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der Sphäre des Familienlebens heimisch fühlte, zu der er immer zurückkehrte. Talfourd ist der Hauptvertreter der klassischen, Bulwer der eklektischen Schule, der jede Richtung gleich trefflich erscheint, wenn sie nur den Theatererfolg erzielt. Browning und Bailey zeichnen sich durch philos. Erhabenheit, Leigh Hunt durch Zartheit, Westland Marston durch lebhafte Empfindung aus. Bemerkenswert sind auch die Dramen von Swinburne und Wills und die frühern mit allgemeiner Teilnahme begrüßten von Tennyson.
Von neu auftretenden Dramatikern gewann die lebhafteste Teilnahme Michael Field, dessen «Brutus», «Callirrhoë» und «Fair Rosamond» von ungewöhnlicher Begabung zeugen. Außerdem sind die Verdienste derjenigen keineswegs zu übersehen, die, im Solde der größern und kleinern Theater, [* 2] diese mit Neuigkeiten jeder Art versorgen, wie zu Anfang des 19. Jahrh. G. Colman der Jüngere, Dibdin, O'Keefe, Frederick Reynolds und Morton, in neuerer Zeit Hook, Poole, Planché, Buckstone, Peake, D. Jerrold, Mark Lemon, Robertson, Boucicault und Tom Taylor.
Der Roman ist im 19. Jahrh. in ganz hervorragender Weise gepflegt worden; auf dem Gebiete des histor. Romans ist Walter Scott der Hauptvertreter; von seinen zahlreichen Nachahmern zeichnen sich Horace Smith, Thomas Colley Grattan, Mrs. Bray und Louisa Costello aus. Einen Rückschritt zeigen die Räuber- und Geistergeschichten Ainsworths, die ihrerseits den kriminalistischen und Sensationsromanen von Wilkie Collins, Misihraddon, Edmund Yates, Whyte Melville, Charles Reade u. a. weichen mußten.
Die praktische Lebensphilosophie fand in Bulwer (s. Lytton) einen trefflichen Vertreter, wenn er auch vielfach mit lyrischer Überschwenglichkeit zu kämpfen hat. Durch seinen Roman «The last days of Pompeii» und «Rienzi» zählt er auch zu den besten Verfassern histor. Romane, in «Pelham», «Eugene Aram», «Devereux» schildert er mit großer Menschenkenntnis Scenen des engl. Volkslebens, durch die «Caxtons» gewann er sich eine geachtete Stellung unter den Humoristen.
Ein trefflicher Humorist ist Charles Dickens. In den «Pickwick Papers» entwickelte er eine ursprüngliche Kraft, [* 3] die in seinen eigenen Erfahrungen und dem reichen Volksleben namentlich der mittlern und niedern Klassen ihre Nahrung schöpft. Von großer Zartheit sind die «Christmas carol» und «The cricket on the hearth». Von seinen zahlreichen Romanen ist namentlich «Davd Copperfield», eine Schilderung der Jugend des Dichters, zu nennen. Die Romane Thackerays sind schon mehr realistisch, oft voll Hohn und bitterer Satire («Vanity fair» und «History of Pendennis»).
Diesen Schriftstellern schlossen sich zahlreiche Nachahmer an, von denen hier nur Currer Bell (Charlotte Bronté),
Margaret Oliphant und vor allem George Eliot (M. A. Evans) mit ihren vortrefflichen Schilderungen des engl. Provinziallebens genannt sein mögen. Die besten Romane der Eliot sind «Adam Bede», «The mill on the floss» und «Middlemarch». Auf die moralischen Erzählungen der Miß Edgeworth, Mrs. Opie, Miß Austen und Mrs. Hofland folgten die Schilderungen der socialen Gebrechen durch Harriet Martineau und Frances Trollope; Kingsley, Mrs. Gaskell, Miß Mullock und Miß G. Craik führten die christl.-socialistischen Romane ein.
Vor ihnen verschwand der fashionable Roman, der in Lady Blessington, Lord Normanby, Mrs. Gore und Lister seine bessern Repräsentanten gefunden hatte. Religiöse Romane, die Wards «Tremaine» zum Vorbild haben und je nach ihrer Tendenz in hochkirchliche, evangelische, puseyitische und katholische zerfallen, finden nach wie vor ein teilnehmendes Publikum. Eine eigene Kategorie nehmen die Werke Disraelis ein, der als Vertreter des «Jungen England» Politik, Philosophie, Religion und aristokratische Tendenzen mit socialen Bestrebungen verbindet, während Banim, Crofton Croker, Carleton, Lever das irische Volksleben, Borrow die Zigeunerwelt, Ch. Reade und Mayhew das Proletariat Londons schildern.
Außer Bulwer und Lockhart suchten besonders Landor und auch W. Collins ihre Stoffe in der alten Geschichte, und Hope, Morier, Frazer, Saint-John führten in gelungenen Schilderungen Leben und Sitten des Orients vor Augen. Auch austral. Erzählungen besitzt man schon von Mrs. Vidal und Will. Howitt. Der Seeroman, den Marryat in die [* 4] Englische Litteratur einführte, wurde durch M. Scott, Howard, Glascock und Chamier, auch von J. Wilson bearbeitet. Neuerdings schreibt Clark Russell vorzugsweise Seeromane («A sailor's sweetheart», «A sea queen», «The death ship» u. a.). Das Geheimnisvoll-Schauerliche wird durch Rider Haggard vertreten. Sonst ragen unter den heutigen Romanschriftstellern hervor: W. Black, Blackmore und Besant. Auch Rhoda Broughton sowie etwa noch James Payn («Found dead», «A woman's vengeance», «A prince of the blood» u. a.) und R. L. Stevenson («A treasure island», «Dr. Jekyll and Mr. Hyde» u. a.) sind zu nennen. Großes Aufsehen erregte 1888 «Robert Ellesmere» von Mrs. H. Ward und später die Erzählungen von Rudyard Kipling.
In der Geschichtschreibung leisteten die Engländer, nach den Anfängen Raleighs und Clarendons, bereits im 18. Jahrh. durch die große Weltgeschichte von Guthrie und Gray Bedeutendes. Die nächsten, durch Forschung und Stil ausgezeichneten Werke waren die Geschichte Schottlands und Amerikas von Robertson, Englands von Hume, Englands, Roms und Griechenlands von Goldsmith, der röm. Republik von Ferguson, des Verfalls des Römischen Reichs von Gibbon, Griechenlands von Gillies und Mitford.
Hallams vortrefflicher «Constitutional history of England» folgte Palgraves den Verlauf der engl. Staatseinrichtungen gründlich darstellendes Werk «The rise and progress of the English commonwealth» und neuerdings Stubbs' «Constitutional history of England». Begreiflicherweise mußte bei einem so kräftig entwickelten polit. Leben die Parteianschauung auch auf die histor. Auffassung einwirken, und in den Darstellungen der Geschichte Englands durch Adolphus, Turner, Lingard, Fox, Godwin, Mackintosh, Stanhope, Massey, Froude, Schottlands durch Pinkerton, Scott, Tytler, Maxwell, Chambers, und Irlands durch O'Driscol und Moore giebt oft die subjektive Meinung des Verfassers der Erzählung ihre Färbung und zum Teil auch ihr Interesse. Dies gilt auch von Hallam, besonders auch von dem bisher als Meister der engl. Geschichtschreibung gefeierten Macaulay, der durch seine stilistische Meisterschaft, sein glänzendes Darstellungstalent, sein geistvolles Urteil stets zu den ersten engl. Prosaschriftstellern gehören wird. Sonst hat die engl. Geschichtschreibung an Tüchtigkeit und Gediegenheit seit Macaulay wesentliche Fortschritte gemacht und wird ¶
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durch Freeman und die noch lebenden Creighton, Gardiner, Gairdner u. a. würdig vertreten. Ein in seiner Art meisterhaftes Buch ist die (auch übersetzte) «Short history of the English people» des 1883 verstorbenen J. R. Green. Einen trefflichen Historiker hat Britisch-Indien in James Mill gefunden, dem sich die Arbeiten von Malcolm, Elphinstone, Wilson, Kaye, Wheeler, Dawson, Marshman und die «History of the British colonies» von Montgomery Martin würdig anschließen.
Alisons «History of Europe» ist ein verdienstvolles, aber ungleiches und überaus parteiliches Werk. Carlyle hat die Französische Revolution in seiner kernigen Weise dargestellt, Rapier den span.-franz. Krieg mit Meisterhand beschrieben, Kinglake die Geschichte des Krimkrieges, Charles Mills die der Kreuzzüge, Stebbing die der Reformation, Southey die von Spanien [* 6] und Brasilien, [* 7] T. A. Trollope die der Florentiner [* 8] Republik, Milman die Kirchengeschichte und Merivale die Geschichte Roms bearbeitet, über welche auch Cornewall Lewis scharfsinnige Untersuchungen veröffentlichte.
Grote schildert das alte Griechenland [* 9] als Philosoph und Staatsmann, Thirlwall mehr als fleißiger uud gründlicher Philolog. Buckles meisterhafte «History of civilization» ist leider unvollendet geblieben; am nächsten reihen sich ihr an: Leckys «History of the rise and influence of the spirit of rationalism in Europe» und «History of European morals». Für die brit. Archäologie, die im 17. Jahrh. von Camden, den beiden Spelman und Dugdale, im 18. von Stukeley und Horsley gepflegt wurde, sind gegenwärtig in London [* 10] und den Provinzen eine Menge Vereine thätig, unter deren Auspizien Buckman, Newmarsh, Artis, C. R. Smith, Bruce, Lee, Wright, Akerman interessante Resultate zu Tage gefördert haben.
Besondere Erwähnung verdienen die unter der Aufsicht des Master of the Rolls von Brewer, Bullen, Stevenson, Bergenroth, Bruce u. a. besorgten Ausgaben archivalischer Dokumente zur engl. Geschichte, besonders des 16. und 17. Jahrh., die u. d. T. «Calendars of state papers» unschätzbare Materialien zur Kenntnis jener Epoche darbieten. Unter den jüngsten litterarhistor. Werken seien erwähnt Morleys «Geschichte der und Englische Litteraturund Massons großartig angelegtes «Life of John Milton».
Im Gebiete der Biographie ist die Englische Litteratur wohl die reichhaltigste Europas. Epochemachend wurde auf diesem Gebiete Boswells «Life of Samuel Johnson». In ähnlicher Weise wurden Burns von Currie, Wesley von Southey, Burke und Goldsmith von Prior und Forster, Hume von Burton, Bentham von Bowring, Scott von Lockhart, Byron von Moore, Lamb von Talfourd, Lord Jeffrey von Cockburn, Th. Chalmers von Hanna, Chantrey von Jones, Wilkie von Cunningham, Reynolds von Leslie und Taylor, Arnold von Stanley, Davy von seinem Bruder, Romilly, Wilberforce und Crabbe von ihren Söhnen, Dickens und Swift von John Forster, Macaulay von seinem Neffen G. O. Trevelyan, Carlyle von Garnett und Masson geschildert.
Auch die deutschen Dichter wurden nicht übersehen; Goethe ist von Lewes, Schiller von Carlyle, Heine von Sharp dargestellt worden. Neuerdings sind zu erwähnen: Besant, «Life of Edward Palmer»;
Earl of Lytton, «Life of Bulwer-Lytton» (2 Bde. erschienen);
Sir Theod. Martin, «Life of Lord Lindhurst»;
Froude, «Life of Th. Carlyle»;
Dowden, «Life of Shelley».
Ein hervorragendes Interesse knüpft sich an die Tagebücher der Königin Victoria [* 11] und an die von General Grey und Sir Th. Martin herausgegebene Lebensgeschichte des Prinzen Albert, sowie an die Tagebücher und Erinnerungen an H. C. Robinson, die Autobiographie von J. St. Mill, die «Reminiscences» von Carlyle und die «Letters and memorials» von Mrs. Carlyle. Von histor. Biographien seien erwähnt John Knox von MacCrie, Nelson von Southey, Lord Clive von Malcolm, Lord W. Russell und Fox von Lord J. Russell, Hampden von Lord Nugent, Marlborough von Coxe, Pitt von Stanhope, Canning von Bell, Penn und Howard von Dixon, Sir Phil. Francis von Merivale, Lord Palmerston von Sir H. Bulwer, Lorenzo von Medici und Leo X. von Roscoe, Napoleon von Hazlitt und Friedrich d. Gr. von Carlyle.
Von Autobiographien sind anzuführen: S. C. Hall, [* 12] «Retrospect of a long life» (1815-83);
Trollope, «Autobiography», Malmesbury, «Memoirs of an exminister»;
Yates, «Recollections and experiences»;
Gallenga, «Episodes of my second life»;
Lady Bloomfield, «Reminiscences of court and diplomatic life»;
Sir Henry Cole, «Fifty years of public work»;
Mark Pattison, «Memoirs» u. a. Southey hat die brit. Admirale, Forster die engl. und James die auswärtigen Staatsmänner, Agnes Strickland die engl. Königinnen, Lord Campbell die Kanzler und Oberrichter, Foss die Richter von England, W. F. Hook die Erzbischöfe von Canterbury, Scott die engl. Novellisten, D. Irving die schott. Dichter, Cunningham die brit. Maler, Bildhauer und Architekten, Smiles die brit. Techniker, Lord Brougham die Staatsmänner und Gelehrten aus dem Zeitalter Georgs III. behandelt.
Ferner erschienen umfängliche Sammlungen, wie: «Biographia Britannica» (7 Bde., Lond. 1747-66),
«General biography» von Aikin und Enfield (10 Bde., ebd. 1799-1815),
«General biographical dictionary» von A. Chalmers (32 Bde., ebd. 1812-17),
«New biographical dictionary» von Rose (12 Bde., ebd. 1847; neue Aufl. 1857),
«Lives of illustrious Scotsmen» von Rob. Chambers (4 Bde., Glasgow [* 13] 1832-35) und seit 1885 das «Dictionary of national biography», hg. von Leslie Stephen und Sidney Lee (bis 1893 37 Bände). Biographien Lebender geben: «Men and women of the time» (13. Aufl., hg. von W. Moon, Lond. 1891),
ferner Sanders, «Celebrities of the century» (1890),
und Ward, «Men of the reign» (1885). Das neueste Unternehmen biogr. Art ist die von J. Morley redigierte Serie von «English men of letters», die die Lebensgeschichten der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten bringt und eine biogr. Handbibliothek ersten Ranges zu werden verspricht. Ein Gegenstück hierzu wird die unter J. H. Ingrams Leitung stehende «Eminent women series» bilden. Auch werden gegenwärtig in Serien kurze Biographien der bedeutendsten engl. Politiker und Philosophen veröffentlicht. Hierzu kommen noch die Memoiren und Korrespondenzen berühmter Staatsmänner, Feldherren und Gelehrter, wie die der Familien Fairfax, Lindsay und Manchester, [* 14] die von Pepys und Evelyn, Lord Hervey, Lord Lexington, Walpole, Lord Chatham, Lord Waldegrave, dem Marquis von Rockingham, George Grenville, Lord Castlereagh, Lord Holland, Lord Cornwallis, Lord Auckland, [* 15] G. Rose, Sir R. Adair, dem Herzog von Buckingham und dem Herzog von Wellington. ¶