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Bei der Privatfeuerversicherung ist die Erscheinung wahrnehmbar, daß die Aktiengesell- schaften an Geschäftsumfang die gegenseitigen An- stalten überflügelt haben. Das beweist nicht, daß die Aktienform, welche den Versicherten gleich von vornherein derNachschußverpflichtung überhebt und ihm den wichtigen Vorteil fester Prä'numerando- oder Vorprämien, den Aktionären aber eine ren- table Kapitalanlage bietet, die an sich für die Feuerversicherung ge- eignetere ist; es beweist nur, daß es, wo alle Ve- triedsformen der Feuerversicherung ausreichend vertreten sind, außerordentlich schwierig ist, ein auf Gegenseitigkeit beruhendes Unternehmen mit einem genügend gro- ßen, die Vorzüge der Sicherheit und Billigkeit ge- währleistenden Bestände neu ins Leben zu rufen.
Einen Mittelweg zwifchen Aktien- und Gegenseitig- keitsprincip hat man gefunden in den Verbänden. Die in den Verbänden Versicherten genießen die Vorteile der Mitglieder Gegenseitiger, Anteil an Verwaltung und Gewinn, bleiben aber von deren Nachteilen (Nachschußpflicht u. s. w.) verschont. Derartige Verbände bestehen bei «Magdeburg» [* 2] z. B. bezüglich der Rübenzuckerfabritanten, Mühlen- interessenten und Landwirte. Nur wenige private gegenseitige deutsche Feuerversicherungsgesellschaf- ten haben es zu größerer Ausdehnung [* 3] gebracht, so besonders die Gothaer Feuerversicherungsbank.
Die untenstehende Übersicht II giebt ein Bild über die Thätigkeit der privaten gegenseitigen Fcuerversicherungsanstalten im Deutschen Reiche für das I. 1890. Über die Aktiengesellschaf- ten in: Deutfchen Reiche giebt die Übersicht III aus S. 752 und 753 Auskunft. Die Gesamtsumme des ganzen deutschen Feuer- Versicherungsgeschäfts im I. 1892 betrug: Gesellschaften I. Öffentliche gegenseitige Gesellschaften II. Private gegenseitige Ge- sellschaften III. Aktiengesellschaften. . . . Versicherungs- summe Ende 1892 Prämien- einnahmen für eigene Nechnnng 37 624 543 783 10 312 140 230 54 718 566 284 52 995 430 25 940 082 109 727 154 Gesamtsumme I, II, III !102 655 250 297 j 138662666 Die Ausdehnung des Feuerversicherungswesens in Österreich-Ungarn [* 4] ist in Übersicht IV ^. 752), in der Schweiz [* 5] in Übersicht V (S. 753) dargestellt.
II. Die privaten gegenseitigen Feuerversicherungsgesellschaften im Deutschen Reiche im1.1892. ^. Allgemeine, nicht auf ein enges Gebiet beschränkte Gesellschaften. ZD Sitz Versicherungssumme Ende 1892 Erhobene Beiträge M. M. Vraud- Geschäfts- schäden unkostcn M. Reserven Ende 1892 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Gotha Stuttgart Schwedt [* 6] a. O Lübeck Dresden Greifswald Neubrandenburg [* 7] . . . Altona Brandenburg [* 8] a. H. . Hannover, [* 9] Concordia Marienwcrder . . . . Stolp Güstrow Oldenburg [* 10] Hannover Feuerversicherung-V.-V Rostock Berlin, [* 11] Preuß.
Staats- beamten Berlin, Preuß. Forst- beamten Zwickau, [* 12] Militär-V.-A. . Rübenzuckerfabrikanten . Feuerversicherung-V.-Verband deutscher Fabrikanten 4 523 717 900 847 069 501 635 124 876 422000000 371 085 751 257 469 200 314 267 200 232 563 302 162 679 25 l 144 496 850 104 588 900 63 630 400 61 047 288 60000000^) 33 147 153 29 783 090 145 151100 44 796 700 180 244 434 265 072 928 30000000*) Summet 8 927 935 824 13 936 303 1 618 423 1 774 944 743 088 629 184 726 001 1 085 984 384 818 260 110 207 689 386 854 59 330 243 062 64 369 61933 97 674 92 641 50 695 276 900 519 303 102 959 2 520 434 622 440 l 551130 464 158 236 228 728 570 1 016 487 179 608 137 142 134 300 371 265 41 520 250 300 68 135 35 023 18 690 36 611 58 938 249 661 30199 21 929 1 759 216 343 951 248 970 233 944 60 722 25 458 114 749 136 632 87 600 62 327 39131 6 462 16 417 7 818 11 857 27 517 11 554 4 488 77 208 17 806 79 812 7 205 982') 11770 7372) 2 489 257 168 608 930050^ 1 407 690 52 455') 645 774 156 752 656549 838 823 147 646 201233 11308 58376 350062") 119 610 119 410 335 481 819 399 17 609 23 322 264 ! 8 772 828 ! 3 373 639 ! 28503811 L. 242 örtlich beschränkt wirkende Vereine in Preußen. [* 13]
Summe V ! 1 384 204 406 ! 2 617 818 ! 2158969 X und U zusammen Dazu Tabelle I 10 312 140 230 37 624 543 783 25 940 082 52 995 430 10 931 897 39 485 068 50 416 965 354 824, 4291977 3 728 463 8 901 031 32 795 788 128 860123 12 629 494 1161655 911 Summe I und II zusammen ! 47 936 684 013 ! 78 935 512 Die Summe I und II giebt den Geschäftsumfang aller gegenseitigen Feuerversicherungsanstalten im Deutschen Reiche für 1892, soweit er zu ermitteln. In Spalte 4 «Erhobene Beiträge» sind die Rück- versicherungsprämien nur bei 10 und 15 mitenthalten.
5) Geschätzt, l) Außerdem 9,7 Mill. M. Diuidcuden an die Versicherten verteilt.
2) 887 339 M. Dividenden.
2) 42U00 M. Dividenden. *) Ziffern für 1890. 5) 49 72" M. Dividenden. ¶
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Außer den einheimischen Anstalten arbeiteten nun in Deutschland [* 15] auch gleichzeitig zahlreiche Vertretungen großer ausländischer, namentlich engl. Gesellschaften, und die dadurch stetig wach- sende Konkurrenz half sowohl die Benutzung der Versicherung an und für sich verallgemeinern als die Prämien auf das denkbar niedrigste Masi herab- drücken; indirekt trug sie dazu bei, das Feuerlösch- und Rettungswesen bis zu der heutigen Vervoll- kommnung zu entwickeln (s. Feuerlöschwesen), sowie die Feuersicherheit in baulicher und specialtecknischer Hinsicht bedeutend zu erhöhen, auch den Brand- bettel und die sog. Spekulations- oder Industrie- brände wenigstens relativ zu verringern. Zu letz- tern geben bisweilen die an sich schon strafbaren Doppel- [* 16] und Überversicherungen Anlaß, d. h. Schutz eines Objekts bei mehrern Anstalten gleichzeitig oder Deklaration zu höherm als dem wirklicken Werte, beides in gewinnsüchtiger Absicht ausgeführt oder wenigstens versucht.
Die Grundlage der aus einem Feuerversicherungs- vertrage sich ergebenden Rechte und Pflickten sind die aus jeder Police ersichtlichen «Allgemeinen Versicherungsbedingungen» und die etwaigen beson- dern Klauseln. Erstere regeln das Verhalten des Versicherten bei Stellung des Antrages (Deklaration des schutzsuchenden Gegenstandes) während der Dauer der Versicherung und im Brandfalle, die ver- schiedenartige Behandlung des Schadens bei Ge- bäuden und Mobilien, das Verfahren beim Schaden- ersatz, bei Präjudiz fällen, Regreßansprüchen und Streitigkeiten, bezeichnen auch die von der Ver- sicherung überhaupt ausgeschlossenen oder nur unter Vorbehalt in Deckung zu nehmenden Gegenstände.
Die Klauseln aber verpflichten den Versicherten je nach der Natur des Risikos (Landwirtschaft, Waren- lager, Industrie u. s. w.) zu besondern Vorsichts- maßregeln, die der Brandgefahr vorbeugen oder ihre Wahrscheinlichkeit herabmindern sollen, oder sie bezwecken nur die Beschränkung des Schadens auf einen möglichst geringen Teil der versicherten Gegenstände, sowie die Vereinfachung und Erleich- terung der Schadenregulierung (Liquidation) in: Brand^alle, oft die Klärung des ganzen Vertrags- verhältnisses selber.
Die Entschädigung für Brand- verlust muß verweigert werden, wenn, was sich meist erst im Vrandfalle ergiebt, die Versicherung wegen unrichtiger oder absichtlich falscher Deklaration beim Antrage auf falfchen Voraussetzungen beruht, man- gels rechtzeitiger Prämienzahlung nickt zu Recht be- steht, der Versicherte selbst etwa der Brandstiftung verdächtig oder schuldig befunden wird oder die von ihm eingegangenen Verpflichtungen zu möglichstem Schutze vor Schadenfeuer versäumt hat.
Als recht und billig gilt allgemein der Gebrauch, besonders gefährdete Gegenstände, z. B. Warenlager, Diemen auf freiem Felde u. s. w., nur dann in Deckung zu nehmen, wenn der Besitzer auch sein besseres Eigen- tum, namentlich Vieh und Mobiliar, bei derselben Anstalt versichert hat. Diese weniger gefährdeten Gegenstände sind naturgemäß auch niedriger prä- miiert als jene gefährlichern. Zur Bemessung der entsprechenden Prämie giebt der Tarif wenigstens einen Anhalt; [* 17] in außergewöhn- lichen Fällen ist besondere Vereinbarung geboten.
Die Prämiensätze schwanken von ^4 oder ^ bis zu etwa 10 Promille und mehr. Bei allen Anstalten, die Gebäude versichern, kann sich der Hypothek- gläubiger durch einen besondern Sicherungs schein seine Rechte an den abgebrannten Schuldner schützen lassen. Wenn auf versicherte Gebäude.hypothek- schulden oder andere Realverpflichtungen eingetra- gen und bei der Anstalt angemeldet sind, so wird die Entschädigung nur behufs der Wiederherstellung und nachdem letztere gesichert worden, bezahlt, die sämtlichen Hypothek- oder Rcalgläubiger müßten denn in die unbedingte Auszahlung willigen oder selbst zur Empfangnahme berechtigt sein.
Geht aber der Entschädigungsanspruch des Versicherten durch seine Schuld verloren, so verwendet die Gesellschaft die Entschädigung, soweit nötig, zur Befriedigung der erwähnten Gläubiger gegen Abtretung ihrer Rechte. Die Gesetzgebung hat bisher nicht überall für die Sicherstellung der Hypothekgläubiger im Falle eines Brandes gesorgt. Für das Gemeine und das franz. Recht ist es streitig, ob sich der Hypothekgläubiger direkt und unmittelbar an die Forderung des Eigen- tümers aus der Versicherung von Gegenständen halten kann, welche dem Gläubiger kraft der Hypo- thek haften, - also auch dann, wenn er nicht selbst diese Gegenstände versichert oder dem Versiche- rungsvertrage des Eigentümers durch ein mit der Versicherungsgesellschaft getroffenes Abkommen bei- getreten ist. In Bayern, [* 18] Württemberg [* 19] und Baden [* 20] wird die Frage verneint.
Dagegen haften nach dem preuß. Gesetz über den Eigentumserwerb von 1872, §. 30 dem Hypothekgläubiger die dem Eigentümer zufallenden Vcrsicherungsgelder für Früchte, beweg- liches Zubehör und abgebrannte oder durch Brand beschädigte Gebäude, wenn diese Gelder nicht sta- tutenmäßig zur Wiederherstellung der Gebäude ver- wendet werden müssen oder verwendet worden sind. Doch muß sich der Gläubiger, wenn er von diesem Rechte Gebrauch machen will, rühren, im Falle des Brandes Beschlagnahme der Vrandentschädigung beantragen.
Ähnliche Bestimmungen wie in dem preuh. Gesetze finden sich in den diesem nachgebil- deten Gesetzen von Oldenburg, Braunschweig [* 21] und Coburg-Gotha, in dem Anhalt. Pfandgesetze, den Gesetzen für Elsaß-Lothringen [* 22] vom für den Bezirk des Oberlandesgerichts Köln [* 23] vom in den mecklenb. Verordnungen von 1879. In Hamburg [* 24] treten die Versicherungsgelder, welche für ein abgebranntes Gebäude gezahlt wer- den, an die Stelle des Gebäudes. Nach den Pfand- gesetzen für Hessen, [* 25] Weimar [* 26] und Rudolstadt [* 27] kann der Gläubiger, wenn die Wiederherstellung eines durch Brand zerstörten oder beschädigten Gebäudes unterbleibt, die Zwangsversteigerung mit dem An- spruch auf die Brandversicherung verlangen.
Für das Königreich Sachsen [* 28] wird aus dem Gesetz, dasImmobiliarbrandversicherungswesenbetreffend, vom §. 92 gefolgert, daß die zum Wiederaufbau abgebrannter Gebäude bestimmten Versicherungsgelder als Zubehör des Grundstücks anzusehen sind. Der Deutsche [* 29] Entwurf hat in §. 1067 vorgeschlagen: Kraft [* 30] der Hypothek haften dem Gläu- biger die Forderungen des Eigentümers oder des Besitzers des Grundstücks aus der Versicherung von Gegenständen, welche dem Gläubiger kraft der Hypothek haften. Besondere Bestimmungen, die die Sicherung des Hypothekgläubigers betreffen, sind in den landes- herrlich genehmigten Feuersocietätsreglements der öffentlichen Korporationen getroffen. Die pri- vaten Versicherungsgesellschaften übernehmen mit- tels des oben erwähnten Sicherungsscheins noch die Verpflichtung, unveränderte Fortsetzung der ¶