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Landr. 1,1, §§. 3-5. Den Anschauungen mancher Gegenden entspricht es noch heute, anch die Diener- schaft, insbesondere das Gesinde (vgl. Preuß. Allg. Landr. 1,1, §. 4), mit zur Familienfideikommiß zu zählen. In den der Vergangenheit an: aber das Prenß. Allg. Land- recht bringt noch die Vorschriften über Gesinde und .hausoffizianten in II, 5 im engsten Anscklnsse an die übrigen Lehren [* 2] des Familienrechts und vor Be- handlung der erlaubten Gesellschaften, Korpora- tionen und Gemeinden in II, 6. Diesem Begriffe entsprechend behandelt das Fa- milienrecht die Rechtsverhältnisse zwischen Ehe- gatten, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Vor- mund und Mündel.
Das eheliche und das elterliche Verhältnis sind durch die Familienfideikommiß selbst gegeben. Die Vormundschaft ist bestimmt, dem Minderjährigen einen Schutz zu gewähreu, welchen das elterliche .haus nicht mehr gewähren kann. Diesem .haupt- falle der Vormundschaft werden andere Fälle der Vormundschaft und Pflegschaft angereiht. Das Familienrecht wird nicht ausschließlich durch Rechts- sätze geregelt. Das Familienverhältnis ist zugleich ein sittliches Verhältnis. ( Ehe ^nnd Eltern.) Liebe, Gehorsam, Wohlwollen und ^orge für die Person sollen das Familienverhältnis durchdringen; dies sind innere Beziehungen, welche das Sitten- gesetz aufstellt und welche das Recht nicht vorschrei- ben, der Nichter nicht erzwingen kann. Es bestehen nicht einfache Schuldverhältnisse, durch welche be- stimmt begrenzte Rechtsverhältnisse sich ergeben, vielmehr wird der ganze Mensch davon ergriffen.
Selbst die vermögensrechtlichen Verhältnisse, welche sich neben den dem Personenrechte angehörenden ergeben, lassen sich nicht in allen Einzelheiten durch feste Sätze regeln. Zugleich ist aber die Familienfideikommiß die wichtigste Grundlage des öffentlichen Rechts; auf ibr bernht die staat- liche Ordnung. Deshalb findet sich anch die An- sicht vertreten, das Familienrecht gehöre dein öffent- lichen Rechte an. Einige geltende Rechte weisen der Gemeinde, als der weitern Familienfideikommiß, eine wesent- liche Mitwirkung bei der Vormundschaft zu. So übt in Württemberg [* 3] ein von den: Gemeinderat zu diesem Zwecke gewählter Ausschuß, das sog. Waisen- gericht, die Obervormnndschaft über die Mehrzahl der Einwohner (sog. Nichteremte) ans;
so bilden in Mecklenburg [* 4] in den Städten die Magistrate be- sondere Waisengerichte zu dem gleichen Zwecke. Auch in Lübeck [* 5] und .Hamburg [* 6] bestehen besondere Vormundschaftsbehörden, in welchen Richter nur teilweise mitwirken;
in Bremen [* 7] (nicht für Bremer- haven) können wenigstens nichtrichterliche Personen zu Mitgliedern der Vormundschaftsbehörde bestellt werden.
Eine gewisse Mitwirkung der Gemeinde bei der Vormundschaft findet sich in vielen Staaten, z. B. in Baden [* 8] (sog. Waisenrichter), in .Hessen, [* 9] aber auch in Preußen [* 10] in dem sog. Waisenrate (s. d.). Der (^oäe eivil Art. 400-415 überträgt die Be- fugnisse der Obervormundschaft einem sog. Fami- lienrate unter Mitwirkung und Vorsitz des Frie- densrichters (s. Familienrat). Die preuß. Vormund- schaftsordnung vom hat die Nechts- bildung aufgenommen, jedoch nicht so, daß ein Familienrat gebildet werden muß.
Familienrechtliche Verhältnisse können Gegen- stand einer Feststellnngsklage sein (vgl. Sächs.Vür- gerl. Gesetzb. iK 1855-57). Diese Klage ist der Verjährung entzogen (§. 151 des Sächs. Bürgert. Gesetzbuchs; Gesetzb. 8§. 1458-81; Deutscher Entwurf §. 161 der zweiten Lesung). Der (^oäe civil und dav Ba- dische Landr. Art. 329, 330 beschränken jedoch das Recht der Erben eines Kindes, den ehelichen Stand des Kindes geltend zu machen, sofern das Kind selbst diese Ansprüche nicht verfolgt hat. Ob andere familienrechtliche Ansprüche der Verjährung ent- zogen seien, ist nach dem geltenden Recht nicht mit Sicherheit festzustellen. - Einige Rechtslehrer fassen die Familienfideikommiß, insbesondere aber die Familienfideikommiß des hohen Adels, als eine Juristische Person anf. Wesentlich verschieden von der Auffassung der Familienfideikommiß in unsern Rechten ist die Auffassung bei den Serben, Kroaten und andern slaw.Völkern in Ansehung der Familienfideikommiß auf dem Lande, welche Inokosna. genannt wird.
Vgl. darüber Bogisic, Do 1a loi'ins, dit6 luoko^i^, ä6 1^ i^miiiü ringle (Par. 1884) und Sumner-Maine, D6 i'oi'AHuißHtion Mi'iäiciuO äs 1a tamilie c1i62 163 81^v68 än 8iiä ^t eli6ö 108 Il^poutes (ebd. 1880).
Diese Familienfideikommiß gleicht mehr einer Genossenschaft, welcher ein männliches und ein weibliches Familienhaupt vorstehen; die Vefuguisse der letztern sind in man- chen Beziehungen gegenüber unserm Recht sehr be- schränkte, in anderer Hinsicht wesentlich erweiterte.
Vgl. Hruza, Beiträge zur Geschichte des griech. und röm. Familienrechts. I u. II (Lpz. 1892-94).
In der Naturgeschichte nennt man Familienfideikommiß jede kleinere Abteilung des natürlichen Systems, in welche die in gewissen gemeinschaftlichen Merkmalen näher miteinander übereinstimmenden Gattungen von Natnrkörpern nach ihrer natürlichen Verwandt- schaft zusammengestellt sind. Der Cbarakter der Familienfideikommiß wird durch allgemeine Analogie aller Teile be- stimmt. Die Familienfideikommiß zerfällt weiter in Unterfamilien und Gattungen; mehrere verwandte Familienfideikommiß zusammen bilden Ordnungen und mehrere zusammengehörige Ordnungen Klassen.
Natürliche Familienfideikommiß aus der Ord- nung der Singvögel sind z. B. die echten Sänger (3v1viil!ll6) mit den Gattungen 8vlvia, I.n3ciuia, Ilo^uln" u. s. w.; natürliche Pflanzenfamilien sind u. a. die Schmetterlingsblütler mit den Gattungen 1^0w8) I^n^iiiu8, I^odinia. sowie die Rosaceen mit ?I'MNI8,1508H u. s. w. sziskaner (s. d.). ssamilienbrüder, eiue Kongregation der Fran- Familienfide'l'kommiß, eine Vermögensmasse (znmeist ein Grundstück von größerm Umfange), welche vermöge einer Anordnung in der Weise für unveräußerlich erklärt ist, daft sie für immer bei einer gewissen Familie, sei es des Stifters, sei es eines Dritten, verbleiben und in dieser Fa- milie auf näher bezeichnete Personen nacheinander übergehen soll (man spricht daher von einer 8uo c088io 0x Mot,o et pi'oviäeiitiH m^jm-nm).
Dem Fide'l'kommißbesitzer ist daher jede Verfügung unter- sagt, durch welche das Vermögen ans der Familie herausgebracht oder dessen Bestand gefährdet wird; er darf auch eine letztwillige Verfügung über das- selbe nicht treffen. Der Zweck dieser Nechtsbildung ist, den Glanz der Familie zu erhalten, dieser die ge- sellschaftliche Stellnng dauernd zu sichern. Das Familienfideikommiß ist daher wohl zu unterscheiden von dem Fide'i'kom- miß des röm. Rechts. (S. Erbschaftsvermächtnis und Vermächtnis.) Zwar kennt auch das röm. Recht ein Kä0icoinini88uln t^niilias; allein hier wird nur dem Beschwerten auferlegt, das Vermächtnis einer Person aus der Familie zu hinterlassen, die dann ihrerseits die gleiche Verpflichtung baben kann, immerhin beschränkt ans vier Generationen. Der ¶