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Kirchenwesen. Der katholisch kirchlichen
Ver- fassung nach teilt sich das Deutsche
[* 2]
Reichsland Elsaß
-Lothringen
[* 3] in die exemten
Bistümer
Straßburg
[* 4] (die
Bezirke Unterelsas; und Ob.erelsah umfassend) und Metz
[* 5]
(Be- zirk Lothringen
), deren Grenzen
[* 6] mit denen des
Lan- des zusammenfallen.
Die
Bistümer von
Straßburg und von Metz (bis 1870 unter dem
Bischof von Bc- sancon) sind durch
Bulle
Pius'
IX. vom 10. und 14.'Juli 1874 eingerichtet und dem päpstl.
Stuhle unmittelbar unterstellt.
Das
Bistum
Straßburg (rund 778000 Katholiken) umfaßt 57
Dekanate mit 700 Pfarreien, das
Bistum Metz (rund 450000 Katholiken) 33
Dekanate
mit 624 Pfarreien. Die Leitung der
Kirche augsburgischen
Be- kenntnisses liegt in den
Händen eines Ober-
konsistoriums und eines Direktoriums (Sitz in
Straßburg) mit 7
Inspektionen (3 in
Straßburg, 3 im übrigen Unterelsaß
, 1 im
Oberelsaß
), 39 Kon- sistorien, 199 Pfarreien, 118 Filialen, 225 Pfarrern, 1
Pfarrvikar. Die reform.
Kirche umfaßt 5 Kon-
sistorien, 31 Pfarreien, 38 Pfarrer, 1 Pfarradjunkt, ohne gemeinsame Oberleitung.
Für die Israeliten besteht je ein Konsistorinm in jedem Bezirk mit je 1 Oberrabbiner sowie überhaupt 40 Rabbinate. Unterrichts- und Bildungswesen. Unter der deut- schen Verwaltung, welche den Schulzwang einführte, wurde das Unterrichtswescn wesentlich umgestaltet und gehoben. 1871-94 wurden in 583 Gemeinden 643 Elementarschulgebäude für 91614 Schüler mit 995 Lehrern neu errichtet oder vollständig umgebaut. 1871 ermangelten gegen 10,5 Proz. der Gesamtbevölkerung (5 Proz. im Unterelsas;, 10,8 Proz. im Oberelsah, gegen 17 Proz. in Lothrin- gen) der Schulbildung vollständig.
Von den im Er- satzjahr 1892/93 aus Elsaß
-Lothringen
eingestellten Mannschaften des Unterrichtswefens (mit
Ausschluß der (^traß- burger
Hochschule sowie der landwirtschaftlichen und gewerblichen Fachlehranstalten) untersteht demOber- schulrat,
in welchem der
Staatssekretär den Vorsitz führt, und dem Bezirksunterrichtsrat jedes
Bezirks. Kreisschulinspektoren beaufsichtigen
das niedere
Un- terrichtswesen.
In den Gcmeindeschulen werden die
Schüler in der Regel dem religiösen
Bekenntnis und dem Geschlechte
nach getrennt unterrichtet, die Mäd- chen in den kath. Gemeinden überwiegend
von Schul- schwestern. Es bestanden (1893) außer der Univer- sität
Straßburg (s. d.) 26 öffentliche höhere Schulen (14
Gymnasien, 4 Progymnasien, 3 Oberrealschulen, 5 Realschulen) und 4 mit Gymnasien verbundene Nealschulabteilungen, 6 nicht
öffentliche (von kirch- lichen
Behörden unterhaltene) höhere Schulen mit insgesamt 8511
Schülern (3927
Ka- tholiken, 3764
Protestanten, 820 Israeliten); 21 aus Landesmitteln unterstützte höhere Mädchenschulen, 11894) 2790 öffentliche
und 84 private Elementar- schulen mit zusammen 227283 Schulkindern, 5080 Lehrkräften, darunter 1411 Geistliche; ferner 4 Prä-
parandenschulen, 6
Lehrer- und 3 Lehrerinnen- seminare.
Die Ausbildung der kath. Geistlichkeit besorgen die bischöfl. Seminare in
Straßburg und Metz, die der protestantischen das theol. Studicn- stift St. Wilhelm in
Straßburg. Gewerbliche Fach- schulen
und eine Chemieschule in
Mülhausen,
[* 7] eine Kunstgewerbeschule in
Straßburg. Wissenschaftliche und Kunstsammlungen besitzt Elsaß
-Lothringen
außer
den mit der
Universität verbun- denen in der naturwissenschaftlichen Sammlung, dem Kunst- und dem Kunstgewerbemuseum ^traß-
burg, den städtischen Sammlungen im
Kloster Unter- linden in Colmar,
[* 8] den Sammlungen im
Neuen Museum in
Mülhausen. - Die periodische
Presse
[* 9] umfaßte (1890) 131
Zeitungen und Zeitschriften, darunter 88 in deutscher, 21 in französischer, 22 in
beiden
Sprachen.
Verfassung und
Verwaltung. Die oberste
Staats- gewalt im Rcichslande, in welchem die Reichsverfassung
eingeführt wurde, übt der Deutsche
Kaiser durch seinen
Statthalter.
Bis zu dem genannten Zeitpunkte wurden alle die Neuordnung
des
Landes betreffenden Gesetze durch den deutschen Reichstag, in welchem Elsaß
-Lothringen
noch nicht vertreten war,
beraten und beschlossen. Nunmehr erläßt (Gesetz vom der
Kaiser mit Zustimmung des
Bundesrates
die Landesgesetze (einschließlich des jährlichen Landeshaushaltsetats), nachdem sie die einheimische Landesvertretung (der
Landesaus- schuß) genehmigt bat; doch bleibt nach demselben Gesetze, falls Negierung und Landesausschuh sich nicht verständigen
können, für die Erlassung von Landesgesetzen die Mitwirkung des Reichstags vorbehalten.
An der
Spitze der
Verwaltung, welche ihren Sitz in
Straßburg hat, steht der kaiserl.
Statthalter in Elsaß
-Lothringen
, ihm
zur Seite das Ministerium für Elsaß
-Lothringen
, dessen Vorsitz der
Staats- sekretär führt. Dasselbe zerfällt (früher in vier, seit
1887) in drei
Abteilungen, denen Unterstaats- sekretäre vorstehen: die
Abteilung des Innern, die
Abteilung für Justiz und
Kultus, die
Abteilung für
Finanzen,
Landwirtschaft und
Domänen. Dem Ministerium unterstehen unmittelbar
die
Bureaus für
Statistik, Forsteinrichtungs- und Gerichtskosten- wesen, die Katasterkommission und elf staatliche Prüfungskommissionen.
Zur Begutachtung der
Ent- würfe zu Gesetzen, der zur Ausführung von Gefetzen zu erlassenden allgemeinen Verordnungen und
an- derer ibm vom
Statthalter überwiesenen Angelegen- heiten ist der
Staatsrat für Elsaß
-Lothringen
eingesetzt, dessen
Vorsitzender der
Statthalter ist und der aus dem
Staatssekretär und den Untcrstaatssekretären, dem Präsidenten desOberlandesgerichts,demOberstaats-
anwalt bei demselben und einer Anzahl vom
Kaiser berufener Mitglieder gebildet wird.
Dem Ministe- rium sind zunächst die drei Präsidenten der
Bezirke Untcrelsaß
, Oberelsaß und Lothringen
untergeordnet. Letztere
sind in 20 Landkreise (7 im Unterelsah, 6 im Oberelsaß
, 7 in Lothringen
) und 2
Stadtkreise
(Straßburg
und Metz) eingeteilt, die
Kreise
[* 10] in zu- sammen 99 Kantone (39 im'Unterelsaß, 26 im Ober- elsaß, 34 in Lothringen
), welche 1700 Gemeinden
(561 im Unterelsaft, 385 im Oberelsaß, 754 in Loth- ringen) umfassen. Jedem der drei
Bezirke steht ein
Vezirkspräsident (mit dem Sitze
Straßburg, Colmar, Metz) vor, jedem Landkreise ein Krcisdirektor (in den beiden
Stadtkreisen
der
Bezirkspräsident), jeder Gemeinde ein Gemeinderat mit einem
Bürgermeister.
In den Krcishauptortcn und den Gemeinden von 25000 und mehr Einwohnern, sowie in denjenigen, welchen die Annahme der für die vorgenannten Ge- meinden erlassenen Gesetzesbestimmungen gestattet worden ist, werden Bürgermeister und Beigeordnete aus Grund eines Vorschlags des Gemeinderats durch kaii'erl. Verordnung, in den übrigen Gemeinden (aus der Zabl der Gcmemderatsmitglieder) durch den Be- zirksprüsidenten ernannt. Straßburg, Metz und Mül- hausen besitzen Polizeidirektionen: in den Kantonen üben Kantonalpolizeikommissare, in den Gemeinden (ausgenommen die drei genannten Stadtgemeinden) ¶
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die Gemeindebehörden die Polizeigcwalt. Für die drei Bezirke des Reichslandes tagt, unter dem Vorsitz des Bezirkspräsidenten, zeitweilig je ein Bezirks- tag, in welchen jeder Kanton [* 12] einen Vertreter ent- sendet, für jeden Kreis [* 13] unter dem Vorsitz des Kreis- direktors ein Kreis tag. In den beiden Stadtkreisen Straßburg und Metz vertritt der Gemeinderat die Stelle des Kreistags. Bezirkstag, Kreistag und Gemeinderäte gehen aus allgemeiner unmittelbarer Wahl hervor.
Durch kaiserl. Verordnung vom trat eine Landesvertretung (der Landesausschuß) für Elsaß-Lothringen ins Leben, deren Mitglieder- zahl und Befugnisse 1877 und 1879 wesentlich er- weitert wurden. Von den 58 Mitgliedern desselben werden 34 durch die Bezirkstage (13 für Unterelsaß, 10 für Oberelsaß, 11 für Lothringen), 24 durch die Gemeinderäte der Städte Straßburg, Metz, Colmar, Mülhausen (je eins ihrer Mitglieder) und in in- direkten Wahlen durch die 20 Landkreise E.s auf 3 Jahre gewählt.
Der Landesausschuß empfängt die von ihm zu beratenden Vorlagen durch den Statthalter: die Beschlüsse der Plenarversammlun- gen werden mit Begründung in Gutachten abge- geben, welche auch die Ansichten der Minderheit enthalten. Dem Landesausschuß steht das Recht zu, innerhalb des Bereichs der Landesgesetzgebung Ge- setze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Ministerium zu überweisen. In den Bundes- rat sind zwei Kommissare der Landesverwaltnng ab- geordnet, die jedoch nur beratende Stimme haben.
An der Spitze der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern steht ein Direktor. Die Ver- waltung umfaßt 6 Hauptzollämter, 14 Nebenzoll- ämter erster, 36 zweiter Klasse, 5 Hauptsteuer- ämter, 45 Steuerämter, 41 übergangssteuerstcllcn, 468 Ortseinnehmereien, 48 Oberkontrollbezirke, 6 Salzsteuerämter; ferner für das Enregistrement: 3 Oberinspektionsbezirke, 13 Inspektionsbezirke, 87 Einnehmereien und 11.Hypothekenämter. Die oberste Verwaltung der direkten Steuern des Kataster- und Vermessungswesens liegt in den Händen einer Direktion (in Straßburg); die Lotalverwaltung der Verwaltung der direkten Steuern umfaßt 158 Steuerempfangsbezirke.
Rechtspflege. Oberster Gerichtshof ist das Reichsgericht in Leipzig. [* 14] Das Reichsland besitzt ein in drei Senate zerfallendes Oberlandesgericht sin Colmar), ferner 6 Landgerichte (in Straßburg, Zabern, [* 15] Colmar, Mülhausen, Metz, Saargemünd; [* 16] letztere beiden Landgerichtsbezirke haben ein gemein- sames Schwurgericht in Metz) und 75 Amtsgerichte. Für das bürgerliche Recht gilt der Ooä6 civil, für die Strafgesetzgebung, Handel, Erwerb und Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit, Freizügigkeit, Münze u.s.w. gelten die deutschen Gesetze. Es bestehen 2 Strafanstalten, 6 Bezirksgefäng- nisse, 69 Amtsgefängnisse und 1 Transportstation; ferner 1 Erziehungs- und Vessernngsanstalt für Knaben (bei Hagenau) [* 17] und 1 Landesarbeitshaus (Pfalzburg).
Die Bezirks- und Amtsgefängnisse dienen gleichzeitig zur Aufuahme der Untersuchungs- gefangenen. Die Zahl der Verurteilten belief sich 1886 «auf 11234. Die Gendarmerie ist Landes- anstalt; die Gendarmeriebrigade umfaßt 5 Distrikte mit zusammen 21 Beritten. In Elsaß-Lothringen bestehen (1893) 630Feuerwehren. Die Mtgliederzahl beträgt 19 752 (6824 im Unterelsaß, 7885 im Oberelsah, 5043 in Lothringen); die Anzahl der Fahrspritzen 1392. / Das Neichsland steht unter prenß. Militär- verwaltung. In den Garnisonen liegen Truppen des 15., 16. und ein Teil des 14. Armeekorps. (S. Deutsches Heerwesen, Bd. 5, S. 67.) Die Ersatz- mannschaften werden den einheimischen Bezirken der betreffenden Truppenteile entnommen; die aus- gehobenen Rekruten (1893: 7604 - 17,93 Proz. der Gestellungspflichtigen) werden preuß. Garnisonen überwiesen. Die Zahl der freiwillig Eingetretenen betrug (1893)944. Festungen: Straßburg, Metz, Diedenhofen, [* 18] Bitsch, Neubreisach. Eine Kriegsschule ist in Metz, eine Unteroffiziervorschule in Neubreisach. Der Krieger-Landesverband (1890 gegründet) um- faßte (Juni 1894) 159 Vereine mit 16447Mitgliedern. Die 15 Reichstagswahlkreise sind: Ältkirch- Thann (1893 Abgeordneter Winterer, Elsaß-Loth- ringer); MüllMlsen (Vueb, Socialdemokrat); Col- mar (Preiß, Elsaß-Lothringer); Gebweiler(Guerber, Elsaß-Lothringer); Rappoltsweiler (Simonis, Elsaß- Lothringer); Schlettstadt [* 19] (Pöhlmann, fraktionsloser Altdeutscher); Molsheim-Erstein (FreiherrZorn von Bulach, Hospitant der Konservativen); Stadt Straß- bnrg (Vebel, Socialdemokrat); Landkreis Straßburg (Vostetter, Hospitant der Nationalliberalen); Hage- nau-Weißenburg (Prinz zu Hohenlohe, Hospitant der Konservativen); Zabern (Hoeffel, Reichspartei); Saargemünd - Forbach [* 20] (Colbns, Elsaß - Lothringer); Volchen-Diedenhofen (Neumann, Elsaß-Lothringer); Metz (Dr. Haas, Elsaß-Lothringer); Saarb'urg- Chäteau-Salins (Küchly, Elsaß-Lothringer). Das Wappen, durch kaiserl. Erlaß vom festgesetzt, zeigt den deutschen Reichsadler (ohne Ordenskette) mit darüber schwebender Kaiser- krone, belegt mit einem mit der Herzogskrone gekrönten hochgespaltenen Schild. [* 21] Die rechte quer- geteilte Hälfte zeigt oben im roten Feld einen ein- wärtsgetehrten goldenen, von je drei goldenen Kro- nen (zwei und eine) begleiteten Schrägbalken (Wap- pen der Landgrafschaft Ober-Elsaß), unten im roten Feld einen ebenfalls linksgcwendeten silbernen, beiderseits mit gleichfarbigen Perlen und Drei- blättern abwechselnd besteckten Schrägbalken (Wap- pen der Landgraffchaft Unter-Elsaß). In der linken Schildhälfte erscheint im goldenen Felde ein roter mit drei gestümmelten weißen, schräg gelegten kleinen Adlern (9.i6rioii8) belegter Schrägbalken (Wappen [* 22] des Herzogtums Lothringen). Heraldische Wappen- farben für das Reichsland sind Schwarz-Weiß- Not. - Als Dienstsiegel der Behörden wird (laut Erlaß des Ministeriums für Elsaß-Lothringen vom wie früher der Reichsadler gebraucht. ¶