sämtliche Gewebe und Organe eines Lebewesens mit Ausnahme des Keimplasmas bildet. So knüpft der Zeugungsstoff, wenn auch
in kleinsten Teilchen, immer wieder materiell an den Zeugungsstoff der Vorfahren an, das Keimplasma ist kontinuierlich. (S.
Darwinismus und Fortpflanzung.)
Alle diese Hypothesen haben ihre Bekämpfer gefunden, - noch ist dies Problem der Erblichkeit und
Vererbung nicht gelöst, wir erkennen leicht deren Erscheinungen, aber unsere Hilfsmittel reichen zur Erkenntnis der
Ursachen derselben nicht aus. -
Vgl. Lucas, Traité de l'hérédité naturelle (2 Bde., Par.
1847-50);
Darwin, Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation (übersetzt von J. V. Carus, 2 Bde., Stuttg.
1868; 2. Aufl. 1873);
Locher-Wild, Über Familienanlage und Erblichkeit (Zür. 1874);
Ribot, Die Erblichkeit (deutsch von Hotzen, Lpz. 1876);
Erblichkeit Roth, Histor.-kritische Studien über Vererbung (Berl. 1877);
Büchner, Die Macht der Vererbung (Lpz. 1882);
Brooks, The Law
of Heredity (Baltimore 1883);
Weismann, Das Keimplasma.
Eine Theorie der Vererbung (Jena 1892); ders., Aufsätze
über Vererbung (ebd. 1892); Haacke, Gestaltung und Vererbung (Lpz. 1893).
Über Erblichkeit oder Heredität im pbysiologischen, besonders pathologischen Sinne s. Erbliche Krankheiten; über Erblichkeit im juristischen
Sinne s. Vererblichkeit.
Erbzinsleihe, eine der Formen des sog. geteilten Eigentums.
Sie gewährt ein erbliches und veräußerliches Nutzungsrecht an Grundstücken, namentlich an Bauerngütern, und steht in
den meisten Fällen der röm. Emphyteuse (s. d.) sehr nahe. Der Erbpächter (Erbzinsmann, Grundholde, Erbmeier)
hat jährlich einen sog. Kanon, d. i. eine Geld- oder Körnerabgabe, außerdem regelmäßig bei jedem Besitzwechsel
ein Laudemium oder Mortuarium an den Grundherrn zu entrichten.
Bei der Begründung einer neuen Erbpacht pflegt der Erbpächter eine gewisse Anzahlung, das Erbbestandgeld (s.
Erbbestand) zu leisten. Der Grundherr hat bei Veräußerungen in der Regel das Vorkaufsrecht; Verpfändungen und Teilungen können
nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden, und bei Deterioration des Gutes, schlechter Wirtschaft des
Erbpächters, längerer Versäumnis der Zinszahlung kann er das Gut zurückziehen. Die in der Gesetzgebung seit einem Jahrhundert
vorherrschende individualistisch-liberale Strömung führte in manchen Staaten in Zusammenhang mit der Bauernbefreiung zur
Beseitigung der Erbpacht und aller andern Arten des geteilten Eigentums. So hob insbesondere das preuß. Gesetz
vom das Eigentumsrecht des Grundherrn ohne Entschädigung auf, verlieh dem Erbpächter das volle Eigentum, indem
die auf dem Grundstück haftenden beständigen Abgaben und Leistungen in ablösbare Reallasten umgewandelt wurden, und bestimmte
ferner, daß in Zukunft bei erblicher Überlassung eines Grundstücks nur die Übertragung des vollen
Eigentums zulässig sei, daß die Ablösbarkeit der Renten nie für länger als 30 Jahre vertragsmäßig ausgeschlossen werden,
auch deren Ablösungsbetrag das Fünfundzwanzigfache der Rente nicht übersteigen dürfe.
Ebenso schließt die franz. Gesetzgebung eine eigentliche Erbpacht aus, wenn sie auch
Pachtverhältnisse von
langer Dauer gestattet. In neuerer Zeit ist in Deutschland die Wiedereinführung
der Erbpacht vielfach empfohlen worden als ein Mittel, um den Bauern- und Kleingrundbesitzerstand namentlich in den Gebieten östlich
der Elbe zu mehren und bisher unbebauten Moor- und Heideboden in ertragsfähige Ackerländereien umzugestalten. Man konnte
dabei auf die nicht unbefriedigenden Ergebnisse derselben in Mecklenburg-Schwerin (s. Domänen), in den
Moorkolonien von Hannover und Oldenburg, in Holland (wo die Erbpacht unter dem Namen Beklemmrecht namentlich in der Provinz Groningen
von Bedeutung ist) und in andern Ländern verweisen.
Die Erbpacht bietet für die Zwecke der innern Kolonisation den Vorzug, daß sie den Erwerb eines dauernden Besitzes mit einer verhältnismäßig
kleinen, etwa nur den Gebäudewert repräsentierenden Anzahlung, ja sogar ohne eine solche gestattet
und dem Grundherrn eine Handhabe bietet, Teilungen und Zersplitterungen der neu errichteten Stellen zu verhindern. Andererseits
schließt aber die Erbpacht die Gefahr der Auferlegung schädlicher Beschränkungen in der Benutzung der Grundstücke sowie der
Entstebung bedenklicher socialer Abhängigkeitsverhältnisse in sich. Aus diesem Grunde haben die preuß.
Gesetzgeber die Wiederzulassung der Erbpacht abgelehnt und statt derselben zur Förderung der innern Kolonisation das Institut des
Rentengutes (s. d.) 1890 neu belebt; dasselbe besitzt alle Vorzüge der Erbpacht, vermeidet
aber im wesentlichen deren Nachteile. -
Vgl. Ruprecht, Die Erbpacht (Gött. 1882);
Paasche, Erbpacht und Rentengüter
als Mittel zur Schaffung und Erhaltung eines ländlichen Mittel- und Kleinbesitzes (in den «Jahrbüchern für Nationalökonomie
und Statistik», Neue Folge, Bd. 14, Jena 1886).
Über die Verhandlungen betreffend Wiedereinführung der Erbpacht in Preußen vgl. Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 32 u. 33 (Lpz. 1886 u.
1887).
ein Titel, welchen in den deutschen Herzog- und Fürstentümern der älteste, zur Thronfolge
berechtigte Sohn des Souveräns führt; auch dem zur unmittelbaren Thronfolge berechtigten ältesten Enkel des vorverstorbenen
ältesten Sohnes wird dieser Titel beigelegt. Dagegen pflegen andere Agnaten, wenn sie die nächste Anwartschaft zur Thronfolge
nur deshalb haben, weil Descendenten oder nähere Agnaten nicht vorhanden sind, diesen Titel nicht zu führen.
Auch der älteste, erbberechtigte Sohn der mediatisierten, ehemals reichsunmittelbaren deutschen Fürstenhäuser wird Erbprinz genannt.
Die Gemahlin eines Erbprinz heißt Erbprinzessin. - In denjenigen Staaten, deren Souverän den Titel Kaiser oder König führt, heißt
der Erbprinz meist Kronprinz (s. d.); in den Großherzogtümern
wird er Erbgroßherzog genannt, während er in den Kurfürstentümern ehemals Kurprinz hieß.
(Vomitus), die stoßweise Entleerung des flüssigen Mageninhalts nach oben durch den Schlund und die Mundöffnung,
während man das Aufsteigen des gasartigen Mageninhalts durch die Speiseröhre als Aufstoßen (s. d.) bezeichnet. Eingeleitet
wird das Erbrechen in der Regel durch das Gefühl des Ekels (s. d.),
Zusammenlaufen von Speichel im Munde, Ausbrechen von Schweiß; das Gesicht wird blaß, ein Gefühl von Schwäche verbreitet
sich über den ganzen Körper und der Puls wird klein und beschleunigt. Endlich ziehen sich die
mehr
Bauchmuskeln und das Zwerchfell stark zusammen, und mit größerer oder geringerer Anstrengung wird alles ausgeworfen, was
der Magen enthält, zuerst die genossenen Speisen und Getränke, dann Schleim aus Magen und Speiseröhre, endlich Galle, die aus
dem Zwölfsingerdarm herübertritt und durch ihren grünen Farbstoff dem Erbrochenen eine grüne Farbe erteilt, und
oft auch der Schleim aus der Luftröhre und den Lungen, in Krankheiten auch mancherlei abnorme Stoffe, z. B. Blut (s. Blutbrechen),
Kot (s. Miserere), eigentümliche Pilzformen (s. Sarcine), Eingeweidewürmer u. dgl. Ist das Erbrechen vorüber, so stellt sich Mattigkeit
und Schlaf oder, war die Anstrengung nicht sehr bedeutend, bald das vorige Wohlbefinden wieder ein.
Die Ursachen des Erbrechen sind verschieden. In der ersten Kindheitsperiode ist es infolge der mehr senkrechten Lagerung
des Magens fast normal und ohne alle Beschwerden sowie bei manchen Tieren das Erbrechen eine normale Lebensverrichtung ist (z. B. das
Ausbrechen des Gewölles bei manchen Raubvögeln). Der Säugling entfernt das Übermaß der genossenen
Milch durch ein dem Aufstoßen ähnliches, müheloses Brechen, übrigens entsteht das Erbrechen entweder durch Reizung des Magens, besonders
des untern Magenmundes, z. B. durch Überfüllung des Magens, durch in den Magen gebrachte Gifte oder Reizmittel (s. Brechmittel),
durch Entzündung oder Geschwüre des Magens, Magenkrebs, durch Verengerung des Magenausganges, des Darms
u. s. w., oder durch eine von den Nerven, besonders vom Gehirn, ausgehende krankhafte Erregung (z. B. bei Schwindel, heftigem
Kopfschmerz, Hirnerschütterung, Hirnhautentzündung, bei Bauchfell- oder Unterleibsentzündungen, in Anschluß an Narkosen,
z. B. besonders mit Chloroform oder Äther, bei der Seekrankheit und andern stark schaukelnden und drehenden Bewegungen), welche
Gehirnerregung auch eine reflektierte (s. Reflexbewegungen) sein kann, besonders
vom Schlund und Zäpfchen aus (wenn man den Finger in den Hals steckt oder das Zäpfchen mit einer Federpose kitzelt), und bei
Leiden anderer Organe, am häufigsten der Leber, der Nieren, der Gebärmutter und des Bauchfells, oder psychisch durch die Einwirkung
ekelerregender Vorstellungen und gewisser Gemütserregungen. Überaus hartnäckiges Erbrechen findet sich
bei der Brightschen Krankheit (s. d.) als Ausdruck der chronischen Harnstoffvergiftung oder Urämie. Willkürlich können manche,
namentlich hysterische Personen, durch Verschlucken von atmosphärischer Luft Erbrechen hervorrufen.
Die Behandlung des Erbrechen ist je nach der vorliegenden Grundursache verschieden. Wo der Magen gereizt ist, passen nach
Umständen: das Verschlucken von kaltem Wasser oder Eisstückchen, von kohlensäurehaltigen Getränken (Brausepulver, Soda-
oder Selterwasser, mitunter Champagner), im Notfall Narkotika (z.B. Opium, Belladonna, Bittermandelwasser, Nux vomica in sehr
geringer Dosis), daneben äußerlich auf die Magengegend kalte Umschläge, Senfteige oder Einreibungen mit Senfspiritus. In
andern Fällen sind ätherisch-ölige Mittel (z. B. Kamille, Baldrian, Pomeranzen, auch schwarzer Kaffee)
oder zusammenziehende Stoffe (z. B. Gerbsäure, Kreosot, Wismutweiß) oder säuretilgende Mittel (z. B. doppeltkohlensaures Natron,
Magnesia) angezeigt.
Erfolgt das Erbrechen nur mit großer Anstrengung, so kann man es durch Trinken von warmem Wasser oder Kamillenthee
sowie durch Frottieren der Magengegend zu befördern suchen. Wenn das Erbrechen vom
Gehirn ausgeht oder wenn es
sehr schnell wiederkehrt, ist horizontale Lage, körperliche und geistige Ruhe, Dunkelheit u. s. w. am besten. Wenn Gesunde
plötzlich heftig erbrechen, denke man zunächst immer an Vergiftung oder an Brucheinklemmung. Das bei Schwangern häufig vorkommende
hartnäckige Erbrechen erfordert nur dann einen ärztlichen Eingriff, wenn die Ernährung der Mutter darunter leidet.
Häufig widersteht es der ärztlichen Kunst, und es muß dann in besonders heftigen Fällen zur künstlichen Frühgeburt geschritten
werden.