die zur ehelichen Lebensgemeinschaft Berechtigten und Verpflichteten. Insbesondere haben sie den Wohnsitz
und die Wohnung zu teilen. Beide werden vom Ehemann bestimmt, und die
Ehefrau hat ihm dahin zu folgen, wenn sie nicht der
Richter davon aus wichtigen
Gründen entbindet, z. B. wenn der Ehemann an dem gewählten Wohnort keinen
Lebensunterhalt gewinnen kann oder die Wohnung nicht standesmäßig ist u. s. w.
Verträge, durch welche der Ehemann auf das
Recht, den Wohnsitz zu bestimmen, verzichtet, sind nach den meisten
Rechten ungültig.
Auf die Herstellung des ehelichen Lebens kann der eine
Teil wider den andern klagen. Der
Richter kann die Klage abweisen, z. B.
wenn die beklagte
EhefrauMißhandlungen oder eine entwürdigende Behandlung zu erwarten hat. Das verurteilende Erkenntnis
wird in
Preußen
[* 2] nicht zwangsweise durchgeführt, aber gegen den ungehorsamen
Teil kann auf Scheidung geklagt werden. Auch
gegen dritte
Personen, welche die
Ehefrau zurückhalten, namentlich deren Eltern, hat der Ehemann eine Klage.
Der Ehemann ist verpflichtet, für den standesmäßigen
Unterhalt der
Ehefrau zu sorgen, wenn die
Ehefrau
wegen Verschuldens des Ehemanns getrennt leben darf, oder wenn sie in das Gefängnis kommt, auch außer dem Hause. Umgekehrt
ist die
Ehefrau zur
Alimentation des Ehemanns verpflichtet, wenn dieser bedürftig ist
und sie die
Mittel dazu besitzt. Nach
gemeinem
Recht haben die Eheleute wegen ihrer vermögensrechtlichen
Ansprüche widereinander die Rechtswohlthat des
Notbedarfs
(s. d.). Nach gemeinem
Recht und nach Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §. 1647 sind die Schenkungen unter Lebenden, welche die Eheleute einander machen, mit Ausnahme der
üblichen Gelegenheitsgeschenke, nichtig. Sie werden gültig, wenn der Schenkgeber in derEhe vor dem
Beschenkten stirbt, ohne sie widerrufen zu haben. Nach Französischem
Recht sind solche Schenkungen gültig, aber widerruflich
(Code civil, Art. 1096). Das
Preuß. Allg. Landr. II, 1, §§. 310-313, das Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 1246 und der Deutsche
[* 3] Entwurf behandeln solche Schenkungen nicht anders als die unter andernPersonen.
Doch können die in den letzten zwei Jahren vor Eröffnung des Konkurses von dem Gemeinschuldner vorgenommenen unentgeltlichen
Verfügungen zu Gunsten seines Ehegatten in ganz
Deutschland
[* 4] von dem Konkursverwalter angefochten werden (Konkursordn. §. 25); ebenso
können außerhalb des Konkurses von
Gläubigern, welche einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt haben, sofern die Zwangsvollstreckung
zu einer vollständigen Befriedigung des
Gläubigers nicht geführt hat oder nicht führen wird, derartige
in den letzten zwei Jahren
vor der Rechtshängigkeit des Anfechtungsanspruchs vorgenommenen
Verfügungen angefochten werden
(Gesetz vom §. 3). Eheleute sind
Angehörige (s. d.), sodaß alle Bestimmungen, welche für diese im Strafgesetzbuch
und den Prozeßordnungen getroffen sind, bezüglich der Ehegatten gelten. Der Ehemann ist das
Haupt der Familie. Die
Ehefrau führt den
Namen des Ehemanns, nach dem
DeutschenEntwurf (§. 1455) wie nach dem Sächs.
Gesetzbuch auch nach eingetretener Scheidung in jedem Falle, nach der franz. Jurisprudenz
in keinem Falle.
Andere Gesetze geben der unschuldig Geschiedenen das
Recht, ohne die Pflicht, den
Namen
des Ehemanns weiter zu führen, und versagen der schuldigen Geschiedenen das
Recht, wenn es der Ehemann nicht gestattet; so
das
Preuß. Allg.
Landrecht, das
BadischeLandrecht, das
Gothaische und
Sondershausener Gesetz. Die
Ehefrau hat den
Stand des Ehemanns,
außer im Fall derMißheirat (s. d.). Der Ehemann hat die
Ehefrau zu schützen und zu vertreten; ist sie
beleidigt, so kann er selbständig den
Strafantrag stellen (Strafgesetzbuch §. 195). In gemeinschaftlichen Angelegenheiten
giebt sein Entschluß den
Ausschlag. Er hat die Kosten des gemeinschaftlichen Hauswesens zu tragen und beschränkt die
Ehefrau
(s. d.) in der Ausübung ihrer Vermögensrechte. Er kann
von der
Ehefrau Dienstleistungen zur Förderung seines Hauswesens, und soweit dies nach den Standesverhältnissen üblich,
seines
Gewerbes verlangen. Man hat diese
Rechte des Ehemanns die
eheliche Vormundschaft genannt.
alte hochdeutsche Form für das ursprünglich niederdeutsche Echt,
d. i. gesetzlich. Ehehafte Nöte, kurz
Ehehaften, waren im Mittelalter Umstände, welche unter anderm vor den Nachteilen des
Ungehorsams im gerichtlichen
Verfahren bewahrten. Es werden genannt: Gefängnis, Seuche,
Gottes Dienst außer
Landes und des
Reiches Dienst. Heute hat die
Partei, welche durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle an der Einhaltung einer Frist verhindert worden ist,
Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand (s. d.).-Vgl. Civilprozeßordn. §. 212 fg.; Strafprozeßordn.
§. 44.
jeder
Grund, welcher der Schließung einer
Ehe entgegensteht. Nach dem frühern
Rechte verpflichteten die
sog. aufschiebenden Hindernisse, z. B.
Mangel des
Aufgebots, Einsprüche von früher Verlobten, noch nicht vollendete
Trauer
um den verstorbenen Gatten (impedimenta impedientia), den zuständigen Pfarrer, die
Trauung zu verweigern,
ohne daß sich aus denselben, wenn sie unbeachtet geblieben, ein Nichtigkeitsgrund für die
Ehe ergab. Vernichtende Hindernisse
(impedimenta dirimentia) machten die
Ehe nichtig; als solche galten eine noch bestehende frühere
Ehe eines oder beider
Teile,
wodurch
Bigamie (Doppelehe, s. d.) entsteht, jugendliches
Alter unter den Jahren der Ehereife, Willensunfreiheit
bei der
Eheschließung infolge äußern
Zwangs,
Betrugs oder
Irrtums hinsichtlich der
Person,
Mangel der
Freiheit und nach modernem
Recht anderer wesentlicher moralischer und physischer Eigenschaften des andern
Teils (z. B. der Jungfräulichkeit, der Zeugungsfähigkeit),
fehlende elterliche Zustimmung und zu nahe Verwandtschaft. Im
DeutschenReiche ist nach §. 33 des Gesetzes
vom die
Ehe verboten:
1) zwischen Verwandten in auf ^[fehlt: -] und absteigender Linie;
3) zwischen Stiefeltern und Stiefkindern, Schwiegereltern und Schwiegerkindern jedes
Grades, ohne Unterschied, ob das Verwandtschafts-
oder Schwägerschaftsverhältnis auf ehelicher oder außerehelicher
Geburt beruht und ob die
Ehe, durch
welche die Stief- oder Schwiegerverbindung begründet wird, noch besteht oder nicht;
4) zwischen
Personen, deren eine die andere an Kindesstatt angenommen hat, solange dies Rechtsverhältnis besteht;
5) zwischen einem wegen
Ehebruchs Geschiedenen und seinem Mitschuldigen; doch ist in letzterm Falle Dispensation zulässig.
Weiter dürfen nach §. 35 Frauen erst nach
Ablauf
[* 5] des zehnten
Monats seit Beendigung der frühern
Ehe eine
neue
Ehe schließen, doch ist Dispensation zulässig. Ferner ist
¶
mehr
nach §. 37 die Eheschließung eines Pflegebefohlenen mit seinem Vormund oder dessen Kindern während der Dauer derVormundschaft
unzulässig. Elterliche Genehmigung ist erforderlich bei Söhnen bis zum vollendeten 25., bei Töchtern 24. Lebensjahre. Im
einzelnen bieten die Vorschriften des Reichsgesetzes über der Interpretation sehr erhebliche Schwierigkeiten. Das kanonische
Recht untersagt selbst die Verbindung zwischen Dritt- und Andergeschwisterkind, sodaß die Seitenverwandtschaft
noch im vierten Gliede ein Hindernis bildet, und überträgt das gleiche Verbot auch auf die Seitenlinie der Schwägerschaft,
obschon das mosaische Recht den Schwager zur Ehe mit der kinderlos verwitweten Schwägerin verpflichtet, um dem verstorbenen
Bruder Nachkommenschaft zu erwecken (Leviratsehe).
Die Ermächtigung, Ehe in verbotenen Graden der Verwandtschaft oder Schwägerschaft im Wege der Dispensation zu verstatten,
ist nach kanonischem Recht dem Papste vorbehalten. Nach evang. Kirchenrecht wird die gleiche Befugnis von den
obersten geistlichen Behörden der Landeskirchen, und zwar so weitgehend geübt, daß die Schwägerschaft in der Seitenlinie
meist kein Hindernis mehr abgiebt und daß selbst der Oheim die Erlaubnis zur Heirat mit der Nichte erlangt.
Daß bei Ehedispensationen im Anschluß an das mittelalterliche System der Indulgenzen eine gewisse Summe, gewöhnlich zu milden
Zwecken, erlegt werden muß, hat für das Gefühl etwas Verletzendes, weil dieser Gebrauch den Armen zurücksetzt,
und weil, was für Geld erlaubt ist, bei den Mittellosen nicht unsittlich sein kann. Nach deutschem Reichsrecht ist das der
Verwandtschaft auf den oben bezeichneten geringen Umfang eingeschränkt. Ferner steht die Dispensationsgewalt nur dem Staate
zu. Wenn bei einer ungültigen Ehe der eine Teil das der Ehe entgegenstehende Hindernis nicht gekannt hat
(Putativehe, matrimonium putativum), so gilt derselbe wenigstens für die Vergangenheit als rechtmäßiger Gatte, und die
aus dieser Verbindung hervorgegangenen Kinder sind ehelich.
Mit der auch nach kanonischem Rechte zulässigen Auflösung der Ehe aus den vor der Verheiratung vorhandenen Gründen der sog.
vernichtenden Ehehindernis ist nicht zu verwechseln die Scheidung aus nachfolgenden Gründen, welche die kath. Kirche
principiell ausschließt. (S. Ehescheidung.) Wiederverheiratung nach Auflösung der ersten Ehe steht dem überlebenden Gatten
frei. Doch unterwirft das röm. und gemeine Recht den zur zweiten Ehe schreitenden Gatten für den Fall, daß Kinder aus der
ersten Ehe vorhanden sind, manchen Beschränkungen, um die Rechte und das Vermögen der Vorkinder sicherzustellen.
(S. Ehe.)