Fett fammelt. Unter diesen Umständen bildet sich schnell eine Kruste um das Flcischstück, die durch die Vraunröstung noch dichter und undurchdringlicher wird und daher den Saft viel vollständiger zusammcnhält. Nachdem diese Kruste sich gebildet hat, kann man die Hitze ¶