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oder Wahrnehmungen des Schwurpflichtigen der Eid
regelmäßig dahin zu leisten, daß die bezügliche
Thatsache wahr oder nicht
wahr sei; nur wenn die
Thatsache vom Gegner behauptet und dem Schwur- pflichtigen nach den Umständen des Falles (z. B.
wegen Länge der Zeit) die
Beschwörung der
Wahr- heit oder NichtWahrheit nicht zuzumuten ist, kann das
Gericht die Leistung des Eid
dahin zulassen, daß man nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Überzeugung
erlangt oder nicht erlangt habe, daß die
Thatsache wahr sei.
Die
Anordnung einer Eid
esleistung steht dem Gericht zu.
Ent- sprechend der Natur des Eid
soll diese
Anordnung grundsätzlich
durch bedingtes
Endurteil (s. d.) und die Eid
esleistung selbst erst nach Eintritt der
Rechts- kraft des
Urteils erfolgen. Nur in einigen Fällen darf die
Anordnung in Gestalt eines
Beweis- beschlusses oder bedingten Zwischennrteils
(s. d.) getroffen werden. Die Leistung des Eid
oder dessen Erlasjung seitens
des Gegners begründet vollen
Beweis der Veweisthatsache, welcher im erstern Falle nur unter denselben
Voraussetzungen, unter welchen ein rechtskräftiges
Urteil wegen Verletzung der Eid
espflicht anfechtbar ist, d. h. durch
Nichtig-
keitsklage (s. d.), entkräftet werden kann.
Die Ver- weigerung der Eid
esleistung hat zur Folge, daß das Gegenteil der Beweisthatfache als voll be- wiesen gilt.
Wenn der
Schwurpflichtige in dem zur Eid
esleistung bestimmten
Termine nicht er- scheint, so ist auf
Antrag des Gegners
durch Ver- säumnisurteil (s. d.) auszusprechen, daß der Eid
als verweigert
anzusehen sei. Dem Schwurpflichtigen steht frei, fich zur Leistung eines beschränktern Eid
als des normierten zu
erbieten. Unerhebliche Um- stände, welche in die Eidesform aufgenommen find, können berichtigt werden.
Alle bisher besprochenen Eid werden vom Gericht, von einer öffentlichen Behörde oder von einem öffent- lichen Beamten abgenommen. Vor Gericht wird auch der Eid über die Verklarung (s. d.) geleistet. Andere, früher üblich gewesene Eid sind durch die Gesetzgebung beseitigt: So der Gefährdeeid (^n-amsmuin cHiumnias), welcher bei Beginn des Prozesses zurVermeidungschikanöserProzeßführung geschworen wurde; der Perhorrescenzeid, day der schwörenden Partei der Prozeßrichter befangen erscheine und das ^urarakiituiii cautionis, durch welches eine unvermögende oder eine angesessene Partei statt durch Bürgen oder Hinterlegung Sicher- heit für die Kosten leistete.
Das Mg. Landr. 1,14, ߧ. 184, 194 läßt auch im Bürgerlichen Recht jura- torische Kaution zu. Das will der Deutsche [* 2] Ent- wurf beseitigen. Beseitigt ist auch längst der Rei- nigungseid im Strafverfahren, welchen ein durch die Beweisaufnahme nicht von allem Verdacht ge- reinigter Angeschuldigter zu schwören hatte. Er sollte die Folter ersetzen. Heute kann nur das Straf- verfahren eingestellt, oder wenn das Hauptverfahren eröffnet ist, verurteilt oder freigesprochen werden.
Der Lehnseid, das eidliche Gelöbnis der Lehns- treue, welches bei Lehnserneuerungen von dem Vasallen oder in dessen Seele von einem Stell- vertreter abgeleistet wurde, ist überall da gefallen, wo die Oberlehnsherrlichkeit beseitigt ist. Im Gebiet des gemeinen Bürgerlichen Rechts ist der eidlichen Bestärkung einer Willenserklärung viel- fach die Bedeutung beigelegt, daß dadurch an fich un- gültige Willenserklärungen wirksam werden sollen. Tas haben die neuern Gesetzgebungen beseitigt.
Daß eine Partei ihr Recht von einem außergericht- lichen der Gegenpartei abhängig macht, kommt kaum noch vor. Das Sächs. Bürgert. Gesetzbuch er- klärt ein solches Abkommen sür nichtig. Eine Versicherung an Eidesstatt kann der Civilstandesbeamte nach dem Gesetz vom §. 45, den Verlobten abnehmen. Sonst sind derartige Versicherungen bei Ausstellung außer- gerichtlicher Zeugnisse, bei Deklarationen zur Steuer und in ähnlichen Fällen vielfach in Übung.
Als Erfordernisse der Eidesleistung stellt das kanonifche Recht auf: a. veritHg iu in6ut6) d. ^u- äicinin iu ^urauts, e. ^ustitia. in od^'ecto. Zu a: Wahrhaftigkeit in der Seele verbietet jede Mental- refervation, welche einen unausgesprochenen Vor- behalt macht. Zu d: Urteilsfähigkeit des Schwören- den (Eidesmündigkeit) schließt den Eid Unmün- diger, nach kanonischem Recht noch nicht 14jäh- riger, nach den deutschen Prozeßgesetzen noch nicht 16 jähriger Personen aus.
Altere Personen dürfen den Eid nicht leisten, wenn sie wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen Verstandesschwäche von dem Wesen und der Bedeutung des Eid keine ge- nügende Vorstellung haben. Ebensowenig Betrun- kene; deshalb sollten nach der ältern Praxis die Eid vormittags abgenommen werden. Personen, welche wegen Meineids verurteilt wurden, ist nach dem Strafgesetzbuch (H. 161), mit Ausnahme der Fälle der §§. 157, 158, die Fähigkeit als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, ver- sagt; einen zu- oder zurückgeschobenen und einen richterlichen Eid, wenn ihm derselbe anvertraut wird, kann solche Person schwören.
Doch können Zu- schiebung, Zurückschiebung und richterliche Auf- erlegung einer Eidesleistung widerrufen werden (nach Maßgabe der §§. 422, 432, 439 der Civil- prozeßordnung). Zu e: Gerechtigkeit im Gegen- stande, d. h. der Eid soll nicht die Religion, die gute Sitte oder ein Gesetz verletzen. Der Eidesleistung (Beeidigung) hat eine Anmahnung an die Heiligkeit des Eid und eine Ver- warnung vor dem Meineide durch den Richter vor- herzugehen. Der Eid wird von den Schwurpflichtigen einzeln in Person geleistet.
Die Norm des Eid ist nach der verschiedenen Bedeutung desselben ver- schieden, die in dem Eingänge: «ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden» und dem Schluß «so wahr mir Gott helfe» enthaltene religiöse Beteuerungsformel nach den deutschen Prozeßordnungen für alle Arten von Eid die gleiche (Civilprozeßordn. §§. 440, 442, 443; Strafprozeß- ordn. z§. 59, 60, 62, 72, 288; Gerichtsverfassungs- gesetz ß. 51). Diese Formel eignet sich für die Mit- glieder aller Religionsparteien, welche an einen Gott glauben; die Zufügung weiterer konfessioneller Bekräftigungsformeln ist für entbehrlich erachtet. Die in Österreich [* 3] durch Gesetz vom eingeführte, in ß. 171 der Strafprozeßordnung von 1873 in Bezug genommene wesentlich übereinstim- mende Eidesformel («ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden einen reinen Eid. - so wahr mir Gott helfe») soll zwar auch für alle Schwurpflichtigen ohne Rücksicht auf das Reli- gionsbekenntnis gelten; ß. 4 des angezogenen Ge- setzes schreibt aber für Christen einerseits - mit Ausnahme derjenigen, welche sich zur helvet. Konfession bekennen - und Israeliten anderer- seits besondere Feierlichkeiten vor. Die deutschen Prozeßordnungen verlangen allgemein nur das 49* ¶