mehr
Spalten nennt man dann das Trennen des Arbeitsstücks in zwei Teile, wenn die neuentstandene Begrenzungsfläche der beiden erzeugten Hälften eine vollkommen ebene, glatte Fläche ist. Eine solche regelmäßige Spaltung ist möglich, wenn das bestimmte Material nach bestimmten Richtungen leicht und regelmäßig spaltbar ist. Nicht alle Schmucksteine spalten aber gleich leicht oder nach gleichen Richtungen. Unter den Juwelen hat nur der Diamant [* 2] eine Spaltbarkeit, und zwar nach den acht Oktaederflächen, die sich direkt zur Darstellung der Grundform des Brillanten benutzen läßt. Um einen Diamant zu spalten (Klieven oder Kloven), befestigt man denselben mit Harz auf der Spitze des Kittstocks und läßt nur jenen Teil frei, den man abzuspalten wünscht. Mit der feinen Spitze eines Diamantsplitters zieht man eine feine Furche, setzt in diese den Meißel [* 3] ein, und ein Hammerschlag auf letztern genügt, um den äußern Teil abzutrennen. Dieser Arbeitszweig der Diamantschleiferei ist erst seit 1790 in Europa [* 4] eingebürgert durch die virtuose Geschicklichkeit des Holländers Andreas Bevelmann.
Durch das Spalten erhält der Diamant die Form eines Spitzsteins [* 1] (Fig. 1, S. 708 b). Aus dem Spitzstein des Diamant wird dann der Dickstein dargestellt und zwar bei kleinern Individuen durch direktes Schleifen, bei größern durch «Zersägen». Es wird [* 1] (Fig. 1, S. 708 b) der obere Teil bis zur Linie t t und vom Unterteil die Spitze bis k k weggenommen und dadurch die Tafel t t und die Kalette k k (Flächen, die nicht parallel einer Spaltungsrichtung sind) erzeugt. Das Gewicht eines solchen Dicksteins, an dem nach alter Regel oben 5/18 der ganzen Höhe weggeschliffen sind, beträgt genau ⅔ des Gewichts eines Spitzsteins von gleicher Rundiste. Es beträgt daher der Materialverlust bei der ersten Bearbeitung des Diamantoktaeders 33 Proz.; ein Verlust, dessen Prozentsatz sich durch fortgesetztes Facettieren noch steigert. Dieser Verlust wird dadurch ausgeglichen, daß man die beim Zersägen abfallenden Pyramidenspitzen als Rosetten verschleift.
Die übrigen Schmucksteine besitzen keine ausgezeichnete und günstig orientierte Spaltbarkeit. Statt des Spaltens benutzt man daher nur das Zersägen, um etwa fehlerhafte Teile des Stücks abzutrennen. Zum Zersägen bedient man sich der Schneidscheibe, d. h. einer mit großer Geschwindigkeit um eine horizontale Achse rotierenden dünnen Scheibe von Stahl, Eisen [* 5] oder Kupfer, [* 6] deren Rand sehr scharf ist und kontinuierlich mit einem Schleifmittel bestrichen wird.
Bei weniger harten Steinen wird hierzu wässeriger Schmirgelbrei benutzt, bei allen sehr harten (Diamant, Rubin u. s. w.) dagegen Diamantbort, der, mit Petroleum angerührt, auf den Rand der Scheibe aufgetragen und durch die Schneiden eines Achatstücks eingedrückt wird, sodaß nun die Scheibe wie eine Kreissäge, mit sehr feinen Diamantsplittern als Zähnen, wirkt. Seitdem durch die bedeutenden Massen nicht schleifbarer Diamanten, die am Kap gefunden wurden, der Preis des Borts zu Zeiten auf 3 M. pro Gramm herabgegangen ist, haben selbst die Achatschleifer diese Methode des Schneidens eingeführt.
Nur beim Diamanten geschieht noch zuweilen das Zersägen aus freier Hand [* 7] und zwar aus Vorsicht, da man ein Erhitzen des Steins oder Abspalten von Stücken zu vermeiden trachtet. Ein sehr feiner Metalldraht wird in einem Laubsägebügel eingespannt, mit einem Brei von ^[] Diamantbort und Öl überstrichen und so immer in einer Richtung über den Stein hin und her geführt. Der am Drahte haftende, bewegte und angedrückte Bort scheuert sich eine immer tiefer werdende Furche.
Kleinere Schmucksteine werden nach dem Spalten oder Zersägen unmittelbar facettiert, größere hingegen noch früher der Operation des Rundierens resp. Grauens unterworfen. Unter Rundieren versteht man das Formgeben mit freier Hand. Es geschieht dies auf den Schleifscheiben, und der Stein erhält hierdurch die erste Anlage zu seiner künftigen Form sowie die richtige Proportion von Höhe und Breite. [* 8] Einer ähnlichen Bearbeitung wird auch der Diamant unterworfen, man nennt sie aber auch Grauen (égriser). Es bedeutet dies das Aneinanderreiben zweier zu bearbeitender Diamanten an jenen Stellen, an denen später die Facetten auftreten sollen.
Beide Steine sind an den Spitzen der Kittstöcke befestigt, letztere faßt der Arbeiter mit seinen Händen und reibt die Diamanten über der Schneidbüchse aneinander. ^[Abb: Fig. 19.] [* 1] Fig. 19 zeigt eine Schneidbüchse mit den Kittstöcken. Hierdurch scheuern sich feine Teilchen vom Diamant los, und diese Arbeit wird fortgesetzt, bis die gewünschte Facette als undeutlich konturierte Ebene erkennbar wird. Diese erzeugten Flächen unterscheiden sich aber von jenen, die am fertigen Juwel erglänzen, sie sind feinkörnig, dunkelgrau; der Stein selbst ist undurchsichtig, metallisch glänzend, poliertem Stahl ähnlich, daher auch der Name Graumachen.
Die durch
Spalten, Sägen,
[* 9]
Grauen, Rundieren vorbereiteten
Steine erhalten endlich durch das
Schleifen auf der Schleifscheibe
die nötige Anzahl der regelmäßigen Facetten und durch das darauf folgende Feinschleifen und Polieren den
Glanz. Die Werkzeuge
[* 10] und die Einrichtung des
Ateliers für Diamantschleiferei oder Edelsteins
chleiferei sind ziemlich ähnlich, und nur der
Wechsel der
Schleifmittel ist maßgebend; andererseits unterscheidet sich aber wesentlich die moderne Werkstätte einer «Diamantmühle»
von den primitiven Hilfsmitteln des für sich allein arbeitenden ind. Künstlers.
In den Faktoreien für Diamantschliff, deren einzelne jetzt mehrere hundert Arbeiter beschäftigen, wird die bewegende Kraft [* 11] durch eine im Souterrain befindliche Dampfmaschine [* 12] geliefert, durch Welle und Transmission [* 13] die in den Sälen der obern Stockwerke befindlichen Schleifscheiben in horizontale Rotation versetzt. Durch die seit 1840 immer allgemeiner gewordene Ersetzung der früher benutzten Pferde [* 14] vor der Tretmühle durch Maschinen ist es möglich, die Bewegung der Schleifscheiben bis auf 30 Umdrehungen in der Sekunde zu steigern, also ebenso oft das Schleifmittel auf ein und denselben Punkt wirken zu lassen. Dadurch ist jetzt die Arbeitszeit für die Herstellung einer Facette ungemein verkürzt worden. Mitte des 18. Jahrh. brauchte man, um den Regent zu schleifen, zwei Jahre; dieselbe Anzahl Facetten wurde 1852 dem fast gleich großen Kohinoor in nur 38 Tagen gegeben. Eine fernere Folge davon ist, daß sich der Arbeitspreis für die fertige Ware ermäßigt hat. Derselbe beträgt im Durchschnitt für einen ¶
mehr
Karatstein von Rubin oder Saphir 5 - 8 M. und das Dreifache für den Brillanten. Doch hat gelegentlich trotz aller Beschleunigung der Arbeit der große Andrang roher Ware von Diamant in der neuern Zeit vorübergehende Preissteigerungen des Arbeitslohns um 30 Proz. hervorgerufen. Natürlich steigen die Kosten des Schliffs, namentlich wegen des mit der Arbeit verbundenen Risiko, mit der Größe und dem Werte des Arbeitsstücks. Beispielsweise kostete vor drei Decennien der Schliff des Südsterns (s. Tafel: Diamanten, [* 15] Fig. 7), eines Brillanten von 125 Karat, geschliffen aus einem roh 254 Karat schweren Diamant, gegen 80000 M.
Schleif- und Poliermittel, Schleifscheiben sowie die vorbereitenden Arbeiten sind verschieden nach der Natur des zu bearbeitenden Gegenstandes, und man unterscheidet deshalb Diamant-, Edelstein- und Großsteinschleiferei.
Als Schleifmittel benutzt man das feinste Pulver eines mit dem Arbeitsstück gleich harten, oder, wenn möglich, noch härtern Minerals. Zum Schleifen von Diamant, Rubin, Saphir dient Diamantbort, für die übrigen harten Steine genügt Schmirgel. Diamantbort, feinstes Diamantpulver, wird erzeugt durch das Zerstoßen und Zerreiben der Abfälle, oder der unbrauchbaren fehlerhaften kleinen Diamanten in einem Stahlmörser. Da hiervon das Gramm 4 - 5 (früher sogar 15) M. kostet, so wird es nur zur Bearbeitung der härtesten Steine benutzt.
Unter echtem Schmirgel versteht man das durch Zerstampfen des derben Materials erzeugte feinste Pulver von Korund [* 16] sowie der nicht schleifwürdigen Saphire. Mit dieser Industrie beschäftigen sich, da der Bedarf an Schmirgel sehr groß, eigene Schmirgelmühlen. Meist ist jedoch der Schmirgel des Handels kein Korundpulver, sondern nur zerstoßener Edelsteingrus, namentlich von Topas [* 17] und Granat, [* 18] besitzt deshalb auch geringere Härte und ist zum Schleifen der Schmucksteine ersten Ranges nicht geeignet.
Schmirgel kommt mit verschiedenen Sorten der Feinheit des Korns in den Handel. Zu dem Zweck wird er geschlemmt, d. h. man übergießt das Pulver mit Wasser, rührt auf, die gröbsten Körner fallen schnell zu Boden, während das feine Pulver noch im Wasser schwimmt. Gießt man dieses trübe Wasser in ein zweites Gefäß, [* 19] so fällt das feinste Pulver nach einiger Zeit erst zu Boden und kann gesammelt und getrocknet werden. Der grobkörnige Schmirgel dient zum Schleifen, die feinsten durch wiederholtes Schlemmen erhaltenen Sorten zum Polieren. Diese Schleifmittel werden, mit Wasser oder Öl benetzt, auf die Schleifscheiben gebracht und wirken wie eine feine Feile [* 20] auf die Oberfläche des Arbeitsstücks.
Schleifscheiben sind kreisrunde Metalltafeln, die durch Menschen- oder Maschinenkraft in schnelle Drehung um ihre Achse versetzt werden. Einzelne Arbeitsscheiben haben die Achse nur auf einer Seite der Scheibe befestigt, sodaß die ganze obere Seite für den Gebrauch frei ist; andere Schleifscheiben, namentlich die in den Diamantmühlen [* 15] (Fig. 20), haben durchgehende Achsen, weil nur dadurch vollkommene Befestigung erzielt werden kann. Die Mehrzahl der Scheiben rotiert horizontal um die vertikal gestellte Achse.
Das Material der Schleifscheiben ist Gußeisen oder Kupfer für die härtern, Zinn oder Blei [* 21] für die weichern Steine. Gelegentlich werden auch Schleifscheiben benutzt, die aus Schmirgelpulver ^[] erzeugt sind. Dieses Pulver wird entweder mit geschmolzenen Harzen oder mit Wasserglas zu einer breiigen Masse angerührt, dann in einer kreisrunden Form erstarren gelassen und schließlich als harte Scheibe auf eine centrale Achse aufgezogen. ^[Abb. Fig 20] Zum Schleifen minder wertvoller Steine benutzt man feste, harte, quarzige Sandsteine und schleift entweder direkt auf der bloß mit Wasser benetzten Fläche derselben, oder auf dem breiten Rande des vertikal gestellten größern Schleifsteins; zum Schleifen kleiner Steine, z. B. der Pyrope Böhmens, benutzt man kleine Sandsteinscheiben, Öl und Schmirgel.
Das Glätten der geschliffenen Facetten geschieht mit einem Poliermittel, das weicher als das Arbeitsstück ist. Man verwendet hierzu Tripel (feine weiße Kieselgur), Polierrot (Kolkothar, Eisenoxyd), Zinnasche (verbranntes Zinn, Zinnoxyd), auch feinstes Kohlenpulver. Die Polierscheiben sind aus Kupfer, Zink, Zinn, Holz, [* 22] letzteres wird oft noch mit feinem Filz überspannt. Auf diese Scheiben wird das durch öfteres Schlemmen von allen gröbern Körnern gereinigte, feinstem Mehle gleiche Poliermittel ausgebreitet und mit Wasser befeuchtet. Rubin und Saphir werden mit Tripel auf Kupfer; Topas, Spinell, [* 23] Rubellit, Zirkon, [* 24] Granat auf Zinn; Opal, Türkis auf Holzscheiben poliert, denn für weichere Mineralien [* 25] nimmt man auch weichere Polierscheiben. Nur für Diamant hat man kein anderes Poliermittel als das feinste Diamantbortpulver selbst, und deshalb verschwindet gerade bei dem wertvollsten Schmucksteine der wichtigste Gegensatz zwischen Schleifen und Polieren.
Die Anordnung der zwei Schleifscheiben auf dem Arbeitstische stellt [* 15] Fig. 20 dar. Vor jeder solchen Diamantmühle steht der Arbeiter, drückt den Stein an die rotierende Scheibe an, die er mit Bort und Öl eingerieben hat, und untersucht von Zeit zu Zeit die sich bildende Facette; nach 3 - 5 Minuten ist dieselbe angeschliffen, und wenn der Schliff vollkommen gelungen, so merkt man auch keine Risse mehr, die Fläche ist zugleich poliert. Um den Stein bei dieser Operation festzuhalten, wird er in der Doppe (Dogge), d. i. eine kleine hohle Halbkugel aus Kupfer an einem Stiele [* 15] (Fig. 21), mittels Schnelllot (einer Legierung von Blei und Zinn) befestigt. Den Stiel der Doppe faßt eine ^[Abb. Fig. 21] Stahlzwinge, die in fester Verbindung mit einem kleinen Holzschemel ist. Letzterm werden beim Schleifen, um den Stein an die Scheibe zu pressen, einige Kilo Bleistücke aufgelegt. Um an dem Diamant, ¶