letzteinschnitts ein Stollen in der definitiven Bausohle vorangeht, wobei durch Schächte von oben her das abgegrabene Material
in Wagen geworfen wird, die in den Stollen auf Arbeitsbahnen eingeführt werden. Bei Herstellung von Dämmen kommen Schuttgerüste
(Sturzgerüste), Gerüstbrücken u. s. w. in Anwendung. (S. Eisenbahnbau, Bd.
5, S. 833.)
Die Sicherung der Böschungen (s. d.) erfolgt durch Berasungen, Vepflanzungen, Pflasterungen
sowie Erddruckmauern (s. d.). Die Anlagen zum Schutze des Bestandes der Erdbauten bestehen außerdem auch häufig in sorgfältig
auszuführenden Entwässerungsanlagen, welche mitunter zur Herstellung bedeutender Drainierungen, Stollen u. s. w. führen
können, in einer entsprechenden Gründung des Bauwerks bei nicht widerstandsfähigem Boden (Moor u. s. w.), in einem ausreichenden
Schutze gegen die Angriffe des Wassers an Flüssen und Meeren u. s. w. (S. auch Durchlaß.)
Bei Wiederherstellung zerstörter Erdbauten ist vor allem das noch Bestehende vor dem zerstörenden Einflüsse zu sichern,
dann die Beseitigung der Entstehungsursache, so z. B. die Entwässerung des Rutschterrains
oder der Abbau des Wildbachs u. s. w. vorzunehmen und hierauf die vorläufige
oder endgültige Herstellung der neuen Anlage zu vollziehen. Unter Umständen kann bei ungünstigem Terrain nur die vollständige
Umlegung der Baulinie Sicherheit bieten. -
Vgl. von Bauernfeind, Grundriß der Vorlesungen über Erd- und Straßenbau (Münch.
1875);
Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Bd. 1-4 (Bd.
1-3 in 2. Aufl., Lpz. 1882-90);
Henz-Streckert, Praktische Anleitung zum Erbrecht (3. Aufl., Berl.
1873);
W. Heyne, Der Erbrecht (Wien 1876);
Gieseler, Lehrbuch des Erbrecht (Bonn 1880).
Vgl. auch die Litteratur zu Eisenbahnbau und Brücke.
Erschütterungen des Erdbodens, die ihre Ursache unter der Erdoberfläche haben. Nach der Verschiedenartigkeit
dieser ihrer Ursachen teilt man die Erdbeben ein in: 1) Einsturzbeben, entstanden durch Zusammenbruch
unterirdischer Hohlräume; sie sind selten und lokal und resultieren aus der gesteinsauflösenden Thätigkeit des Wassers;
2) vulkanische Erdbeben oder Explosionsbeben werden durch Stöße erzeugt, die durch die aus Vulkanenschlünden entweichenden Gase und
Dämpfe hervorgebracht werden und sind auf die Umgebung der Vulkane beschränkt;
3) tektonische Erdbeben oder Dislokationsbeben sind die Äußerungen der fortdauernden
Stauung und Faltung der Schichten zu Gebirgen. Dadurch werden Spannungen erzeugt, die dann Verschiebungen, Brüche und Reißungen
erzwingen, mit denen weithin fühlbare Erschütterungen und die verheerendsten Erdbeben in Verbindung stehen. Die Risse und Brüche,
von denen sie ausgehen, nennt man Stoß- oder Schütterlinien, auch seismische Linien. Die Art der Bewegung,
in welche die Erdoberfläche durch Erdbeben versetzt wird, ist entweder eine wellenförmige (undulatorische E.)oder
eine stoßförmige (succussorische Erdbeben). Die unterseeischen Erdbeben werden Seebeben genannt.
Die Verbreitungsform der Erdbeben ist bald eine centrale, indem sich die Erschütterungen gleichmäßig nach allen
Seiten hin fortpflanzen, oder dies geschieht nur nach einer Richtung, wodurch lineare Erdbeben entstehen. Das
Gebiet der erstern nennt man Erschütterungskreis, das der letztern Erschütterungszone. Der oberflächliche Mittelpunkt
eines centralen Erdbeben heißt Epicentrum; die Lage desselben kann gefunden werden vermittelst der Homoseisten, d. h. der Verbindungslinien
aller der Punkte, wo das Erdbeben gleichzeitig gespürt wird.
Die Homoseisten haben bei centralen Erdbeben Kreisform. Die Dauer der Erdbeben schwankt zwischen weiten Grenzen. Manche der verheerendsten
Erdbeben waren das Werk weniger Sekunden, andere hielten monate-, ja jahrelang an und bestanden dann aus Tausenden
von Stößen (z. B. das phokische Erdbeben 1870-73, über 50000 Stöße). Die meisten Erdbeben sind von unterirdischem
Donner, Rollen, Klirren, Krachen begleitet, andere mit Spaltenbildung, Schlamm-, Wasser- und Gasausbrüchen, Senkungen oder
Horizontalverschiebungen des Bodens verknüpft. Daß größere Erdbeben die Zerstörung ganzer Städte und die Vernichtung Tausender
von Menschen im Gefolge haben können, ist bekannt. Zur Beobachtung der Fortpflanzungsrichtung und des Zeitpunktes der Erdbeben dienen
die Seismometer (s. d.).
In neuester Zeit haben einige bedeutende Erdbeben in erhöhtem Maße das Interesse auf diese Erscheinung gelenkt. Es war dies zunächst
das Erdbeben oder in diesem Falle besser gesagt Seebeben von Iquique in Peru (9. Mai 1877), bei dem es gelang, die Fortpflanzung der
wellenförmigen Bewegungen namentlich im Stillen Ocean zu verfolgen. (S. nachstehende
Figur, in der die
punktierten Linien, Isorachien genannt, den gleichzeitigen Eintritt der Flutwelle darstellen; s. auch Gezeiten.)
Von noch größern Wirkungen verschiedener Art war der vielgenannte überaus heftige Ausbruch des Krakatau (s. d.) in der
Sundastraße begleitet, der in der Nacht vom 26. zum 27. Aug. 1883 erfolgte. Zu nahe gleicher Zeit wurden
auch in Nordamerika mehrfache Erdbeben wahrgenommen, sodaß es scheint, als ob dieses Ereignis das weitverbreitetste
der bis jetzt beobachteten Erdbeben gewesen sei. Von großem Interesse ist auch hier die Verfolgung der Flutwelle
gewesen, und zwar wurden bei dieser Gelegenheit mehrere solcher Wellen an den Flutmessern in Indien, Südgeorgien
u. s. w. wahrgenommen.
^[Abb.]
Das Auftreten der Erdbeben ist nicht gleichmäßig auf der ganzen Erde. Am zahlreichsten sind sie in Gebieten mit
jungen Schichtenstörungen, besonders an den Bruchrändern der Gebirge. In Europa sind am meisten von Erdbeben heimgesucht die drei
südl. Halbinseln, Ungarn und die Gegend des Mittelrheins. In Asien sind Erdbeben am häufigsten im Westen, dann
im Indus- und Gangesgebiet, in
mehr
Hinterindien, dem Malaiischen Archipel und in Japan. Afrika und Australien sind verhältnismäßig von Erdbeben verschont. Dagegen
sind sie zahlreicher auf den Inseln des Stillen Oceans, besonders in Neuseeland und den Sandwichinseln. Am reichsten mit Erdbeben bedacht
ist die Westküste von Amerika, besonders von Südamerika. Noch nie von Erdbeben heimgesucht wurde das europ.
Rußland.
Zu den bedeutendsten der neuern Zeit gehören das in Lima 28. Okt. 1746, das in Lissabon 1. Nov. 1755, das sich von Grönland bis
Afrika, ja bis Amerika ausdehnte, sodaß die gleichzeitig dadurch erschütterte Oberfläche etwa ein Dreizehntel der gesamten
Erdoberfläche betrug; die in Calabrien 5. Febr. 1783, in Ecuador 4. Febr. 1797, am Mississippi unterhalb St. Louis 13. Juni 1811,
in Caracas 26. März 1812, in Valparaiso und Chile 19. Nov. 1822; ferner die Erdbeben auf Terceira 12. Juni 1841, auf Guadeloupe 8. Febr. 1843, auf
Sumbawa 15. April und auf Haiti 7. Mai 1842, zu Cumana 15. Juli 1853, zu San Salvador (Centralamerika) in der Nacht
vom 16. zum 17. April 1854, zu Brussa 28. Febr. und 18. April 1855, in Wallis
(Visp) 25. Juli 1855, zu Jeddo (Japan) 12. Nov. 1855; sodann im Neapolitanischen
(Atena, Padula, Polta) seit 16. Dez. 1857, zu Korinth 12. Febr. 1858, zu Mexiko 19. Juni 1858, zu Quito 22. März 1859,
zu Mendoza 28. März 1861, in Ecuador und Peru Mitte Aug. 1868, in Kalifornien 21. Okt. 1868, zu Belluno 8. Aug. 1873, auf Ischia 28. Juli 1883,
an der Riviera 23. Febr. 1887, westlich von Tokio (Japan) vom 28. Okt. bis 15. Nov. 1892 u. s. w. Im Sommer 1894 fanden
starke Erdbeben statt in Konstantinopel (Epicentrum wahrscheinlich im Marmarameer), an der Ostseite des Ätna und in Tokio, wie man
denn wohl behaupten kann, daß fast an jedem Tage irgendwo auf der Erde ein Erdbeben stattfindet; nur von einem
sehr geringen Teile erhalten wir Kenntnis.
Bei Gelegenheit des Erdbeben an der Riviera hat sich auch wieder die Frage über Schutzmittel gegen Erdbeben und
über den Wert der Vorhersagungen solcher Ereignisse in den Vordergrund gedrängt. Was die erste Frage anlangt, so kann natürlich
nur die Rede sein von Mitteln zur Sicherung des Lebens und der Gebäude. Was jedoch die zweite anlangt,
so sind die Ansichten darüber sehr geteilt. Die größere Anzahl der Forscher glaubt, daß solche Vorhersagungen von Erdbeben im
allgemeinen nicht mit irgendwelcher Zuverlässigkeit gegeben werden können, soweit sich dieselben über das hinaus erstrecken,
was durch die Beobachtungen etwa an thätigen Vulkanen ermittelt werden kann. (Solche Observatorien besitzen
bis jetzt der Vesuv und der Ätna.) Die Anhänger der entgegengesetzten Richtung, deren Hauptvertreter Rud. Falb (s. d.) ist, sind
der Meinung, auf Grund gewisser kosmischer Vorgänge, unter denen namentlich die Stellung von Sonne und Mond zur Erde die größte
Rolle spielt, bestimmte Perioden und Zeitpunkte vorher bezeichnen zu können, an denen eine große Wahrscheinlichkeit
für das Auftreten der Erdbeben vorhanden sei.
Wenn auch zuweilen ein Erdbeben zu einer von dieser Seite vorhergesagten Zeit eintrifft, so kann dies noch nicht als
Beweis für die an und für sich nicht ganz stichhaltige Theorie gelten. Im wesentlichen beruht dieselbe
nämlich auf der Ansicht, daß der noch feuerflüssige Kern der Erde ähnlichen Schwankungen unterworfen sei, wie man dieselben
an den Oceanen als Ebbe und Flut wahrnimmt, und daß dann durch die mittelbare
oder unmittelbare Wirkung dieser Flutwelle
die Erdbeben hervorgebracht würden, noch unterstützt durch auf dieselben kosmischen Ursachen zurückzuführende
Vorgänge in der Atmosphäre.
Wollte man einen solchen Zusammenhang endgültig entscheiden, so müßte bei der Geringfügigkeit der wirkenden Kräfte eine
sehr große Anzahl von Fällen der Betrachtung unterworfen werden, was bis jetzt noch nicht geschehen ist und sich auch kaum
in dem erforderlichen Umfange wird ermöglichen lassen. Indes haben gerade einige der zuletzt erwähnten
Erdbeben für die Falbschen Ansichten viele Gläubige geworben, da sie mit einer Vorhersagung Falbs zusammentrafen, was ebenso der
Fall war mit einigen geringen Erderschütterungen, welche 23. und 24. März 1887 in einigen Orten Österreichs stattfanden.
Litteratur. Mallet, On earthquakes (Bost. 1858);
Fuchs, Vulkane und Erdbeben (Bd. 17 der «Internationalen wissenschaftlichen
Bibliothek», Lpz. 1875);
J. F. J. Schmidt, Studien über Erdbeben (ebd. 1875; 2. Aufl. 1879);
von Seebach, Das mitteldeutsche Erdbeben 1872 (ebd.
1873);
N. Hoernes, Erdbebenstudien (Wien 1878);
ders., Erdbebenkunde (Lpz. 1893);
Heim, Die E.und deren Beobachtung (Bas. 1880);
Roth, über die Erdbeben (Berl. 1882);
Fuchs, Statistik der Erdbeben von 1865 bis 1885 (Wien 1886);
von Hochstetter,
Die Erdbebenflut im Pacifischen Ocean (in Petermanns «Geogr. Mitteilungen»,
Gotha 1869).
Ausführliche Angaben über die verschiedenen Theorien und Litteratur bis in die neueste Zeit finden sich in Günthers Lehrbuch
der Geophysik und physik. Geographie (2 Bde.,
Stuttg. 1884-85).