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Elektrodiagnóstik.
Elektrodiagnóstik.
[* 2] (grch.), ein Ausdruck, der eigentlich im Gegensatze zu Elektrostatik (s. d.) gebraucht werden sollte, um die Lehre [* 3] von den Wirkungsgesetzen der dynamischen (bewegten) Elektricität, der elektrischen Ströme, zu bezeichnen. Gewöhnlich versteht man jedoch unter Elektrodynamik nur jenen Teil der dynamischen Elektricitätslehre, der die gegenseitige Einwirkung elektrischer Ströme untereinander oder zwischen elektrischen Strömen und Magneten behandelt.
Nachdem es sich gezeigt hatte, daß Ströme auf bewegliche Magnete und auch Magnete auf bewegliche Stromleiter wirken, wobei die Stromleiter magnetische Eigenschaften aufweisen, lag der Gedanke nahe, daß auch bewegliche Ströme aufeinander wirken würden. In der That fand Ampère Anziehungs- und Abstoßungserscheinungen zwischen beweglichen Stromleitern (1820-26). Es kam hierbei zunächst darauf an, verläßliche Erfahrungsgesetze zu gewinnen. Zu diesem Behufe ersann Ampère ein Verfahren, die Stromleiter leicht beweglich aufzuhängen und andere elektriscke Ströme in passender Weise darauf wirken zu lassen.
Ein derartiges Ampèresches Gestell (s. nachstehende [* 1] Fig. 1) besteht aus zwei voneinander isolierten Metallstäben, in deren Quecksilbernäpfchen zunächst rechteckige Rahmen aus Kupfer [* 4] oder aus dem specifisch leichtern Aluminiumdraht derart eingehängt werden, daß sie sich frei drehen können. Verbindet man nun je einen der Drahtträger mit einem der Pole einer Voltaschen Kette und stellt dem nunmehr elektrisch durchströmten Drahtgehänge einen andern festen, elektrisch durchströmten Draht [* 5] in paralleler oder gekreuzter Lage entgegen, so verrät jenes Drahtgehänge durch seine Drehung, je nach den Bedingungen, elektrische Anziehung oder Abstoßung. In solcher Weise stellte Ampère (dem andere auf verschiedenen Wegen folgten) fest:
1) Parallele [* 6] gleichgerichtete Ströme ziehen einander an. 2) Entgegengesetzt gerichtete parallele Ströme stoßen einander ab. 3) Sind zwei Ströme gleichzeitig gegen den Scheitel eines Winkels gerichtet oder kommen beide von dem Scheitel des Winkels, so ziehen sie sich an. 4) Geht ein Strom gegen den Scheitel eines Winkels, ein anderer von dem Scheitel des nämlichen Winkels, so stoßen sich diese beiden Ströme ab.
In sehr einfacher Weise läßt sich die Anziehung paralleler Ströme derselben Richtung zeigen, wenn man eine schlaffe Spirale aus Kupferdraht (s. beistehende [* 1] Fig. 2) in einen Stromkreis lotrecht so einschaltet, daß die untere Spitze in Quecksilber taucht. Infolge der gegenseitigen Anziehung der gleichgerichteten parallelen Stromwindungen verkürzt sich die Spirale derart, daß ihre untere Spitze aus dem Quecksilber gezogen, mithin der elektrische Strom unterbrochen wird.
Sobald dies geschehen ist, senkt sich jene Drahtspitze - vermöge des Gewichts der am untern Ende wirkenden kleinen Kugel - wieder in das Quecksilber, und das Spiel beginnt von neuem u. s. w. In solcher Weise ist hier der obige Satz 1 angewendet, um einen selbstthätigen Stromunterbrecher zu erhalten. Aus 3 und 4 folgt: Zwei geradlinige, gekreuzte Ströme streben sich parallel zu stellen. Und weil jeder Punkt eines geradlinigen Stroms sich als der Scheitel eines auf 180° gestreckten Winkels ansehen läßt, so ergiebt sich aus obigem Satz 4: Die Teile eines und desselben geradlinigen Stroms stoßen einander ab. Bezüglich der Intensität der gegenseitigen Einwirkung fand Ampère: Die Stärke [* 7] der gegenseitigen Einwirkung zweier paralleler Stromelemente verhält sich gerade wie das Produkt der Stromstärken, wie die Längen der Stromteile und umgekehrt wie das Quadrat ihres Abstandes.
Aus den elektrodynamischen Grundgesetzen lassen sich Notationen von beweglichen begrenzten Stromleitern unter Einfluß von festen in sich zurücklaufenden Stromleitern theoretisch ableiten und erfahrungsweise erhärten. Auch zwischen elektrischen Strömen und Magneten jeder Art bestehen Wechselwirkungen. (S. Elektromagnetismus [* 8] und Elektromagnetische Rotation.) Um diese besser zu verstehen, nehmen wir mit Ampère (1820-21) an, daß jeder Magnet sich als ein Eisenstab auffassen läßt, bei dem jedes Molekül von einem elektrischen Strom beständig umkreist wird.
Wenn alle diese Molekularströme eines jeden Querschnittes des Eisenstabes zueinander parallel und in derselben Richtung laufen [* 1] (Fig. 3), so erscheint jener Stab [* 9] auf das höchste magnensiert. Wenn dagegen jene Molekularströme teilweise oder gar alle von jener gleichgerichteten, gegenseitigen, parallelen Lage abweichen, so heben sie sich in ihrer magnetisierenden Wirkung auf die Eisenmoleküle zum Teil oder gänzlich auf, weshalb dann der Eisenstab nur schwach ¶
oder völlig unmagnetisch erscheint. Alle gleichgerichteten Molekularströme [* 10] (Fig. 3) eines jeden Querschnittes des Eisenstabes wirken zusammen als resultierender Strom, der jenen Querschnitt rechtwinklig zur Stabachse umfließt. Es läßt sich daher jeder Magnetstab [* 10] (Fig. 4) ansehen, als ob er an seiner Oberfläche von einer Reihe gleichgerichteter, paralleler Ströme umflossen wäre. Die Pole (N und S) eines solchen Magnetstabes lassen sich nach den Regeln des Elektromagnetismus (s. d.) bestimmen. In unmagnetischen Stäben gehen die elektrischen Ströme nach den verschiedensten Richtungen und heben sich dadurch in ihren Wirkungen auf.
Magnetisieren heißt, die vorhandenen geschlossenen elektrischen Strome quer zur Achse, einander parallel und nach ein und derselben Seite richten. Der Erdmagnetismus hätte demnach seine Ursache in elektrischen Strömen, welche die Erde von Ost gegen West umkreisen. In der That wirken die Magnete und elektrischen Ströme den Folgerungen dieser Annahmen gemäß. Ein rechteckiges oder auch kreisförmiges, elektrisch durchflossenes Drahtgehänge [* 10] (Fig. 1 und 5) stellt sich unter dem alleinigen Einflusse des Erdmagnetismus so, daß seine Ebene mit der des magnetischen Meridians einen rechten Winkel [* 11] bildet und daß der elektrische Strom in der untern Hälfte des Drahtes von Ost nach West geht. Ein solches Drahtgehänge ist gleichsam ein Magnet mit unendlich kleiner Achse. Ein von einem elektrischen Strome durchflossener und (am Stativ [* 10] Fig. 1) um eine lotrechte Achse leicht beweglich aufgehängter, schraubenartig gewundener Draht (Fig. 6) wird sich daher so stellen, wie eine magnetische Deklinationsnadel, d. i. derart, daß seine Längenachse in den magnetischen Meridian fällt, und daß der galvanische Strom in den untern Teilen der Windungen von Ost gegen West gerichtet ist; eine solche vom Erdmagnetismus gerichtete Drahtspirale wird Solenoid genannt. Die von Ampere im Versuchswege aufgefundenen elektrodynamischen Gesetze dienen als Grundlage bei der mathem. Ableitung der elektrodynamischen Grundgesetze. - Vgl. Heinr. Weber, Elektrodynamik mit Berücksichtigung der Thermoelektricität, der Elektrolyse [* 12] und der Thermochemie (Braunschw. 1889).