Schmucksteine der zweiten Gruppe wurden von Daubrée und Ebelmen durch das Schmelzen ihrer
Bestandteile erzeugt. Doch die
entstandenen Produkte sind nur mikroskopisch klein und für den
Handel mit diesen ohnehin billigen
Steinen von keiner Bedeutung.
Die
Darstellung der zur Gruppe 3 gehörigen
SteineTürkis und
Opal hat keine besondern Schwierigkeiten,
da hier die
Krystallisation wegfällt. Diamant,
[* 2] wenn auch bisher nur in sehr kleinen und meist schwarzen
Krystallen, erhielt
Moissan aus mit
Kohlenstoff gesättigtem flüssigen
Eisen
[* 3] oder
Silber, wenn diese Metalle beim Erstarren einem sehr hohen Druck
ausgesetzt wurden. Näheres über die künstlichen Darstellungsmethoden s. Diamant, Korund,
[* 4]
Spinell,
[* 5]
Türkis,
Opal. -
umfaßt nicht bloß die Geschäftsthätigkeit der Juweliere, sondern auch den
Kauf und
Verkauf des Rohmaterials, der mehr als irgend ein anderer Industriezweig dem
Auge
[* 9] des großen Publikums verborgen bleibt.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Groß- und
Detailhandel betreffen aber nicht die Menge der in
Umsatz gebrachten Ware,
sondern vielmehr die Beschaffenheit der
Steine. Partienweise wird die aus den Produktionsländern in die
Hände der
europ. Großhändler gelangte rohe Ware versteigert (in
London,
[* 10] auf der Edelsteinmesse in
Nishnij-Nowgorod u. a. O.), dann
verschliffen, und diese geschliffenen
Steine erhalten schließlich die Juweliere von den
Kommissionären, den protokollierten
Edelsteinhändlern.
Der Handel mit Schmucksteinen setzt nicht bloß flüssiges
Kapital bei dem Gewerbetreibenden voraus, sondern auch die Kenntnis
aller guten und schlechten Eigenschaften geschliffener Juwelen und deren Formen, ferner das
Wissen und
Benutzen aller Wertschwankungen infolge von Produktionsüberschuß oder wechselnder
Nachfrage.
Kein anderer Industriezweig
hat so viel Risiko zu tragen wie der Juwelenhandel, indem bei letzterm Natur und Publikum ohne Rücksicht auf den Händler
den Preis bestimmen.
Der
Marktpreis des geschnittenen
Steins hängt ab von der
Größe, Form und Reinheit des
Stücks. Ein Gleichbleiben
der Preise der einzelnen Edelsteinarten ist jedoch nie zu erwarten, da durch mehrere
Faktoren ein fortwährendes
Schwanken
hervorgebracht wird. Im allgemeinen sind hierbei von Einfluß sociale und polit. Verhältnisse; auch Handelskrisen haben
schon mehrfach den Juwelenmarkt erschüttert. Gegenwärtig ist durch den
Telegraphen
[* 11] wenigstens die Möglichkeit
geboten, enge
Verbindung zwischen Produktions- und Verkaufsorten herzustellen und dadurch plötzliche
Störungen hintanzuhalten.
Über die Grundregeln, nach denen der Preis der
Edelsteine
[* 12] sich richtet, s.
Edelsteine. In letzter Zeit sind minderwertige Schmucksteine
ziemlich fest im Preise geblieben, alle
Edelsteine ersten Ranges, außer dem
Rubin, haben dagegen einen
Rückgang erfahren. Man verkauft die
Edelsteine nach dem Gewicht und gebraucht als Gewichtseinheit das Karat (s. d.).
Bei den seltenern
Steinen steigt der Preis nicht im einfachen Verhältnisse der
Schwere; es ist dabei von großem Einfluß,
ob von dem fraglichen
Steine große
Stücke selten sind. So ist z. B.
der ^[]
Rubin in kleinen
Steinen meist
billiger als der Diamant, aber bedeutend teurer als dieser, in reinen
Stücken über 2 Karat.
Der jährliche Gesamtumsatz von rohen
Edelsteinen beträgt etwa 60 Mill. M., wovon zwei Drittel auf Diamant entfallen; der
Umsatz geschliffener Diamanten beträgt über 80 Mill. M. und der für den gesamten Kleinhandel mit
Edelsteinen aller Art etwa 120 Mill. M. -Hauptplätze für den Edelsteinhandel sind
London,
Paris,
[* 13]
Amsterdam,
[* 14]
Moskau,
[* 15] Kalkutta,
[* 16]
Kapstadt,
[* 17]
Sidney,
Rio
[* 18] de Janeiro, Neuyork.
[* 19] In
Deutschland
[* 20] sind
Berlin,
[* 21]
Hanau
[* 22] und
Pforzheim
[* 23] nennenswert. Näheres über die Preise und Preisschwankungen
der einzelnen
Edelsteine s. die Einzelartikel.
geschliffene
Steine, gleichgültig ob
Mineralien oder Kunstprodukte, die statt der ihnen ähnlichen
echten, teuern
Edelsteine zur Zierde billiger Schmuckwaren verwendet werden.
In den meisten Fällen sind sowohl
Käufer wie
Verkäufer davon überzeugt, daß die Ware nur unrechtmäßigerweise mit dem
Namen des echten Minerals belegt wird, und man
kann daher im offenen
Handel solche Imitationen nicht als Fälschungen bezeichnen. Nur in sehr seltenen
Fällen kommt im Juwelenhandel eine Imitation mit dem Charakter der Fälschung vor, denn die Juweliere haben selbst immer
das größte Interesse daran, solche sie täuschende
Unterschiebungen aufzuklären und Fälschungen im
Handel nicht zuzulassen.
Die Mehrzahl der Imitationen findet eine andere, gesetzlich erlaubte Verwendung. Die große Vorliebe
für Juwelen, die selbst in den minder bemittelten Bevölkerungsschichten herrscht, gestaltet nämlich den
Absatz der Imitationen
in billigen Luxusgegenständen zu einem sehr beträchtlichen und in gewissem
Sinne auch zu einem nationalökonomisch wichtigen,
indem derselbe Zweck, der
Besitz eines der Mode gemäßen
Geschmeides, mit geringen Geldopfern erlangt
werden kann.
Die Nachahmung der echten, fehlerlosen Juwelen kann auf vierfache Art erfolgen:
1) Durch die Art und
Weise der Fassung, des
Aufbringens, kann echten
Steinen eine ihnen sonst nicht eigene
Farbe,
Glanz oder scheinbare
Fehlerfreiheit verliehen werden. Foliierte
Edelsteine sind in ältern
Zeiten noch häufiger gewesen als
jetzt.
SchonBenvenuto Cellini rühmte sich, ausgezeichnete Folien, die das Farbenspiel des Schmucksteins erhöhten, darstellen
zu können. Rubine foliierte er mittels einer Unterlage von hochroter, feingeschnittener
Seide.
[* 24] Für einen Diamanten, den
KaiserKarl V. dem Papst
Paul III. schenkte, stellte
Benvenuto eine so lichtreflektierende Folie
her, daß der
Stein, der früher 12000 Scudi kostete, aussah wie ein
Stein von 18000 Scudi Wert. Die Art der Fassung vermag
einzelne
Fehler zu verdecken und ermöglicht, einen
Stein zweiten Wassers statt eines solchen ersten Wassers zu verwenden,
letztern also gleichsam zu imitieren.
Edelsteinimitationen
* 26 Seite 55.709.
Eine solche Art desAufbringens findet aber bei der heutzutage üblichen Art,
Edelsteine zu fassen, nur
selten Verwendung; üblich ist sie am häufigsten bei den in Kasten gefaßten
Rosetten oder Granaten,
[* 25] denen die Culasse fehlt.
Die gewöhnlichste Art der Fassung ist die mit Folie; man versteht darunter dünnes
Silber- oder Kupferblech, das entweder
blank und glänzend oder gefärbt,
d. i. mit
Karmin, Lackmus, Safran u. s. w. haltender Hausenblasenlösung
überstrichen ist. Diese Blättchen werden im Kasten dem
Steine untergelegt. Will man dessen
¶
mehr
Farbe erhöhen, wählt man dunkelgefärbte Folien; will man den Stein erhellen, wählt man licht metallglänzende Unterlagen.
Sind mehrere Juwelen nebeneinander gefaßt, so vermag man deren etwaige Farbenunterschiede durch zweckmäßige Wahl dunklerer
oder hellerer Folien zu verwischen. Bei Rosetten geschieht es sogar, daß man dem größern Steine im Kasten eine kleine
Raute unterlegt, wodurch das Farbenspiel des Juwels sehr bedeutend erhöht wird.
Man kennt aber auch noch ein Aufbringen der Edelsteine auf Moor, d. i. das Fassen der Edelsteine in einem Kasten, der innen mit
Lack und Beinschwarz angestrichen ist. Diese Methode des Aufbringens wird angewandt bei durchsichtigen Edelsteinen mit dunkeln
Flecken, und man läßt jene Stellen im Kasten, die den fehlerhaften Stellen des Steins gleich liegen, heller. Dadurch werden
diese Unreinheiten des Edelsteins weniger bemerkbar.
Die à jour (s. d.) gefaßten Edelsteine lassen sich nicht foliieren; aber man kann durch zweckmäßige Färbung der Innenseite
der Krappen der Fassung auf den Farbenton des Juwels einwirken, denselben entweder zu weiß ergänzen
(s. Komplementärfarben) oder, wenn nötig, denselben kräftigen.
Behufs Veränderung der Farbe werden einzelne Mineralien vor dem Fassen «gebrannt». Zu diesem Zwecke kommen die einzelnen
Steine in Schmelztiegel unter eine Lage von Eisenfeilicht und werden so eingebettet mehrmals geglüht. Lichtgelbe Topase, Saphire,
Zirkone, Amethyste werden farblos, rötlichgelbe Topase hingegen intensiv rot. In anderer Weise wurden zu
Paris vor einiger Zeit mißfarbige (grünlichgelbe) Diamanten gefälscht. Eine kaum merkbare, sehr dünne rötliche Anilinschicht
ward auf die Culasse aufgetragen, hierdurch die Farbe desSteins neutralisiert, und dieser erschien dann farblos. Die sog.
Goldtopase, die zur Zeit eine massenhafte Verwendung für billigere Schmuckwaren finden, sind fast ausnahmslos
geglühte Amethyste oder Rauchquarze.
2) Als wahre Imitationen sind alle jene Objekte zu bezeichnen, die statt der Edelsteine ersten Ranges andere, aber gleichgefärbte
Mineralien mindern Wertes enthalten. Da zahlreiche Mineralien von großer Härte trotz verschiedener chem. Zusammensetzung
gleiche Farbe haben, so ist deren Verwendung zu Imitationen möglich. Imitiert werden namentlich Diamant,
Rubin, Saphir, Smaragd,
[* 27] Zirkon
[* 28] (s. die Einzelartikel).
3) Die Benutzung häufiger vorkommender Mineralien als Ersatz für seltene, teure Steine ersten Ranges ermäßigt wohl den
Preis der Schmuckwaren, macht diese aber keineswegs billig. Sehr niedrige Preise der fertigen Ware erzielt
man nur durch Verwendung von Glaspasten (Amausen). Dieses Wort bezeichnet bestimmte Sorten von Glas,
[* 29] die sich durch hohes optisches
Brechungsvermögen auszeichnen und daher geschliffen lebhaft farbenspielen. Es werden von solchen Pasten teils farblose,
teils durch Metalloxyde gefärbte Stücke verschliffen, und da die Metalle nach Willkür gewechselt werden können, so ist
man im stande, jeden beliebigen Edelstein betreffs seiner Farbe (aber nicht nach seinen andern Eigenschaften) durch solche
Glaspasten zu imitieren. Als Basis für alle diese Pasten dient der Straß (s. d.), eine Glassorte, die noch mehr Blei
[* 30] enthält
als das Flintglas.
Zahlreich sind die Vorschriften für die zweckmäßigste Bereitung des Straß, der
bisweilen auch ^[]
den Namen Mainzer Fluß führt. Als Materialien dienen Kieselerde (feinst zerstoßener Bergkrystall), Kalisalpeter, reines Bleioxyd
und schließlich Borsäure als Flußmittel. In reinsten hess. Tiegeln, «Glashafen», werden diese Substanzen durch 24 Stunden geglüht
und im Schmelzfluß erhalten. Besondere Windöfen oder die Öfen
[* 31] der Glashütten selbst liefern den nötigen
Schmelzraum.
Enthält die so entstandene farblose Glaspaste noch Gasblasen, so wird sie zerstoßen und neuerdings bei schwächerm Feuer
umgeschmolzen, bis endlich das Schmelzprodukt vollkommen klar und homogen ist. Infolge des hohen Bleigehalts ist der Straß
sehr lichtbrechend und daher sein Farbenspiel dem des Diamanten ziemlich ähnlich; nur die Härte ist
sehr gering. Lamy hat 1866 versucht, dem Straß noch das Thallium zuzusetzen, weil dieses wertvolle Metall ebenfalls das Licht
[* 32] sehr stark bricht. Solche in Paris erzeugte Thalliumpasten sind vollkommen wasserklar und überaus schön farbenspielend,
aber auch relativ teurer, und werden daher selten für die geringe Handelsware verwendet.
Der farblose Straß dient zu Diamant-Imitationen (s. Similidiamanten). Um farbige Juwelen nachahmen zu
können, wird zerstoßener Straß mit feinem Pulver verschiedener Metalloxyde (im ungefähren Gewicht von 1 Proz.) gemischt,
diese Masse dann im Glasofen geschmolzen, die ersten Produkte neuerdings umgeschmolzen, bis kräftig und schön gefärbte
Pasten erzielt sind.
BlaueAmausen zum Zwecke der Saphir-Imitation erhält man, wenn dem Straß 1½ Proz. Kobaltoxyd zugesetzt werden. Dieses Kobaltglas
(s. Smalte) hat Ch. Schürer, ein Glasmacher von der Platte auf der Eulenhütte zu
Neudeck, 1550 entdeckt. Bald darauf bürgerte sich diese Erzeugung der smalteblauen Gläser in Holland ein,
wohin man zu diesem Zwecke die Schneeberger Kobalterze ausführte. Die damals in Antwerpen
[* 36] erzeugten Gläser dieser Art, deren 1589 Albinus
gedenkt, kamen als Antorfer Gläser in den Handel.
Die karmoisinrote Farbe desRubins nachzuahmen, gelingt nur durch umständliche Verfahrungsmethoden. Glas
läßt sich durch Kupferoxydul rot färben, eine Methode, die nach Klaproths und Minutolis Untersuchungen auch schon im Altertum
zur Färbung antiker Glaspasten benutzt ward; da aber in der Hitze leicht die höhere Oxydationsstufe des Kupfers entsteht,
die nicht rot, sondern grün färbt, so ist es schwierig, mittels Kupfers eine reine rote Farbe zu erzielen.
Zur Erzeugung des «Rubinglases» verwendet man daher Goldpräparate, in frühern Zeiten ausschließlich das vor etwa 300 Jahren
entdeckte, nach seinem Erfinder oder ersten Beschreiber Cassischer Goldpurpur genannte und Gold
[* 37] neben Zinn enthaltende Präparat.
Heutzutage weiß man aber, daß auch Goldchlorid, selbst regulinisches Gold allein, dem Bleiglase beigemengt
und im Schmelzflusse mit ihm verbunden, Rubinglas
¶