Englisches Riechsalz - Englisches Schul- und Universitätswesen
mehr
mittelalterlichen deutschen
Rechte, zwischen liegendem Gut (Real Property) und fahrender
Habe
(Personal Property) gemacht wird,
und der sich z. B. in hervorragender
Weise im
Erbrecht äußert. Die
Lehre
[* 2] vom Real Property behandelt daher Sachenrecht, Familienrecht
und
Erbrecht, insoweit sich die Grundsätze dieser Rechtsgebiete ans Immobilien beziehen, dagegen handelt die
Lehre vom
Personal Property über dieselben Rechtsgebiete, insoweit sich ihre Grundsätze auf Mobilien beziehen, und ebenso über
das
Recht an immateriellen
Gütern
(Urheberrecht u. s. w.) und ferner über
Obligationenrecht.
Das letztere wird aber in den
Büchern über
Personal Property gewöhnlich nur oberflächlich behandelt. Ein Handelsrecht als
Sonderrecht existiert in England nicht; das von Kaufleuten geübte Gewohnheitsrecht
(Law Merchant) ist
ein
Teil des Common
Law; die
Bücher über Handelsrecht enthalten die Rechtsbestimmungen, die auf den Handelsverkehr anwendbar
sind. Die
Bücher, die nach den oben ausgestellten Kriterien zu nennen sind, sind folgende: I. ÖffentlichesRecht: a.
Verfassung
und
Verwaltung:
Anson, The law and custom of the constitution (Bd.
1, 2. Aufl., Oxf. 1892; Bd.
2, ebd. 1892);
b.
Strafrecht:
Stephen, A general view of the criminal law (neue Aufl., Lond. 1890);
c.
Strafprozeß: ders., Digest of the law of criminal procedure in indictable offences (ebd. 1883);
d. Civilprozeß: Schuster,
Bürgerliche Rechtspflege in England (Berl. 1887).
II. Privatrecht: a. Real Property: Goodeve, Modern
law of real property (3. Aufl., Lond. 1891);
Pollock, Das
Recht des Grundbesitzes in England (deutsch von Schuster, Berl.
1889);
b.
Personal Property: Goodeve, Modern law of personal property (Lond. 1887);
Anson, Principles of the English law on
contract (neue Aufl., Oxf. 1890);
Pollock, The law of torts (3. Aufl., Lond. 1892);
J. W.
Smith, A compendium
of mercantile law (10. Aufl., 2 Bde.,
ebd. 1890);
Chalmers, A digest of the law of bills of exchange, promissory notes and cheques (neue Aufl.,
ebd. 1891);
c.
Internationales Privatrecht: Westlake, Lehrbuch des internationalen Privatrechts, mit besonderer
Berücksichtigung der engl. Gerichtspraxis, deutsch von Holtzendorff (Berl.
1884).
Schul-undUniversitätswesen.Schulwesen.Eine einheitliche Regelung und Abstufung
des Schulwesens besteht in England nicht. Mit Ausnahme der Vorbereitungsanstalten für das
Heer und die Flotte giebt es keine
Art von Schulen, deren Besuch bei der Zulassung zu irgend einer Berufsart vorausgesetzt wird. Auch ist
die Errichtung von Schulen und die Ausübung des Lehrerberufs in keiner
Weise von obrigkeitlicher Genehmigung abhängig. Der
Staat greift in das Schulwesen ein durch die umfassende Fürsorge für die Errichtung, Kontrollierung und Unterstützung
von Elementarschulen, durch Ermöglichung der Errichtung von Gewerbeschulen aus Kreismitteln und durch
Oberaufsicht über die höhern Schulen.
Von Elementarschulen bestanden bis 1870 nur die freiwilligen Schulen (Voluntary Schools), die, von
Vereinen, kirchlichen und
andern Gemeinschaften errichtet und erhalten, vom
Staat unter gewissen
Voraussetzungen unterstützt wurden. Durch die Elementary
Education
Act von 1870 wurde das Schulwesen neu geordnet; das Land wurde in Schulbezirke eingeteilt und
in diesen der
Regel nach Schulverwaltungsbehörden (School Boards, s. d.) errichtet,
die von allen kommunalsteuerpflichtigen männlichen und weiblichen Einwohnern erwählt werden und bei denen oft auch Frauen
Mitglieder sind. Wo keine solche
Behörde besteht, hat in größern
Städten ein
Ausschuß des Gemeinderats
(Borough Council, s. Municipial Corporations), sonst ein
Ausschuß der
Behörde für Armenpflege (Board of
Guardians, s. PoorLaw), der als School Attendance Committee bezeichnet wird, für die
Erfüllung der Schulpflicht zu sorgen; die sonstigen Funktionen
der Schulverwaltungsbehörden sind in solchen Fällen von der
Centralbehörde wahrzunehmen.
Die Schulverwaltungsbehörden haben dafür zu sorgen, daß innerhalb ihres
Bezirks eine genügende Anzahl
von Elementarschulen vorhanden ist und haben im Falle des Bedürfnisses eigene Schulen, die
Bezirksschulen (Board Schools)
zu errichten, in welchen das
Schulgeld den Betrag von 9 Pence (75
Pf.) wöchentlich nicht überschreiten darf. Als öffentliche
Elementarschulen gelten neben diesen auch die vom
Staat unterstützten freiwilligen Schulen, deren
Schulgeld
den angegebenen Betrag nicht überschreiten darf.
Ein 1891 erlassenes Gesetz hat das
Schulgeld in den öffentlichen Elementarschulen teilweise ganz beseitigt, teilweise bedeutend
vermindert. Der
Staat giebt allen solchen Schulen einen Zuschuß (Fee Grant) von 10Schill. (10 M.) für jedesKind
im
Alter von 3 bis 15 Jahren, welcher Betrag in der Folge vom
Schulgeld abgezogen werden muß.
In den Schulen, in welchen 1890 das
Schulgeld den Betrag von 10Schill. nicht überschritt, ist in der Folge der Unterricht kostenfrei zu erteilen.
Neben dem
Schulgeld und dem Staatszuschuß haben alle öffentlichen Elementarschulen eine weitere Einnahmequelle
in dem parlamentarischen Staatszuschuß (Parliamentary Grant). Ob und in welchem
Maße derselbe gewährt wird, hängt von
dem Resultate von Prüfungen ab, welche die staatlichen Schulaufseher (Inspectors of Schools) in allen derartigen Schulen
jährlich abhalten müssen. Diese Schulaufseher stehen unter der
Centralbehörde für Erziehungswesen (Committe of the
Council for Education, s.
Großbritannien
[* 4] und
Irland,
Verfassung), welche in einem sog.
«Code» von Zeit zu Zeit genaue Vorschriften
über den in den verschiedenen
Klassen
(Standards) zu erteilenden Unterricht und die
Bedingungen des Staatszuschusses niederlegt.
Die
Bezirksschulen decken den Rest ihrer laufenden
Ausgaben, sowie die
Ausgaben für den
Bau neuer Schulen
durch den Ertrag der Schulsteuer, welchen die Schulverwaltungsbehörde von den einzelnen Gemeinden erhebt und die also einen
Teil der
Kommunalsteuern bildet.
Der Religionsunterricht in den
Bezirksschulen darf nur unter
Ausschluß der Katechismen und jeder einen konfessionellen Charakter
tragenden
Glaubenslehre erteilt werden. Trotzdem schreibt der School Board in
London
[* 5] neuerdings (1894)
das Einprägen der Dogmen vor. Die freiwilligen Schulen sind in der Regel konfessionell; doch darf in ihnen, sofern sie aus
öffentlichen
Mitteln unterstützt werden, der Religionsunterricht nicht obligatorisch sein und muß entweder in der ersten
oder in der letzten Unterrichtsstunde erteilt werden. Den staatlichen Schulaufsehern ist durch Gesetz untersagt,
über den Religionsunterricht Ermittelungen einzuziehen.
Englisches Schul- und
* 6 Seite 56.144.
Das erwähnte Gesetz von 1870 überließ es den einzelnen School Boards, nach ihrem Ermessen
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forlaufend
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Schulzwang in ihrem Bezirk einzuführen. Ein Gesetz von 1876 gab für die Bezirke, in welchen keine School Boards vorhanden
sind, die gleichen Befugnisse den School Attendance Committees. Ein 1880 erlassenes Gesetz legt endlich allen School Boards
und School Attendance Committees die Verpflichtung auf, Bestimmungen über die allgemeine Schulpflicht zu
erlassen und für ihre Ausführung zu sorgen, sodaß jetzt der Schulzwang allgemein ist. Gewerbeschulen (Technical Schools)
waren früher teilweise Privatanstalten, teilweise wurden sie von Vereinen und Körperschaften errichtet.
Namentlich haben die großen LondonerZünfte (City Companies) große Summen für die Errichtung und Unterstützung derartiger
Schulen hingegeben. Die vorzügliche City of London Guilds School in SouthKensington ist z. B. die Frucht
dieser Bemühungen. Neuerdings hat man aber auch gesucht, die Errichtung von Gewerbeschulen aus öffentlichen Mitteln zu befördern,
und zu diesem Zwecke wurden die Technical Instruction Acts von 1889 und 1891 erlassen. Diese Gesetze ermächtigen in den Landkreisen
die County Councils, in den größern Städten die Borough Councils und in den kleinern Städten die seit 1894 als
Urban District Councils bezeichneten Urban Sanitary Authorities (s. Health Acts), derartige Schulen zu errichten oder zu unterstützen,
jedoch unter denselben Beschränkungen in Bezug auf Erteilung des Religionsunterrichts wie in den Board Schools. Im übrigen
sind die meistens aus Privatspekulation hervorgegangenen Schulen, in welchen die bessere Klasse von Handwerkern, die Kleinkaufleute
und stellenweise auch Großkaufleute erzogen werden, diejenigen, welche mehr als alle andern von der Gesetzgebung vernachlässigt
worden sind und bei dem Mangel an Kontrolle und bei der Abwesenheit jeder Vorschrift über die Qualifikation der
Lehrer wenig Garantie für geistige und sittliche Förderung bieten.
Noch schlimmer steht es mit den Mädchenschulen gleicher Gattung. Die Schulen, in welchen Unterricht in den klassischen Sprachen
erteilt wird, und welche in England nicht nur von solchen Schülern besucht werden, die sich einem gelehrten Berufe widmen
wollen, sondern überhaupt von allen, welche zu den höhern Gesellschaftskreisen in Beziehung stehen,
sind fast ausschließlich Stiftungsschulen und stammen meistens aus der Mitte des 16. Jahrh.
Den ersten Anstoß zur ausgedehnten Begründung solcher Schulen gab der Humanist Colet, Domdechant an der Paulskirche in London,
der aus seinen eigenen Mitteln die noch heute hervorragende Paulsschule errichtete.
Zur Reorganisation dieser in trocknen Formalismus und Abschließung der jungen Wissenschaften versunkenen sog.
Grammar Schools wurde zunächst 1840 ein Gesetz erlassen. Die eingreifendste Reform begann indessen kurz nach 1860. Zunächst
handelte es sich um die sog. Public Schools, die größten unter den klassischen Schulen, in welchen die Söhne desAdels
und der höhern Stände ihre Erziehung erhalten. 1861 wurde eine Enquetekommission eingesetzt, welche die Schulen von Eton,
Winchester, Westminster, Charterhouse, Harrow, Rugby und Shrewsbury untersuchen sollte.
Das Resultat dieser Untersuchung war die Public Schools Act von 1868 und die sich an dieselbe anschließenden Gesetze, infolge
welcher alle diese Anstalten unter neuen Kuratorien (Governing Bodies) reorganisiert wurden. 1864 wurde
eine zweite Kommission eingesetzt, welche über
die andern Stiftungsschulen zu berichten hatte und deren Vorschläge den Erlaß
der Endowed School Act von 1869 bewirkten, welcher sich später weitere Gesetze anschlossen. Während man den erwähnten größern
Schulen selbständige Aufsichtsbehörden gelassen hatte, um jeder derselben ihre Eigenart möglichst zu
erhalten, hat man die Reorganisation der andern einer Centralbehörde, den Charity Commissioners übergeben.
Auch sind umfassende Bestimmungen getroffen worden, um bei konfessionellen Schulen den Schülern, die einer andern religiösen
Gemeinschaft angehören, den Besuch zu ermöglichen. Nur in Bezug auf Schulen, die mit einer Kathedrale
im Zusammenhang stehen, ist eine Ausnahme gemacht worden. Die höhere Erziehung in England ist infolge der kühnen Mißachtung
der Stiftungsbestimmungen in weit lebhaftere «Beziehungen zu dem thätigen Leben der Gegenwart gekommen und das Ansehen des
Lehrerstandes hat dabei nicht gelitten, ebensowenig die Pietät der Schüler gegen die Anstalt, welcher sie
angehören, die noch bis in die spätern Lebensjahre erhalten bleibt und zu den charakteristischsten Eigentümlichkeiten des
engl. Lebens gehört. Auch für die höhere Mädchenerziehung wird neuerdings in England viel
gethan, doch hat der Staat in dieser Beziehung noch nicht eingegriffen. Universitätswesen. Der Hauptunterschied zwischen den
engl. und kontinentalen Universitäten ist der, daß diese obligatorische Vorbereitungsanstalten für
die gelehrten Berufsarten sind, jene aber hauptsächlich dem Erwerb allgemeiner Bildung dienen. Es giebt in England zahlreiche
Geistliche, Juristen, Ärzte und Lehrer an höhern Lehranstalten, die nie eine Universität besucht haben. Der Besuch der Universität
hebt aber die sociale Stellung und das Ansehen, und diejenigen, welche die höhern Stufen ihres Berufs
erreichen wollen, und ebenso diejenigen, welche keinen gelehrten Beruf ergreifen, sich aber in den höhern Gesellschaftskreisen
bewegen, besuchen stets die Universität, und zwar meistens Oxford
[* 7] oder Cambridge (s. d.). Diese im 12. Jahrh. begründeten
Mittelpunkte akademischer Gelehrsamkeit sind in allen ihren Einrichtungen verschieden von den im Laufe
dieses Jahrhunderts errichteten Universitäten: Durham (1832), University of London (1836) und Victoria
[* 8] University (1880), namentlich
von den beiden letztern.
Orford und Cambridge sind neuerdings in vielen Beziehungen reorganisiert worden, namentlich ist 1871 die letzte Beschränkung
in Bezug auf den Erwerb akademischer Würden durch Personen, welche nicht zur anglikan. Kirche gehören,
beseitigt und seit 1877 dafür gesorgt worden, daß die Einkünfte der Colleges für die Lehrzwecke der Universität verwandt
werden. Die Veranstaltung der sog. Local Examinations an vielen Plätzen Englands im Auftrage der beiden Universitäten und
Erteilung von Diplomen, welche namentlich für die weiblichen Kandidaten, die sich dem Lehrfach widmen,
sehr nützlich sind, ist ein weiteres Zeichen neuer Thätigkeit, ebenso die University Extension Lectures, Vorlesungen, welche
ebenfalls von Delegierten der Universitäten im ganzen Lande abgehalten werden und dazu bestimmt sind, die Klassen, welchen
der Universitätsbesuch unmöglich ist, mit dem Geiste akademischer Lehrmethoden m Berührung zu bringen. Die University
of London ist nur Prüfungsbehörde und Anstalt für die Verleihung akademischer Würden, die jedermann zugänglich sind,
der die
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