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blindes Fenster;
fausse page (spr. pahsch), Schmutz- oder Blankseite (erste, leere Seite) eines Buches.
blindes Fenster;
fausse page (spr. pahsch), Schmutz- oder Blankseite (erste, leere Seite) eines Buches.
braie (frz., spr. foß brä), Nieder- oder Unterwall, eine Anlage der Niederländischen Befestigungsmanier (s. d.), die dem nassen Graben und der Kontereskarpe eine mehr über dem Wasserspiegel hinweggehende frontale Bestreichung verschafft und so den toten Winkel [* 2] vor dem Hauptwall möglichst beseitigt. Die Fausse braie besteht aus einer dem Oberwall parallel laufenden Brustwehr, [* 3] die auf einer breiten Berme [* 4] am äußern Fuß des Oberwalls angebracht ist und in ihrer Feuerlinie ein wenig höher als die Glaciskante liegt, während ihr Wallgang die Höhe des Bauhorizontes besitzt. Über die der niederländischen Fausse braie verwandte Anordnung des Niederwalls der neuern Festungsumfassungen s. Niederwall.
Buchdrucker, s. Fust.
Bernhard Christoph, Hygieiniker, geb. in Rotenburg in Hessen, [* 5] studierte in Göttingen [* 6] und Rinteln und wurde 1788 Leibarzt in Bückeburg. [* 7] Er starb Faust war einer der ersten Impfärzte in Deutschland; [* 8] er schrieb «Über die Kuhpocken und deren Impfung» [* 9] (Bückeb. 1801),
«Öffentliche Anstalten, die Blattern durch Einimpfen der Kuhpocken auszurotten» (Hannov. 1804). Von seinen zahlreichen hygieinischen Werken hat sein «Gesundheitskatechismus zum Gebrauche in den Schulen und beim häuslichen Unterricht» (Bückeb. 1794 u. ö.; auch in viele Sprachen übersetzt) die meiste Verbreitung gefunden.
Doktor Johann, der Sage nach ein berüchtigter Schwarzkünstler und oft mit dem Buchdrucker Faust oder Fust (s. d.) verwechselt, war eine histor. Persönlichkeit, ein vagierender Humanist, geb. um 1485 wohl in Simmern bei Kreuznach; [* 10] er erwarb 1509 in Heidelberg [* 11] das Baccalaureat, wurde durch die Gunst Franz von Sickingens Schulmeister in Kreuznach und zog, als er dort nicht mehr geduldet wurde, unstet durch Deutschland, bis er um 1540 in Staufen im Breisgau oder an einem Ort im Württembergischen starb.
Ähnlich wie Tritheim (s. d.), der ihn kannte, aber in betrügerischer Absicht, hat sich dieser Vagant Faust geflissentlich in den Ruf übernatürlicher Kräfte gebracht. Die Sage übertrug auf ihn schon bei Lebzeiten eine Menge älterer Zaubersagen; er sollte aus einem Dorfe Knittlingen (bei Pforzheim) [* 12] oder aus Roda bei Weimar [* 13] stammen, bei Wittenberg, [* 14] wo er studierte, auf 24 Jahre einen Bund mit dem Teufel geschlossen haben, der ihm den Geist Mephistopheles zum Diener gab, und endlich im Dorfe Rimlich bei Wittenberg vom Teufel erdrosselt worden sein. Er wurde das typische warnende Abbild der kecken Humanisten, die ein «säuisch epikurisch Leben» führten, auch in ihrem Wandel gern das antike Heidentum nachahmten, wie sich Faust die Helena beschwört, und die vor allem in der Naturerkenntnis nicht die Schranken achten wollten, die die Kirche zieht. Der maßlose Forscher Faust, den der Teufel holt, ist für die Zeit das Gegenstück des bescheidenen Gottesmanns Luther.
Die Sage von Faust wurde zuerst in dem sog. Spießschen Faustbuch, der «Historia von v. D. Joh. Fausten» (Frankf. a. M., bei Spieß 1587; hg. von Braune in den «Neudrucken deutscher Litteraturwerke des 16. und 17. Jahrh.», Nr. 7 u. 8; in photolithogr. Nachbildung hg. von Scherer, Berl. 1884), von unbekanntem luth. Verfasser sehr ungeschickt mit kindisch zusammengeflickter Gelehrsamkeit dargestellt. Weitere Bearbeitungen fügen neue Zauberthaten F.s ein. Der große Erfolg des Buches veranlaßte Georg Rud. Widmann (s. d.) zu einer breit moralisierenden Neubearbeitung (Hamb. 1599; neu hg. in Scheibles «Kloster», Bd. 2, Stuttg. 1846),
die Joh. Nik. Pfizer (Nürnb. 1674; Neudruck, hg. von Keller in der «Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart», [* 15] Bd. 146, 1880) aufklärerisch umgestaltete; aus dieser Fassung endlich ging das verbreitete Volksbuch des «Christlich Meinenden» hervor (Frankf. 1712; neu hg. von Szamatólski nach einem Druck von 1725, Stuttg. 1891), das Goethe benutzte. –
Vgl. Dumcke, Die deutschen Volksbücher von Faust (Lpz. 1891).
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Schon früh bemächtigte sich die Dichtkunst des Stoffs: der geniale Engländer Marlowe (s. d.) dichtete 1589 auf Grund einer engl. Übersetzung des Spießschen Faustbuchs seine «Tragical history of Dr. Faust» (hg. von Breymann, Heilbronn [* 16] 1889). Auf dieser, welche durch engl. Komödianten nach Deutschland gebracht wurde, beruht das deutsche Puppenspiel, das in zahlreichen stark auseinandergehenden Fassungen bis auf die neueste Zeit eins der beliebtesten Marionettenstücke geblieben ist (hg. von Simrock, Frankf. 1846; von Scheible in «Kloster», Bd. 5, Stuttg. 1847; von Engel, «Deutsche [* 17] Puppenkomödien», Bd. 1, Oldenb. 1874; von Kralik und Winter, «Deutsche Puppenspiele», Wien [* 18] 1885; von Lübke in der «Zeitschrift für deutsches Altertum», Bd. 31 u. a.; vgl. Creizenach, Versuch einer Geschichte des Volksschauspiels vom Dr. Faust, Halle [* 19] 1878). Auch Volkslieder wurden auf Faust gedichtet, so schon 1588 eine engl. Ballade, später ein «Fliegendes Blatt» [* 20] aus Köln [* 21] (in Bd. 1 von «Des Knaben Wunderhorn») u. a. (Vgl. Tille, Die deutschen Volkslieder vom Dr. Faust, Halle 1890.)
Mit Vorliebe behandelten die Stürmer und Dränger den genußsüchtigen, wissensdurstigen Titanen Faust, vor allen Goethe, der von 1775 bis zum Tode an seinem «Faust» schuf, dann Lenz, Maler Müller in seinem rohen, aber kräftigen Fragment «F.s Leben» (Mannh. 1778),
Klinger in dem Roman «F.s Leben, Thaten und Höllenfahrt» (St. Petersb. 1791). Lessing zuerst hat mit kongenialem Verständnis für F.s ungestümen Wissensdrang in seinen seltsamen Faustplänen F.s Seele vor der Hölle gerettet und damit Goethe beeinflußt. Von spätern Faustdramatikern sind zu nennen Graf Soden (1797), Chamisso (1803), Schink (1804), K. Schöne (1809), Klingemann (1815), Julius von Voß (1824), Grabbe («Don Juan und Faust», 1829), Braun von Braunthal (1835), H. Heine (Tanzpoem, 1847), Stolte; dazu Lenaus Faustdichtung (1836). Bilder aus Goethes Faust haben Cornelius, Retzsch, W. von Kaulbach, Kreling, Liezen-Mayer u. a. entworfen, dagegen hat man zwei Radierungen Rembrandts wohl mit Unrecht als Faustporträte angesehen. Faustopern komponierten Spohr, Gounod, Boito und Heinr. Zöllner, eine Faustouverture Rich. Wagner, Faustsinfonien Berlioz und Liszt, Musik zu Goethes «Faust» Lindpaintner, Fürst Radziwill, Lassen, zu ausgewählten Teilen Robert Schumann.
Vgl. Scheibles Kloster, Bd. 2, 3, 5 u. 11 (Stuttg. 1846‒49);
Er. Schmidt im «Goethe-Jahrbuch», Bd. 2‒4 (Frankf. 1881‒83);
Faligan,Histoire de la légende de Faust (Par. 1888);
Engel, Zusammenstellung der Faustschriften (2. Aufl., Oldenb. 1885);
Kiesewetter, Faust in Geschichte und Tradition (Lpz. 1893). ¶