mehr
nicht germanisch, sondern ward erst durch die Vermittelung der Kirche üblich. In heidn. Zeit waren Loki, Donar und Fro die Vorsteher der Ehe, sie wurden bei Begründung des neuen Hausstandes angerufen.
Die christliche Kirche beschäftigte sich in der ältern Zeit mit der rechtlichen Seite der Ehe gar nicht, sondern stellte nur bestimmte Forderungen sittlicher Art an ihre Glieder, [* 2] besonders hinsichtlich der Ehehindernisse, verbot zweite Ehe, verlangte auch, daß Christen vor Eingehung der Ehe die Zustimmung des Bischofs einholten (professio matrimonii). Kirchliche Ceremonien fanden schon früher statt, jedoch ohne den Anspruch rechtlicher Bedeutung. Auf das eheliche Beilager (copula carnalis) wird sehr bald hohes Gewicht gelegt, und hieraus entwickelte sich weiterhin die Anschauung vom sakramentalen Charakter der Ehe Andererseits zeigt sich schon frühe eine der Ehe feindliche asketische Richtung, besonders vertreten durch Augustin, woraus späterhin der Cölibat (s. d.) hervorging.
Das kanonische Recht regelt sodann durch strenge Vorschriften das Recht der Ehehindernisse sowie der Ehescheidung, indem erstere unsinnig weit ausgedehnt, letztere völlig ausgeschlossen wurde. Der Eheschließung dagegen wurde weit geringeres Gewicht beigelegt, und das Recht der Eheschließung befindet sich jahrhundertelang im Zustande größter Verwirrung, wie ihn die mittelalterlichen Quellen bezeugen und Luther drastisch beklagt («eitel Narrenspiel mit Worten»).
Eine geordnete Mitwirkung der Kirche am Rechtsakt der Eheschließung entwickelt sich seit Anfang des 13. Jahrh., indem die Kirche den bis dahin rein weltlichen Akt der Trauung für sich beansprucht, derart, daß die Übergabe der Frau an den Mann durch den Priester zu geschehen habe; aber der weltliche Charakter der Trauung erhält sich auch jetzt noch darin, daß die Trauung nicht in der Kirche, sondern vor der Kirchthür erfolgt und erst dann die Neuvermählten zur Brautmesse sich in die Kirche begeben. Dieses Stadium der Entwicklung stellt uns noch Luthers Traubüchlein dar: die Trauung ist ein weltlicher Akt. - Das Konzil von Trient [* 3] schrieb aber vor (und dies ist das katholische Kirchenrecht bis zur Stunde): die Eheschließung ist nur dann gültig, wenn sie vor dem Pfarrer und zwei Zeugen erfolgt. Dabei genügt die passive Assistenz, der Pfarrer ist nur Urkundsperson, die kirchlichen Ceremonien schließen sich an den Rechtsakt nur äußerlich an. - Anders das evangelische Kirchenrecht.
Während Luther noch die Mitwirkung des Pfarrers als rechtlich gleichgültig ansieht, wird das Zusammensprechen (copulatio) durch den Pfarrer im 17. Jahrh. der eigentliche Rechtsakt der Eheschließung, die Trauung wird nach evang. Kirchenrecht ein ihrem Begriffe nach kirchlicher und zwar der Eheschließungsakt. Diese Vorschriften des kath. und evang. Kirchenrechts galten im größten Teile Deutschlands [* 4] bis zur Einführung der Civilehe durch das Reichsgesetz vom
Bedingung einer Eheschließung ist, daß ihr kein Ehehindernis (s. d.) entgegensteht. Sie erfolgt nach dem geltenden Recht in Deutschland [* 5] in der Form der obligatorischen Civilehe.
Die sog. Winkelehe (matrimonium clandestinum), welche im Mittelalter zwar strafbar, aber gültig war, ist durch das Konzil von Trient für nichtig erklärt und durch die jetzt geltenden gesetzlichen Formvorschriften ausgeschlossen; ebenso die sog. Gewissensehe (matrimonium conscientiae).
Besondere Erwähnung verdient noch die zuerst in Italien [* 6] aufgekommene Morganatische Ehe (matrimonium ad morganaticam, ad legem Salicam weil der ital. Adel meistens nach fränk. Rechte lebte). Sie bringt die vollen kirchlichen, nicht aber alle bürgerlichen Wirkungen der Ehe hervor. Der Mann bestimmt hier einen bedeutenden Wert (Morgengabe), der für den standesgemäßen Unterhalt der Familie ausreicht, und beschränkt die Vermögensansprüche der Frau und der mit ihr zu erzeugenden Kinder auf dieses Kapital. In Deutschland, wo die morganatische Ehe nur zwischen fürstl. und geringern Personen vorkommt, erscheint sie immer auch als standesungleich, als Ehe zur linken oder ärgern Hand, [* 7] wo der eine Gatte ungünstiger gestellt ist. Nach deutschem Reichsrecht unterliegen auch solche den allgemeinen gesetzlichen Formvorschriften, durch welche jedoch für die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe vollständige Freiheit gelassen ist. (S. auch Civilehe, Gemischte Ehe, Ehefrau, Ehegatten, Eheliches Güterrecht, Ehescheidung, Ehevertrag.)
Vgl. Schulte, Handbuch des kath. Eherechts (Gieß. 1855);
Stölzel, Deutsches Eheschließungsrecht (3. Aufl., Berl. 1876);
Scheurl, Das gemeine deutsche Eherecht (Erlangen [* 8] 1881-82);
Freisen, Geschichte des kanonischen Eherechts (Tüb. 1888);
Hergenhahn, Das Eheschließungs- und Ehescheidungsrecht (2. Aufl., Hannov. 1890; Bd. 2., ebd. 1893);
die Zeitschrift «Der Standesbeamte»; kulturgeschichtlich: Westermarck, The history of human marriage (Lond. 1891; deutsch von Katscher und Grazer, Jena [* 9] 1893);
Achelis, Die Entwicklung der Ehe Beiträge zur Volks- und Völkerkunde, Bd. 2 (Berl. 1893).