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fauna vermehrt sich jenseit der Alpen [* 2] um ein neues Element, nämlich um eine Süßwasserkrabbe (Telphusa pluviatilis Bel.). - Die nördl. Hälfte von Europa [* 3] ist reicher an Süß Wasser Mollusken [* 4] und waldbewohnenden Landweichtieren, im Süden herrschen die dürre Stellen und Felsen liebenden vor, im felsigen Südosten besonders die Clausilien, im Westen mehr die Schnirkelschnecken. Eine Familie von Süßwasserschnecken, die Melaniden, ist auch nur im Süden vertreten. - Über die Meeresfauna s. Adriatisches Meer, Mittelländisches Meer, Nordsee und Ostsee.
Bei den Civilisationsverhältnissen E.s ist es natürlich, daß die Menge der Haustiere außerordentlich groß ist. Der Verbreitung des Pferdes, Rindviehs, Schafs, des Schweins und der Ziege widersteht nur der äußerste Norden, [* 5] wo das Renntier und der allverbreitete Hund kümmerlichen Ersatz bieten; im Süden aber gesellt sich noch der Büffel, unter besonderer Pflege sogar das Kamel und weit zahlreicher als im Norden Maultier und Esel hinzu. Mineralreich. Europa ist besonders reich an nutzbaren Mineralien. [* 6]
Gold [* 7] findet sich im Ural und in den Karpaten;
Silber am meisten im Ural, in den Karpaten, dem sächs. Erzgebirge und Schweden, [* 8] Quecksilber in Idria in Illyrien, Italien [* 9] und Almaden in Spanien, [* 10] Platina nur im Ural;
Zinn am meisten und besten in Cornwallis;
Zink in England, Italien und Deutschland; [* 11]
Blei [* 12] besonders in England, Spanien, Ungarn [* 13] und Deutschland;
Kupfer [* 14] in England, Schweden, Norwegen, Rußland, Ungarn;
Eisen [* 15] das meiste in England, das beste in Schweden, viel in Rußland, Österreich, [* 16] Preußen; [* 17]
für Steinkohlen sind namentlich England, Belgien, [* 18] Ostfrankreich und Deutschland wichtig;
für Salz [* 19] als Steinsalz Galizien, Quellsalz Deutschland und Baisalz Portugal;
für die meisten und berühmtesten Mineralwässer Deutschland und Böhmen. [* 20] S. die Artikel der einzelnen Länder. Bevölkerungsverhältnisse. Die Bewohner leben in festbegrenzten Staaten, deren polit. Grenzen [* 21] nicht ganz übereinstimmen mit denen des Erdteils. Als übergriffe sind zu betrachten die Canarischen Inseln, Madeira [* 22] und die Azoren, welche politisch zu Spanien und Portugal gehören, und die transuralischen und kaukasischen Teile Rußlands, welche geographisch Asien [* 23] angehören. Da auch das Gebiet von Spitzbergen, die Insel Jan-Mayen und die Bäreninsel von dem natürlich begrenzten Europa auszuschließen sind zur Erzielung eines enger aufzufassenden europ. Staatengebietes, so beschränkt sich dieses auf 9820504 qkm. Auf diesem Raum leben, nach Berechnung für das J. 1890, ungefähr 357 Mill. Menschen, d. i. 37 auf 1 qkm. Europa nimmt damit unter allen Erdteilen an Bevölkerungsdichtigkeit die erste Stufe ein, wenn auch in ungleicher Verteilung, je nach den natürlichen, geschichtlichen und Civilisationsverhältnissen. Am dünnsten ist die Bevölkerung im nördl. Rußland und Skandinavien, im allgemeinen im Osten und Norden, sowie auf den Hochgebirgen und Steppen des übrigen Teils, am dichtesten im Westen, den meisten Teilen der Mitte und dem mittlern Süden (Italien).
Die höchste Dichtigkeit (über 300 Europa auf 1 qkm, wobei alle Städte mit über 20000 Europa von der Berechnung ausgeschlossen sind) erreichen die großen Handelscentren, wie das Depart. Seine in Frankreich, die Grafschaft Middlesex in England, die Umgebungen von Hamburg, [* 24] Berlin, [* 25] Wien, [* 26] Konstantinopel; [* 27] meist finden sich daselbst auch eine größere Zahl von Mittel- und Großstädten dicht beisammen (im Depart. Seine 12, Middlesex 10 mit über 20000 Europa). An die Handelscentren reichen oft Küsten und Inseln, die ebenfalls den Handel begünstigen, nahe heran, bei den Normannischen Inseln z. B. steigt die Dichtigkeit über 400. Fast ebenso stark bevölkert sind die Gebiete der Großindustrie, die meist an das Vorkommen von Kohlen oder Erzen gebunden sind. Es wohnen hier häufig über 200 Europa auf 1 qkm, so in Westengland (Lancaster und Durham), Südschottland (Clackmannan und Renfrew), Nordfrankreich (Depart. Nord), im gesamten Belgien nördlich der Maas, außer in den Kempen im Nordosten, aber eingeschlossen die Provinz Lüttich [* 28] südlich der Maas, ferner im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet, in Sachsen, [* 29] Nordböhmen und einem Teil Österreich, Schlesiens (Freistadt), sowie im Oberschlesischen Kohlenbecken.
Auch hier pflegen sich größere Städte zu häufen, so hat Lancaster 40 Städte mit über 20000 Europa, darunter 9 mit über 50000, 5 mit über 100000 und 2 mit über 1 Mill. Europa. Ähnlich ist es in Durham (8), Belgien (Brabant 10), Westfalen [* 30] (24, darunter 4 Großstädte) und Sachsen. Gerade das Gegenteil ist der Fall in Nordböhmen, wo in dem ganzen Gebiet mit über 100 Europa auf 1 qkm, sich nur 4 Städte von 20-50000 Europa und 1 Großstadt finden. Wo die Landwirtschaft intensiv betrieben wird, hat auch sie große Dichtigkeit erzeugt; dieselbe beträgt in Nordholland über 200, in Südholland, am Mittelrhein, in der lombard. Tiefebene und in Camvanien um 150. Größere Städte sind in diesen Gebieten auch nicht selten. Es giebt aber auch dünn bevölkerte Gegenden mit vielen Städten; so hat Oviedo (Spanien) bei einer Dichtigkeit von 37 Europa auf 1 qkm 7, Cadiz [* 31] bei ähnlicher Dichte 5, ebensoviel Cherson (Rußland) bei einer Dichtigkeit von nur 22. Mähren und das nicht viel größere Sicilien haben ziemlich gleiche Dichte (75-100), ersteres hat im ganzen nur 2, letzteres 20 Städte mit über 20000 Europa. (Hierzu: Karte der Bevölkerungsdichtigkeit in Europa.) Näheres über die Bevölkerungsverhältnisse in Europa s. Bevölkerung [* 32] (Bd. 2, S. 925). In Stamm- und Sprachverschiedenheit zeigt Europa eine seiner Natur und Geschichte entsprechende große Mannigfaltigkeit. Man unterscheidet in Europa neun verschiedene Hauptgruppen von Völkern, welche zwei Rassen, der mittelländischen und der mongolischen, angehören. A. Völker der mittelländischen Rasse.
1) Die Romanen oder Latiner gehören der Sprache [* 33] nach zusammen, bestehen aber ihrer Abstammung nach aus sehr verschiedenartigen Elementen. Die röm. Heere und Kolonisten, welche aus allen Gegenden des weiten Reichs stammten, haben das Vulgär-Latein in die von ihnen eroberten Länder getragen, sodaß sich dasselbe in Gallien, Iberien und Dacien verbreitete. So entstanden die jetzigen roman. Völker mit ihren Sprachen;
das Italienische mit seinen zahlreichen, unter sich stark abweichenden Dialekten;
das Provençalische, das Limousinische, das Gascognische und das Catalanische, also die Dialekte der Languedoc im südl. Frankreich und im Nordosten Spaniens;
das Französische, seit alters herrschend im nördl. Frankreich;
das Castilische oder Spanische, [* 34] das Portugiesische und das dem Portugiesischen verwandte Galicische;
das an der untern Donau entwickelte Moldo-Wlachische, jetzt Rumänisch genannt, sowie die Sprache ¶
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der Kutzo-Wlachen (Zinzaren) im Pindusgebirge, in Thessalien, Epirus und im nördl. Griechenland; [* 37] das Rhäto-Romanische oder Ladinische in einem Teil von Graubünden im Engadin, im südl. Tirol, [* 38] in der ital. Provinz Udine (Friaul) und der österr. Grafschaft Görz [* 39] und Gradisca.
2) Der germanische Stamm (s. Germanen) nimmt Deutschland, Skandinavien und Britannien ein. Am unvermischtesten haben sich die Skandinavier gehalten, während die Engländer sich mit der kelt. Urbevölkerung Britanniens, die Deutschen mit den im Rhein- und Donaugebiet einheimischen Keltoromanen und den Slawen östlich der Saale und Elbe gemischt haben. Romanisiert worden sind die got. Völker, die im 5. Jahrh. das westl. Mittelmeer beherrschten. Die Skandinavier, welche in Schweden, Gotländer, Norweger, Isländer, Dänen und Jüten zerfallen, haben sich in den letzten zwei Jahrtausenden allmählich über das nördl. Skandinavien verbreitet, hier finn.-lappische Stämme teils vertreibend, teils germanisierend. Island [* 40] ist von Norwegen aus 874 besiedelt worden. Die Angelsachsen (s. d.) haben von Schleswig-Holstein [* 41] und Jütland aus im 5. und 6. Jahrh. England erobert. Die Friesen (s. d.) und Deutschen (s. Deutsches Volk und Deutsche Sprache) [* 42] haben den Kelten West- und Süddeutschland und seit dem 12. und 13. Jahrh. den Slawen Nordostdeutschland abgewonnen, über die sprachliche Gliederung s. Deutsche Mundarten.
3) Die slawisch-baltischen Völker zerfallen in zwei Gruppen: a. Baltische Stämme: zu ihnen gehören die ausgestorbenen Preußen (Altpreußen, s. Litauische Sprache) im heutigen Ost- und Westpreußen: [* 43] die Litauer in Ostpreußen und dem angrenzenden westl. Rußland;
die Letten in Kurland [* 44] und Livland. - b. Die slawischen Völker zerfallen in Westslawen(Czechen mit Mährern und Slowaken; Polen, zu denen im weitern Sinne auch die Kassuben und in Norddeutschland ehemals zwischen Elbe und Oder ansässigen sog. Polaben (s. d.) zu rechnen sind);
Sorben (Wenden der Ober- und Niederlausitz);
Russen (Groß- und Kleinrussen);
Südslawen (Bulgaren, Serben und Kroaten, Slowenen).
4) Die Kelten (s. d.) erscheinen in der ältesten histor. Zeit E.s über die Alpen und ganz Gallien verbreitet, von wo sich ihr Bereich über die brit. Inseln, das heutige Süddeutschland und über die Pyrenäen bis in das mittlere und westl. Spanien ausbreitete, während sich später Abzweigungen nach Italien, Thrakien und Kleinasien (Galater) finden. Volt und Sprache sind noch in drei Gegenden vorhanden: in Wales (das Walisische oder Wälsche oder eigentliche Kymrische), in der Bretagne (das Bas-Breton oder das Armorikanische), in Irland und Kochschottland (das Irische in Irland, in Hochschottland das Gälische oder Ersische, und das Manx auf der Insel Man).
5) Die Griechen oder Hellenen bewohnen fast den ganzen griech. Staat nebst Kreta, Teilen von Epirus, einen Teil Macedoniens und des südöstl. Thraziens.
6) Die Albanesen (Arnauten) oder Schkipetaren, die direkten Nachkommen der alten Illyrier, wohnen in Albanien, Griechenland, Italien und Osterreich (s. Albanesen sowie Albanesische Sprache und Litteratur).
7) Die Basken, welche sich selbst Euscaldunac nennen, sind der einzige Rest der Ureinwohner E.s, der seine alte Sprache noch bewahrt hat. Sie sind die Nachkommen des iber. Volksstammes, der einst über die ganze Pyrenäen-Halbinsel und über den Südwesten Frankreichs bis über die Garonne hinaus verbreitet gewesen ist. (S. Basken und Baskische Sprache.) L. Völker der mongolischen Rasse.
8) Die ugro-finnischen Völker. Sie sind in alter Zeit durch Einwanderer von Osten nach Norden gedrängt worden (s. Finnen).
9) Die türkischen Völker. Sie stammen aus den Steppen Hochasiens und sind seit den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung zu verschiedenen Zeiten in das östliche Europa eingewandert. Zu ihnen gehören a. die Osmanen oder ottomanischen Türken, durch Vermischung mit Griechen und Slawen sowie mit cirtassischen Sklavinnen veredelt und dem europ. Typus sehr angenähert;
d. die Tataren der Krim, [* 45] ein Gemisch aus Kumanen, Osmanen und Nogaiern;
c. die Wolga-Tataren in den russ. Gouvernements: Astrachan, Saratow, Samara, Pensa, Simbirsk, Kasan, [* 46] Orenburg, Ufa, Wjatka, Nishnij-Nowgorod und vereinzelt in Perm und einigen mittlern Gouvernements (Kassimowsche Tataren);
d. die Baschkiren;
europa die Tschuwaschen: dieselben sind nur sprachlich zu den Türken zu rechnen, sie sind wahrscheinlich ursprünglich Ugrier (Bulgaren?), hauptsächlich in den russ. Gouvernements Ufa und Orenburg. Eine annähernd genaue Schätzung nimmt für Europa an auf Grund der Zahlen von 1880: 94355000 Slawen, von denen 65270000 Russen und Ruthenen, 11580000 Polen, 7220000 Czechen, Mähren und Slowaken, 130000 Wenden, 6030000 Serben und Kroaten, 2865000 Bulgaren und 1260000 Slowenen: 98948000 Romanen und zwar 40280000 Franzosen mit den Wallonen, 29570000 Italiener, 20810000 Spanier und Portugiesen, 8240000 Rumänen, 48000 Rhätoromanen (Ladiner);
endlich 105130000 Germanen, von denen 63205000 Deutsche mit den Holländern und Vlämen, 32980000 Engländer, 8945000 Skandinavier. Es bleiben noch die überall zerstreuten Juden zu erwähnen, in größerer Menge lebend in Rußland, Polen, dem nordöstl.
Deutschland, Galizien, Ungarn und Rumänien; [* 47] die aus Asien seit dem 12. Jahrh. (nach der Zerstörung der Stadt Ani) zahlreich eingewanderten Armenier, welche in Galizien und Siebenbürgen größere Kolonien bilden und dann in allen bedeutendern Handelsstädten des östlichen E.s als Kaufleute, Wechsler u. s. w. angesiedelt sind; die Zigeuner, aus Ostindien [* 48] stammend, und die im Nordosten E.s auf den Tundren nomadisierenden Samojeden, die eigentlich nach Asiengehören. (Hierzu: Ethnographische Karte von Europa.) Religion.
Der ethnogr. Dreiteilung schließt sich auch eine kirchliche an, indem dem romanischen Europa das römisch-katholische, dem germanischen das protestantische und dem slawischen das griechisch-katholische entspricht; aber eine etwas genauere Betrachtung stört diesen Zusammenfall mehrfach und giebt für die Westgrenze der Verbreitung der griech.-kath. Kirche eine ungefähre Linie an: vom Golf von Cattaro zu der mittlern Save, dem mittlern Dnjestr, der untern Düna, dem Peipussee, Saïmasee bis zum Weißen Meer. Östlich von dieser Linie herrscht die griech.-kath. Kirche mit Ausnahme des eingedrängten Mohammedanismus im Süden vor; westlich von ihr kann man als Scheide zwischen ¶