Unterdrückung auch des neutralen
Handels ausgenutzt wurden, nahm man das Durchforstung in maßloser
Ausdehnung
[* 2] in
Anspruch, und dies war
der Hauptgrund, welcher 1780 und 1800 zur
Bildung der sog. bewaffneten
Neutralität unter
Rußlands Vorgang führte. (S.
Neutralität.)
Seit der
Pariser Seekriegsrechtsdeklaration vom (s. Seebeute) ist die eigentliche
Durchsuchung (recherche, search) eines neutralen Schiffs nur zulässig bei gegründetem
Verdachte, daß es
Konterbande (s. d.)
an
Bord führt.
Der Anhaltung (Heimsuchung, visite, visitation) dagegen hat sich jedes unter neutraler
Flagge fahrende Handelsschiff zu unterwerfen,
um durch Vorlegung der
Schiffspapiere zu beweisen, daß es das
Recht zur
Führung dieser
Flagge hat und daß
sich unter seiner Ladung keine
Konterbande befindet. Jedoch sind davon diejenigen Handelsschiffe befreit, welche unter
Begleitung
(convoi) eines
Kriegsschiffs ihrer Nation fahren; bei ihnen genügt eine von dem Befehlshaber des letztern abgegebene Erklärung.
Ausgeübt werden kann das Durchforstung nur von einem
Kriegsschiffe oder in den Marinedienst gestellten sog. Kreuzer.–
Ob auch in Friedenszeiten das Durchforstung gegen jedes der Piraterie verdächtige Schiff
[* 3] ausgeübt werden kann, ist
nicht ohne Zweifel. Als England seit dem
Wiener Kongreß darauf drang, zur Unterdrückung des
Sklavenhandels diesen der Piraterie
gleich zu behandeln, wurde besonders von
Frankreich und den
Vereinigten Staaten
[* 4] in den darüber geschlossenen
Verträgen das Durchforstung nur in beschränkter
Weise und unter sorgfältig vorgeschriebenen
Bedingungen zugestanden. –
Diaphysis, in der
Botanik die Erscheinung, daß eine
Achse über ihren Endpunkt weiter
sproßt.
Bei Durchwachsung der
Blüten kann die durchwachseneAchse die Form eines Laubsprosses, eines
Blütenstandes oder einer Einzelblüte
annehmen, wie es bei
Rosen, aber auch bei andern Rosaceen, Ranunkulaceen,
Umbelliferen,
[* 6]
Kompositen
[* 7] u. a. nicht selten vorkommt.
Bisweilen, besonders bei Gräsern, hat der
Sproß die Form eines Zwiebelchens, das nach dem
Abfallen sich
zu einem neuen Individuum entwickeln kann
(Lebendiggebärende Pflanzen, plantae viviparae).
(militär.), das Vor- oder Zurückgehen einer Truppenabteilung durch die
Zwischenräume einer andern, d. h. die
Bewegung, mittels der eine rückwärtige Linie als Ersatz der vordern an deren Platz
rückte,
war in den
Schlachten
[* 8] der Alten sehr gebräuchlich;
bei der heutigen Feuerwirkung und Fechtweise ist das Durchziehen ausgeschlossen.
das
Recht desDurchzugs eines fremden nicht feindlichen Truppenkorps durch das Gebiet eines
Staates.
Das nicht für den besondern Fall eines gelegentlichen Bündnisses, sondern ein für allemal eingeräumte
Durchzugsrecht fiel unter den
Begriff der sog.
Staatsservitut (s. d.), ist aber mit den Neutralitätspflichten des heutigen
Völkerrechts so wenig vereinbar wie das
Besatzungsrecht (s. d.), neben welchem
es unter den besondern Verhältnissen
des vormaligen
DeutschenBundes noch vorkam. ^[]
(spr. mongmartäng),FerdinandEckbrecht,Graf von, elsäss. Patriot, geb. auf Schloß
Thürnhofer in
Bayern,
[* 9] studierte in
Straßburg
[* 10] die
Rechte, wurde 1836
Unterpräfekt und trat 1844 zu
Ludwig Napoleon während
dessen Gefangenschaft in Ham in nähere
Beziehung. Unter der Präsidentschaft Napoleons wurde er
Unterpräfekt in Schlettstadt
[* 11] und 1850
Präfekt in Colmar,
[* 12] wirkte als solcher erfolgreich für die Beruhigung der Gemüter im Elsaß,
entzweite sich aber 1854 mit dem Minister
Persigny und nahm seine Entlassung.
Napoleon ernannte ihn bald nachher zum Generalinspektor der Telegraphenverwaltung. Nach 1871 wirkte Dürckheim-Montmartin offen
für die deutsche Sache, ohne indes wieder ein öffentlichesAmt anzunehmen. Er starb auf Schloß
Edla in Niederösterreich. war zweimal vermählt mit Enkelinnen der durch ihre
Beziehungen zu
Goethe bekannten Lilli Schoenemann
und veröffentlichte «Lillis
Bild geschichtlich entworfen» (Nördl. 1879; 2. Aufl. von Bielschowsky,
Münch. 1894),
«Erinnerungen
alter und neuer Zeit» (2 Bde., 2. Aufl.,
Stuttg. 1888),
studierte in
Prag
[* 14] und ist seit 1874 Professor
der
Philosophie daselbst. Er hält an der Kant-Herbartschen
Richtung fest und bestreitet die Möglichkeit einer sog. nationalen
Philosophie als Wissenschaft («O vyznamu nauky Herbartovy»,
«Über die Bedeutung der Herbartschen
Philosophie»,
Prag 1876). Sein Hauptwerk ist: «Všeobecná aesthetika»
(«Allgemeine Ästhetik»,
1875),
der sich die «Poetika» («Die
Poetik als Ästhetik der
Dichtkunst», Bd. 1,
Prag 1881) anschließt. Ferner schrieb er Monographien über das
Temperament (2.
Aufl. 1880), über den Charakter (3. Aufl. 1890) u. a.,
naturwissenschaftlicheSchriften und zwei
Dramen.
1)
Kreis
[* 15] im preuß. Reg.-Bez.
Aachen,
[* 16] hat 563,29 qkm und (1890) 80194 E., 1 Stadt und 88 Landgemeinden. – 2) Kreisstadt im
KreisD.,rechts an der
Ruhr, an den Linien Köln-Aachen, Neuß-Euskirchen und den
Nebenlinien Jülich-Düren (15,4 km) und Düren-Kreuzau
(7,3 km) der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 17] Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht
Aachen), Hauptsteueramtes
und einer Reichsbanknebenstelle und hat (1890) 21731 E., darunter 1984
Evangelische und 245 Israeliten, Post erster
Klasse
mit Bahnhofszweigstelle,
Telegraph;
[* 18] fünf kath. und zwei evang.
Kirchen, eine
Synagoge,
Kaiser-Wilhelm- und
Bismarck-Denkmal von
J.
^[Joseph]
Uphues,
Krieger- und Siegesdenkmal, einen
Wasserturm mit Sammlung von Altertümern, Rathaus
mit prächtigem Sitzungssaal, Stadtbibliothek (13000
Bände) und Sammlung von röm. Altertümern, eine große Stadtschule,
von Professor Raschdorff in Renaissance erbaut; ferner ein Stifsgymnasium (1826 gegründet; Direktor Dr.
Schwering, 16
Lehrer, 9
Klassen, 270
Schüler), Realprogymnasium (1829 gestiftet; Rektor Dr.
Becker, 8
Lehrer, 7
Klassen, 143
Schüler),
kath. höhere
Knaben-, städtische paritätische höhere Mädchenschule, Rheinische Provinzialblindenanstalt
(1845 gegründet, 175
Zöglinge), Provinzialirrenanstalt, Hospital, kath. und evang.
Waisenhaus, Kinderkrippe,
Kinderbewahranstalten, ^[Abb: Wappen
[* 19] von Düren]¶
0628a
¶
mehr
Haushaltungsschule. Die Industrie erstreckt sich auf die Fabrikation von Tuch und Papier, Eisenschienen und Maschinenteilen,
Nadeln,
[* 22] Kunstwolle, Decken und Veloursteppichen sowie Filz und Metallgeweben zum Gebrauch der Papiermaschinen; ferner bestehen
eine große Flachsspinnerei, Gerbereien, Bierbrauereien, zwei Bleiweiß- und eine bedeutende Zuckerfabrik, Galmeigruben (2000
t Zink) und eine Zinkwalze. In Düren lebte und starb der Dialektdichter Josephvan der Giese (1803–50). –
Etwa 4 km oberhalb Düren im romantischen Ruhrthale wird ein guter Rotwein gebaut.
In der Nähe von Düren das Städtchen Nideggen mit den großartigen und malerischen Trümmern eines ehemaligen Residenzschlosses
der Herzöge von Jülich und einer interessanten roman. Kirche, vermutlich der alten Schloßkapelle; ferner
das Dorf Frauwüllesheim mit got. Kirche aus dem 14. Jahrh. – Düren hieß zur Zeit der Römer
[* 23] Marcodurum und soll, wie Köln,
[* 24] seinen Ursprung dem M. Agrippa verdanken. 69 n. Chr. schlug hier Civilis, der Heerführer der Bataver, die Ubier und 70 wurde
der Ort von ihm erobert.
Die fränk. Könige hielten zu D. in der zweiten Hälfte des 8. Jahrh. mehrere Kirchenversammlungen und Reichstage. Von Karl
d. Gr., welcher nach seinen Siegen
[* 25] über die Sachsen
[* 26] hier 775 und 789 in seiner Pfalz Duria oder Dura Versammlungen hielt, wurde
der Ort zur Reichsstadt erhoben und als solche von Otto Ⅲ. (1000) und Ruprecht (1407) bestätigt. Der
Graf Wilhelm von Jülich erhielt 1238 die Stadt vom KaiserFriedrich Ⅱ. als Pfand für ein Darlehn, woraus schließlich die
Einverleibung in den Verband
[* 27] des Herzogtums Jülich erwuchs, in welchem sie bis zur franz. Occupation verblieb.
Karl Ⅴ. verbrannte die Stadt nach hartnäckiger Verteidigung 1543. Im Dreißigjährigen Kriege wurde
Düren 1642 durch den hess. GeneralGraf Eberstein und 1794 durch die Franzosen unter Marceau belagert. Durch den Frieden von Lunéville
(1801) kam Düren an Frankreich, 1814 durch Beschluß des WienerKongresses an Preußen.
[* 28]