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Bewohner zu Sklaven gemacht und nach Susa, von dort in das Land der Kissier abgeführt; bald aber wurde sie, wahrscheinlich mit Hilfe der Athener, wiederhergestellt und blieb bis in die röm. Kaiserzeit nächst Chalkis die bedeutendste Stadt der Insel. Erfindungen ist die Vaterstadt des Philosophen Menedemus (s. d.), der hier die Eretrische Schule gründete. Seit dem frühen Mittelalter ist Erfindungen verschollen; ein in der neuern Zeit zwischen ihren Ruinen angelegtes Städtchen, in welchem die griech. Regierung die 1824 aus ihrer Heimat vertriebenen Bewohner der Insel Psara angesiedelt hatte, ist wegen des ungesunden Klimas fast ganz wieder verödet.
Eretrische Schule, s. Menedemus. Erfahrung, Empirie, die Erkenntnis, die sich auf Wahrnehmung der Thatsachen, genauer, auf die Synthesis (s. d.) der Wahrnehmungen gründet; wie schon Aristoteles erklärt: viele Erinnerungen (wahrgenommener Thatsachen) machen die eine Erfindungen. Daher schließt Erfindungen eigentlich immer die Denk- oder Verstandesthätigkeit (Einheit der Synthesis) ein, während sie andererseits das Gegebensein eines sinnlichen Stoffs durchaus voraussetzt.
Darum konnte Kant die Erfindungen definieren als Produkt aus Sinnlichkeit und Verstand. Sie beruht nach ihm auf den Grundgesetzen der Sinnlichkeit einerseits, des Verstandes andererseits. Die erstern sind Raum und Zeit, die letztern die Kategorien (s. d.), beide zusammen machen die Möglichkeit (d. h. den Inbegriff der gesetzmäßigen Bedingungen) derE. aus. Erfindungen bedeutet nach dieser tiefern Ableitung ihres Begriffs das Gesamtgebiet des in Raum und Zeit gemäß den Gesetzen des Verstandes (z. B. den Gesetzen der Substantialität und Kausalität) Erkennbaren. Sofern die Kritik der reinen Vernunft oder Transcendentalphilosopbie eben die Grundgesetze der Möglichkeit der Erfindungen nachweisen will, läßt sie sich geradezu als Theorie der Erfindungen bezeichnen. -
Vgl. Cohen, Kants Theorie der Erfindungen (2. Aufl., Berl. 1885).
Von dieser prägnanten Bedeutung des Ausdrucks Erfindungen ist eine viel weitere zu unterscheiden. Da die Erfindungen nicht bloß die Ausgabe hat, die hier und jetzt gegebene Thatsache in ihrer ganzen Bestimmtheit zu erkennen, sondern auch auf das Gegebene immer angewiesen bleibt, ja recht eigentlich die Abhängigkeit unserer Erkenntnis von einem sinnlich gegebenen Stoss ausdrücken will, steht Erfindungen oder das Empirische der Erkenntnis gegenüber dem, was auf Erkenntnisgesetzen a priori beruht, bedeutet also in diesem Falle nur den einen der beiden Faktoren, die zusammen die Erfindungen in der erst erklärten Bedeutung ausmachen. Erfindungen in diesem letztern Sinne ist, nach Kant, die Materie der Erkenntnis im Unterschied von ihrer gesetzmäßigen Form. So bilden Raum und Zeit die Form der Anschauung, das Empirische dagegen, d. h. die Empfindung, durch die allein Etwas in Raum und Zeit gegeben ist, die Materie. So heißt ein empirischer oder Erfahrungsbegriff, eine empirische (Erfahrungs-)Erkenntnis ein solcher Begriff, eine solche Erkenntnis, die sich auf bestimmte Data der Erfindungen, nicht rein auf das apriorische Gesetz der Erkenntnis stützt; empirische oder Erfahrungswissenschaft eine ebensolche Wissenschaft. In solchem Sinne steht auch bei Kant das Empirische dem Transcendentalen gegenüber, während im andern Sinn transcendentale Gesetze nur Gesetze der Erfindungen sind. So ist schon den Alten der Gegensatz des Empirischen und Nationalen bekannt, der in der neuern Philosophie den großen Hauptgegensatz erkenntnistheoretischer Richtungen, den des Empirismus und Nationalismus, begründet.
Kant sucht diesen Streit zu schlichten durch die Feststellung (mit der er seine «Kritik der reinen Vernunft» eröffnet), daß zwar alle unsere Erkenntnis mit der Erfindungen anfange, aber darum doch nicht alle aus der Erfindungen entspringe (sofern Erfindungen selbst, wie oben erklärt, apriorische Elemente voraussetzt). Wie man äußern und innern Sinn unterscheidet, so pflegt auch zwischen äußerer und innerer Erfindungen unterschieden zu werden. Die erstere umfaßt dann das Gesamtgebiet der räumlichen Ereignisse, die letztere die Thatsachen des Bewußtseins.
Diese Scheidung ist berechtigt, insofern jedes Erfahrungsobjekt nach zwei Richtungen hin betrachtet werden kann, nämlich nach feinen räumlichen Verhältnissen, als Körper (die Betrachtungsreihe der Naturwissenschaft) und als Ereignis in einem Bewußtsein (die psychol. Auffassung). Erfahrungsbeweis, ein Beweis, der auf erfahrene Thatsachen, nicht lediglich auf apriorische Principien sich gründen will (s. Induktion). [* 2] Doch ist ein Beweis auch auf dem Grunde der Erfahrung nicht möglich, ohne daß solche Principien stillschweigend zu Grunde gelegt werden, die vielmehr Gesetze des Erkennens selbst ausdrücken, als aus einer besondern, empirischen Erkenntnis erst abgeleitet sind (z. B. das Gesetz der Verursachung).
Erfahrungsseelenlehre, die in der neuern Zeit fast zu ausschließlicher Geltung gelangte Auffassung der Psychologie, wonach diese sich nur auf die durch Erfahrung festzustellenden Thatsachen, auf Beobachtung und Analyse der einzelnen Seelenzustände und Erforschung ihrer gesetzmäßigen Abhängigkeit von körperlichen Vorgängen gründen soll. Die Erfindungen hat verschiedene Verfahrungsweisen, je nachdem man diese Erfahrung auf experimentellem, ethnogr., statist. oder rein innerm Wege oder durch Kombination dieser Quellen gewinnen will. (S. Psychologie.) Erfelden, Pfarrdorf im Kreis [* 3] Groß-Gerau der Hess.
Provinz Starkenburg, an den Linien Frankfurt-Mannheim und Darmstadt-Erfindungen und Entdeckungen (16 km) der Hess. Ludwigsbahn (Station Goddelau-Erfindungen und Entdeckungen), rechts am Rhein, hat (1890) 863 evang. Erfindungen, Ackerbau und Viehzucht. [* 4] In der Nähe die Schwedensäule (12 m) mit einem gegen 7 m hohen Obelisken mit behelmtem Löwen [* 5] zur Erinnerung an Gustav Adolfs Rheinübergang am Erfinderpatent, s. Patent. Erfindungen und Entdeckungen. Die Begriffe Erfindung und Entdeckung sind, obwohl sie vielfach verwechselt werden, doch wesentlich verschieden.
Eine Entdeckung betrifft etwas zur Zeit der Entdeckung bereits Vorhandenes, das aber bisher unbekannt war, an welchem aber durch die Entdeckung nichts geändert wird. Dies kann etwas rein Materielles sein, oder etwas der Materie Innewohnendes, eine Eigenschaft derselben; so sprechen wir von der Entdeckung eines Planeten, [* 6] der Entdeckung Amerikas, der Entdeckung eines Minerals, eines Bacillus, irgend eines Gegenstands der beschreibenden Naturwissenschaften, aber auch von der Entdeckung der Schwerkraft, des Magnetismus, [* 7] der chem. Verwandtschaft u. s. w. Solche Entdeckungen werden durch Beobachtung allein oder im Verein mit Vergleichung, durch Verallgemeinerung von aufgefundenen Thatsachen, Aufstellung ¶
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von Hypothesen und Theorien und demgemäß planmäßig angestellte Experimente gemacht. Eine Erfindung betrifft allerdings auch immer eine Sache, die vorher dem Menschen nicht bekannt war. Aber dieselbe steht mit schon bekannten Dingen in engem Zusammenhang; sie tritt nicht als etwas völlig Neues in die Erscheinung. Es werden an bekannten Dingen Änderungen vorgenommen, sodaß man mit dem veränderten Dinge qualitativ oder quantitativ bessere Wirkungen" hervorbringen kann, als mit dem bekannten.
Gewisse Teile an einem materiellen Dinge oder in der Operationsfolge (dem Verfahren) zur Herstellung eines solchen werden durch andere ersetzt zur Erzielung einer neuen oder vollkommenern Wirkung. Die Entdeckungen betreffen jedoch nicht nur die materielle Körperwelt, sondern auch abstrakte Dinge, allgemeine Gesetze, wissenschaftliche Wahrheiten, die als solche einen rein geistigen Besitz darstellen; auch die Erfindungen können auf dem rein intellektuellen, dem künstlerischen, dem philosophischen, dem moralischen Gebiete liegen.
Die Rechenkunst mit Hilfe von Logarithmen ist als eine Erfindung zu bezeichnen, die Logarithmen selbst stellen eine Entdeckung dar. Man kann von der Erfindung eines Versmaßes, eines philos. Systems, einer Staatsform u. dgl. sprechen. Indessen neigt der Sprachgebrauch dazu, als Erfindungen nur Neuerungen auf materiellem Gebiete zu bezeichnen und speciell solche, welche, zur Befriedigung materieller Bedürfnisse bestimmt, eine gewerbliche Verwertbarkeit gestatten.
Diese Erfindungen können einen Körper betreffen, z. B. ein Werkzeug, eine Maschine, [* 9] oder ein Verfahren zur Herstellung eines Körpers. Die Substitutionen, durch welche die Erfindungen auseinander hervorgehen, können aus einer Formveränderung oder einer Stoffveränderung oder einer Veränderung in den Operationen, welche das Herstellungsverfahren ausmachen, oder aus mehrern dieser Elemente bestehen. Diesen Entwicklungen gemäß kann man die Erfindung im engern Sinn, d.h. die gewerblich verwertbare Erfindung, definieren als eine durch Substitution hervorgebrachte Neuerung an einen: Mittel zur Befriedigung der materiellen Bedürfnisse des Menschen, welche Neuerung dieses Ziel in einer vollkommenern Weise erreicht, als es bisher möglich war.
Die ersten Erfindungen, die der Naturmensch machte, waren einfache Werkzeuge, [* 10] die den Zweck hatten, die Wirksamkeit seiner Organe, namentlich des Arms und der Hand, [* 11] zu verstärken. So entstand beispielsweise, nachdem der Mensch die Entdeckung gemacht hatte, daß die Wucht seines Arms durch die Benutzung eines in die Hand genommenen Steins vergrößert würde, durch besondere die Wirkung dieses Steins erhöhende Formgebung das primitive Werkzeug der Steinaxt. Erfinden ist weder als eine Kunst, noch als eine Wissenschaft zu bezeichnen; es ist eine eigentümliche geistige Fähigkeit, welche bei dem einen stärker entwickelt ist als bei andern, bei verhältnismäßig wenigen überhaupt in beträchtlichem Maße vorkommt.
Wissenschaftliche Kenntnisse, besondere Vertrautheit mit den Grundlagen, auf welchen die Erfindung erstehen kann, Konzentrierung des Verstandes ans ein zu erreichendes Ziel können für sich obne Mithilfe der angeborenen Fähigkeit kaum zu Erfindungen führen. Große Gelehrte, Forscher und Entdecker sind nur selten große Erfinder. Die erfinderische Kraft [* 12] besteht eher in einer besondern Kombinationsgabe; sie ist deshalb auch nicht im ausschließlichen Besitz besonderer Stände oder Berufsklassen.
Wenn die durch Substitution an Bekanntem erzielte Wirkung im nützlichen Sinne sehr verschieden ist von dem, was früher erreichbar war, so haben wir eine Erfindung, welche der gewerblichen Thätigkeit neue Wege öffnet. Eine große Erfindung kann Hunderte und taufende kleiner Erfindungen nach sich ziehen, welche Verbesserungen an der erstern darstellen, ohne ihren ursprünglichen Charakter wesentlich zu verändern. Diese Veränderungen, Kombinationen mit bekannten Stoffen und Formen, die nach dem Vorbilde analoger Fälle hervorgebracht werden, erfordern oft nur eine sehr geringe erfinderische Thätigkeit, sie sind ein Ergebnis der gewerblichen Routine.
Dennoch können solche anscheinend unbedeutende Abänderungen die Haupterfindung praktisch nützlich machen und ihr einen technischen Wert verleihen, die diese ursprünglich nicht besaß. Die Dampfmaschine [* 13] in ihrer ursprünglichen Form blieb 7 Jahre lang als einziges Exemplar ohne Wiederholung, und es dauerte 30 Jahre, bis sie, mit Verbesserungen versehen, fabrikmäßig gebaut wurde. In den meisten Staaten sind Maßregeln getroffen worden, welche dem Erfinder gestatten, den ihm gebührenden Lohn an Geld und Anerkennung zu ernten, und trotzdem den Segen seiner Erfindung der Allgemeinheit zukommen lassen.
Dies wird erreicht durch Patente (s. d.), welche der Staat gegen eine mäßige Abgabe erteilt. In allen Ländern mit guter Patentgesetzgebung hat seit deren Einführung die Menge der Erfindungen ungemein zugenommen. Wenn auch viele derselben von geringem Wert sind, so kann man doch behaupten, daß die Kultur, soweit sie von Industrien und Gewerben getragen wird, niemals raschere und erstaunlichere Fortschritte gemacht hat, als unter dem Schutze der Patentgesetze.
Dies wird auch aus der folgenden Tabelle ersichtlich, welche in chronol. Ordnung wichtige Erfindungen und Entdeckungen aufzählt, letztere insofern, als sie zu bedeutenden gewerblichen Erfindungen geführt haben. Manche aus dem grauen Altertum stammende Erfindungen von großer Bedeutung fehlen in der Aufzählung, wie die Darstellung des Schmiedeeisens, der Bronze, [* 14] des Quecksilbers, die Erfindung des Spinnens und Webens, der Brotgärung, der Wein- und Bierbereitung.
Die folgende Tabelle reicht bis 1880; die Bedeutung der später gemachten Erfindungen ist mit Ausnahme einiger, z. B. des Mannesmannschen Röhrenwalzverfahrens, des Gasglühlichts u. a. (s. die betreffenden Artikel), noch in der Entwicklung begriffen, über die geogr. Entdeckungen s. Reisen. Zeit Gegenstand Urheber um 600 v. Chr. Wasseruhr Assyrer. um 560 Sonnenuhr Anaximander. um 250 Flaschenzug, [* 15] Schraube, Hydrostatik Archimedes. um 100 Heber, [* 16] Druckpumpe, Reaktionsrad Heron von Alexandria. 400 n. Chr. Aräometer Hypatia. um 750 Scheidewasser (Salpetersäure), Königswasser, Höllenstein, Sublimat; Destillation, [* 17] Kupellation Geber. um 950 Vitriolöl (Schwefelsäure), [* 18] Alkohol Rhases. ¶