Pariser Schule machen sich in der engl. Malerei neuerdings hervorragend geltend; die sog.
Landschafter-Schule von Newline:
Stanhope Forbes, Colin
Hunter, Stott of Oldham u. a., die Historienmaler Waterlow,
Boughton,
Stone, Long,
Briton-Riviere,
Waterhouse, Dicksee, Solomon zeigen mehr oder minder starke Einflüsse. Eine überaus eigenartige
Kunsterscheinung ist der in sinfonischen Farbendichtungen sich ergehende Amerikaner Whistler, dem sich
die junge
Glasgower Schule (Guthrie, Melville,
AustenBrown, Lavery, Walton u. a.) mit eigenartigen Werken anschließt. In der
Architekturmalerei ragte D. Roberts hervor, in der
BlumenmalereiMiß Mutrie. Besonders gepflegt wird in England die
Aquarellmalerei
und die Miniaturmalerei.
Unter den Illustratoren nehmen, neben
Millais,
BirketFoster,
Gilbert, Caldecott, Crane,
Miß Greenaway eine
hervorragende
Stellung ein.
Alle diese machen die engl. Malerei zu einer solchen, welche der deutschen und französischen
keineswegs nachsteht, sie an Frische und individuellem Reichtum, sowie in einem auf Ausbildung der Persönlichkeit beruhenden
Stilgefühl sogar vielfach übertrifft.
Der Kupferstechkunst wurde im Laufe des 18. Jahrh. eine sehr lebhafte
Thätigkeit zugewendet; doch geht das Streben hauptsächlich auf eine farbige
Technik. Die drei bedeutendsten
Meister der strengen
Linienmanier waren Robert
Strange (edel und gehalten in seinen Leistungen), W. Sharp und Woollet, der besonders Landschaften
stach. Daneben wurde der sog.
Schwarzkunst eine ganz besondere Pflege. Die Hauptmeister sind hier S. Reynolds,
M'Ardell, J. R.
Smith, Watson, R. Earlom.
Die weichere
Punktiermanier, welche
Bartolozzi einführte und beliebt machte, später der emporkommende
Stahlstich, ließen
die Stechkunst in England nicht auf der Höhe. Zu den ausgezeichnetsten Künstlern der neuesten Zeit gehören: G. Cruikshank,
der Karikaturist, als Radierer;
als Stecher in Linienmanier: Radclyffe, Brandard,
Miller (besonders für
Turner), J.
Burnet, Englische
[* 2] W. Cooke, Englische Goodall, W. Finden, R. Graves, G. T.
Doo, J. T. Willmore, J. H.
Robinson. In Schwarzkunstmanier
arbeiten: C. Landseer, T.L.Atkinson, S. Cousins, W. Walker,
[* 3] T. Lupton,
C. G. Lewis, Jossey,
Campbell. Im Zusammenhang mit
der modernen Malerei hat sich namentlich die Radierkunst Englands gehoben, sodaß sie heute namentlich
durch die Bestrebungen von Whistler, Herkomer, Slocombe u. a. wohl den ersten Rang einnimmt.
Ebenso wurde die Holzschneidekunst durch das technische
Talent eines
Th.
Bewick, der sie 1775 zuerst wieder emporbrachte, sowie
durch dessen Nachfolger Branston, Clennel, Nesbit u. a. zu einer bisher
ungekannten Höhe gesteigert. Zu den vorzüglichsten
Vertretern gehören: die
Brüder Dalziel, M. Jackson, W. Measom und W.L.Thomas. Die
Lithographie erhielt
bis in die siebziger Jahre namentlich im Landschafts- und Architekturfache ausgezeichnete
Pflege. Zu erwähnen sind: Roberts, Muller, Haghe,
Nashe,
Clayton, Knight,
Harding,
Lynch.
[* 2]Litteratur.VoneinerEnglische Litteratur im eigentlichen
Sinne kann man erst sprechen, nachdem die
Angelsachsen (vgl.
Angelsächsische Sprache
und Litteratur) mit den Normannofranzosen zu einem
Volke verwachsen waren, also nicht vor dem zweiten Viertel des 13. Jahrh.
Zwar dauerte es noch über ein Jahrhundert, bis die angelsächs.-engl.
Dichtung mit der am
Hofe gepflegten
französisch-normannischen zu einer einheitlichen Nationallitteratur verschmolz und sich eine über den Mundarten stehende
Schriftsprache herausbildete. Doch tritt seit der Mitte des 13. Jahrh. das
Französische mehr und mehr zurück, bis es am
Ende des 14. ganz verschwindet. Gower war der letzte engl. Dichter, der auch
Französisch schrieb. - In der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. und in der ersten des 14. wurde
die geschichtliche
Dichtung gepflegt
(Chroniken des Robert von
Gloucester und des Robert Mannyng of
Brunne), dann die Legende
(Legendensammlungen, hg. von C. Horstmann, Paderb. 1875; Heilbr. 1878
u. 81 und Lond. 1887) und die geistliche
Dichtung (Genesis und
Exodus; Richard Rolle de Hampoles «Pricke of conscience»,
«Castell of loue»; die Gedichte Wilhelms von
Shoreham und der gegen 30000 Verse umfassende «Cursor mundi»).
Ältere Sagen sind in «Havelok» und
«KingHorn» bearbeitet, einheimische
Stoffe in «Guy of Warwick»,
«Sir Bevis of
Hamton» u. a. Unter die Ritterromane sind zu rechnen: das Alexanderlied, verschiedene
Bearbeitungen der Trojasage, «Tristrem and Ysonde», «Richard
Coeur de Lion», eine Reihe von Gedichten aus der
Karls- und der Arthursage. In letzterer tritt namentlich die Gestalt des
Gawain hervor (besonders in
«Sir Gawain and the grene knight»). Volkstümliche Lieder schrieb
Lawrence
Minot auf die
Kriege Eduards III. gegen
Schottland und
Frankreich. - In die zweite Hälfte des 14. Jahrh. fällt die Blütezeit
der altengl.
Litteratur. Die
Dichtungen von William Langland (nicht Langley), «Visionen von
Peter dem Pflüger» (dem
Vertreter des einfachen,
wahrhaft religiös gesinnten
Mannes),
leiten sie ein. In satir.-allegorischer
Weise werden hierin die Zeitgebrechen,
vor allem die Versunkenheit der Welt- und Klostergeistlichen, gegeißelt. Im Gedichte «Richard
the Redeles» («Der Ratlose») behandelt Langland die engl.
Verhältnisse unter Richard II. Als
VorläuferChaucers verdienen noch Erwähnung Gower und der
SchotteBarbour.
Barbour ist der
¶
mehr
Verfasser einer gereimten Chronik, «The Bruce», welche die Geschichte Schottlands von 1286 bis 1329 und besonders die Lebensschicksale
des schott. Nationalhelden Robert Bruce erzählt. Außerdem verfaßte Barbour noch eine Geschichte von Troja
[* 7] und eine Reihe
von Heiligenleben. Strenggenommen sollte man Barbour seine Stellung als dem Begründer der schott. Dichtung anweisen;
er darf aber hier nicht fehlen, weil er gerade in dieser Eigenschaft dem «Vater der engl. Poesie», Geoffrey Chaucer (1340-1400),
würdig zur Seite gestellt werden kann.
An der Verschmelzung des niederdeutschen Volkselements mit dem französisch-normannischen hat Chaucer (s. d.) durch seine
litterar. und dichterische Wirksamkeit wie kein anderer thätigen Anteil genommen. Von seinen jüngern
Zeitgenossen kommen nurThomas Occleve oder Hoccleve («De regimine principum», eine engl. Bearbeitung des «Aegidius
Romanus», und «La male regle») und John Lydgate, genannt der
Mönch von Bury («Falls of the princes», «Troy-book»,
«Storie of Thebes»),
Auf die kurze Blüte,
[* 8] welche dieEnglische Litteratur durch das Wirken Chaucers erlebte, folgte eine lange Zeit der Verkümmerung. Ließen
einerseits die blutigen Kämpfe der beiden Rosen keine rechte Freudigkeit an dem Genusse irgendwelcher Poesie aufkommen, so
waren andererseits die Bestrebungen der vornehmsten Geister auf die Reformation der kirchlichen Zustände
gerichtet. Auch die inzwischen in England eingeführte Buchdruckerkunst konnte keine wesentliche Hebung
[* 9] der litterar.
Zustände herbeiführen. Während mehr als einem Jahrhundert nach Chaucer begegnet man nur allegorischen Dichtern wie Hawes
und Barkley, Satirikern nach der Art Skeltons, Didaktikern wieThomas Tusser und Sonettschreibern wieThomas
Wyatt und dem GrafenSurrey. Die Gedichte der beiden letztern erschienen in einem Sammelwerke, «Tottel's
Miscellany» (in Arbers «Reprints», Nr. 24, Lond.
1870). Mag man auch Surrey den Petrarca Englands und ihn und Wyatt «Die ersten Reformatoren des engl. Versbaues und Stils» genannt
haben, so wurde doch eine eigentlich neue Richtung der Poesie erst angebahnt durchThomas Sackville (1530-1608)
und Sir Philip Sidney (1554-86). Das Werk, das man als die geistige Brücke
[* 10] zwischen Chaucers «Canterbury-Geschichten» und Spensers
«Feenkönigin» betrachten muß, ist der dem Plane nach von Sackville herrührende «Mirror for magistrates», ein
Gedicht, in dem nach Art des Danteschen «Inferno» unglückliche
Fürsten und andere hervorragende Gestalten aus der engl. Geschichte in der Unterwelt auftreten, um ihr Leben und Leiden
[* 11] zu
Nutz und Frommen der Nachwelt zu erzählen. Die Bedeutung, die Sir Ph. Sidney für dieEnglische Litteratur erlangt hat, beruht darin, daß
er den südeurop. Schäferroman nach England verpflanzte. Die «Diana»
des Montemayor nachahmend, schrieb er seine «Arcadia». Seine Sonettsammlung
«Astrophel und Stella» ist jedenfalls von höherm poet. Werte als jenes
Schäfergedicht, dessen trostlose Langeweile selbst die engl. Kritiker nicht in Abrede zu stellen
wagen.
Später als die Poesie bildete sich die engl. Prosa aus. (Vgl. Earle, «English
prose, its elements, history and usage», Lond. 1890.) Noch roh und unbeholfen
in der ersten Hälfte des 14. Jahrh., wie DanMichels «Ayenbite of inwyt» oder Richard Rolle of Hampoles «Prosaschriften»
beweisen,
zeigt sie schon einen Fortschritt in der Reisebeschreibung des Maundeville und in John TrevisosÜbersetzung des «Polychronicon»
des Ranulfus Higden. Auch die Prosa Wyclifs in seiner Übersetzung des Neuen, sowie die des Niclas von
Hereford in der des Alten Testaments, selbst die Prosa Chaucers, besonders in seiner Boethius-Übersetzung, hat noch etwas Ungeschicktes.
Gewandter sind schon die umfangreichen Ritterromane in Prosa, wie der von «Merlin», Malorys «Morte Arthur», verschiedene des 15. Jahrh.
aus der Karlssage beweisen. Im 16. Jahrh. hob sich die Prosa bedeutend, doch nicht, ohne auf
Abwege zu geraten; die große Bibelübersetzung seit 1526 und die Streitschriften der Reformation legten den Keim, aus dem
sie zur Reife und Schönheit erwachsen sollte. Zeitweilig wurde sie von dem von Lyly eingeführten «Euphuismus»,
sodann durch den von Sidney eingeführten «Arkadianismus» oder Schäferstil stark beeinflußt.
Auch der Gongorismus sollte an der engl. Prosa nicht spurlos vorübergehen, so wenig wie der Concettistil
des Dubartas, der durch Abraham Fraunce zur Einführung gelangte. Von diesen Fesseln befreite sich die Sprache
[* 12] erst gegen Ausgang
des 16. Jahrh., und Samuel Daniel und Walter Raleigh dürften als die ersten zu betrachten sein, die sich
zur Reinheit des Stils durcharbeiteten. Einen Schritt weiter thaten Lord Bacon, Hobbes, SirTh. Browne in ihren philosophischen,
Milton und Clarendon in ihren histor.
Schriften. Nicht ohne Einwirkung blieben Isaak Waltons «Complete angler»
und John Bunyans «The pilgrims's progress». Bischof Jeremy Taylor entwickelte eine Beredsamkeit, die ihm
den Beinamen eines «Shakespeare der Theologen» und eines «Spenser in Prosa» eingetragen hat, und Burton (1576-1640) öffnete
in seiner «Anatomy of melancholy» eine von spätern Schriftstellern, namentlich
von Sterne, viel benutzte Fundgrube des naiven Witzes und geistreicher Beobachtungen.
Die ersten Erzeugnisse dramatischer Kunst sind wie bei allen christl. Nationen Europas bei
der englischen auf kirchlichem Boden erwachsen. Ursprünglich unterschied man zwei Arten von religiösen Dramen, die Mysterien
(Mysteries) und die Mirakelspiele (Miracles oder Miracle-plays). Die erstern schöpften den Stoff aus der Bibel;
[* 13] die letztern,
die schon einen Schritt weiter in der Verweltlichung des geistlichen Schauspiels thaten, dramatisierten
die Heiligenleben der Legenden. In England kam es nicht zu einer strengen Scheidung beider Gattungen, sondern man hat unter
Miracles Spiele biblischen wie legendenhaften Inhalts zusammengefaßt.
Vor dem normann. Einbruch ist in England eine Spur irgendwelchen Dramas nicht nachzuweisen. Die erste dramat.
Aufführung, von der man Kunde hat, fand um 1110 in Dunstaple statt; zur Darstellung gelangte (ob lateinisch oder französisch,
ist unbestimmt) Geoffreys, des Abts von St. Albans, «Ludus de S. Katharina». Wie Will. Fitz-Stephen berichtet, fanden noch bei
Lebzeiten des Thomas a Becket oder doch kurz nach dessen Tode (1170) häufig religiöse Aufführungen in
London
[* 14] statt und bald in allen großen Städten des Landes. Den besten Beweis für die Volkstümlichkeit der Miracles liefern
die vier großen Sammlungen, die sich unter dem Namen der Townley oder Woodkirk- (32 Stücke), der York (48 Stücke), der Coventry-
(42 Stücke) und der Chester-plays (24 Stücke) erhalten haben. Von Haus
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