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durch den galvanischen Strom nicht zersetzt werden, leiten ihn auch nicht.
Um die Elektrolyse zu bewerkstelligen, taucht man die Enden der von den entgegengesetzten Polen des den Strom erzeugenden Apparates ausgehenden metallischen Leitungsdrähte in den flüssigen Elektrolyten. An diesen Enden, den Elektroden, d. h. an den Grenzen [* 2] zwischen Leitern erster und zweiter Klasse, scheiden sich die beiden Produkte der Elektrolyse, die Ionen oder Ionten ab, und zwar am positiven Pole oder der Anode das negative Ion oder Anion, am negativen oder der Kathode das positive Ion oder Kation.
Die sich ausscheidenden Mengen des Anion und Kation verhalten sich dabei wie die für die Verbindung geltenden Äquivalentgewichte (s. d.) beider, und durch dieselbe Elektricitätsmenge [* 3] werden aus verschiedenen Elektrolyten stets chem. äquivalente Mengen der Ionen abgeschieden (Faradays Gesetz). Sollen die Ionen in freiem Zustande entstehen, so müssen Kathode und Anode aus solchen Leitern erster Ordnung hergestellt werden, die mit den an ihnen zur Abscheidung kommenden Ionen keine chem. Verbindungen bilden, und ferner dürfen als Lösungsmittel nicht chem. Körper gewählt werden, die sich mit den Ionen umsetzen.
Elektrolyte, die nur aus zwei Elementarstoffen bestehen, liefern als Ionen die freien Elemente, von denen das sich am negativen Pole abscheidende Kation das elektropositive, das am positiven Pole erscheinende Anion das elektronegative ist. (S. Elektrochemische Theorie.) So entwickelt sich z. B. bei der Elektrolyse geschmolzenen Kochsalzes, wenn die Polenden ans graphitartiger Kohle bestehen, an der Anode gasförmiges Chlor, während sich die Kathode mit metallischem Natrium überzieht.
Aus mehr als zwei Elementen bestehende Elektrolyte dagegen liefern höchstens ein chem. einfaches Ion, während das andere aus einer Gruppe von Elementaratomen besteht. Letztere ist meist nicht in freiem Zustande beständig und zerfällt in mehrere Produkte. So entstehen z. B. bei der Elektrolyse von geschmolzenem schwefelsaurem Natrium, Na2SO4 an der Anode zwei Atome Natriummetall, an der Kathode dagegen kommt die Gruppe SO4 zur Ausscheidung, die aber sofort in Schwefelsäureanhydrid, SO3, und Sauerstoff zerfällt.
Ist das verflüssigende Lösungsmittel eine Verbindung, die durch ein oder beide Ionen chemisch umgewandelt wird, so folgen der Elektrolyse sofort chem. Umwandlungen, die andere, sog. sekundäre Produkte liefern. Bei der Elektrolyse einer wässerigen Kochsalzlösung z. B. setzt sich das positive Anion, das Natriummetall, sofort mit dem Wasser zu Natriumhydroxyd und Wasserstoffgas um, während das Chlor größtenteils als solches frei wird:
2 Na | Cl |
---|---|
neg.Pol: 2Na + 2H2O = 2NaOH + H2, | pos.Pol: Cl2. |
Schwefelsaures Kupfer [* 4] zerfällt in wässeriger Lösung in unverändert bleibendes metallisches Kupfer an der Anode (primäres Produkt der Elektrolyse) und die Gruppe SO4, die sich in O und SO3 zersetzt, worauf sich SO3 mit Wasser zu Schwefelsäure [* 5] (sekundäres Produkt) vereinigt:
^[img]
Schwefelsaures Natrium in wässeriger Lösung dagegen liefert bei der Elektrolyse nur sekundäre Produkte, da beide primäre (Na2 und SO4) auf das Wasser in der angegebenen Weise weiter wirken:
^[img]
Die sekundären Produkte sind daher hier an der Kathode Natriumhydrat und Wasserstoffgas, an der Anode dagegen Schwefelsäure und Sauerstoffgas. Eine wässerige Lösung von Schwefelsäure allein giebt infolgedessen als Zersetzungsprodukte aber nur die Elemente des Wassers:
^[img]
d. h. 2 H2 als primäres und O2 als sekundäres Produkt. Neben letzterm entsteht aus SO3 unter Ausnahme von 2 H2O immer wieder Schwefelsäure, die von neuem in gleicher Weise zersetzt wird, solange noch Wasser vorhanden ist. Auch bei langer Dauer des Vorganges findet man daher die Menge der Schwefelsäure unvermindert, während die des Wassers sich dadurch vermindert, daß die gasförmigen Elemente des letztern sich an beiden Polen entwickeln und getrennt voneinander angesammelt und gemessen werden können.
Einen solchen Wasserzersetzungsapparat einfacher Art zeigt die beistehende [* 1] Figur. Derselbe besteht aus einem trichterförmigen Glasgefäße A, das teilweise mit Schwefelsäure enthaltendem Wasser gefüllt ist. In dasselbe tauchen die vor dem Versuche mit derselben Flüssigkeit völlig angefüllten Glöckchen h und o. Durch den Boden des Gefäßes A gehen luftdicht und voneinander isoliert eingesetzt zwei Platindrähte, die in dem untern Teile der Glöckchen, also in der leitenden Flüssigkeit, je in einem Platinblech enden und außerhalb des Gefäßes A in Verbindung mit den Leitungsdrähten ff der galvanischen Batterie gebracht werden. Sobald der Strom geschlossen wird und durch die verdünnte Schwefelsäure geht, entwickeln sich 2 Volumen Wasserstoff auf 1 Volumen Sauerstoff. Ersteres sammelt sich im Glöckchen h, letzteres in o an.
[* 1] ^[Abb.]
Die Erklärung dieser Vorgänge versuchte die ältere Elektrochemische Theorie (s. d.) in folgender Weise zu geben. Die Moleküle des aus einem elektropositiven und einem elektronegativen Bestandteile bestehenden Elektrolyten richten sich beim Eintauchen der Elektroden unter der Wirkung elektrischer Anziehung derart, daß die positiven dem negativen Pole, die negativen aber dem positiven Pole ¶
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zugekehrt werden. Salzsäuremoleküle, die aus einem positiven Wasserstoffe und einem negativen Chloratome bestehen und deren Moleküle für gewöhnlich in allen möglichen Richtungen durcheinander liegen, nehmen die Stellung
(+)ClH.ClH.ClH.ClH.ClH(-)
an. Die elektrische Anziehung der positiven Elektrode entreißt nun dem ihr nächsten Molekül das Chloratom, die negativen Elektrode dem ihr nächsten das Wasserstoffatom, sodaß für einen Augenblick zwischen den Elekroden folgende Anordnung der Atome besteht: (+)H.ClH.ClH.ClH.Cl(-). Das freie Wasserstoffatom verbindet sich nun mit dem Chloratom des nächsten Moleküls u. s. w., sodaß alsbald die Anordnung: (+)HCl.HCl.HCl.HCl(-) entsteht, worauf die neuen Moleküle wieder unter Drehung elektrisch orientiert werden:
(+)ClH.ClH.ClH.ClH(-)
und der Zersetzungsprozeß von neuem beginnen kann. So bewegen sich die negativen und die positiven Atome in entgegengesetzten Richtungen nach den ungleichnamigen Elektroden hin, indem sie immer wieder Salzsäuremoleküle miteinander bilden, von denen jedesmal nur die die Elektroden berührenden endgültig zersetzt werden.
Dieser Erklärungsweise aber widersprechen, wenigstens für die Elektrolyse gelöster Stoffe, eine ganze Reihe von wichtigen Thatsachen, die zu einer wesentlich neuen Anschauung über die chem. Natur der Lösungen geführt haben. Nach ihr sind die Elektrolyte in der Lösung bereits in ihre freien Ionen zersetzt, welch letztere stark elektrisch geladen sind. Diese Zersetzung, die sog. elektrolytische Dissociation, ist um so vollständiger, je verdünnter die Lösung ist.
Verdünnte wässerige Salzsäure z. B. enthält danach nicht mehr Moleküle HCl, sondern freie stark positiv elektrisch geladene Wasserstoffatome und freie stark negativ geladene Chloratome. Beim Durchleiten des galvanischen Stroms werden die erstern vom negativen, die letztern vom positiven Pol angezogen und wandern deshalb der betreffenden Elektrode zu. Sobald sie letztere berühren, verlieren sie durch Ausgleich ihre elektrische Ladung und gehen in den gewöhnlichen Zustand chem. Bindung über, d. h. sie werden als freie Moleküle abgeschieden. Mit dieser Vorstellung befindet sich unter andern namentlich die Thatsache der Vergrößerung der molekularen Leitfähigkeit mit steigender Verdünnung der Lösungen von Elektrolyten in Übereinstimmung.
Aus den vorstehenden Erörterungen folgt ohne weiteres, daß die durch Elektrolyse in freiem Zustande abgeschiedenen Ionen, oder die Produkte sekundärer Vorgänge zwischen letztern und dem Lösungsmittel, ihren Mengen nach in Verhältnissen stehen müssen, die dem chem. Gesetze der einfachen multiplen Proportionen entsprechen. So entwickelt sich bei der Elektrolyse des Chlorwasserstoffs auf 1 Gewichtsteil Wasserstoffgas 35,5 Gewichtsteile Chlor, bei der der wässerigen Schwefelsäure auf 16 Gewichtsteile Sauerstoff 2 Gewichtsteile Wasserstoffgas u. s. w., kurz die Ionen werden in äquivalenten Mengen frei.
Geht der Strom durch mehrere getrennte Elektrolyte hindurch, so werden sie alle zersetzt und die aus jedem entstehenden Ionen stehen untereinander ebenfalls im Verhältnis äquivalenter Mengen. Schaltet man z. B. in eine Stromleitung drei Zersetzungsapparate ein, deren erster wässerige Salzsäure, der zweite wässerige Schwefelsäure und der dritte Kupfervitriollösung enthält, so werden gleichzeitig
im 1. Apparat 71 Teile Chlor [Anion] und 2 Teile Wasserstoff [Kation]
" 2. | " | 16 | " | Sauerstoff | 2 | " | " |
---|---|---|---|---|---|---|---|
" 3. | " | 16 | " | " | 63,3 " | Kupfer |
abgeschieden, auf jedes Atom der zweiwertigen Elemente Kupfer und Sauerstoff daher zwei Atome der einwertigen Elemente Wasserstoff und Chlor.
Faraday, der diese quantitativen Beziehungen entdeckte, formulierte sein elektrolytisches Gesetz dahin, daß durch denselben galvanischen Strom äquivalente Mengen der Elektrolyte zersetzt werden und die Mengen der aus ihnen an beiden Elektroden abgeschiedenen Stoffe gleichfalls im Verhältnis ihrer Äquivalente stehen.
Die Elektrolyse ist, hauptsächlich in neuester Zeit, vielfach praktisch verwendet worden. Eine der ältesten Anwendungen ist die zur Galvanoplastik [* 7] sowie zur Versilberung und Vergoldung, denen später die galvanische Vernickelung und andere technische Methoden für die Herstellung metallischer Überzüge folgten. In neuerer Zeit hat auch die quantitative Analyse in der Abscheidung von Metallen aus ihren Salzlösungen Vorteil von der Elektrolyse gezogen, ja letztere ist in sehr ausgedehnter Weise in der Metallurgie (s. Elektrometallurgie) [* 8] eingeführt worden und hat endlich zu billigen Herstellungsmethoden einzelner Metalle geführt, die früher nur schwierig und mit großen Kosten aus an sich wertlosem Material gewonnen werden konnten, wie Aluminium (s. d.). Da bei dem oben beschriebenen Wasserzersetzungsapparat die Zersetzung um so rascher vor sich geht, je stärker der Strom ist, so kann man aus der in einer bestimmten Zeit entwickelten Gasmenge einen Schluß auf die Stromstärke machen, was in dem Voltameter [* 9] (s. d.) praktisch verwertet ist.