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Blücher besetzte eine
Stellung bei Janvilliers mit den Korps
Kleist und Kapzewitsch. Da Napoleon immer neue Streitkräfte
(zusammen 30000 Mann) heranführte, wurde 2
Uhr
[* 2] nachmittags der Rückzug angetreten. Die franz.
Kavallerie versuchte die Flanken
zu umgehen und den
Wald von Etoges vor den
Preußen
[* 3] und
Russen zu erreichen, vermochte aber den
Marsch der Infanterie
nicht aufzuhalten. Aber eine franz.
Kolonnewar in Etoges eingedrungen, und es entspann sich ein hartnäckiges
Gefecht mit der russ.
Nachhut. Erst in der Nacht erreichten die
TruppenBlüchers Bergres-les-Vertus; man hatte 6000 Mann verloren. -
Vgl. von Sothen,
Das
Gefecht von Etoges (Beiheft 5 zum «Militär-Wochenblatt»,
Berl. 1894).
(spr. iht'n),Stadt in der engl.
GrafschaftBuckingham, am linken Ufer der
Themse, 34 km westlich von
London,
[* 5] gegenüber
von Windsor, mit dem eine eiserne
Brücke
[* 6] es verbindet, mit (1891) 2499 Eton, verdankt seine Bedeutung der
von
Heinrich VI. 1440 gegründeten, ansehnlich ausgestatteten Gelehrtenschule: Eaton College, der berühmtesten und größten
von ganz England. Die Schule gleicht im Äußern und Innern einer klösterlichen Anstalt.
IhreGebäude mit den
Klassen, Wohnungen
der
Lehrer und der
Zöglinge, dem Speisesaal u. s. w. umschließen zwei viereckigeHöfe und sind in got.
Stile ohne Verzierungen erbaut, ebenso auch die
Kirche, die neben dem
Altar
[* 7] eine schöne Kapelle enthält und auch wegen ihrer
flachen Dachtonstruktion merkwürdig ist.
Die Zahl der Freistellen für die Alumnen, die königl. Scholaren (auch Collegers) heißen
und schwarze Tuchröcke von Mönchsschnitt tragen, ist auf 70 festgesetzt und wird durch periodische
Examinatoren ergänzt. Das Hauptkontingent der
Schüler besteht jedoch aus den gegenwärtig die Zahl von 900 überschreitenden
sog. Oppidans, die in einer Anzahl zur Schule gehörigen, meistens von Lehrern verwalteten großen
Häusern wohnen und für Wohnung und Kost jährlich je 105 Pfd. St. zu entrichten haben.
Jeder
Schüler hat Unterricht im
Schulhaus, erhält aber außerdem einen ClassicalTutor, der stets ein zur Schule gehörender
Lehrer ist und den ihm zugewiesenen
Schülern Unterricht erteilt, daneben aber auch die Schulaufgaben, ehe sie eingeliefert
werden, zu prüfen hat. Jeder Hausvorstand, der
Philolog ist, ist
Tutor der in seinem Hause wohnhaften
Zöglinge, so daß thatsächlich meist der Einfluß des Hauses weit größer ist als der der Schule.
Über der Schule steht
ein Verwaltungskollegium (Governing Body), bestehend aus einem sehr hoch besoldeten Präsidenten, der den
Titel Provost hat,
und neun von den
Universitäten Oxford
[* 8] und
Cambridge und verschiedenen wissenschaftlichen Körperschaften ernannten
Fellows, die indessen nicht am Orte wohnen und mit den vor 1872 ernannten
Fellows nur den
Namen gemein haben.
Diese letztern sind auf dem Aussterbeetat. Der
Reform, die an die
Stelle eines
Stifts für emeritierte
Lehrer aus dem geistlichen
Stande ein Kollegium von
Vertretern der Wissenschaft gesetzt hat, folgte eine
Reform in der Erziehungsweise.
Die Mathematik wird jetzt gründlich gelehrt, und es besteht eine besondere
Abteilung für Naturwissenschaften mit Unterabteilungen
für
Physiologie, Geologie,
[* 9]
Biologie und
Chemie; ein Physik, und ein chem. Laboratorium,
[* 10] ein Observatorium und ein naturhistor.
Museum. Die
Knaben, die sich auf dem Gebiete der Naturwissenschaften auszeichnen, werden von Unterrichtsstunden
in andern Fächern dispensiert. Ebenso steht es einem
Zögling, der die Fifth Form (etwa der deutschen Sekunda entsprechend)
erreicht hat, frei, statt des
Griechischen Unterricht in der deutschen
Sprache
[* 11] zu wählen.
Endlich besteht eine
Klasse für
Schüler,
die die militär. Laufbahn wählen. Für die körperliche Erziehung wird reichliche Fürsorge
getroffen, besonders eifrig wird das
Rudern betrieben. -
(frz., spr. etrénn; vom lat.
strena), Geschenke, welche zu Neujahr in
Frankreich den Familienmitgliedern, Freunden, Dienstboten u.s.w. gegeben werden und
ungefähr unsern Weihnachtsgeschenken entsprechen.
(spr. -pannjih),Hauptort des Kantons Etrépaqny (172,42 qkm, 20 Gemeinden, 8552 Etrépaqny) im
Arrondissement Les
Andelys des franz. Depart. Eure, 20 Km im
NO. von Les
Andelys, an der Linie Pont de
l'Arche-Gisors der
Franz.
Lokalbahnen, hat (1891) 1798, als Gemeinde 2093 Etrépaqny. Hier wurde in der Nacht zum eine
Abteilung des sächs.
Armeekorps
von den
Franzosen überfallen und zum Rückzüge genötigt.
(spr. -tah),Bade- und Fischerort im Kanton
[* 12] Criquetot-l'Esneval,
Arrondissement le
Havre
[* 13] des franz. Depart. Seine-Inserieure, 27 km
nordöstlich von
Havre, am
Meere und am Ausgange zweier
Thäler, hat (1891) 1944, als Gemeinde 2015 Etretat, Post,
Telegraph,
[* 14] neu
eingerichtete Badegebäude und zahlreiche Villen.
Die Umgegend, in der viele
Altertümer gefunden worden
sind, ist durch malerische Felsformen ausgezeichnet, darunter die 70 m hohe
Nadel von Etretat.
(spr. ĭtruhriĕ),Stadt in der engl.
GrafschaftStanford, 2 km im
NO. von
Stoke-upon-Trent, entstand aus der 1760 von
Wedgwood (s. d.) errichteten Fabrik feiner Fayencewaren und ist jetzt Mittelpunkt
des etwa 640 qkm großen Thonwarendistrikts (s. Potteries),
[* 16] mit volkreichen
Städten und Dörfern, in welchen
fast nur
Thonwaren,
[* 17]
Terralith und Porzellan fabriziert werden.
(lat.
Etrurĭa.; grch. Tyrrhenia), im
AltertumeName des
Landes am Tyrrhenischen oder Untern
Meer, das von Ligurien
durch das
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mehr
393 Arnothal, vom cispadanischen Gallien durch den Kamm der Apenninen, durch den Tiber von Umbrien, den Sabinern, Latinern und
dem Gebiet von Rom
[* 20] geschieden war. Der NameTuscia war für das Land erst in späterer Zeit, dagegen der Name Tusci neben Etrusci
schon früh für das Volk üblich. Das Land wird von zahlreichen Hügelketten, teils Ausläufern des Apennin,
teils selbständigen Höhenrücken, durchzogen, von denen besonders das Ciminische Waldgebirge im Südosten zu nennen ist.
Zwischen den Hügeln öffnen sich fruchtbare Thäler, teils von Flüssen durchzogen (unter denen der Arnus, jetzt Amo, und Clanis
[Chiana] die bedeutendsten waren), teils mit Landseen vulkanischen Ursprungs bedeckt, wie der Lacus Trasimenus
westlich von Perusia (Perugia), der Lacus Volsiniensis bei Volsinii (Bolsena), der Lacus Ciminius (Lago di Ronciglione oder di Vigo)
und der Lacus Sabatinus bei Sabate (jetzt Lago diBracciano).
Die älteste Bevölkerung
[* 21] gehörte teils dem ligurischen, teils dem umbrischen Stamme an. Nach den von
den Alten überlieferten Nachrichten drangen gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. sog. pelasgisch-griechische, als kühne
Seefahrer und Seeräuber verrufene Kolonisten aus der Umgebung der Stadt Tyrrha (in Lydien) ein, die sich an der Küste festsetzten
und allmählich jene Ureinwohner unterwarfen. Während nun die Griechen für das durch Verschmelzung der Eindringlinge
mit der Urbevölkerung entstandene Mischvolk den alten Namen jener (Tyrrhener, Tyrsēnoi, Tyrrēnoi) allezeit beibehielten,
nannten die Herren des Landes sich selbst fortan Rasenae (raśneś), d. h. wahrscheinlich «die
Edlen», im Gegensatz zu der von ihnen vorgefundenen Bevölkerung, die sie zu einer Art von Leibeigenen, nach Weise der thessalischen
Penesten, machten.
Nach einer andern zuerst von Niebuhr vertretenen Ansicht wären die Etrusker stammverwandt mit dem Alpenvolke
der Rhäter und höchst wahrscheinlich zu Lande in Mittelitalien, von den Alpen
[* 22] aus vordringend, eingewandert. Thatsächlich
findet man nämlich die hauptsächlichsten Sitze der Etrusker, soweit unsere Kenntnis zurückreicht, im Centrum, meist sogar
im Osten Tyrrheniens; mit Ausnahme von Populonia trifft man keine einzige größere unmittelbar am Meere
gegründete Stadt an. Eine 1885 in Lenmos aufgefundene pelagische Inschrift setzt allerdings die sprachliche Verwandtschaft
der tyrrhenischen Pelasger des Ägäischen Meers mit den TyrrhenernItaliens
[* 23] außer Zweifel; sie ist daher als Hauptstütze der
erstern Ansicht aufgeführt worden. Doch wäre auch eine Einwanderung der lemnischen Pelasger von Westen
her denkbar. Von den die Tyrrhener umgebenden italischen Völkerschaften wurde mit einem italischen Ableitungssuffix der NameTursco- gebildet, woher der Plural umbrisch Turscor, lat. Tusci; daneben gebrauchten die Römer
[* 24] auch die ihrem Ursprung nach
unklaren NamenEtrusci (Volk) und Etruria, (Land).
Zu welcher Völkerfamilie dies Volk gehörte, ist noch nicht festgestellt, da seine Sprache, von der sich
zahlreiche Reste in Inschriften, besonders Grabschriften erhalten haben, noch keinen Anschluß an andere bekannte Sprachen
gefunden hat. Doch erscheint die Zugehörigkeit der Etrusker zu der indogerman. Völkerfamilie immer wahrscheinlicher, wenn
sich auch ihre Sprache von den Sprachen des übrigen Italiens beträchtlich unterschied und weder mit ihnen
noch mit dem Griechischen oder mit dem
Keltischen oder Germanischen bis jetzt ein Zusammenhang nachgewiesen worden ist; auch
die neuerdings von Sophus Bugge verfochtene Ansicht, das Etruskische sei mit dem Armenischen besonders nahe verwandt («Etruskisch
und Armenisch. Sprachvergleichende Forschungen. Erste Reihe», Krist. 1890), ist abzuweisen. Verfehlt
waren die Versuche, die etrusk. Sprache den semit. Sprachen zuzuteilen, und auch die Annahme der Verwandtschaft mit den turanischen
hat sich als ein Irrtum herausgestellt. Die Schrift ist im wesentlichen die altgriechische, aber es ist unsicher, ob sie direkt
von Griechenland
[* 25] oder von den hellen. Kolonien Unteritaliens her eingeführt ist.
Unter den etrusk. Städten sind namentlich Veji, Falerii, Volsinii (jetzt Bolsena), Clusium (Chilis), Perusia, Cortona, Arretium
(Arezzo), Fäsulä (Fiesole), Volaterrä, Populonia, Rusellä, Vetulonium, Saturnia, Cosa, Volci, Tarquinii und Cäre zu erwähnen.
Von diesen Städten bildeten zwölf unabhängige, selbständige Staaten, die zu einem Bunde vereinigt waren.
Das Bundesverhältnis scheint ziemlich lose gewesen zu sein; doch wurden zu religiösen und polit.
Zwecken mindestens einmal jährlich Bundesversammlungen beim Tempel
[* 26] der Göttin Voltumna gehalten. In den einzelnen Staaten
bestand eine strenge Geschlechterherrschaft und priesterliche Aristokratie. Nur aus den Adelsfamilien, die, wie es scheint,
mit dem Namen Lucumonen bezeichnet wurden, konnten der König und die Senatsmitglieder gewählt werden;
an die Stelle der Könige scheinen freilich später überall jährlich wechselnde Magistrate getreten zu sein.
Unter dem Herrenstande befand sich ein großer Teil der Bevölkerung in einer Klientel, die hier einen härtern und strengern
Charakter als bei den andern mittelital. Völkern gehabt zu haben scheint. Der Stand der Gemeinfreien
in den Städten gelangte zu keiner Bedeutung. Die Kämpfe des Volks hatten hauptsächlich nur die Wirkung, die Staaten zu zerrütten
und ihre Widerstandstraft gegen Rom zu schwächen. Der Einfluß der etrusk. Staatsverfassung auf die römische wird im ganzen
wohl nur auf einzelne Äußerlichkeiten, wie die Magistratsinsignien, die Einrichtung der Liktoren, die
Triumphzüge u. dgl., zu beschränken sein. Dagegen kann die Einwirkung des etrusk.
Religionswesens auf die Gestaltung des römischen kaum geleugnet werden.
Die Religion der Etrusker, tiefsinnig, aber düster und phantasiearm, war in ihrer Anwendung auf das Staats- und Privatleben
sorgfältig bis in das einzelnste ausgebildet. Unter den vielen heiligen Büchern genossen die des Götterknaben
Tages (s. d.) besonderes Ansehen; daneben enthielten die Achexontischen Bücher die Lehre
[* 27] von der Versöhnung der Götter, der
Aufschiebung des Schicksals, der Vergötterung der Seelen. Außerdem gab es weitläufigere Werke, in welchen die «etrusk.
Disciplin» ausführlich entwickelt war. Die Götter selbst, Asar genannt, deren Sitz im Norden
[* 28] gedacht
ward, zerfielen in zwei Ordnungen, die der obern und verhüllten Götter, und die der zwölf Götter, welche von den lat. Autoren
als Consentes oder Complices bezeichnet werden. - Über die Kunst der Etrusker, s. Etruskische Kunst.
Im 8. bis 6. Jahrh. v. Chr. erreichte die Macht der Etrusker ihren Höhepunkt. Ganz Oberitalien
[* 29] von Nizza
[* 30] bis Venedig,
[* 31] und Ariminum war außer dem eigentlichen Etrurien in ihrem Besitz; selbst der größte
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